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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Beschluss verkündet am 11.09.2007
Aktenzeichen: 2 WS 163/07
Rechtsgebiete: StGB, SächsBG


Vorschriften:

StGB § 353b Abs. 1
SächsBG § 78
SächsBG § 80
Ein Amtsträger, der ein Geheimnis durch eine eigene Entscheidung erst schafft, erfüllt bei einem Offenbaren dieses Geheimnisses nicht den objektiven Tatbestand des § 353 B Abs. 1 StGB, weil ihm das Geheimnis weder "anvertraut" worden noch "sonst bekanntgeworden" ist.
Oberlandesgericht Dresden 2. Strafsenat

Aktenzeichen: 2 Ws 163/07

Beschluss

vom 11. September 2007

in der Strafsache gegen

wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses

hier: Beschwerde der Staatsanwaltschaft Chemnitz gegen die Nichteröffnung des Hauptverfahrens

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluss des Landgerichts Dresden vom 12. Januar 2007 wird als unbegründet verworfen.

2. Die Kosten der sofortigen Beschwerde sowie die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse auferlegt.

Gründe:

I.

1. Mit Anklageschrift vom 13. Dezember 2005 hat die Staatsanwaltschaft Chemnitz dem Angeschuldigten eine Verletzung des Dienstgeheimnisses (§ 353 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB) vorgeworfen, die dieser in seiner Eigenschaft als Staatsanwalt begangen haben soll.

Nach den Ermittlungen der anklagenden Staatsanwaltschaft führte die Staatsanwaltschaft Dresden seit Juni 2004 ein Ermittlungsverfahren gegen den ehemaligen Sächsischen Staatsminister für Wirtschaft, Prof. Dr. wegen des Verdachts der Untreue. Der Angeschuldigte war Sachbearbeiter dieses Verfahrens und zu diesem Zeitpunkt als Staatsanwalt in der Abteilung IX der Staatsanwaltschaft Dresden (Integrierte Ermittlungseinheit Sachsen - INES) tätig. Auf seinen Antrag erließ das Amtsgericht Dresden am 21. April 2005 zwei Durchsuchungsbeschlüsse hinsichtlich des Beschuldigten Prof. Dr. in Dresden-Ullersdorf und eines weiteren, in Köln wohnhaften Mitbeschuldigten. Ende April 2005 bestimmte der Angeschuldigte als Durchsuchungstermin den 24. Mai 2005.

In ihrer Anklage wirft die Staatsanwaltschaft Chemnitz dem Angeschuldigten vor, am 23. Mai 2005 um 17:50 Uhr dem bei der Dresdner Morgenpost tätigen Journalisten K in einem Telefonat entsprechend eines vorgefassten Tatentschlusses mitgeteilt zu haben, dass die Staatsanwaltschaft Dresden ein Ermittlungsverfahren gegen Prof. Dr. führe und dass am Morgen des nächsten Tages die Anwesen von Prof. Dr. und des Mitbeschuldigten in Köln durchsucht werden würden. Bei der Durchsuchung in Dresden waren dann der Journalist K und ein Fotograf anwesend. Die Dresdner Morgenpost berichtete am darauffolgenden Tag über die Durchsuchung in Wort und Bild.

Über den Anklagesatz hinaus wird im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen der Anklage ausgeführt, dass der Angeschuldigte absichtlich auch den Inhalt der Durchsuchungsbeschlüsse mitgeteilt habe.

2. Die zuständige 4. Strafkammer des Landgerichts Dresden hat die Eröffnung des Hauptverfahrens mit Beschluss vom 12. Januar 2007 aus Rechtsgründen abgelehnt, weil der Sachverhalt keinen Straftatbestand erfülle oder wegen fehlender Prozessvoraussetzungen eine Strafbarkeit ausscheide.

Der Angeschuldigte habe als Amtsträger zwar gegen seine Amtsverschwiegenheit verstoßen, indem er unbefugt den Durchsuchungstermin offenbart habe. Er habe dadurch jedoch nicht wichtige öffentliche Interessen gefährdet. Eine konkrete Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen könne nach einer Würdigung aller Umstände nicht festgestellt werden. Den Akten könne nicht entnommen werden, dass Prof. Dr. über den Journalisten Informationen über die geplante Durchsuchung erhalten habe. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass von dem Angeschuldigten eine Gefährdung des Ermittlungserfolges durch die Weitergabe von Informationen an den Journalisten beabsichtigt gewesen sei. Eine konkrete Gefährdung ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, dass nach Bekanntwerden der Verletzung der Amtsverschwiegenheit mit hohem Aufwand Ermittlungen geführt und erst dadurch bekannt gewordene Umstände möglicherweise zu einer mittelbaren Gefährdung öffentlicher Interessen geführt haben. Insoweit fehle es an einem tatspezifischen Unmittelbarkeitszusammenhang. Soweit eine Straftat nach § 203 Abs. 2 Nr. 1 StGB in Betracht komme, fehle es an der Prozessvoraussetzung eines Strafantrages gemäß § 205 Abs. 1 StGB. Die durch das Sächsische Staatsministerium der Justiz erteilte Verfolgungsermächtigung erstrecke sich ausdrücklich nur auf eine Straftat gemäß § 353 b Abs. 1 StGB und könne einen solchen Strafantrag nicht ersetzen.

3. Gegen diese Nichteröffnungsentscheidung richtet sich die sofortige Beschwerde des Leitenden Oberstaatsanwalts in Chemnitz. Er meint, es sei ausreichend, wenn die Gefährdung der öffentlichen Interessen mittelbare Folge des Geheimnisbruches sei. Mit der Weitergabe der Information, gegen Prof. Dr. sei ein Ermittlungsverfahren anhängig und strafprozessuale Maßnahmen stünden unmittelbar bevor, sei das Stadium der konkreten Gefährdung erreicht. Es sei auch eine Verurteilung wegen einer tateinheitlich verwirkten Verletzung von Privatgeheimnissen gemäß § 203 StGB möglich. Der insoweit notwendige Strafantrag sei konkludent der Ermächtigung zur Strafverfolgung durch das Sächsische Staatsministerium der Justiz zu entnehmen.

Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat unter ausschließlicher Bezugnahme auf diese Beschwerdebegründung beantragt, den Beschluss des Landgerichts Dresden aufzuheben, die Anklage der Staatsanwaltschaft Chemnitz zur Hauptverhandlung zuzulassen und das Hauptverfahren vor einer anderen Strafkammer des Landgerichts zu eröffnen.

4. Die mit Senatsbeschluss vom 24. Mai 2007 gemäß § 202 Satz 1 StPO angeordneten Nachermittlungen haben ergeben, dass der Angeschuldigte die Ermittlungen selbst von Beginn an geführt hat. Sowohl die Eintragung des Verfahrens in das AR-Register als auch die spätere Umtragung in das Js-Register erfolgte jeweils aufgrund einer Verfügung des Angeschuldigten.

II.

Die zulässige sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg.

Das Landgericht hat die Eröffnung des Hauptverfahrens im Ergebnis zu Recht abgelehnt.

1. Der dem Anklagesatz zu entnehmende Vorwurf erfüllt nicht den objektiven Tatbestand des § 353 b Abs. 1 StGB.

a) Der Angeschuldigte gehört zwar als Staatsanwalt unstreitig zu dem Personenkreis, der Täter einer Verletzung des Dienstgeheimnisses sein kann, weil er Beamter und damit Amtsträger ist (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a StGB).

b) Die dem Angeschuldigten vorgeworfenen Mitteilungen an den Journalisten K enthielten auch jeweils ein Geheimnis. Dies gilt nicht nur für die Mitteilung des Durchsuchungstermins und die Tatsache, dass die Staatsanwaltschaft Dresden ein Ermittlungsverfahren gegen Prof. Dr. führt, sondern auch für die Mitteilung des Inhalts der Durchsuchungsbeschlüsse, auch wenn die Mitteilung dieses "dritten" Geheimnisses nur bei großzügiger Auslegung der Anklageschrift als noch vom Anklagesatz (§ 200 Abs. 1 Satz 1 StPO) umfasst angesehen werden kann.

Allen drei "Mitteilungen" ist gemein, dass es sich um Tatsachen handelt, deren Kenntnis zum Zeitpunkt der Tathandlung nicht über einen begrenzten Personenkreis hinausging (BGHSt 10, 108) und die weder offenkundig waren, noch sich aus allgemeinen Quellen erschließen ließen (BGHSt 48, 28 [31]; 48, 126 [129 f.]).

Diese Anforderungen an ein "Geheimnis" hat der Freistaat Sachsen als Gesetzgeber für seine Beamten in einer rechtlichen Anordnung zur Amtsverschwiegenheit aufgenommen. Der Beamte hat grundsätzlich über die bei seiner amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren (§ 78 Abs. 1 Satz 1 des Sächsischen Beamtengesetzes). Ausgenommen sind lediglich offenkundige oder ihrer Art nach nicht geheimhaltungsbedürftige Tatsachen (§ 78 Abs. 1 Satz 2 SächsBG).

