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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Urteil verkündet am 21.08.2001
Aktenzeichen: 2 U 673/01
Rechtsgebiete: ZPO, GmbHG


Vorschriften:

ZPO § 521
ZPO § 67
GmbHG § 51 Abs. 3
GmbHG § 30
GmbHG § 31
GmbHG § 34
1. Auf eine allein vom Nebenintervenienten des Beklagten eingelegte Berufung kann eine Anschlussberufung zulässig gegen den - seinerseits nicht als Rechtsmittelführer auftretenden - erstinstanzlichen Beklagten gerichtet werden.

2. Die Wirkungen einer gesellschaftsrechtlichen Vollversammlung treten auch dann ein, wenn ein nicht erschienener Gesellschafter auf der Gesellschafterversammlung von einem Dritten in satzungsgemäßer Weise vollmachtlos vertreten wird und nachfolgend das Verhalten des für ihn in der Gesellschafterversammlung Auftretenden genehmigt.

3. Ein von der Gesellschafterversammlung in satzungswidriger Weise über die Höhe einer Abfindung gefasster Beschluss ist zumindest dann allenfalls anfechtbar, wenn ihm alle Gesellschafter, einschließlich des Ausscheidenden, zugestimmt haben.

4. Ein Einziehungsbeschluss erlangt trotz einer Unterkapitalisierung der GmbH Wirksamkeit, wenn der Abfindungsbetrag von einem Dritten aufgebracht wird und diesem kein das unfreie Vermögen der Gesellschaft weiter schmälernder Rückforderungsanspruch erwächst.


Oberlandesgericht Dresden IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 2 U 673/01 44-O-249/00 LG Dresden

Verkündet am 21.08.2001

In dem Rechtsstreit

wegen gesellschaftsrechtlicher Ansprüche

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24.07.2001 durch

Vizepräsident des Oberlandesgerichts H ,

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die von den Nebenintervenienten geführte Berufung wird das Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Dresden vom 13.02.2001 - 44 O 249/00 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

1. Die Klage des Klägers zu 1) und der Klageantrag 1.a) der Klägerin zu 2) werden als unzulässig abgewiesen.

2. Im Übrigen wird die Klage als unbegründet abgewiesen.

II. Die Anschlussberufung der Kläger wird zurückgewiesen.

III. Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits je zur Hälfte.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

- Streitwert der Berufung und Beschwer der Kläger: DM 11.000,00 -

Zum Sachverhalt:

Die Kläger, Veräußerer und Erwerber eines aus ihrer Sicht von der zwischenzeitlich in Gesamtvollstreckung befindlichen A. GmbH (im Folgenden: Gemeinschuldnerin) an der beklagten GmbH gehaltenen Geschäftsanteils, streiten mit dieser darüber, ob die Gemeinschuldnerin auf Grund eines auf der Gesellschafterversammlung vom 07.05.1997 gefassten Einziehungsbeschlusses aus der Beklagten ausgeschieden ist oder ob die am selben Tag von der Gemeinschuldnerin abgegebene Kündigung zur Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses geführt hat.

Auf der am 07.05.1997 stattgefundenen Gesellschafterversammlung der Beklagten wurde auf Antrag der Nebenintervenientin zu 1) einstimmig ein Amortisationsbeschluss gefasst, durch den der Geschäftsanteil der Gemeinschuldnerin eingezogen und die Abfindung auf DM 1.000,00 DM festgesetzt wurde.

Das Stimmrecht des zur Gesellschafterversammlung nicht erschienenen Gesellschafters M. wurde hierbei im Einvernehmen aller Anwesenden von Rechtsanwalt M. vollmachtlos wahrgenommen. Zugleich erklärte die Gemeinschuldnerin die fristlose Kündigung des Gesellschaftsvertrages und schloss einen als "Vergleichsvereinbarung" überschriebenen Vertrag mit der Beklagten, der R. E. GmbH & Co. KG, deren Komplementärin die Beklagte ist, sowie Gesellschaftern der Gemeinschuldnerin. Hierbei wurde u.a. abgesprochen, dass die Abfindung von DM 1.000,00 schuldbefreiend durch Hinterlegung geleistet werden solle.

