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Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Urteil verkündet am 09.03.2004
Aktenzeichen: 20 U 1544/03
Rechtsgebiete: GWB, VOL/A, ZPO, EGZPO


Vorschriften:

GWB § 98 Nr. 1
GWB § 98 Nr. 2
VOL/A § 25 Nr. 1 Abs. 2 a
VOL/A § 25 Nr. 3 S. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 529
ZPO § 531
ZPO § 543 Abs. 2
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
EGZPO § 26 Ziff. 8
1. Öffentlicher Auftraggeber im Sinne des Vergaberechts kann auch eine juristische Person des Privatrechts sein, wenn sie neben von ihr verfolgten gewerblichen Zwecken im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen hat; für das aus § 57 a Abs. 1 Nr. 2 Haushaltsgrundsätzegesetz (= § 98 Nr. 2 GWB) ersichtliche Beherrschungskriterium reicht es aus, dass die letztlich hinter dem privatrechtlich organisierten Unternehmen stehende Gebietskörperschaft ihre Einflussmöglichkeiten auf dessen Vergabeentscheidungen mittelbar über Dritte ausüben kann.

2. Ein Unternehmen, das in einem ausdrücklich so bezeichneten "beschränkten Vergabeverfahren" der Sache nach ausschreibungspflichtige Dienstleistungen zum Gegenstand einer europaweiten Ausschreibung macht, unterwirft die potentiellen Bieter und sich selbst auch dann den Regeln der VOL/A, wenn die Kriterien eines "öffentlichen" Auftraggebers auf es nicht zutreffen; es kann sich der Geltung dieses mit seiner eigenen Ausschreibung geschaffenen Rechtsrahmens nicht später dadurch einseitig entziehen, dass es in den Verdingungsunterlagen verlautbart, die Bieter hätten keinen Anspruch auf Einhaltung der Bestimmungen der VOL/A durch den Auftraggeber.

3. Die Wirksamkeit eines Angebots setzt grundsätzlich nicht voraus, dass die rechtsgeschäftliche Befugnis des das Angebot Unterzeichnenden hierzu der Vergabestelle mit dem Angebot selbst nachgewiesen wird.

4. Dem preisgünstigsten Bieter darf im Rahmen der Wertung nach § 25 Nr. 3 S. 1 VOL/A der Auftrag nur dann vorenthalten werden, wenn teurere Angebote bei anderen zulässigen Wertungskriterien einen ihren Preisnachteil kompensierenden konkreten Vorteil aufweisen; eine unter Verstoß hiergegen erfolgte Auftragsvergabe löst Ansprüche des Bestbieters auf Ersatz seines positiven Interesses auch dann aus, wenn der tatsächlich erteilte Auftrag im Detail von der vorangegangenen Ausschreibung abweicht, solange diese Änderungen nur die wirtschaftliche und technische Identitat des Beschafffungsvorhabens nicht berühren.


Oberlandesgericht Dresden IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 20 U 1544/03

Verkündet am 9. März 2004

In dem Rechtsstreit

wegen Schadenersatzes

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 3. Februar 2004 durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Bastius, Richter am Oberlandesgericht Piel und Richterin am Amtsgericht Jokisch

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bautzen vom 31.07.2003 - 3 O 121/01 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die weiteren Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Die Beschwer der Beklagten liegt über 20.000,00 EUR.

6. Streitwert des Berufungsverfahrens: 1.883.845,60 EUR.

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt im Wege der Feststellungsklage Schadensersatz für eine aus ihrer Sicht rechtswidrige Vergabeentscheidung der Beklagten.

Diese hatte im Juli 1997, seinerzeit noch als Städtereinigung GmbH, im Auftrag der Stadt im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften einen "Aufruf zur Bewerbung um Teilnahme am beschränkten Vergabeverfahren" veröffentlicht und dabei ihre Absicht kundgetan, die "Beseitigungs- bzw. Verwertungsleistungen für feste Siedlungsabfälle der Stadt " für den Zeitraum 01.01.1998 bis 31.12.2008 im eigenen Namen zu vergeben (zum Ausschreibungstext vgl. Anlage BB 2 zur Berufungsbegründung). Der Lieferort musste im Falle der Abfallbeseitigung in , bei Abfallverwertung in der liegen. Die Klägerin erhielt auf ihre Anforderung hin mit Schreiben des von der Beklagten beauftragten Projektsteuerungsbüros vom 13.08.1997 die Vergabeunterlagen übersandt. Die als deren Bestandteil übergebenen Bewerbungsbedingungen enthalten den Hinweis, die Auftraggeberin verfahre "prioritär nach der Richtlinie 92/50/EWG, weiterhin nach VOL, ein Rechtsanspruch der Bieter auf eine Verfahrensweise nach VOL (bestehe) jedoch nicht". Die Klägerin gab fristgerecht ein von einem ihrer beiden damaligen Geschäftsführer unterschriebenes Angebot ab, welches unstreitig preislich an erster Stelle der Bieterreihenfolge lag. Die Klägerin meint, sie hätte deshalb bei vergaberechtskonformem Verhalten der Beklagten den Auftrag erhalten müssen, der tatsächlich im Jahre 1998 an den rechnerisch zweitplatzierten Mitbewerber, eine Bietergemeinschaft aus einem öffentlich-rechtlichen Zweckverband und dessen von einer separaten Betriebsgesellschaft bewirtschafteter Zentraldeponie, vergeben worden ist.