Bei den dem Angeschuldigten vorgeworfenen Mitteilungen ergibt sich deren Geheimhaltungsbedürftigkeit bereits aus der Natur der Sache (vgl. Tröndle/Fischer StGB 54. Aufl. § 353 b Rdnr. 7 a). Auskünfte an die Presse darf ein Staatsanwalt nur dann geben, wenn er durch den Behördenleiter mit der Auskunftserteilung beauftragt ist (§ 80 SächsBG); diese Voraussetzungen erfüllte der Angeschuldigte nicht.

c) Hinsichtlich der Geheimnisse "Durchsuchungstermin" und "Existenz eines Ermittlungsverfahren gegen Prof. Dr. " kommt eine Eröffnung der Hauptverhandlung bereits aus Rechtsgründen nicht in Betracht, im Übrigen ist sie aus tatsächlichen Gründen abzulehnen.

aa) Das Geheimnis "Durchsuchungstermin" ist dem Angeschuldigten weder anvertraut, noch sonst bekannt geworden.

Unter dem Tatbestandsmerkmal "anvertrauen", das das Gesetz auch in § 203 StGB verwendet, wird das Einweihen in ein Geheimnis verstanden, aus dem sich eine Pflicht zur Verschwiegenheit ergibt (OLG Köln NStZ 83, 412; Tröndle/Fischer § 203 Rdnr. 8). Dabei ist gleichgültig, ob dies durch einen Vorgesetzten, einen anderen Angehörigen der Behörde oder einen Privaten geschieht (Schönke/Schröder-Lenckner/Perron, StGB 27. Aufl. § 353 b Rdnr. 7). "Sonst bekannt geworden" ist das Geheimnis dem Täter als Amtsträger, wenn seine dienstliche Tätigkeit die Kenntnis der fraglichen Tatsache mit sich bringt oder wenn die Erlangung der Kenntnis in einem inneren Zusammenhang zu seinen Verrichtungen steht (Schönke/Schröder-Lenckner/Perron § 353 b Rdnr. 7).

Beide Tatbestandsalternativen setzen demnach voraus, dass das Geheimnis bereits existiert und sodann dem Täter zur Kenntnis gelangt. Eigene Entscheidungen, die die Geheimnistatsachen erst schaffen, sind dem Amtsträger dagegen weder "anvertraut" noch "sonst bekannt geworden" (OLG Düsseldorf NJW 2005, 1791 (1798); Schönke/Schröder-Lenckner/Perron § 353 b Rdnr. 7).

So verhält es sich bei dem Geheimnis "Durchsuchungstermin". Ausweislich des Vermerks des Angeschuldigten vom 01. Juni 2005 (Bl. 34 der Sachakte) wurden die Durchsuchungsbeschlüsse am 21. April 2005 vom Amtsgericht Dresden erlassen. Die Akten seien nach seiner Erinnerung am 19. oder 20. April 2005 durch Beamte des Landeskriminalamtes unmittelbar in die Geschäftsstelle des Ermittlungsrichters gebracht und am 21. oder 22. April 2005 von dort wieder abgeholt worden. Unmittelbar nach Vorliegen der Akte habe er mit dem zuständigen Ermittlungsgruppenleiter der Polizei den Durchsuchungstermin für den 24. Mai 2005 abgestimmt.

Aus diesem Vermerk schließt auch die Staatsanwaltschaft, dass es der Angeschuldigte war, der den Durchsuchungstermin festgelegt hat (Anklage Seite 2, 2. Absatz). Die Existenz des Geheimnisses beruhte daher auf einer eigenverantwortlichen Entscheidung des Angeschuldigten; es wurde durch den Angeschuldigten erst selbst geschaffen.

bb) Auch das Geheimnis, dass die Staatsanwaltschaft Dresden ein Ermittlungsverfahren gegen Prof. Dr. führte, ist dem Angeschuldigten weder anvertraut worden noch sonst bekannt geworden.