Nach der Gesellschafterversammlung genehmigte der Gesellschafter M. sowohl deren Einberufung als auch die Ausübung seines Stimmrechts durch Rechtsanwalt M.

Parallel zur Gesellschafterversammlung der Beklagten wurde am 07.05.1997 eine Gesellschafterversammlung der R. E. GmbH & Co. KG abgehalten. Auf dieser Gesellschafterversammlung kamen die Gesellschafter überein, die Kommanditeinlage der Nebenintervenientin zu 1) von bisher DM 200.000,00 auf DM 500.000,00 gegen Zahlung eines Aufgeldes in Höhe von DM 125.000,00 zu erhöhen. Unter Bezugnahme auf diese Kapitalerhöhung teilte die R. E. GmbH & Co. KG unter dem 13.05.1997 die Zahlungsmodalitäten der Nebenintervenientin zu 1) dahin mit, dass ein Teilbetrag von DM 111.000,00 an Rechtsanwalt M. überwiesen und hiervon die Abfindung für die Amortisation des Geschäftsanteils der Gemeinschuldnerin aufgebracht werden solle.

Dementsprechend überwies die Nebenintervenientin zu 1) u.a. die Abfindung von DM 1.000,00 an Rechtsanwalt M., der dann beim Amtsgericht D. für die Beklagte die Hinterlegung beantragte und nachfolgend eine Hinterlegungsanordnung erwirkte.

Durch Beschluss des Amtsgerichts D. vom 10.07.1997 wurde über das Vermögen der Gemeinschuldnerin das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet und der Kläger zu 1) zum Verwalter bestellt. Dieser trat am 10.01.2000 durch notariellen Vertrag den von der Gemeinschuldnerin nach seiner Meinung an der Beklagten weiterhin gehaltenen Geschäftsanteil an die Klägerin zu 2) ab.

Die Kläger haben die Auffassung vertreten, die Gemeinschuldnerin sei nicht wirksam aus der Beklagten ausgeschieden, weil diese bei der Hinterlegung des Abfindungsbetrages unterkapitalisiert gewesen sei. Auch die Kündigung habe nicht zur Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses geführt, da die entsprechende Erklärung dem abwesenden Gesellschafter M. nicht zugegangen sei.

Die Kläger haben u.a. beantragt, festzustellen, dass die Gemeinschuldnerin Gesellschafterin geblieben und ihr Geschäftsanteil durch Übertragungsvertrag vom 10.01.2000 auf die Klägerin zu 2) übergegangen ist. Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt. Ihre Nebenintervenienten haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie haben den Einziehungsbeschluss für wirksam gehalten, da die Abfindung aus dem freien Vermögen der Beklagten hätte entrichtet werden können. Jedenfalls sei aber die Zahlung des Abfindungsbetrages für die Beklagte wirtschaftlich neutral, weil einem etwa gegen diese gerichteten Rückgriffsanspruch im Falle ihrer Unterbilanzierung § 30 GmbHG entgegenstehe.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung machen die Nebenintervenienten unter Wiederholung und Bekräftigung ihres erstinstanzlichen Vortrages geltend, die Einziehung sei mit der Hinterlegung der DM 1.000,00 wirksam geworden.

Die Kläger beantragen, im Wege der unselbstständigen Anschlussberufung u.a. festzustellen, dass der Einziehungsbeschluss endgültig, nicht nur schwebend, unwirksam sei.

Die Beklagte stellt keinen Antrag. Die Nebenintervenienten beantragen, u.a. die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Nebenintervenienten hat Erfolg, während die unselbstständige Anschlussberufung der Kläger als unbegründet zurückzuweisen ist.

A.

Die von den Nebenintervenienten eingelegte Berufung sowie die unselbstständige Abschlussberufung der Kläger sind zulässig.