Dem Angebot der Klägerin lag ein in zeitlicher Hinsicht dreigeteiltes Leistungskonzept zugrunde: Vom 01.01.1998 bis 30.09.1998 sollten alle anfallenden Siedlungsabfälle (d.h. Hausmüll, Sperrmüll, hausmüllähnliche Gewerbeabfälle, Rückstände aus Sortieranlagen sowie Straßenkehricht) auf Deponien verbracht werden. Ab 01.10.1998 sollte dem eine mechanisch-biologische Stabilisierung (MBS) des Abfalls mit Hilfe einer zwischenzeitlich hierfür errichteten Anlage vorgeschaltet werden, was neben der Trennung bestimmter verwertungsgeeigneter Abfallmaterialien (z.B. Eisen) vor allem zu einer Reduzierung der Abfallmengen im Wesentlichen durch Feuchtigkeitsentzug und zur Gewinnung eines heizwertreichen und damit zur energetischen Verwertung vorgesehenen Behandlungsprodukts (Stabilat) führen sollte. Zum 01.10.1999 war dann die Inbetriebnahme einer Anlage für die energetische Verwertung dieses Stabilats mit dem Ergebnis vorgesehen, dass nur noch der nach der Stabilisierung verbleibende heizwertarme Restabfall, d.h. etwa 30 bis 40 % des ursprünglichen Mengeninputs, für eine Deponierung wie im ersten und zweiten Zeitabschnitt bzw. für die Beseitigung in einer Müllverbrennungsanlage übrig geblieben wäre.

Hintergrund dieses Entsorgungskonzepts war, dass nach der zum Zeitpunkt der Ausschreibung geltenden Fassung der TA-Siedlungsabfall (TASI) die Deponieablagerung unbehandelten Abfalls nur bis zum 31.05.2005 zugelassen war. Das Angebot der Klägerin für den dritten Zeitabschnitt, 01.10.1999 bis 31.12.2008, verweist daher ausdrücklich darauf, dass für den nach der Stabilisierung verbleibenden Restabfall, soweit er nicht als Brennstoff verwendet werde, die "Deponierung gemäß TASI", d.h. spätestens ab dem 01.06.2005 in den dadurch vorgegebenen Grenzen, und im Übrigen die Beseitigung der nicht zu verwertenden Abfälle in einer MVA (Müllverbrennungsanlage) beabsichtigt sei. Sowohl die MBS-Anlage als auch die Anlage zur energetischen Verwertung des Stabilats sollten nach der Vorstellung der Klägerin in dem in vorhandenen Industriegebiet errichtet werden. Als Bestandteil ihres Angebots legte die Klägerin eine Bereitschaftserklärung des Zweckverbands A (gleichzeitig einem der beiden Beteiligten der konkurrierenden Bietergemeinschaft) vor, von der Klägerin zum Zwecke der Deponielagerung angelieferte "Abfälle der Stadtreinigung " (ungeachtet ihrer vorherigen mechanisch-biologischen Stabilisierung) im Zeitraum 01.01.1998 bis 31.05.2005 ohne Einschränkung abzunehmen. Außerdem lagen entsprechende Erklärungen zur Annahmebereitschaft seitens hierzu berechtigter privater Entsorgungsträger für Straßenkehricht und Sperrmüll bis Ende 2008 vor.

Demgegenüber sah das Angebot des zweitplatzierten Bieters die Deponierung sämtlicher - unbehandelten - Abfälle bis zum 31.05.2005 und die "thermische Behandlung" im nachfolgenden Zeitraum bis 31.12.2008 vor. Für den letztgenannten Abschnitt verfügte der Zweitbieter nach seiner eigenen Darstellung in dem mit seinem Angebot übergebenen Basiskonzept (vgl. Anlage BB 7/2) lediglich über eine Arbeitsgruppe, die mit Fragen der Standortuntersuchung und -optimierung vor dem Hindergrund befasst war, die in Frage kommenden Standorte, von denen vier perspektivisch benannt waren, auf die Möglichkeit einer Anlagenerrichtung zu prüfen. Daneben lag dem Konzept eine Bereitschaftserklärung einer Tochtergesellschaft des K bei, vom 01.06.2005 bis 31.12.2008 den in anfallenden Siedlungsabfall zur thermischen Behandlung in ihrer Anlage in ( ) anzunehmen. Tatsächlich gab es zum Zeitpunkt der Ausschreibung keine Müllverbrennungsanlage im Freistaat , die ab 2005 für die Beseitigung von Restmüll zur Verfügung gestanden hätte.