Die hierzu gemäß § 202 Satz 1 StPO veranlassten Nachermittlungen des Senats haben ergeben, dass sowohl die Eintragung des Vorermittlungs- als dann auch des Ermittlungsverfahrens gegen Prof. Dr. jeweils auf einer Verfügung des Angeschuldigten beruhte. Auch in diesem Fall hat der Angeschuldigte das Geheimnis deshalb erst selbst geschaffen, weil es auf seiner eigenen Entscheidung beruhte.

cc) Anders liegt der Fall bei dem Geheimnis "Inhalt der Durchsuchungsbeschlüsse". Hierbei handelt es sich zwar um ein Geheimnis, das dem Angeschuldigten in seiner Eigenschaft als Staatsanwalt bekannt geworden ist. Auch wenn der Angeschuldigte die Durchsuchungsbeschlüsse selbst beantragt hatte, war aber der Umstand, dass der Ermittlungsrichter die Durchsuchungsbeschlüsse mit der entsprechenden Begründung tatsächlich wie beantragt erlassen hatte, eine über das eigene Wissen hinausgehende Tatsache, die dem Angeschuldigten erst nach Rücklauf der Akten zur Kenntnis gelangt ist.

Hier besteht jedoch kein hinreichender Tatverdacht, dass der Angeschuldigte den Inhalt der Durchsuchungsbeschlüsse "offenbart" hat. Dabei ist im vorliegenden Fall nur ein Offenbaren in Form der Mitteilung an einen Unbefugten (LK-Träger StGB 11. Aufl. § 353 b Rdnr. 17) zu prüfen; Anhaltspunkte für ein öffentliches Bekanntmachen (Tröndle/Fischer § 353 b Rdnr. 9) bestehen nicht.

Ausweislich eines Vermerks des damaligen Leiters der Abteilung IX der Staatsanwaltschaft Dresden - Oberstaatsanwalt Bo - vom 28. Juli 2005 (Bl. 419 der Sachakte) hatte dieser am 18. Juli 2005 mit dem Journalisten K telefoniert. In diesem Zusammenhang habe ihm K mitgeteilt, dass er schon vor dem Telefonat mit dem Angeschuldigten gut informiert gewesen sei. In einem Schreiben vom 28. Juli 2005 an den ermittelnden Staatsanwalt konnte Oberstaatsanwalt die Äußerung des Journalisten "Wir waren zuvor bereits gut informiert. ... Wir wären auch ohne das Telefonat mit Herrn B dagewesen. ...", sogar wörtlich wiedergeben.

Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, wie Oberstaatsanwalt in seiner Zeugenvernehmung vom 20. September 2005 (Bl. 664 der Sachakte) das Gespräch mit dem Angeschuldigten, als dieser von der Durchsuchung zurückkehrte, beschreibt. Dieser habe ihm mitgeteilt, dass es ein Telefonat mit dem Journalisten K am Vorabend der Durchsuchung gegeben habe. Er, Oberstaatsanwalt , habe dabei den Eindruck gehabt, dass der Angeschuldigte sehr stark betroffen gewesen sei; man habe ihm angemerkt, dass er einen Fehler gemacht habe.

In einem Schreiben vom 05. Oktober 2005 an den ermittelnden Staatsanwalt (Bl. 756 der Akte) teilte Oberstaatsanwalt darüber hinaus mit, dass er am Nachmittag des Durchsuchungstages eine Presseanfrage des Journalisten K zu beantworten hatte. Dabei sei erkennbar gewesen, dass K eine Vielzahl der Einzelheiten des Durchsuchungsbeschlusses gekannt habe. Oberstaatsanwalt B hält es ausweislich dieses Schreibens sogar für naheliegend, dass K im Besitz der Durchsuchungsbeschlüsse war.

Aus einem Vermerk des im vorliegenden Verfahren ermittelnden Staatsanwalts mit dem bei INES tätigen Dezernatsleiter des Landeskriminalamtes - Kriminaldirektor Sch - vom 07. Juli 2005 (Bl. 202 der Sachakte) ergibt sich, dass Kriminaldirektor Sch sinngemäß äußerte, die Sache habe sich doch dahingehend geklärt, dass sich der Angeschuldigte am Telefon mit dem Journalisten "quasi verplappert" habe. Einer Führungsinformation des beim Landeskriminalamt tätigen Kriminaloberkommissars R vom 03. Juni 2005 (Bl. 380 der Sachakte) ist wiederum der Verlauf eines Gesprächs zu entnehmen, an dem der Angeschuldigte, Kriminaloberkommissar R und der ebenfalls bei INES tätige Kriminaloberkommissar P am 02. Juni 2005 teilgenommen hatten. Im Rahmen dieses Gespräches sei auch die Anwesenheit eines Journalisten bei der Durchsuchung erörtert worden. Der Angeschuldigte habe daraufhin spontan geäußert, dass er wisse, wie sich die Sachen zugetragen haben. Er sei am Vorabend der Maßnahme durch einen Journalisten zu Hause angerufen worden. Dieser habe das Gespräch unter dem Motto "Ich weiß bereits alles" begonnen. Dieses Gespräch habe der Angeschuldigte mit der Bemerkung "Und bringen Sie mir das nicht vor morgen früh" beendet. Deshalb habe sich der Journalist wohl seinen Teil denken und auf die Durchsuchungsmaßnahme schlussfolgern können. Dieser Gesprächsverlauf wird durch Kriminaloberkommissar P in seiner Vernehmung vom 15. August 2005 (Bl. 443 der Sachakte) bestätigt.

