Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Urteil verkündet am 09.12.2003
Aktenzeichen: 2 U 1530/03
Rechtsgebiete: GmbHG


Vorschriften:

GmbHG § 3 Abs. 2
1. Zur Auslegung der Satzungsbestimmung einer GmbH, nach welcher Gesellschafter verdeckte Gewinnausschüttungen auszugleichen haben.

2. Eine auf den Ausgleich verdeckter Gewinnausschüttungen gerichtete statuarische Erstattungspflicht kann nicht durch satzungsdurchbrechenden Beschluss konkludent abbedungen werden.


Oberlandesgericht Dresden IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 2 U 1530/03

Verkündet am 09.12.2003

In dem Rechtsstreit

wegen Eigenkapitalersatz

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18.11.2003 durch

Vizepräsident des Oberlandesgerichts Hagenloch, Richterin am Landgericht Krech und Richterin am Landgericht Bokern

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts L. vom 01.08.2003 - 1 HKO 5029/99 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

1. Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger EUR 174.066,76 nebst 5 % Zinsen hieraus seit dem 28.06.1995 zu bezahlen.

2. Der Beklagte zu 2) wird verurteilt, an den Kläger EUR 172.532,88 nebst 5 % Zinsen hieraus seit dem 28.06.1995 zu bezahlen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden dem Kläger 1/5 und den Beklagten je 2/5 auferlegt. Die im Berufungsrechtszug angefallenen Gerichtskosten tragen die Beklagten je zur Hälfte. Die übrigen Kosten der Berufung fallen dem Kläger zu 1/10 und den Beklagten zu je 9/20 zur Last.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Jeder Partei wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines in der Europäischen Union zugelassenen Kreditversicherers oder Kreditinstituts erbracht werden.

- Streitwert der Berufung: EUR 346.599,64 -

Gründe:

A.

Der Kläger, Verwalter im Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der S. GmbH (künftig: Gemeinschuldnerin), macht gegen die Beklagten Erstattungsansprüche wegen des Entzugs von Eigenkapital geltend.

Die Beklagten sind mit jeweils gleichem Geschäftsanteil Gesellschafter der Gemeinschuldnerin, über deren Vermögen durch Beschluss des Amtsgerichts L. vom 12.08.1998 das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet wurde. Weiterhin waren die Beklagten zu gemeinsam vertretungsberechtigten Geschäftsführern der Gemeinschuldnerin bestellt.

Mit notarieller Vertragsurkunde vom 02.07.1991 veräußerte die Gemeinschuldnerin ihren Miteigentumsanteil an dem Grundbesitz der Gemarkung I. F. Str. 2 zum gesamtschuldnerisch zu erbringenden Kaufpreis von brutto DM 638.352,00 an die Beklagten zu je hälftigem Miteigentumsanteil.

Mit notariellem Geschäftsanteilsabtretungsvertrag vom 27.01.1992 erwarb die Gemeinschuldnerin, vertreten durch die Beklagten, die von diesen sowie ihren Ehefrauen jeweils zu gleichen Teilen an der S. V. GmbH sowie an der S. B. GmbH gehaltenen Geschäftsanteile zum Kaufpreis von jeweils DM 312.500,00, insgesamt also für DM 2.500.000,00.

Im Sommer 1995 fand bei der Gemeinschuldnerin eine Betriebsprüfung durch das Finanzamt I. statt. Der hierüber gefertigte Bericht vom 10.07.1995 legte der Berechnung der Körperschaftssteuer für die Jahre 1991 bis 1993 im Zusammenhang mit der Veräußerung des Grundbesitzes, den Geschäftsanteilsübertragungen sowie Reisekosten des Beklagten zu 1) verdeckte Gewinnausschüttungen in Höhe von DM 500.000,00 für das Jahr 1991 (Grundstücksveräußerung), DM 274.890,00 (Geschäftsanteilserwerbe) für das Jahr 1992 sowie je DM 1.500,00 für die Jahre 1992 und 1993 (Reisekosten des Beklagten zu 1)) zu Grunde.

