Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Beschluss verkündet am 11.01.2002
Aktenzeichen: 22 UF 160/01
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO a.F. § 515 Abs. 3
ZPO n.F. § 516 Abs. 3
Wird in einem Scheidungsverbundverfahren Rechtsmittel wegen einer Folgesache aus dem Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingelegt und dieses Rechtsmittel später zurückgenommen, so richtet sich die Kostenentscheidung weder nach § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG noch nach § 93 a Abs. 1 ZPO, sondern es ist § 515 Abs. 3 ZPO (in der bis 31.12.2001 geltenden Fassung - jetzt § 516 Abs. 3 ZPO) entsprechend anzuwenden.
Oberlandesgericht Dresden Beschluss

Aktenzeichen: 22 UF 0160/01

des 22. Zivilsenats - Familiensenat vom 11. Januar 2002

In der Familiensache

wegen Scheidung u.a. hier: Sorgerecht

hat der 22. Zivilsenat - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Dresden aufgrund mündlicher Verhandlung vom 31. Juli 2001 durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht xxxxxx, Richterin am Oberlandesgericht xxxxxxxxxxx und Richterin am Amtsgericht xxxxxxxxxx

beschlossen:

Tenor:

1. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

2. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens beträgt 3.000,00 DM.

Gründe:

I.

Die Parteien haben im Seheidungsverbundverfahren über die elterliche Sorge für ihre Kinder gestritten. Ihre Ehe hat das Amtsgericht - Familiengericht - Dresden mit Endurteil vom 14. Februar 2001 geschieden. Unter Ziffer 2 des Urteils wurde die elterliche Sorge für die gemeinsamen Kinder xxxxxx, xxxxx, xxxxx und xxxxxxx, geboren in den Jahren 1985 bis 1997, der Antragstellerin allein übertragen.

Mit seiner Beschwerde begehrte der Antragsgegner die Aufhebung des Urteils insoweit, als darin eine Sorgerechtsregelung getroffen wurde und Abweisung des Antrages der Antragstellerin auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge. Nach einer Stellungnahme des Jugendamtes und einer ausführlichen Anhörung der Parteien und der vier Kinder in der Verhandlung vor dem Senat am 31. Juli 2001 hat der Antragsgegner seine Beschwerde zurückgenommen.

II.

Infolge der Beschwerderücknahme ist nur noch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens und über dessen Wert zu entscheiden.

1.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 515 Abs. 3 ZPO (in der bis 31.12.2001 geltenden Fassung - jetzt § 516 Abs. 3 ZPO). Danach hat die Zurücknahme eines Rechtsmittels zur Folge, dass der Rechtsmittelführer, hier also der Antragsgegner, die durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten zu tragen hat.

Allerdings ist in Rechtsprechung und Literatur die Frage umstritten, nach welcher Vorschrift über die Kosten zu entscheiden ist, wenn bei einer Verbundentscheidung Beschwerde (nur) in einer Familiensache nach § 621 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 und 6 ZPO (FG-Folgesache) eingelegt und diese Beschwerde zurückgenommen wird. Teilweise wird vertreten, die Kostenentscheidung richte sich nach § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG (so u.a. mit ausführlicher Begründung OLG Frankfurt/Main, 3. Senat, FamRZ 86, 368 ff.; OLG Stuttgart, 17. Senat, FamRZ 83, 936; OLG Hamm, FamRZ 2000, 499, nur Leitsatz; Thomas-Putzo/Hüßtege, 23. Aufl., Rdnr. 7 zu § 629 a; