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Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Beschluss verkündet am 06.02.2008
Aktenzeichen: 21 WF 1142/07
Rechtsgebiete: BGB, VV-RVG
Vorschriften:
BGB § 1666 | |
BGB § 1671 Abs. 1 | |
BGB § 1671 Abs. 2 Ziff. 2 | |
VV-RVG § 49 Nr. 1000 | |
VV-RVG § 49 Nr. 1003 | |
VV-RVG § 49 Nr. 3100 | |
VV-RVG § 49 Nr. 3104 |
Oberlandesgericht Dresden
Aktenzeichen: 21 WF 1142/07
Beschluss
des 21. Zivilsenats - Familiensenat -
vom 6. Februar 2008
In der Familiensache
wegen elterlicher Sorge
hier: Kostenfestsetzung
hat der 21. Zivilsenat - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Dresden ohne mündliche Verhandlung durch Richterin am Oberlandesgericht D..... als Einzelrichterin
beschlossen:
Tenor:
1. Auf die sofortige Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der beteiligten Mutter wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Hoyerswerda vom 20. November 2007, Az.: 4 F 489/06, wie folgt abgeändert:
Auf die Erinnerung der Beschwerdeführerin wird zu ihren Gunsten in Abänderung der Vergütungsfestsetzung vom 5. Juli 2007, Az.: 2 F 489/06, eine weitere Vergütung von 224,91 EUR festgesetzt.
2. Auf die sofortige Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des beteiligten Vaters wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Hoyerswerda vom 20. November 2007, Az.: 2 F 489/06, wie folgt abgeändert:
Auf die Erinnerung der Beschwerdeführerin wir zu ihren Gunsten in Abänderung der Vergütungsfestsetzung vom 5. Juli 2007, Az.: 4 F 489/06, eine weitere Vergütung von 224,91 EUR festgesetzt.
3. Die Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren sind gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
I.
In der von Amts wegen eingeleiteten Familiensache wegen Regelung der elterlichen Sorge wurde der beteiligten Mutter und dem beteiligten Vater jeweils Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug bewilligt und ihnen zur Wahrnehmung ihrer Rechte jeweils die - beschwerdeführende - Rechtsanwältin beigeordnet.
In dem Verfahren hat das Amtsgericht - Familiengericht - Hoyerswerda mit Beschluss vom 21. Dezember 2007, nachdem die Eltern wechselseitig die Übertragung der elterlichen Sorge auf sich selbst beantragt hatten und der Umfang des Umgangs mit dem betroffenen Kind streitig war, welches sich zur Zeit der Entscheidung mit Zustimmung beider Eltern in Heimerziehung befand, das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf den Vater übertragen. Weiterhin traf es eine Umgangsregelung zugunsten der Eltern für die Weihnachtsfeiertage und den Jahreswechsel. Für eine weitergehende Umgangsregelung sah das Familiengericht nach der Begründung der Entscheidung keinen Anlass, da sich die Eltern in der Vergangenheit einigen konnten und dies unter Vermittlung des Jugendamtes für die Zukunft zu erwarten sei. Der Mutter wurde die Entscheidung am 21. Dezember 2007, dem Vater am 22. Dezember 2007 zugestellt.
Mit am 27. Dezember 2007 beim Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz beantragte die Verfahrensbevollmächtigte des Vaters die Vergütung festzusetzen, nahm diesen Antrag mit am 15. Januar 2007 eingegangenem Schriftsatz aber zurück, weil außerdem eine Einigung in Sachen Umgangsrecht außergerichtlich am 10. Januar 2007 getroffen worden sei. Auf die Kostenberechnung mit Schriftsatz vom 11. Januar 2007 (Bl. 65 dA) wird Bezug genommen.
Mit am 4. Januar 2007 eingegangenem Schriftsatz stellte auch die Bevollmächtigte der Mutter Kostenerstattungsantrag für Prozesskostenhilfe. Auf diese (Bl. 66 dA) wird ebenfalls Bezug genommen.
Den Anträgen der Verfahrensbevollmächtigten wurde nicht voll entsprochen, sondern die geltend gemachte Einigungsgebühr von 189,00 EUR (bei einem Gegenstandswert von 3.000,00 EUR) bzw. 225,00 EUR (bei einem Gegenstandswert von 6.000,00 EUR) nicht vergütet sowie die auf die Vergütung entfallende Umsatzsteuer nur mit 16 % MWSt. erstattet, insgesamt ein Betrag bei der Verfahrensbevollmächtigten der Mutter von 285,44 EUR und bei der Verfahrensbevollmächtigten des Vaters von 242,36 EUR nicht in Ansatz gebracht.