...

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagten hafteten gesamtschuldnerisch für die im Bericht über die steuerliche Betriebsprüfung festgestellten verdeckten Gewinnausschüttungen. Zusätzlich sei der Beklagte zu 1) zum Ausgleich für im Betriebsprüfungsbericht als steuerlich nicht abzugsfähig bezeichneten Reisekosten von DM 1.500,00 verpflichtet. Mit den Feststellungen im Prüfbericht, insbesondere der in ihm dokumentierten Einigkeit über die Feststellungen in der Schlussbesprechung vom 27.06.1995, hätten die Beklagten korrespondierende Ansprüche der Gemeinschuldnerin anerkannt. Die Beklagten seien nicht allein nach den Regeln der §§ 30, 31 GmbHG und § 43 GmbHG, sondern auch nach § 21 der Satzung der Gemeinschuldnerin eintrittspflichtig, der wie folgt lautet:

§ 21 Steuerklausel

Die Organe der Gesellschaft haben die handelsrechtlichen und steuerlichen Grundsätze ordnungsgemäßer Geschäftsführung einzuhalten und im Geschäftsverkehr die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmannes zu wahren. Den Organen der Gesellschaft ist es insbesondere untersagt, außerhalb satzungsmäßiger Gewinnverteilungsbeschlüsse unangemessene Vorteile zu gewähren, gegen das Nachzahlungs- oder Rückwirkungsverbot zu verstoßen oder andere anerkannte steuerliche Grundsätze zu verletzen, deren Missachtung eine verdeckte Gewinnausschüttung bewirkt. Im Falle der Zuwiderhandlung ist der unangemessene Vorteil betragsmäßig von dem Gesellschafter, dem der Vorteil steuerlich zugerechnet wird, auszugleichen und vom Zeitpunkt der Vorteilsgewährung bis zur Erbringung der Ausgleichsleistung banküblich zu verzinsen.

Durch die Grundstücksveräußerung sowie den Geschäftsanteils-erwerb und die Erstattung von Reisekosten sei der Gemeinschuldnerin notwendiges Eigenkapital entzogen und den Beklagten unzulässigerweise Vermögen zugeflossen, was diesen auch bewusst gewesen sei.

...

Das Landgericht L. hat die Klage mit Urteil vom 01.08.2003 abgewiesen. ...

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Er macht unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens geltend, von verdeckten Gewinnausschüttungen sei nicht allein auf Grund der Feststellungen im Betriebsprüfungsbericht auszugehen, sondern auf Grund eines während des erstinstanzlichen Verfahrens geschlossenen außergerichtlichen Vergleichs ...

Zudem sei dem Betriebsprüfungsbericht und den in ihm enthaltenen Feststellungen hinreichend zu entnehmen, dass sich die Parteien auch untereinander auf das Bestehen der dort festgestellten verdeckten Gewinnausschüttungen verständigt hätten.

Nach einem rechtlichen Hinweis des Senats hat der Kläger seine Klageanträge den präzisen rechnerischen Ansätzen des Betriebsprüfungsberichts angepasst und - nach Rücknahme der auf eine gesamtschuldnerische Zahlungspflicht gerichteten weitergehenden Berufung - zuletzt beantragt,

1. den Beklagten zu 1) zu verurteilen, an den Kläger EUR 174.066,76 (DM 340.445,00) nebst 5 % Zinsen hieraus seit dem 28.06.1995 zu zahlen sowie

2. den Beklagten zu 2) zu verurteilen, an den Kläger EUR 172.532,88 (DM 337.445,00) nebst 5 % Zinsen hieraus seit dem 28.06.1995 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

B.

Die Berufung des Klägers ist mit den zuletzt gestellten Anträgen in vollem Umfang begründet.

I.

Die Beklagten sind aus § 21 der Satzung der Gemeinschuldnerin verpflichtet, an den Kläger Zahlungen in Höhe der zuletzt streitgegenständlichen Beträge zu leisten.

1. § 21 der Satzung verpflichtet die Gesellschafter, an die Gemeinschuldnerin Geldleistungen im Umfang jener Beträge zu erbringen, die bei der körperschaftssteuerrechtlichen Veranlagung als an sie erbrachte verdeckte Gewinnausschüttungen behandelt werden.

a) Durch diese Steuerklausel wird unter den in ihr näher bezeichneten Voraussetzungen sowohl nach dem Wortlaut als auch nach dem Regelungszweck ein Gleichlauf zwischen der steuerlichen und der gesellschaftsrechtlichen Ebene geschaffen, und zwar unabhängig davon, ob der eine verdeckte Gewinnausschüttung ausweisende Körperschaftssteuerbescheid die objektive Rechtslage insoweit zutreffend wiedergibt und ob die Auszahlung - soweit nicht auf einem Gewinnverwendungsbeschluss beruhend - vom Willen aller Gesellschafter getragen war.

aa) Nach dem - für die Auslegung vorrangig heranzuziehenden (vgl. BGHZ 146, 318 [322]; BGHZ 121, 13 [1]; BGH GRUR 2003, 545 f.) - Wortlaut der Satzungsbestimmung ist die Rückgewährpflicht des Gesellschafters allein davon abhängig, dass es bei der Gemeinschuldnerin ohne satzungsgemäßen Gewinnverteilungsbeschluss durch Missachtung steuerlicher Vorschriften zu einer verdeckten Gewinnausschüttung kommt, die steuerlich dem Gesellschafter zugerechnet wird.

Dabei mag zwar sprachlich nicht zweifelsfrei erkennbar sein, ob diese Erstattungspflicht an die objektive steuerliche Lage anknüpft oder auf eine Akzessorietät zwischen der steuerlichen Festsetzung und der gesellschaftsrechtlichen Rückgewährpflicht ausgerichtet ist. Jedenfalls spricht aber mehr dafür, dass die - wie eine Rechtsnorm auszulegende (vgl. BGHZ 134, 364 [368]; BGHZ 123, 347 [350 f.]; BGHZ 116, 359 [364 ff.]; BGH ZIP 2003, 116 [120]) - Satzungsbestimmung auf die konkrete steuerliche Festsetzung abstellt.

bb) Vor allem aber entspricht es dem Sinn und Zweck der Steuerklausel (vgl. zur teleologischen Auslegung: BGHZ 131, 136 [139]; BGHZ 115, 1 [5]; BGH NJW 2002, 747 [748]; BGH NJW 2000, 2508 [2509 f.]; BGH NJW 1999, 2228 [2229]), dass diese Grund und Höhe des Anspruchs ausschließlich an den Festsetzungen der Steuerverwaltung orientiert.

(1) Die Steuerklausel verfolgt sowohl gesellschafts- als auch steuerrechtliche Zielsetzungen.

(1.1) In steuerlicher Hinsicht zielt die Satzungsbestimmung darauf ab, angesichts der bei Gründung der Gemeinschuldnerin noch nicht abschließend geklärten ertragssteuerlichen Lage durch die Vereinbarung einer statuarischen Erstattungspflicht eine Einlagenforderung im steuerlichen Sinne zu begründen, die das Einkommen der Gesellschaft nicht erhöht und aus diesem Grund der Annahme einer Vermögensminderung auf Seiten der Gesellschafter nicht entgegensteht (vgl. nunmehr zur steuerlichen Rechtsprechung: BFHE 188, 569 [572] m.w.N.; BFH, Beschluss vom 30.05.2001 - I B 176/00 -).

(1.2) Unter gesellschaftsrechtlichem Blickwin- kel konkretisiert die Steuerklausel den Gleichbehandlungsgrundsatz (vgl. BGHZ 116, 359 [373]; BGHZ 111, 224 [227]; BGH WM 1990, 182 [185]; Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, 17. Aufl., § 13 Rn. 35 ff. m.w.N.; Scholz/Winter, GmbHG, 9. Aufl., § 14 Rn. 40 m.w.N.), indem sie die Gesellschafter verpflichtet, aus dem Vermögen der Gemeinschuldnerin - und damit mittelbar zu Lasten der anderen Gesellschafter - durch synallagmatische Rechtsgeschäfte erlangte unangemessene Vorteile wirtschaftlich auszugleichen.