Nach Ablauf der Angebotsfrist führte das von der Beklagten beauftragte Projektsteuerungsbüro Verhandlungen sowohl mit der Klägerin als auch mit dem Zweitbieter. Bei letzterem führten diese zu dem Ergebnis, dass in dem späteren Entsorgungsvertrag für die Zeit ab 01.06.2005 die Verbringung der Abfälle zur thermischen Behandlung in das Sekundärrohstoff-Verwertungszentrum (SVZ) in vorgesehen war. Eine Anfrage bei der Klägerin (Anlage B 4, Bl. 75 d.A.) zur konkret beabsichtigten Vorgehensweise ab 2005 hatte zur Folge, dass die Klägerin nochmals, wie bereits mit ihrem Angebot, darauf hinwies, sie gehe davon aus, dass bis zu diesem Zeitpunkt auch in entsprechend der geltenden Rechtslage Müllverbrennungsanlagen errichtet seien, die eine Beseitigung des (nach dem Angebot der Klägerin ohnehin in reduziertem Umfang anfallenden) Restabfalls nach Maßgabe der TA-Siedlungsabfall erlauben würden und mit deren Betreibern die Klägerin auf eigenes wirtschaftliches Risiko entsprechende Entsorgungsverträge abschließen könne. Vorsorglich bot die Klägerin unter Vorlage einer entsprechenden Bereitschaftserklärung des dortigen Betreibers die Verbrennung von ihr angelieferter Abfallmengen in einem Müll-Heizkraftwerk in an (Bl. 243 d.A.). Letztlich hielt die Beklagte gleichwohl die von der Klägerin angebotene MBS-Technik noch nicht für ausgereift und sah in dem Konzept des Zweitbieters eine höhere Entsorgungssicherheit gewährleistet (zur Angebotsauswertung auf Beklagtenseite vgl. Bl. 254 d.A.); zudem berief sie sich darauf, die Behörden der Kommunal- und Umweltfachaufsicht hätten auf den Vertragsschluss mit einem öffentlich-rechtlichen Entsorger gedrängt. Im Ergebnis fasste der Stadtrat der Stadt auf Empfehlung der Beklagten am 27.01.1998 einen ausdrücklich so bezeichneten Vergabebeschluss (Anlage B 6, Bl. 81 d.A.), wonach die Beklagte im Auftrag der Stadt den ausgeschriebenen Entsorgungsvertrag mit dem Zweitbieter abschließen solle.

Die Klägerin hat die dahinterstehende Wertung für rechtswidrig gehalten und für den ausgeschriebenen Vertragszeitraum Ersatz des ihr infolge ihrer Nichtberücksichtigung entgangenen Gewinns verlangt, den sie wegen der bis Ende 2008 noch nicht absehbaren Entwicklung ihres Schadens als Feststelllungsbegehren geltend gemacht hat. Das Landgericht hat diese Forderung für zulässig und begründet erachtet. Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten.

Diese hält im ersten Rechtszug zunächst erhobene Bedenken gegen die Zulässigkeit des Feststellungsantrags (mit Recht) nicht mehr aufrecht und beruft sich in der Sache stattdessen erstmals ausdrücklich darauf, die Beklagte sei gar kein öffentlicher Auftraggeber, sondern ein "normales" gewerbliches Unternehmen, das deshalb den Vergabevorschriften im Ansatz nicht unterliege. Außerdem könne die Klägerin, Vergabeverstöße zu ihrem Nachteil unterstellt, jedenfalls keinen entgangenen Gewinn verlangen, weil an den Zweitbieter nicht der Zuschlag für den ausgeschriebenen Auftrag erteilt worden sei, sondern - nach den entsprechenden Verhandlungen - ein inhaltlich teilweise geändertes Geschäft zustande gekommen sei. Daneben macht die Beklagte weiterhin (hilfsweise) geltend, die Klägerin habe mangels rechtsverbindlicher Unterschrift kein wirksames Angebot abgegeben bzw. dieses sei wegen des Fehlens geforderter Standortangaben zu Entsorgungsanlagen unvollständig und daher von der Wertung auszunehmen gewesen. Schließlich hält die Beklagte den Einwand aufrecht, das bevorzugte Konzept des Zweitbieters habe - auch nach der Einschätzung der Aufsichtsbehörden - die größere Entsorgungssicherheit geboten: Ob die im Angebot der Klägerin vorgesehenen Entsorgungsanlagen genehmigungsrechtlich und politisch (etwa im Angesicht von gegebenenfalls zu erwartendem Widerstand der Bevölkerung gegen Verbrennungsanlagen) durchsetzbar gewesen wären, sei höchst unsicher gewesen. Angesichts dessen sei die Wahl der "sichereren" Alternative mit dem Angebot des Zweitbieters rechtlich nicht zu beanstanden, so dass die Klage unbegründet sei.

Die Klägerin ist der Berufung entgegengetreten und verteidigt das angefochtene Urteil. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst dazu überreichter Unterlagen sowie auf die Sachverhaltsdarstellung der landgerichtlichen Entscheidung und die darin in Bezug genommenen Dokumente verwiesen.

II.