Gegen die Auszahlungsanordnung vom 5. Juli 2007, die gleichzeitig als Vergütungsfestsetzung erging und sich zur Begründung der abgelehnten Vergütungen auf die Stellungnahmen der Bezirksrevisorin vom 27. Februar 2007 und 10. April 2007 bezog, legte die Verfahrensbevollmächtigte der Mutter mit am 18. Juli 2007 eingegangenem Schriftsatz und die Verfahrensbevollmächtigte des Vaters mit am 20. Juli 2007 eingegangenen Schriftsatz jeweils Erinnerung ein. Die Bezirksrevisorin trat den Kostenanträgen der Parteivertreter bereits mit den vorgenannten Stellungnahmen sowie der Erinnerung mit ihrer Stellungnahme vom 24. Juli 2007 entgegen.
Der Rechtspfleger half den Erinnerungen mit Beschlüssen vom 12. November 2007 nicht ab.
Das Familiengericht wies die Erinnerungen mit Beschluss vom 20. November 2007 zurück. Auf die Gründe wird Bezug genommen.
Gegen die 23. November 2007 am 27. November 2007 zugestellten Entscheidungen legten die Verfahrensbevollmächtigten jeweils Beschwerde am 27. November 2007 (Verfahrensbevollmächtigte der Mutter) sowie 30. November 2007 (Verfahrensbevollmächtigte des Vaters) ein, die ohne Abhilfe dem Oberlandesgericht Dresden zur Entscheidung vorgelegt wurden.
II.
1.
Die sofortigen Beschwerden der Beschwerdeführerinnen sind statthaft und form- und fristgerecht erhoben. Der Beschwerdewert übersteigt jeweils 200,00 EUR, so dass beide Rechtsmittel zulässig sind (§§ 56 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 und 3, Abs. 7 RVG). Sie haben auch in der Sache im tenorierten Umfang Erfolg.
1.1.
Den Verfahrensbevollmächtigten steht über die bisher festgesetzte Vergütung eine weitere Vergütung im Umfang eines Gegenstandswertes von 3 000,00 EUR für das Umgangsverfahren in Form einer Einigungsgebühr gemäß Nr. 1003, 1000 des Vergütungsverzeichnisses (VV) zum RVG zu.
Eine Einigungsgebühr nach Nr. 1000, 1003 entsteht, wenn der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis durch Abschluss eines Vertrages unter Mitwirkung des Rechtsanwalts beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht. Dieser Vertrag kann auch stillschweigend geschlossen werden und ist nicht formbedürftig, sofern dies materiell-rechtlich nicht besonders vorgeschrieben ist (vgl. BGH JurBüro 2007, 411). Maßgeblich ist allein die streitbeendende Einigung, solange sie nicht ausschließlich in einem Anerkenntnis oder Verzicht besteht.
Soweit nach der Natur des Streitgegenstandes eine Streitbeendigung gar nicht herbeigeführt werden kann, ist dies zwar auszuschließen (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl., VV-Nr. 1000 Rn. 4).
Dies trifft für die vorliegend am 10. Januar 2007 im Jugendamt der Stadt ........... geschlossene Umgangsvereinbarung der Eltern aber nicht zu.
Eine solche Einschränkung gilt auch nicht allgemein für Sorgesachen (vgl. Beschluss des Senats vom 22. Januar 2008, 21 WF 256/07).
Auch ist eine derartige Einigung nicht deshalb auszuschließen, weil das vorliegende Verfahren offenbar gem. § 1666 BGB von Amts wegen als Sorgerechtsverfahren eingeleitet wurde. Vorliegend dürfte sich schon insoweit der Sachverhalt von einer Konstellation wie der des OLG Koblenz (FamRZ 2006, 720; vgl. auch OLGR Karlsruhe, 2007, 923) unterscheiden, denn im Verlaufe des Verfahrens hat sich dieses im Wesentlichen zu einem Antragsverfahren entwickelt, in welchem die getrennt lebenden Eltern jeweils Anträge auf Übertragung der Allein(Teil-) Sorge stellten. Maßnahmen von Amts wegen wurden nicht getroffen, letztlich ein Teilbereich der elterlichen Sorge, das Aufenthaltsbestimmungsrecht, allein auf einen Elternteil übertragen. Die getroffene Entscheidung des Familiengerichts Hoyerswerda stützt sich auch ausdrücklich auf § 1671 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Ziff. 2 BGB.
Bereits diese Vorschrift weist darauf hin, dass den Beteiligten eine begrenzte Dispositionsbefugnis zustehen kann (vgl. auch Beschluss vom 25. Januar 2007, Az.: 20 WF 49/08).
Soweit es den Streitgegenstand Umgang betrifft, sind ebenfalls Dispositionsmöglichkeiten der Parteien im Hinblick auf die konkrete Ausgestaltung des Umgangs mit dem gemeinsamen Kind möglich. Das Gericht hat grundsätzlich auf eine solche einvernehmliche Elternregelung hinzuwirken (vgl. z.B. § 52 a FGG). Eine Einigung im Sinne der Nr. 1000, 1003 VV ist daher nicht ausgeschlossen. Dass im vorliegenden Verfahren das Gericht lediglich für einen begrenzten Zeitraum eine Entscheidung getroffen hat, zwingt nicht zu der Schlussfolgerung, dass über den (weitergehenden) Umgang eine Einigung darüber hinaus nicht möglich oder auch nicht erforderlich gewesen wäre.