I.

Das Rechtsmittel der Nebenintervenienten begegnet keinen Zulässigkeitsbedenken.

1. Es handelt sich bei ihm um eine für die Beklagte eingelegte Berufung, deren Zulässigkeit an § 67 ZPO zu messen ist.

Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass sich in einem gesellschaftsrechtlichen Anfechtungsprozess die Gestaltungswirkung auf den einzelnen Gesellschafter erstreckt und dieser daher als streitgenössischer Nebenintervenient i.S.v. § 69 ZPO zu einer eigenständigen - vom Verhalten der unterstützten Hauptpartei unabhängigen - Rechtsmitteleinlegung berechtigt ist (vgl. BGH, Urteil vom 30.04.2001 - II ZR 328/01 -, BGHR 2001, 553; BGH ZIP 1993, 1228 [1229]). Eine derartige Rechtskrafterstreckung kommt dem angefochtenen Urteil aber nicht zu, da es nicht auf die rechtsgestaltende Aufhebung des Einziehungsbeschlusses gerichtet ist, sondern sich im Wege eines feststellenden Erkenntnisses mit den Wirkungen des Amortisationsbeschlusses und der Kündigungserklärung befasst.

2. Die demnach maßgebenden Anforderungen des § 67 ZPO werden von der Berufung aber gewahrt.

Diese steht nicht in Widerspruch zu Erklärungen oder Handlungen der Beklagten, da diese im Berufungsrechtszug zwar ihre eigene - den Klägern günstige - Rechtsansicht mitgeteilt hat, aber gleichzeitig betonte, dass sie sich im Rechtsstreit "neutral" verhalte. Diese Erklärung kann sachgerecht nur dahin interpretiert werden, dass die Beklagte eine Sachentscheidung durch den Senat erstrebt und dem von den Nebenintervenienten eingelegten Rechtsmittel, mag sie dieses auch inhaltlich kritisch begleiten, nicht entgegentreten will.

II.

Ebenso ist die Anschlussberufung der Kläger gemäß § 521 Abs. 1 ZPO zulässig.

1. Die von den Klägern - auf Hinweis des Senats - als Anschlussberufungsbeklagte bezeichnete erstinstanzliche Beklagte ist zulässige Adressatin einer unselbstständigen Anschlussberufung.

a) Zwar ist allgemein anerkannt, dass eine Anschlussberufung den Berufungsbeklagten nicht in die Lage versetzt, in den Berufungsrechtszug eine nur am erstinstanzlichen Verfahren beteiligte Partei einzubeziehen (vgl. BGH, Urteil vom 18.05.2001 - V ZR 353/99 - S. 9 Uu.; BGH NJW 1991, 2569; BGH MDR 1989, 522; OLG Hamm OLGR 1995, 37 [38]).

Als solche ist die Beklagte aber trotz unterbliebener eigener Rechtsmitteleinlegung nicht zu verstehen, da sie infolge der Berufung ihrer Nebenintervenienten auch im Berufungsrechtszug eine Parteistellung erlangt hat (vgl. BGHZ 92, 351 [352 f.]; BGH, Urteil vom 18.05.2001 - V ZR 353/99 - S. 9 Uu.; BGH NJW 1997, 2385 [2386] m.w.N.; BGH NJW 1995, 198 [199]).

b) Nicht erforderlich für die Zulässigkeit einer unselbstständigen Anschlussberufung ist hingegen, dass die Beklagte über ihre fortbestehende Parteistellung hinaus im Berufungsrechtszug auch als Rechtsmittelführerin in Erscheinung tritt (ebenso: OLG Naumburg OLGRspr. 20 (1910), 298 [299]; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 22. Aufl., § 67 Rn. 10; Rimmelspacher, in: Münchener Kommentar, ZPO, 2. Aufl., § 521 Rn. 25).

aa) Die Beklagte wird durch die Statthaftigkeit der gegen sie gerichteten unselbstständigen Anschlussberufung nicht unangemessen benachteiligt, da sie dieser durch einen Widerspruch gegen das Rechtsmittel ihrer Nebenintervenienten die Grundlage hätte entziehen können. Nahm sie hiervon Abstand, um eine zu ihren Gunsten ergehende Veränderung der landgerichtlichen Entscheidung zu ermöglichen, ist es sachgerecht, wenn sie auch die damit verbundene Möglichkeit einer Verschlechterung ihrer Rechtslage durch eine gegen sie gerichtete Anschlussberufung in Kauf nehmen muss (vgl. OLG Naumburg, a.a.O.).

bb) Gegenteiliges folgt auch nicht daraus, dass in zahlreichen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes (zuletzt: BGH NJW 1991, 2569) ausgeführt wird, eine Anschlussberufung könne sich nur gegen den Berufungskläger richten. Diese Urteile ergingen nämlich durchweg zu Sachverhaltsgestaltungen, bei denen es zu keinem Auseinanderfallen zwischen dem Rechtsmittelführer und der Partei des Berufungsrechtszuges gekommen war und bei denen damit kein Anlass für eine sprachlich exakte Differenzierung bestand.

2. Keinen Bedenken begegnet schließlich, dass die unselbstständige Anschlussberufung der Kläger lediglich der Erweiterung ihrer Klageanträge dient (vgl. BGHZ 96, 205 [210]; BGH, Urteil vom 18.05.2001 - V ZR 353/99 - S. 8 Uu.; BGH WM 1987, 249 [251]).

B.

...

C.

Die Berufung ist - bei gleichzeitiger Erfolglosigkeit der Anschlussberufung - begründet.

Den im Schluss der mündlichen Verhandlung gestellten Klageanträgen fehlt überwiegend bereits das Feststellungsinteresse (unten I.). Das von der Klägerin zu 2) im Klageantrag zu 1.b) verfolgte - allein zulässige - Feststellungsbegehren scheitert daran, dass die Gemeinschuldnerin auf Grund des am 07.05.1997 gefassten Einziehungsbeschlusses mit der Hinterlegung des Abfindungsbetrages aus der Beklagten ausgeschieden ist (unten II.).

I.

1. Mit Ausnahme der von der Klägerin zu 2) beantragten Feststellung, dass sie Gesellschafterin der Beklagten mit Geschäftsanteilen im Nennwert von zusammen DM 16.000,00 sei, ist die Klage unzulässig.

a) Der durch die Anschlussberufung - in gemäß §§ 523, 263 ZPO sachdienlicher Weise - modifizierte Klageantrag zu 1. a) ist unzulässig, da weder für den Kläger zu 1) noch für die Klägerin zu 2) ein i.S.v. § 256 ZPO schutzwürdiges Interesse an der erstrebten Feststellung besteht.

aa) Einem Rechtsschutzbedürfnis des Klägers zu 1) steht entgegen, dass die Gemeinschuldnerin nach seiner eigenen Darstellung zwischenzeitlich keinen Geschäftsanteil an der Beklagten mehr hält und damit sein Begehren auf die Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses zielt, ohne den hierfür notwendigen Anforderungen zu genügen.

Selbst nach einem entsprechenden Hinweis des Senats hat der hierfür darlegungs- und beweisbelastete Kläger zu 1) keine Tatsachen vorgetragen, die darauf schließen lassen, dass der begehrten Feststellung derzeit noch eine Bedeutung - etwa für die Wirksamkeit von nach dem 07.05.1997 gefassten Gesellschafterbeschlüssen - zukommen kann. Hat aber die der Entscheidung des Senats unterstellte Frage, ob die Gemeinschuldnerin zwischen der am 10.10.1997 bewirkten Hinterlegung des Abfindungsbetrages von DM 1.000,00 und der am 10.01.2000 erfolgten Abtretung des Geschäftsanteils Gesellschafterin der Beklagten war, weder für die Gegenwart noch für die Zukunft im Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger zu 1) und der Beklagten irgend welche Folgen, mangelt es an dem für eine Feststellungsklage notwendigen Rechtsschutzbedürfnis (vgl. BGHZ 27, 190 [196]; BAG DB 1993, 100).

b) Die Klägerin zu 2) steht ein Feststellungsinteresse am Klageantrag zu 1. a) ebenso wenig zu, da dieser lediglich die gesellschaftsrechtlichen Beziehungen zwischen der Gemeinschuldnerin und der Beklagten betrifft.

Zwar kann auch ein Rechtsverhältnis zwischen Dritten zulässig Gegenstand einer Feststellungsklage sein, soweit dieses zugleich für die Rechtsbeziehungen der Parteien untereinander von Bedeutung ist und ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Klärung besteht (vgl. BGHZ 83, 122 [125]; BGH NJW 1993, 2539 [2540]). Hierfür ist aber nichts zu ersehen, da die Klägerin zu 2) von der früheren Rechtslage nicht betroffen ist und sie die für sie allein relevante eigene Gesellschafterstellung - wie im Klageantrag zu 1.b) geschehen - durch eine unmittelbar hierauf gerichtete Feststellungsklage klären lassen kann.

2. Auch für den Klageantrag zu 1. b) lässt sich lediglich ein Feststellungsinteresse der Klägerin zu 2), nicht jedoch des Klägers zu 1), erkennen, da Letzterer von der - allein der gerichtlichen Klärung unterstellten - Gesellschafterstellung der Klägerin zu 2) weder unmittelbar noch mittelbar (vgl. zu Drittrechtsverhältnissen oben: B.I.1.b)) betroffen wird.

II.

Die von der Klägerin zu 2) im Antrag zu 1.b) verfolgte Klage ist unbegründet, da der Geschäftsanteil der Gemeinschuldnerin durch den Amortisationsbeschluss vom 07.05.1997 wirksam eingezogen wurde.

1. Der Beschluss ist nicht unter schwerwiegenden - entsprechend § 241 AktG zur Nichtigkeit führenden - Rechtsverstößen zu Stande gekommen.

a) Aus einer etwa unterbliebenen Ladung des Gesellschafters M. ließe sich ein auf die Beschlussfassung auswirkender Rechtsverstoß nicht ableiten, weil ein Verfahrensfehler zumindest in entsprechender Anwendung von § 51 Abs. 3 GmbHG durch ein Erscheinen aller Gesellschafter geheilt wäre (vgl. Zöllner, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Aufl., § 51 Rn. 25).

aa) Das Ausbleiben des Gesellschafters M. ist unschädlich, da für diesen Rechtsanwalt M. aufgetreten ist und hiermit alle Gesellschafter einverstanden waren.

bb) Eine Anwendung der für die Vollversammlung entwickelten Rechtsgrundsätze wird auch nicht dadurch gehindert, dass Rechtsanwalt M. die gesellschaftsrechtlichen Teilhaberechte des Gesellschafters M. vollmachtlos ausgeübt hat.

Letzterer hat das Verhalten von Rechtsanwalt M. nachträglich gebilligt und hierdurch den von diesem abgegebenen Erklärungen entweder analog § 184 BGB (so: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., § 47 Rn. 9; BayObLG GmbHR 1989, 252 [253]) oder analog § 180 Satz 2 BGB i.V.m. § 177 BGB (so: Zöllner, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Aufl., § 47 Rn. 38; K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, 8. Aufl., § 47 Rn. 87) zur Wirksamkeit verholfen.

Diese Genehmigung bewirkt auch, dass die Gesellschafterversammlung ex post als Vollversammlung zu verstehen ist (so für Zwei-Personen-GmbH auch: BayObLG GmbHR 1989, 252 [253]) und hierdurch ein etwaiger Ladungsmangel behoben wurde. Ist nämlich das Auftreten eines vollmachtlosen Vertreters von allen anwesenden Gesellschaftern gebilligt und vom Vertretenen nachträglich genehmigt worden, besteht weder aus gesellschaftsrechtlichen noch aus bürgerlich-rechtlichen Gründen ein Anlass, die Rückwirkungsfiktion auf die abgegebenen Willenserklärungen zu beschränken und die mittelbaren Konsequenzen, die sich aus der gesetzlich fingierten Repräsentanz des Gesellschafters in Bezug auf Einberufungs- oder Ladungsmängel ergeben, zu versagen. Insbesondere ist bei einem vom Konsens aller Gesellschafter getragenen Handeln eines vollmachtlosen Vertreters nicht zu besorgen, dass ein Einberufungs- oder Ladungsmangel von einzelnen Gesellschaftern oder Gesellschaftergruppierungen missbraucht wird, um durch eine vollmachtlose Stimmrechtsausübung für nicht erschienene Gesellschafter die Folgen einer Beschussunfähigkeit zu Lasten solcher Gesellschafter abzuwenden, die zwar erschienen sind, aber aus dem Verfahrensfehler Rechte ableiten wollen.

b) Der Senat vermag den Klägern auch nicht darin beizutreten, dass der Beschluss analog § 241 Nr. 3 AktG wegen Verstoßes gegen den in § 30 GmbHG niedergelegten Grundsatz der Kapitalerhaltung nichtig sei.

aa) Keiner Entscheidung bedarf dabei, ob im Zeitpunkt der Beschlussfassung eine - auf der Basis fortgeschriebener Buchwerte zu ermittelnde - Unterbilanz der Beklagten gegeben war (vgl. BGH ZIP 1996, 1984 [1986]; BGHZ 144, 365 [369]).

bb) Selbst wenn dies unterstellt wird, wäre der Amortisationsbeschluss nicht nichtig.

(1) Des Verdikts der Nichtigkeit bedarf es jedenfalls dann nicht, wenn die Gesellschafter bei der Beschlussfassung nicht erkennen, dass eine Abfindung nur aus dem unfreien Vermögen erfolgen kann.

Zumindest bei einem mangelnden willentlichen Rechtsbruch ist ein aus der Unterbilanzierung folgender Rechtsverstoß nicht derart schwerwiegend, dass einem Einziehungsbeschluss zur Wahrung gesellschaftsrechtlicher Prinzipien die Anerkennung von vornherein zu versagen wäre. Dies gilt umso mehr, als die Wirksamkeit der Amortisation des Geschäftsanteils ohnehin dadurch bedingt ist, dass die Abfindung ohne Beeinträchtigung des Gesellschaftsvermögens aufgebracht werden kann (vgl. unten 2.b)aa) und das Eigenkapital der Gesellschaft damit stets hinreichend gesichert ist.

Nur diese Sichtweise eröffnet im Übrigen auch die Möglichkeit, den Abfindungsbetrag bei einer Unterkapitalisierung durch Dritte leisten oder finanzieren zu lassen und so eine Beeinträchtigung des Stammkapitals - dessen Schutz alleiniger Zweck der Kapitalerhaltungsvorschriften von §§ 30 ff. GmbHG ist - zu vermeiden (vgl. OLG Hamm NZG 1999, 597 [598]).

(2) Vor diesem Hintergrund ist der am 07.05.1997 gefasste Beschluss der Gesellschafterversammlung nicht als nichtig zu erachten (wird ausgeführt).

2. Der Beschluss vom 07.05.1997 ist auch endgültig wirksam geworden, da er sich auf die Zustimmung der Gemeinschuldnerin stützen kann und die Zahlung der Abfindung in Höhe von DM 1.000,00 durch Hinterlegung ohne Verstoß gegen §§ 30 ff. GmbHG erfolgt ist.

a) Ausweislich des Protokolls der Gesellschafterversammlung wurde der Einziehungsbeschluss mit den Stimmen aller Gesellschafter gefasst, sodass die Vorgaben des § 34 Abs. 1 GmbHG i.V.m. § 13 Ziffer 1 der Satzung gewahrt sind.

b) Auch die anfängliche schwebende Unwirksamkeit des Amortisationsbeschlusses ist beseitigt, da die geschuldete Abfindung von DM 1.000,00 an die Gemeinschuldnerin geleistet wurde.

aa) Im Ausgangspunkt ist den Klägern allerdings darin beizutreten, dass die Einziehung des Geschäftsanteils der Gemeinschuldnerin erst mit einer ohne Beeinträchtigung des Stammkapitals erfolgenden Entrichtung der geschuldeten Abfindung wirksam wurde (vgl. BGHZ 9, 157 [173]; OLG Frankfurt/Main ZIP 1997, 644 [645]; OLG Köln GmbHR 1996, 609; Hueck, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Aufl., § 34 Rn. 24).

bb) Zu einem solchen Bedingungseintritt ist es aber gekommen, da die durch Hinterlegung von DM 1.000,00 zu leistende Abfindung mit der vom Amtsgericht D. erlassenen Hinterlegungsanordnung in der geschuldeten Weise erbracht wurde, ohne eine etwaige Unterbilanzierung der Beklagten herbeizuführen oder zu verschärfen.

(1) Der Bedingungseintritt war von der Hinterlegung des im Gesellschafterbeschluss vom 07.05.1997 bestimmten Abfindungsbetrages von DM 1.000,00 abhängig.

(1.1) Zwar folgte die Festsetzung der Abfindungshöhe nicht dem vom Gesellschaftsvertrag der Beklagten vorgegebenen Verfahren, nach dem zunächst eine Abfindungsbilanz zu erstellen und anschließend der Abfindungsbetrag entsprechend dem Anteil des ausscheidenden Gesellschafters am Stammkapital zu ermitteln gewesen wäre (vgl. § 14 Ziff. 4 der Satzung).

Dieser Satzungsverstoß führt jedoch nicht zur Nichtigkeit des die Abfindungshöhe regelnden Beschlusses, da die satzungswidrig angenommene Regelungskompetenz angesichts der gesetzlichen Allzuständigkeit der Gesellschafterversammlung (vgl. Zöllner, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Aufl., § 46 Rn. 60) nicht derart schwer wiegt, dass eine Wirksamkeit zumindest dann nicht hinnehmbar wäre, wenn der Beschluss vom Willen aller Gesellschafter, einschließlich des von der Amortisation Betroffenen, getragen wird. Die damit allenfalls in Betracht kommende Anfechtbarkeit berührt den Bestand des Gesellschafterbeschlusses nicht, weil sie von keinem Gesellschafter innerhalb angemessener Frist gerichtlich geltend gemacht wurde (vgl. Zöllner, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Aufl., § 53 Rn. 23 a).

(1.2) Ebenso wenig begegnet die in der Vergleichsvereinbarung erfolgte Festlegung der Zahlungsmodalitäten Bedenken, da diese für sich gesehen weder Auswirkungen auf die Kapitalerhaltung der Beklagten noch auf das Sicherungsbedürfnis der Gemeinschuldnerin hatte und damit - ohne eines gesonderten Gesellschafterbeschlusses zu bedürfen - einer schuldrechtlichen Absprache zugänglich war.

(2) Die Hinterlegung des - aus dem Vermögen der Nebenintervenienten zu 1) oder der R. E. GmbH & Co. KG stammenden - Abfindungsbetrages von DM 1.000,00 wahrt die in der Vergleichsvereinbarung an eine Erfüllungswirkung i.S.v. § 362 Abs. 1 BGB gestellten Anforderungen (wird ausgeführt).

(3) Das nach §§ 30, 31 GmbHG zu erhaltende Vermögen wird durch das bei der Aufbringung des Abfindungsbetrages gewählte Vorgehen selbst dann nicht berührt, wenn das Stammkapital der Beklagten bilanziell bereits ganz oder teilweise aufgebraucht gewesen wäre.

(3.1) Der Hinterlegungsbetrag rührte - wie zwischen den Parteien außer Streit steht - nicht aus der Rechtssphäre der Beklagten her, so dass die Zahlung der Abfindung zumindest nicht unmittelbar das unfreie Vermögen beeinträchtigt haben kann.

(3.2) Aber auch mittelbare Auswirkungen auf die Eigenkapitalisierung der Beklagten sind auszuschließen.

(3.2.1) Dahinstehen kann dabei, ob der bei der Finanzierung des Abfindungsbetrages gewählte Weg gegen §§ 30, 31 GmbHG verstieße, falls entweder der Nebenintervenientin zu 1) oder der R. E. GmbH & Co. KG gegen die Beklagte in Höhe von DM 1.000,00 ein Rückgriffsanspruch erwachsen wäre (vgl. OLG Hamm NZG 1999, 597 [598]).

(3.2.2) Zumindest wäre eine solche Regressforderung vorliegend bei einer Unterbilanzierung der Beklagten ihrerseits mit einer Auszahlungssperre behaftet und damit nicht geeignet, deren wirtschaftliche Basis weiter zu schmälern.

(3.2.2.1) Wenn der Abfindungsbetrag rechtlich dem Vermögen der Nebenintervenientin zu 1) zugerechnet werden müsste, wäre eine etwaige Rückerstattung als Auszahlung an einen Gesellschafter zu erachten und damit unmittelbar an § 30 GmbHG zu messen.

(3.2.2.2) Stellte sich die Hinterlegung rechtlich als Leistung der R. E. GmbH & Co. KG dar - wofür Einiges sprechen mag -, wäre auch diese zur Rückforderung nur berechtigt gewesen, wenn die Beklagte den Abfindungsbetrag aus ihrem freien Vermögen hätte aufbringen können.

(3.2.2.2.1) Vertragliche Ansprüche der R. E. GmbH & Co. KG würden zwar von einer Unterbilanzierung der Beklagten nicht berührt, sind aber von den Klägern nicht schlüssig vorgetragen.

(3.2.2.2.2) Ebenso wenig kommt ein Aufwendungsersatzanspruch aus § 683 BGB in Betracht, da es bei einer Unterbilanzierung der Beklagten deren mutmaßlichem Willen nicht entsprochen haben kann, dass die R. E. GmbH & Co. KG eine mit einer Auszahlungssperre behaftete Verbindlichkeit erfüllt.

(3.2.2.2.3) Schließlich liegt bei einer Unterbilanzierung der Beklagten auch kein Rückforderungsanspruch nach Maßgabe von § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB, § 267 BGB vor (vgl. dazu: BGH NJW 2000, 1718 [1719]; BGH ZIP 1998, 601 [602]).

Zu der einen Bereicherungsanspruch auslösenden Befreiung von einer Verbindlichkeit hätte es nur kommen können, wenn die Beklagte ihrerseits berechtigt gewesen wäre, den Abfindungsbetrag von DM 1.000,00 an die Gemeinschuldnerin zu leisten. Wäre die Beklagte hieran - wie zu unterstellen - durch die Auszahlungssperre des § 30 Abs. 1 GmbHG gehindert gewesen, hätte keine Zahlungsverpflichtung bestanden, von welcher die Beklagte gegenüber der Gemeinschuldnerin hätte befreit werden können.

(3.2.3) Ohne Belang ist schließlich, ob die Beklagte eine entsprechende Verbindlichkeit passiviert hat und ob sie der R. E. GmbH & Co. KG im Wege einer Aufrechnungsvereinbarung Ersatz für die Leistung des Abfindungsbetrages gewähren wollte. Solche Bemühungen wären nämlich bei einer bestehenden Unterbilanzierung der Beklagten von vorn herein ins Leere gegangen, da dann weder ein aufrechenbarer Anspruch bestand noch eine Aufrechnungsvereinbarung die der Beklagten gegen die R. E. GmbH & Co. KG zustehende Forderung erfüllt hätte.

Ende der Entscheidung

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