Die Berufung ist unbegründet. Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, dass der Klägerin unter dem Gesichtspunkt der culpa in contrahendo ein im Wege des Feststellungsurteils zu titulierender, weil der Höhe nach noch nicht abschließend bezifferbarer Anspruch auf Ersatz des ihr entgangenen Gewinns wegen der vergaberechtswidrigen Nichtberücksichtigung ihres Angebots auf die streitbefangene Ausschreibung der Beklagten gegen diese zusteht.

Die Ausschreibung eines Beschaffungsvorhabens durch einen öffentlichen Auftraggeber begründet - auch nach der Rechtslage vor dem 01.01.1999 und den dadurch neu geschaffenen Möglichkeiten des Primärrechtsschutzes - ein vorvertragliches Vertrauen des Bieters darauf, dass die Vergabestelle die ihrer Tätigkeit zugrunde liegenden Vergabevorschriften beachtet. Dazu gehört nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass dem Bieter, der ein wirksames und vollständiges Angebot abgegeben und den niedrigsten Preis geboten hat, der Auftrag nur dann vorenthalten werden darf, wenn Angebote preislich schlechter platzierter Konkurrenten bei anderen zulässigen Wertungskriterien einen Vorteil aufweisen, der den Preisnachteil gegenüber dem Erstbieter aufwiegt bzw. übersteigt. Eine derartige Kompensation kann der Senat bei dem von der Beklagten bevorzugten Angebot des Zweitbieters gegenüber der preisgünstigeren Offerte der Klägerin nicht erkennen. Die Beklagte hätte daher aufgrund ihrer Bindung an die Vergabevorschriften den tatsächlich anderweitig vergebenen Auftrag an die Klägerin erteilen müssen; da sie dies aus letztlich nicht tragfähigen Gründen nicht getan hat, ist sie der Klägerin zum Ersatz des dieser zwischen 1998 und 2008 entgehenden Gewinns verpflichtet.

1. Es spricht zunächst alles dafür, dass die Beklagte zum Ausschreibungszeitpunkt öffentlicher Auftraggeber i.S. des § 57 a Abs. 1 Nr. 2 Haushaltsgrundsätzegesetz war; diese Vorschrift entsprach dem heutigen § 98 Nr. 2 GWB und bezog unter den dort genannten Voraussetzungen auch juristische Personen des Privatrechts in den Kreis der öffentlichen Auftraggeber ein.

a) Es muss sich dabei um Gesellschaften handeln, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen. Dieser besondere Zweck muss allerdings nicht der einzige oder auch nur wesentliche Geschäftszweck der juristischen Person sein; es reicht, dass er neben sonstigen vom Auftraggeber verfolgten Zwecken steht, damit dessen gesamte Tätigkeit den Bestimmungen des Vergaberechts unterliegt (vgl. Reidt/Stickler/Glahs, Vergaberecht 2. Aufl. 2003, § 98 GWB Rn. 15 m.w.N.). Deren Anwendung steht mithin nicht entgegen, dass der Auftraggeber in erheblichem oder sogar überwiegendem Maße gewerbliche Zwecke verfolgt und insgesamt mit Gewinnerzielungsabsicht arbeitet; denn sonst ließe sich der Anwendungsbereich der Vergaberegeln ohne weiteres umgehen, indem "klassische" öffentliche Auftraggeber (z.B. Gebietskörperschaften) im Allgemeininteresse liegende Aufgaben zur Erfüllung auf von ihnen finanzierte und beherrschte private Dritte übertragen und diese zusätzlich eine gewerbliche Betätigung aufnehmen. Das zeigt sich gerade im vorliegenden Fall, bei dem die zunächst von der Stadt auf die Beklagte übertragene und von dieser sodann ausgeschriebene Tätigkeit im Kern der Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung der Stadt zur Abfallbeseitigung dient; die Sicherstellung dieser Verpflichtung war das zentrale Argument der Beklagten dafür, den Auftrag an den von ihr für verlässlicher als die Klägerin erachteten Zweitbieter zu erteilen. Der Senat schließt daher aus, dass sich die Beklagte nach ihrem eigenen Vorbringen bei der Wahrnehmung dieser Aufgabe allein von wirtschaftlichen Kriterien hat leiten lassen; das liegt um so ferner, als die Refinanzierung des erteilten Auftrags durch die Beklagte gegenüber den Bürgern der Stadt durch öffentlich-rechtliche Gebührensatzung vorgegeben wird.

