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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Beschluss verkündet am 28.07.2006
Aktenzeichen: 20 WF 556/06
Rechtsgebiete: BGB, KostO


Vorschriften:

BGB § 1361 b
KostO § 100 Abs. 3
Der Gegenstandswert eines Verfahrens auf Zuweisung der Ehewohnung für die Trennungszeit gemäß § 1361 b BGB bemisst sich nach dem einjährigen Mietwert (§ 100 Abs. 3 Satz 1 KostO); demgegenüber scheidet eine entsprechende Anwendung vom § 100 Abs. 3 Satz 2 KostO aus, weil die seit dem 01.08.2001 geltende Gesetzesfassung keine Regelungslücke erkennen lässt.
Oberlandesgericht Dresden

Aktenzeichen: 20 WF 556/06

Beschluss

des 20. Zivilsenats - Familiensenat - vom 28.07.2006

In der Familiensache

wegen Ehewohnung;

hier: Streitwert

hat der 20. Zivilsenat - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Dresden ohne mündliche Verhandlung durch Richter am Oberlandesgericht Piel als Einzelrichter

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin vom 26.06.2006 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Stollberg vom 23.05.2006 - 4 F 55/06 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die Beschwerde richtet sich gegen einen Streitwertbeschluss, mit dem das Familiengericht den Wert eines Verfahrens auf Zuweisung der Ehewohnung nach § 1361 b BGB auf das 12fache der monatlichen Kaltmiete der Immobilie festgelegt hat. Die Beschwerdeführerin hält demgegenüber nur die 6fache Miete, die sie zudem auf einen niedrigeren Monatsbetrag schätzt, für maßgeblich.

Der Rechtsbehelf ist zulässig, aber unbegründet. Die Annahme des Familiengerichts, die Monatsmiete des Anwesens (Einfamilienhaus mit Garage in ländlicher Lage auf 810 m² großem Grundstück) sei mit insgesamt 800,00 EUR zu bewerten, hält sich im Rahmen eines sachgerechten Schätzungsermessens. Den vom Familiengericht festgesetzten Gegenstandswert erachtet der Senat auch im Übrigen für zutreffend.

Dieser Wert richtet sich, da er ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit betrifft, nach § 100 Abs. 3 KostO. Nach dem Wortlaut dieser Regelung in Satz 1 bestimmt sich der Wert, "soweit der Streit die Wohnung betrifft, nach dem einjährigen Mietwert". Dies differenziert nicht danach, ob es sich um eine endgültige Wohnungszuweisung für den Fall der Scheidung handelt oder nur um eine solche für den Trennungsfall, die de jure vorläufigen Charakter trägt, sich tatsächlich aber häufig ebenfalls als dauerhaft herausstellen mag. Eine die Jahresmiete unterschreitende Wertfestsetzung wäre danach nur möglich, wenn auf die hier in Rede stehende Konstellation § 100 Abs. 3 S. 2 KostO entsprechend angewendet werden könnte. Das hat das Oberlandesgericht Dresden bereits mit Beschluss vom 29.07.2003 (22 UF 375/03) im Ergebnis verneint; dem schließt sich der Senat an.

Richtig ist, dass § 100 Abs. 3 KostO mit Wirkung vom 01.08.2001 wortgleich an die Stelle des zugleich aufgehobenen § 21 Abs. 3 HausratVO getreten ist, für den die überwiegende Auffassung seinerzeit vertreten hatte, der Normwortlaut enthalte eine nur redaktionell bedingte Auslassung: Sachgerecht müsse Absatz 3 Satz 2 so gelesen werden, dass für die Wertfestsetzung das Interesse der Beteiligten maßgebend sei, wenn der Streit im Wesentlichen nur die Benutzung des Hausrats "oder der Wohnung" betreffe; eine Auseinandersetzung über die (vorübergehende) Nutzung der Wohnung im Trennungszeitraum sei daher mit dem halbjährigen Mietwert zu bewerten (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 2003, 1767 mit zahlreichen Nachweisen zum Streitstand; ebenso Müller-Gindullis in: Münchner Kommentar 4. Aufl. 2000, § 21 HausratVO Rn. 7). Dafür mögen im Hinblick auf die frühere Gesetzeslage beachtliche Gründe gesprochen haben; die Ansicht des OLG Karlsruhe (a.a.O., 20. Zivilsenat), das hieran auch für die aus § 100 Abs. 3 KostO ersichtliche Gesetzesfassung festzuhalten sei, vermag der Senat jedoch nicht zu teilen. Gerade wenn man für § 21 Abs. 3 HausratVO alter Fassung von einer Regelungslücke ausgehen will, wäre es kaum verständlich anzunehmen, dass der Gesetzgeber in Kenntnis dieser Auslegung mit der wortgleichen Übernahme der Vorschrift in § 100 Abs. 3 KostO ein früheres Redaktionsversehen wissentlich hätte wiederholen wollen; vielmehr hätte die Annahme nahe gelegen, dass der Gesetzgeber die Gelegenheit der Gesetzesreform genutzt hätte, die Bestimmung klarzustellen, wenn er § 100 Abs. 3 S. 2 KostO im Sinne der vorher zu § 21 Abs. 3 S. 2 HausratVO vertretenen Analogie hätte verstanden wissen wollen. Aus der Tatsache, dass er dies nicht getan, für Verfahren nach § 1361 b BGB also gerade keine von § 100 Abs. 3 S. 1 KostO abweichende Sonderbestimmung zur Streitwertbemessung getroffen hat, schließt der Senat daher, dass es insoweit bei der letztgenannten Vorschrift verbleiben soll (ebenso OLG Karlsruhe, 5. Zivilsenat, FamRZ 2005, 230; OLG Frankfurt FamRZ 2005, 230; OLG München FamRZ 2005, 1002; OLG Düsseldorf FamRZ 2005, 1583; OLG Hamm, FamRZ 2006, 141; zustimmend Hartmann, Kostengesetze 36. Aufl. 2006, § 100 KostO Rn. 5 m.w.N.; Weinreich in: Prütting u.a., BGH-Kommentar 2006, § 1361 b BGB Rn. 32).

Nach alledem ist die Beschwerde zurückzuweisen, ohne dass eine Kostenentscheidung veranlasst wäre, weil das Beschwerdeverfahren gerichtsgebührenfrei ist und außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden (§ 31 Abs. 5 KostO).

Ende der Entscheidung

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