(1.3) Weiterhin bezweckt § 21 der Satzung, eine einmal erlangte Eigenkapitalausstattung zu Gunsten der Gemeinschuldnerin zu sichern, um hierdurch deren Stellung im Rechtsverkehr zu festigen. Insbesondere soll das Vertrauen in die wirtschaftliche Solidität der Gemeinschuldnerin dadurch gestärkt werden, dass Vermögensverlagerungen auf die Gesellschafter nur in einer bilanziell transparenten Weise - und nicht verdeckt durch wirtschaftlich unangemessene schuldrechtliche Geschäfte - erfolgen können.

Zur Verwirklichung dieser Zielsetzung bedient sich die Satzung im Ansatz einer an die Rechtsprechungsgrundsätze zu §§ 30, 31 GmbHG angelehnten Gestaltung, erweitert diese aber dahin, dass jedwede verdeckte Gewinnausschüttung - nicht also allein eine solche nach Eintritt einer Unterbilanzierung (vgl. hierzu: BGH WM 2003, 2238 ff.; BGH ZIP 2003, 1544 ff.; BGH ZIP 2003, 625 ff.) - zu einer Erstattungspflicht des Gesellschafters führt. Damit wird nicht nur die Transparenz erhöht, sondern - im Interesse der Gemeinschuldnerin - mittelbar auch erreicht, dass eine einmal vorhandene Eigenkapitalquote nur unter objektiven Voraussetzungen wieder verringert werden kann.

(2) Angesichts dieser Zielrichtung der Steuerklausel knüpft diese die gesellschaftsrechtliche Erstattungspflicht an die steuerlichen Festsetzungen an.

(2.1) Allein hierdurch wird faktisch eine Parallelität zwischen der steuerlichen und gesellschaftsrechtlichen Ebene erreicht, die zumindest nicht uneingeschränkt zu erlangen wäre, wenn die steuerliche Festsetzung die Gesellschafter im Rechtsverhältnis zur Gemeinschuldnerin nicht bände und damit eine Diskrepanz zwischen der steuerlichen und der gesellschaftsrechtlichen Bewertung drohte.

Diese Gefahr, die zumindest dem steuerlichen Zweck widerspräche, ist in Anbetracht der erfahrungsgemäß mit nicht unerheblichen Bewertungsunsicherheiten behafteten Feststellung von verdeckten Gewinnausschüttungen tendenziell erheblich. Zumindest unter steuerlichem Blickwinkel können die Gesellschafter auch schwerlich gewollt haben, dass eine statuarische Erstattungspflicht beim objektiven Bestehen einer verdeckten Gewinnausschüttung selbst dann ausgelöst wird, wenn eine solche von der Finanzverwaltung im Rahmen der steuerlichen Verfahrens nicht erkannt wird.

Dies gilt umso mehr, als zum einen eine unterschiedliche steuerliche Behandlung zwischen der Gemeinschuldnerin einerseits und dem Gesellschafter andererseits zu wirtschaftlichen Verwerfungen führt und zum anderen bei Gründung der Gemeinschuldnerin die Erwartung, durch die Steuerklausel eine Gleichstellung der steuerlichen Ansätze erreichen zu können, jedenfalls nicht gänzlich unbegründet war (vgl. oben (1.1)).

(2.2) Aber auch unter gesellschaftsrechtlichen Aspekten legt der dargelegte Regelungszweck eine akzessorische Gestaltung nahe.

(2.2.1) Die Objektivität des steuerlichen Festsetzungsverfahrens bietet in besonderer Weise Gewähr dafür, dass die Angemessenheit der Leistung zuverlässig ermittelt wird. Hierdurch ist es sachgerecht - und die Abwicklung vereinfachend -, wenn die Gesellschafter den Körperschaftssteuerbescheid und die darin enthaltenen Feststellungen auch auf gesellschaftsrechtlicher Ebene gegen sich gelten lassen.