b) Der privatrechtlich organisierte Auftraggeber muss, um an die Vergabevorschriften gebunden zu sein, nach Maßgabe von § 57 a Abs. 1 Nr. 2 Haushaltsgrundsätzegesetz öffentlich-rechtlich beherrscht werden. Daran besteht hier kein Zweifel, wenn 1997 Anteilseigner der Beklagten, wie die Klägerin behauptet, zu 70 % die Stadt selbst war, also eine Gebietskörperschaft i.S. von § 57 a Abs. 1 Nr. 1 Haushaltsgrundsätzegesetz (= § 98 Nr. 1 GWB). An diesem Ergebnis wird sich aber auch nichts dadurch ändern, dass die Mehrheit der Geschäftsanteile, wie die Beklagte behauptet, seinerzeit den Stadtwerken zugestanden habe. Denn auch kommunale Stadtwerke nehmen, selbst wenn sie wie Wirtschaftsunternehmen organisiert sind und die marktübliche Verzinsung ihres Eigenkapitals erwirtschaften müssen, mit der örtlichen Versorgung mit Nahverkehrsleistungen, Wasser, Strom, Gas und Wärme sowie mit der Entsorgung von Abwasser und Müll im Allgemeininteresse liegende Aufgaben war und sind daher unter den weiteren Voraussetzungen des § 57 a Haushaltsgrundsätzegesetz öffentliche Auftraggeber (vgl. Marx in: Beckscher VOB-Kommentar Teil A, 2001, § 98 GWB Rn. 29 m.w.N.); für das Beherrschungskriterium des § 57 a Abs. 1 Nr. 2 Hausgrundsätzegesetz reicht aber aus, dass die Aufsicht über die Leitung des Auftraggebers, d.h. die faktische Möglichkeit der Einflussnahme auf die Entscheidung der Vergabestelle, von der letztlich dahinterstehenden Gebietskörperschaft mittelbar über Dritte ausgeübt werden kann (vgl. Stickler, a.a.O., Rn. 26 m.w.N.). An einer solchen Einflussnahme hat der Senat im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Beklagte die Ausschreibung im Auftrag der Stadt unternommen hat, das Verfahren in enger Abstimmung mit der Stadt (ein hierzu gebildeter Vergabeausschuss war paritätisch mit Vertretern der Stadt und der Beklagten besetzt) und im Benehmen mit den Aufsichtsbehörden der Stadt betrieben hat, den ausgeschriebenen Auftrag schließlich nach Maßgabe des Ende Januar 1998 hierzu ausdrücklich gefassten Beschlusses des Stadtrats der Stadt abgeschlossen und sich in diesem Rechtsstreit vor dem Landgericht ausdrücklich darauf berufen hat, sie habe entsprechenden Weisungen der Stadt unterlegen, im Ergebnis keinen Zweifel.

c) Selbst wenn man aber der Beklagten in ihrer Ansicht folgen wollte, sie sei i.S. der vorgenannten Vorschrift kein öffentlicher Auftraggeber, ändert sich im Ergebnis an ihrer vergaberechtlichen Bindung gleichwohl nichts. Denn die Beklagte hat sich dieser Bindung selbst unterworfen, indem sie explizit im "beschränkten Vergabeverfahren" europaweit ausgeschrieben und gerade dadurch das vorvertragliche Vertrauensverhältnis zu den Bietern begründet hat (vgl. zu einem ähnlichen Sachverhalt OLG Düsseldorf NJW-RR 1993, 1046). Die im Auftrag der Beklagten von deren Projektsteuerer an die Interessenten versandten Aufforderungen zur Abgabe von Angeboten bezeichneten das in Gang gekommene Verfahren wörtlich als "nicht offenes Verfahren", die damit den Bietern an die Hand gegebenen Vordrucke, auf deren unveränderte Verwendung Ziffer 2.1 der Bewerbungsbedingungen die Bieter ausdrücklich festlegte, entsprachen denen eines Vergabeverfahrens nach der VOL/A, und Ziffer 10 der Bewerbungsbedingungen nimmt Bezug auf eine Richtlinie ... "bei der Vergabe öffentlicher Aufträge nach der VOL". Damit hat die Beklagte, wie sie dies im Ansatz auch selbst einräumt, ein Vergabeverfahren nach Maßgabe der VOL/A betrieben und die Bieter auf die Beachtung der darin aufgestellten Verfahrensregeln festgelegt. An diesem mit der eigenen Ausschreibung geschaffenen Rechtsrahmen kann die Beklagte nichts dadurch ändern, dass sie später in den Verdingungsunterlagen verlautbart, die Bieter hätten umgekehrt keinen Anspruch auf Einhaltung der Bestimmungen der VOL/A durch die Auftraggeberin. Im Übrigen hält der Senat, ohne dass es darauf noch entscheidend ankäme, eine solche Bestimmung auch inhaltlich nicht für wirksam: Ein Auftraggeber kann nicht die Bieter auf die Beachtung dieser Vorschriften verpflichten und sie diesen gegenüber auch anwenden, sich selber davon aber in einer Weise freizeichnen, die es ihm erlauben würde, zu jedem ihm geeignet erscheinenden Zeitpunkt aus dem Vergabeverfahren "auszusteigen". Das ist mit den Grundsätzen eines fairen Wettbewerbs, denen sich die Beklagte (und sei es im Ansatz "freiwillig") einmal unterworfen hat, nicht vereinbar.

2.

War die Beklagte danach grundsätzlich an das Vergaberecht gebunden, so hätte sie den ausgeschriebenen Auftrag an die Klägerin erteilen müssen.