Das Umgangsverfahren war auch trotz Abschlusses des Instanzenzuges durch die insoweit als Endentscheidung zu bewertende Regelung zu einer von der Mutter ausdrücklich begehrten Umgangsregelung noch "anhängig". Denn diese End-Entscheidung noch nicht rechtskräftig (vgl. Hartmann, aaO. VV 1003 Rn. 4). Die Anhängigkeit i.S.v. der Nr. 1003 VV endet vorliegend erst mit Ablauf der Monatsfrist seit Zustellung der Endentscheidung an die Parteivertreter.
Die Parteivertreter haben glaubhaft gemacht, dass zwischen den Eltern eine weitergehende Einigung auch für die Zukunft zum Umgang zwischen der Mutter und dem betroffenen Kind getroffen werden konnte, über welche die Entscheidung des Familiengerichts keine Regelung enthielt. Eine derartige Verständigung ist somit i.S. einer Einigung zustande gekommen. Dass die äußere Form eines vollstreckungsfähigen Titels nicht geschaffen worden ist, steht der Entstehung der Einigungsgebühr nicht entgegen (vgl. BGH JurBüro 2007, 411; Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden vom 25. Januar 2008, Az.: 20 WF 49/08).
1.2.
Die Einigungsgebühr ist jedoch nur noch im Umfang des zu regelndes Umgangsrechtes angefallen, für welchen von einem Gegenstandswert lediglich von 3.000,00 EUR (§ 30 Abs. 2 Satz 1 KostO) auszugehen ist, nachdem über einen Teilbereich des Umgangs sowie die elterliche Sorge bereits eine die Instanz beendende Entscheidung am 21. Dezember 2006 getroffen worden ist.
1.3.
In unterschiedlicher Höhe ist daher auch für die jeweiligen Gebühren die auf die Vergütung zu entrichtete Umsatzsteuer zu bemessen. Abzustellen ist auf den Zeitpunkt der Leistung nach den steuerrechtlichen Regelung (OLG Koblenz JurBüro 1999, 304; Schneider, ZFE 2007, 70, 71; Henke, AnwBl. 2006, 754), so dass für die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten nach Nr. 7008 VVRVG die abzuführende Umsatzsteuer einerseits für die bereits abgeschlossene Vertretung im Verfahren und andererseits für die außergerichtliche Vertretung im Umgangsverfahren zu bemessen ist.
2.
Dies führt für die Verfahrensbevollmächtigte der Mutter zu folgender Vergütungsberechnung:
Gegenstandswert 6.000,00 EUR
Verfahrensgebühr § 49 Nr. 3100 VVRVG 1,3 | 292,50 EUR |
Terminsgebühr § 49 Nr. 3104 VVRVG 1,2 | 270,00 EUR |
Zwischensumme | 562,50 EUR |
Post- und TeleKommunikationspauschale Nr. 7002 VVRVG | 20,00 EUR |
Dokumentenpauschale Nr. 7000 Nr. 1 VVRVG | 7,00 EUR |
Zwischensumme netto | 589,50 EUR |
16 % USt Nr. 7008 VVRVG | 94,32 EUR |
Summe | 683,82 EUR |
Gegenstandswert 3.000,00 EUR
Einigungsgebühr § 49 Nr. 1003, 1000 VVRVG 1,0 | 189,00 EUR |
19 % USt Nr. 7008 VVRVG | 35,91 EUR |
Summe | 224,91 EUR |
Beide Gegenstandswerte:
Gesamtsumme 908,73 EUR abzüglich des bereits festgesetzten Betrages von | 683,82 EUR |
verbleibt ein Zahlbetrag von | 224,91 EUR. |
3.
Als Vergütung für die Verfahrensbevollmächtigte des Vaters ergibt sich im Wesentlichen die gleiche Berechnung, jedoch entfällt bei dieser Dokumentenpauschale und ergibt sich somit insgesamt eine Zwischensumme netto aus dem Gegenstandswert von 6.000,00 EUR von | 582,50 EUR |
zzgl. 16 % USt. | 92,02 EUR |
Summe | 675,70 EUR. |
Die Einigungsgebühr zum Gegenstandswert von 3.000,00 EUR führt auch bei ihr zu einem weiteren zu vergütenden Betrag von 224,91 EUR und damit zu einer Gesamtsumme von 900,61 EUR
Abzüglich des bereits festgesetzten Betrages von 675,70 EUR verbleibt ein zu zahlender Betrag von 224,91 EUR
4.
Das Erinnerungs- und das Beschwerdeverfahren sind gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG).
Ende der Entscheidung
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