Durch ein solches Verständnis werden berechtigte Belange der Gesellschafter gewahrt, da diese durch Weisungen an die Geschäftsführer für ein ihren Vorstellungen entsprechendes Vorgehen im steuerlichen Festsetzungsverfahren - bis hin zu einer finanzgerichtlichen Kontrolle - Sorge tragen und damit ihr Interesse auch für einen Gleichlauf von Steuer- und Gesellschaftsrecht sichern können.

...

(2.2.2) Auch wird die Eigenkapitalausstattung in besonderer Weise gesichert, wenn die eine spezifische Objektivität beinhaltende steuerliche Bewertung die Gesellschafter bindet.

b) Die Steuerklausel ist wirksam.

aa) Sie ist nicht auf einen Nachschuss i.S.v. § 26 Abs. 1 GmbHG gerichtet, sondern begründet Nebenleistungspflichten i.S.v. § 3 Abs. 2 GmbHG.

(1) Hierfür spricht vor allem, dass die Zahlungspflicht - anders als ein Nachschuss nach § 26 Abs. 1 GmbHG - nicht der Erhöhung der Eigenkapitalgrundlage der Gemeinschuldnerin dient, sondern lediglich der Kompensation eines Vermögensentzuges, also der Wiederherstellung der vor Vornahme der verdeckten Gewinnausschüttung bestehenden Eigenkapitalausstattung.

(2) Bekräftigt wird diese Sicht dadurch, dass der Umfang der Zahlungspflicht nicht nach dem Verhältnis der Geschäftsanteile zu erfolgen hat, sondern nach den vom jeweiligen Gesellschafter gezogenen unangemessenen wirtschaftlichen Vorteilen.

Dies spricht gegen eine Nachschusspflicht, bei welcher das gesellschaftsrechtliche Gleichbehandlungsgebot - wie in § 26 Abs. 2 GmbHG kodifiziert - eine dem Beteiligungsverhältnis korrespondierende Belastung des einzelnen Gesellschafters erfordert. Bei verdeckten Gewinnausschüttungen wird hingegen der Gleichbehandlungsgrundsatz gerade dadurch verwirklicht, dass jeder Gesellschafter im Umfang der von ihm in unangemessener Weise aus schuldrechtlichen Beziehungen erlangten wirtschaftlichen Vorteile einen finanziellen Ausgleich zu erbringen hat.

Ergänzend kommt hinzu, dass die Zahlungspflicht nicht von einem Gesellschafterbeschluss abhängig ist (vgl. Baumbach/ Hueck/Fastrich, GmbHG, 17. Aufl., § 26 Nr. 7), sondern mit Verwirklichung der tatbestandlichen Voraussetzungen fällig wird und damit vom Geschäftsführer eingefordert werden kann.

bb) Den Anforderungen an eine statuarische Nebenleistungspflicht wird § 21 der Satzung der Gemeinschuldnerin gerecht.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen, unter denen der gesellschaftsrechtliche Anspruch auf Rückgewähr der verdeckten Gewinnausschüttung entsteht, sind in der Satzung hinreichend bestimmt genannt. Auch widerspricht die statuarische Ausgleichspflicht nicht gesetzlichen Bestimmungen oder den Grundstrukturen des Kapitalgesellschaftsrechts.

2. Hiervon ausgehend schulden die Beklagten die vom Kläger im Schluss der mündlichen Verhandlung begehrten Zahlungen.

a) In den körperschaftsteuerlichen Festsetzungen des Finanzamtes I. wurden die nachstehenden verdeckten Gewinnausschüttungen angesetzt, die sich wie folgt auf die Beklagten verteilen:

Beklagter zu 1) Beklagter zu 2)

... ...

b) Die erfolgten Zahlungen beruhen nicht auf einem - die Erstattungspflicht hindernden - satzungsgemäßen Gewinnverwendungsbeschluss.