Dem kann sie sich nicht, wie die Berufung es versucht, mit der Erwägung entziehen, sie habe auf den Gegenstand der Ausschreibung einen Zuschlag gar nicht erteilt, sondern einen davon abweichenden Auftrag außerhalb des Vergabeverfahrens, welches sie zuvor "im Stillen abgebrochen" habe. Richtig ist daran nur der gedankliche Ansatz, dass die Tatsache einer Ausschreibung allein keinen Anspruch des Bieters auf Auftragserteilung begründet (vgl. nur den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 18.02.2003, VergR 2003, 313). Gibt daher eine Vergabestelle das ausgeschriebene Vorhaben auf, sei es ersatzlos oder indem sie ein "aliud" verwirklicht, so gibt es keinen Ersatz des positiven Interesses eines dadurch geschädigten Bieters. Erteilt die Vergabestelle aber - und sei es mit Änderungen gegenüber der Ausschreibung, solange nur die wirtschaftliche und technische Identität des Beschaffungsvorhabens nicht berührt ist (vgl. BGH BauR 2003, 240, 241) - den Auftrag auf die ausgeschriebene Leistung an einen Bieter, der unter Beachtung der Vergaberegeln nicht hätte zum Zuge kommen dürfen, so ist sie gegenüber dem Bestbieter schadensersatzpflichtig in Höhe des entgangenen Gewinns, und dies unabhängig davon, ob sie den tatsächlichen Auftrag in der rechtlichen Gestalt eines Zuschlags, nach Ablauf der Bindefrist oder nach sonstigen freien - also rechtswidrigen - Verhandlungen außerhalb des Vergabeverfahrens erteilt hat.

Ungeachtet der Frage, ob die Beklagte mit dem vorgenannten Einwand, auf den sie sich im ersten Rechtszug auch nicht ansatzweise berufen hat, im Lichte der §§ 531, 529 ZPO in der Berufung noch Gehör finden könnte, belegt der mit der Berufungsbegründung vorgelegte Entsorgungsvertrag der Beklagten mit der erfolgreichen Zweitbieterin (vgl. Anlage BB 4) aber keine die Identität des Beschaffungsvorhabens berührenden Abweichungen im Vergleich zum Gegenstand der Ausschreibung: Nach wie vor geht es um die vollständige Erbringung der Entsorgungsdienstleistungen "laut Ausschreibung" (vgl. § 1 des Vertragstextes) im identischen Entsorgungsgebiet und für den in der Ausschreibung vorgesehenen Zeitraum (vgl. § 9 des Vertragstextes, mit Ausnahme der durch Zeitablauf obsolet gewordenen ersten beiden Monate des Jahres 1998). Dass die Leistungskonditionen dieses Vertrags sich gegenüber dem, was mit der Ausschreibung ursprünglich beabsichtigt war, verändert haben mögen, spricht lediglich für - von der Beklagten auch eingeräumte - zusätzlich vergaberechtswidrige Verhandlungen mit der Zweitbieterin, berührt aber die Identität des Beschaffungsvorhabens nicht. Eine inhaltlich Kongruenz des tatsächlich vergebenen Auftrags mit dem Inhalt der vorangegangenen Ausschreibung oder (mit den Worten der Berufungsbegründung) ein "1:1-Zuschlag" ist nicht erforderlich, um den Schluss zu rechtfertigen, dass die Vergabestelle an dem ausgeschriebenen Beschaffungsvorhaben festgehalten und hierauf, wem und in welcher rechtstechnischen Ausgestaltung auch immer, den Auftrag erteilt hat, den sie nur innerhalb des Vergabeverfahrens und nach den hierfür maßgeblichen Regeln hätte erteilen dürfen.

3.

Infolgedessen hätte die Klägerin den Zuschlag erhalten müssen, weil sie das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hatte (§ 25 Nr. 3 Satz 1 VOL/A).

a) Das Angebot der Klägerin war wirksam abgegeben; insbesondere war es entgegen der Auffassung der Beklagten rechtsverbindlich unterschrieben. Dass der Unterzeichner des Angebots als Geschäftsführer der Klägerin nach den dort maßgebenden Verhältnissen rechtsgeschäftlich befugt war, das Angebot allein zu unterschreiben, hat die Beweisaufnahme vor dem Landgericht eindeutig ergeben. Die Vertretungsmacht des Unterzeichnenden muss der Vergabestelle, wenn sie dies, wie hier, nicht ausdrücklich zuvor verlangt hat, auch nicht bereits mit dem Angebot nachgewiesen werden; eine entsprechende Verpflichtung des Bieters lässt sich der VOL/A an keiner Stelle, auch nicht in der 1997 einschlägigen alten Fassung von § 21 Nr. 1 Abs. 2, die noch die Formulierung "rechtsverbindlich unterschrieben" enthielt, entnehmen (vgl. Noch in: Müller/Wrede, Kommentar zur VOL/A, 2001, § 21 Rn. 33; zum wortgleichen § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A ebenso Prieß in: Beckscher VOB-Kommentar Teil A 2001, § 21 Rnrn. 9 ff., 12).