Der Angeschuldigte selbst hat das Telefonat am 23. Mai 2005 in seinem Vermerk vom 26. Mai 2005 (Bl. 2 der Sachakte) eingeräumt. Der Journalist habe über detaillierte Kenntnisse der für den nächsten Morgen geplanten Durchsuchungen verfügt. Angesichts dieser Kenntnisse habe er den Journalisten gebeten, eine Veröffentlichung des Artikels jedenfalls bis zum folgenden Tag zu verschieben. Daraufhin habe dieser gefragt, ob es morgen etwa Durchsuchungsmaßnahmen geben würde.

Bei dieser Beweislage bestehen lediglich Anhaltspunkte dafür, dass der Angeschuldigte in dem Telefonat am 23. Mai 2005 zwar den Durchsuchungstermin und damit auch die Existenz eines Ermittlungsverfahrens preisgegeben hat, nicht aber den Inhalt der Durchsuchungsbeschlüsse.

Anhaltspunkte für eine Mitteilung des Inhalts der Durchsuchungsbeschlüsse können allenfalls darin gesehen werden, dass das Telefonat vom 23. Mai 2005 mit einer Gesprächsdauer von 752 Sekunden grundsätzlich geeignet gewesen wäre, den Inhalt der Durchsuchungsbeschlüsse mitzuteilen, und dass es bei dem Zusammentreffen des Angeschuldigten mit K anlässlich des Polterabends am 18. Mai 2005 zu einem länger andauernden Gespräch gekommen ist, dessen Inhalt nicht festgestellt werden kann.

Bei einer Gesamtbetrachtung dieser Beweislage kann aber kein hinreichender Tatverdacht dafür angenommen werden, dass der Angeschuldigte dem Journalisten den Inhalt der Durchsuchungsbeschlüsse auch tatsächlich offenbart hat. Im Gegenteil spricht mehr dafür, dass sich der Journalist bereits vor dem Telefonat mit dem Angeschuldigten im Besitz der Durchsuchungsbeschlüsse befand oder zumindest deren Inhalt detailliert kannte. Dass der Angeschuldigte diese Informationen anlässlich des Gespräches mit dem Journalisten bei dem Polterabend am 18. Mai 2005 mitgeteilt haben könnte, ist reine Spekulation. Eine Hauptverhandlung würde hier auch keinen weiteren Erkenntnisgewinn versprechen. Der Journalist hat sich bereits während des laufenden Ermittlungsverfahrens auf sein Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StPO berufen. Es ist davon auszugehen, dass er dies auch in einer Hauptverhandlung tun wird.

d) Auf die vom Landgericht erörterte Problematik einer Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen kommt es damit nicht mehr an.

2. Soweit eine Verfolgung des Angeschuldigten auch wegen einer Verletzung von Privatgeheimnissen gemäß § 203 Abs. 2 Nr. 1 StGB in Betracht kommen könnte, hat das Landgericht zu Recht die notwendige Prozessvoraussetzung eines Strafantrages gemäß § 205 Abs. 1 StGB vermisst. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die ausdrücklich nur auf § 353 b Abs. 1 StGB bezogene Verfolgungsermächtigung durch das Sächsische Staatsministerium der Justiz vom 12. Juli 2005 einen solchen Strafantrag ersetzen kann. Entgegen der Ansicht des Leitenden Oberstaatsanwalts in seiner Beschwerdebegründung ist das Sächsische Staatsministerium der Justiz oder eine ihr nachgeordnete Behörde nämlich nicht "Verletzter" im Sinne des § 203 StGB. Denn geschütztes Rechtsgut im Sinne dieser Vorschrift ist der persönliche Lebens- und Geheimbereich, der im Individualinteresse des Betroffenen nicht verletzt werden soll (Tröndle/Fischer § 203 Rdnr. 2). Antragsberechtigt wäre deshalb gemäß § 77 StGB innerhalb der Antragsfrist des § 77 b Abs. 1 StGB nur Prof. Dr. gewesen. Dieser hat keinen Strafantrag gestellt.

III.

Die Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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