Zwar ist ein solcher nicht nur bei einer förmlichen Entschließung über die Festsetzung und Verteilung des Jahresüberschusses denkbar, sondern auch im Rahmen einer konkludenten Beschlussfassung über eine Vorab-Ausschüttung (vgl. BGHZ 152, 37 [41 m.w.N.]; Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, 17. Aufl., § 29 Rn. 60). Ein derartiger schlüssiger Beschluss ist vorliegend aber nicht gegeben, da ein solcher den gemeinsamen Willen der Gesellschafter voraussetzt, einen von ihnen aufgrund konkreter Umstände erwarteten Gewinn bereits vor einer Bilanzfeststellung zu verteilen (vgl. auch OLG Brandenburg OLG-NL 1997, 114 f.).

Vielmehr handelt es sich bei den streitgegen-ständlichen schuldrechtlichen Geschäften unstreitig um Vereinbarungen, die nicht auf die Ausschüttung erzielter Gewinne gerichtet waren, sondern den von den Beklagten schriftsätzlich näher dargelegten unternehmerischen Strategien dienten.

c) Ohne Belang bleibt weiterhin, dass beide beklagte Gesellschafter an den verfahrensgegenständlichen Rechtsgeschäften mitgewirkt - und diese damit auch gesellschaftsrechtlich gebilligt - haben.

aa) Diese gemeinsame Willensrichtung hindert zwar Schadensersatzverpflichtungen aus § 43 Abs. 2 GmbHG i.V.m. § 21 Satz 1 und 2 der Satzung (vgl. BGHZ 142, 92 [95]; BGHZ 122, 333 [336]; BGHZ 119, 257 [261]; BGH ZIP 2003, 945 [946]; BGH ZIP 1994, 891 [895]). ...

bb) Unberührt hiervon bleibt aber der originäre Zahlungsanspruch, der die Beklagten aus § 21 Satz 3 der Satzung der Gemeinschuldnerin trifft.

(1) Der Senat verkennt dabei nicht, dass die statuarische Steuerklausel - systematisch inkonsequent - einerseits den "Organen" steuerliche Handlungspflichten auferlegt und andererseits bei vordergründiger Betrachtung ("im Falle der Zuwiderhandlung") mit den Sanktionen die Gesellschafter belegt.

Aus dieser Formulierung kann nicht entnommen werden, dass die Erstattungspflicht der Gesellschafter entfalle, wenn sie mit den Geschäftsführern personenidentisch sind und diese deshalb bei gemeinschaftlichem Handeln eine Schadensersatzpflicht nicht treffen kann. Wie sich aus dem dargelegten Normzweck (vgl. oben B.I.1.a)bb)) im Einzelnen ergibt, stellt nämlich § 21 Satz 3 der Satzung keine schadensersatzrechtliche Regelung dar, sondern dient der Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes sowie - insoweit an §§ 30, 31 GmbHG angenähert - der Sicherung der erlangten Eigenkapitalbasis gegenüber verdeckten Vermögensverlagerungen.

Begründet aber die Steuerklausel eine gesellschaftsrechtliche Forderung eigener Art, wirken auf sie - trotz der etwas missverständlich formulierten Verknüpfung mit den Handlungspflichten der Geschäftsführer - schadensersatzrechtliche Gesichtspunkte des § 43 Abs. 2 GmbHG nicht ein.

(2) Die Beklagten haben die sie treffende originäre Erstattungspflicht auch nicht wirksam durch einen satzungsdurchbrechenden Gesellschafterbeschluss abbedungen.

(2.1) Zwar können Gesellschafter von statuarischen Regelungen punktuell abweichen, soweit sich die Wirkung einer solchen Satzungsdurchbrechung in der betreffenden Maßnahme erschöpft (vgl. BGHZ 123, 15 [19]; BGH ZIP 2003, 116 [118]; OLG Hamm DB 1992, 673).

(2.2) Vorliegend bleibt für die Annahme eines Beschlusses mit satzungsdurchbrechender Wirkung jedoch kein Raum. ...

Ende der Entscheidung

Zurück