b) Das Angebot der Klägerin konnte nicht wegen fehlender Erklärungen (etwa zu Anlagenstandorten) ausgeschlossen werden. Dabei mag offenbleiben, ob der Ausschlussgrund des § 25 Nr. 1 Abs. 2 a VOL/A der Vergabestelle ein Ausschlussermessen einräumt; wäre das so, könnte die Beklagte sich auf Angebotsdefizite mit diesem Hintergrund ohnehin kaum noch berufen, weil sie das Angebot der Klägerin eben nicht ausgeschlossen, sondern in den Wertungsvergleich einbezogen hat. Ungeachtet dessen ist dieses Angebot aber auch vollständig. Das Landgericht hat mit Recht angenommen, dass die mit den Verdingungsunterlagen verlangten Bietererklärungen zu Standorten von Entsorgungsanlagen sich nur auf im Zeitpunkt der Angebotsabgabe bereits vorhandene Anlagen beziehen konnten. Demgegenüber hatte die Beklagte den Bietern mit der Leistungsbeschreibung (dort Seite 5) ausdrücklich die Möglichkeit eingeräumt, Genehmigungen von Anlagen, die nicht von Anfang an, d.h. ab dem 01.01.1998, in das mit dem Angebot vorgelegte Entsorgungskonzept integriert sind, zu einem späteren Zeitpunkt bis spätestens ein Jahr vor Beginn der konkret geplanten Entsorgung unter Einbeziehung dieser künftigen Anlage nachzureichen. Das Vorhandensein von Anlagen überhaupt war mithin nach dem Inhalt der Verdingungsunterlagen keine Voraussetzung für die Wertbarkeit von Angeboten; ein solches Kriterium hat die Beklagte weder verlautbart noch jemals, auch nicht gegenüber dem erfolgreichen Bieter, angewandt. Waren aber weder im Betrieb befindliche vorhandene Anlagen noch genehmigte künftige Anlagen (für die Standortangaben möglich und sinnvoll gewesen wären) mit dem Angebot zwingend nachzuweisen, so lässt sich umgekehrt aus dem Fehlen einer derartigen Angabe zu einer noch gar nicht existierenden Anlage kein Angebotsdefizit ableiten, das einen Wertungsausschluss rechtfertigen könnte.

c) Den Preisvorsprung des klägerischen Angebots kompensierende Vorteile des zweitplatzierten Angebots sind für den Senat nicht ersichtlich; insbesondere vermag er die höhere Entsorgungssicherheit nicht zu erkennen, mit der die Beklagte bis heute die Vorzugswürdigkeit des Angebots der zweitplatzierten Bietergemeinschaft rechtfertigt.

Bis zum 31.05.2005 hatten beide Bieter gleichermaßen uneingeschränkte Ablagerungskapazitäten auf Mülldeponien für den im Entsorgungsgebiet anfallenden Müll zur Verfügung und mit dem jeweiligen Angebot nachgewiesen; die Klägerin hatte nur zusätzlich ein vorgeschaltetes MBS-Verfahren angeboten, welches dazu geführt hätte, dass das Volumen des zu beseitigenden bzw. zu verwertenden Restabfalls deutlich geringer als bei der reinen Deponierungslösung der Zweitbieterin ausgefallen wäre. Hätte die Klägerin mit Erfolg eine solche Anlage errichtet, wäre ihr Angebot bis 2005 mithin sogar dasjenige mit der höheren Entsorgungssicherheit gewesen, weil sie für den nach der Stabilisierung verbleibenden Restmüll weniger Deponiekapazität hätte in Anspruch nehmen müssen und für die energetische Verwertung ihres Stabilats nicht zwingend auf die Anlage angewiesen war, die sie im dritten Zeitabschnitt ihres Angebots auf dem Gebiet der Stadt hätte errichten wollen. Hätte sich die MBS-Anlage hingegen, aus welchen Gründen auch immer, nicht realisieren lassen, hätte das Angebot der Klägerin zumindest keine Nachteile gegenüber dem Angebot der zweitplatzierten Konkurrentin aufgewiesen; auf die Realisierungschancen der MBS-Anlage kam es also insoweit von vornherein nicht an.

Für die Zeit ab dem 01.06.2005 war das Entsorgungskonzept der Klägerin zwar im Detail nicht restlos geklärt. Immerhin hatte sie für Sperrmüll und Straßenkehricht Abnahmegarantien Dritter für den gesamten ausgeschriebenen Entsorgungszeitraum vorgelegt. Falls die von ihr vorgesehene MBS-Anlage bis dahin funktionsfähig zur Verfügung stand - und es ist für den Senat kein konkreter Anhaltspunkt ersichtlich, der dagegen sprechen könnte, zumal nach dem Ergebnis des vom Landgericht eingeholten Sachverständigengutachtens das Verfahren zur mechanisch-biologischen Stabilisierung bereits 1997 Stand der Technik war - wäre durch Müllverbrennung zu beseitigender Restabfall jedenfalls in weit geringerem Umfang angefallen als ohne biologisch-stabilisierende Vorbehandlung entsprechend dem preislich an zweiter Stelle liegenden Angebot. Das mag die Beklagte - und die mit ihr zusammenwirkenden Aufsichtsgremien - gleichwohl nicht restlos zufriedengestellt haben, weil der Standort der Müllverbrennung nicht feststand; ein besseres Konzept hatte die zweitplatzierte Bietergemeinschaft aber auch nicht. Sie verfügte zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe ebenso lediglich über konzeptionelle Vorüberlegungen zu denkbaren Standortalternativen für eine Müllverwertung und -verbrennung ab 2005, aber, ebenso wie die Klägerin, nicht über bereits vorhandene Anlagen, vorliegende Errichtungsgenehmigungen oder wenigstens abgeschlossene genehmigungsfähige Planungen. Das, was in dem abgeschlossenen Vertrag für die Zeit ab 01.06.2005 dann vorgesehen war, nämlich die Einbindung des Entsorgungszentrums " " war gar nicht Gegenstand des Angebots der Zweitbieterin gewesen, sondern ist erst als Idee im Verlauf der - unzulässigen - nachträglichen Verhandlungen mit ihr entwickelt worden. Dieser Bestandteil der ab 2005 geplanten Entsorgung konnte mithin von der Beklagten als Wertungskriterium zulässigerweise nicht berücksichtigt werden; dabei kommt es schon nicht mehr darauf an, dass das Entsorgungszentrum " " - entgegen den Erklärungen der Beklagten im ersten Rechtszug - gerichtsbekanntermaßen nicht in , sondern im südlichen liegt und damit die Anforderungen der Ausschreibung, wonach die Müllbeseitigung zwingend in stattzufinden habe, ebenso verfehlt wie die von der Klägerin im Verlauf des Vergabeverfahrens nachträglich nachgewiesene Entsorgungsmöglichkeit in .

Vor diesem Hintergrund vermag der Senat die Schlussfolgerung der Beklagten, das Angebot der Bietergemeinschaft aus dem Zweckverband Abfallwirtschaft und der Betriebsgesellschaft habe gegenüber dem preislich günstigeren Angebot der Klägerin eine höhere Entsorgungssicherheit gewährleistet, nicht nachzuvollziehen. Ein diffuses allgemeines Vertrauen darauf, ein öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger wie die Zweitbieterin werde für die Zukunft eine höhere Verlässlichkeit bei den dann gebotenen Entsorgungsleistungen bieten als die Klägerin, ist - jedenfalls auf der Grundlage der hier in Rede stehenden Ausschreibung - kein vergaberechtlich zulässiges Differenzierungskriterium. Aus Sicht des Senats waren die beiden am Ende zur Wahl stehenden Angebote im Hinblick auf die mit ihnen verbundene Entsorgungssicherheit bestenfalls gleichwertig. Da die Wertungsentscheidung der Beklagten ausweislich des von ihr dabei zugrunde gelegten Bewertungsschemas (vgl. Bl. 254 d.A.) der später erfolgreichen Zweitbieterin in den Kriterien, für die der Gesichtspunkt Entsorgungssicherheit relevant war, einen Wertungsvorsprung von insgesamt 40 Punkten zumaß, die Klägerin am Ende jedoch nur einen Wertungsrückstand auf die erfolgreiche Konkurrentin von 10 Wertungspunkten aufwies, liegt auf der Hand, dass die Klägerin bei der gebotenen gleichrangigen Bewertung beider Angebote unter dem Aspekt der Entsorgungssicherheit im Ergebnis einen deutlichen Wertungsvorsprung gehabt hätte, der zwingend zur Auftragserteilung an sie hätte führen müssen.

Dem lässt sich nicht entgegenhalten, die Beklagte hätte stattdessen die Ausschreibung aufheben können und gegebenenfalls müssen, weil kein Angebot die mit der Ausschreibung vorausgesetzte Entsorgungssicherheit habe sicherstellen können. Daran ist im Ansatz richtig, dass die Ausschreibung, soweit sie auch für die Zeit ab 2005 eine Müllbeseitigung zwingend in voraussetzte, wo es zum Zeitpunkt der Ausschreibung weder in Betrieb befindliche Müllverbrennungsanlagen gab noch künftige Anlagenstandorte verbindlich geklärt waren, alle Bieter insoweit gleichermaßen auf Zukunftsprognosen verwies. Diese Unsicherheit hat die Beklagte aber gerade nicht bewogen, von der Ausschreibung Abstand zu nehmen; sie hat sich vielmehr gegenüber dem ausgewählten Bieter mit dessen Prognosen begnügt. Dabei ist jedoch nicht ersichtlich, welchen grundsätzlichen Wertungsnachteil demgegenüber gleichartige Prognosen der Klägerin hätten haben sollen. Wenn die Beklagte indes, wie tatsächlich geschehen, den Auftrag schließlich ungeachtet der Prognoserisiken für die Zeit ab 2005 aufgrund der streitbefangenen Ausschreibung vergeben wollte, konnte sie dies nach Maßgabe des Ausschreibungsergebnisses nur zugunsten der Klägerin, nicht aber zugunsten des tatsächlich beauftragten Bieters tun. Nach alledem ist ihre Berufung daher unbegründet.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10 und 711 ZPO i.V.m. § 26 Ziff. 8 EGZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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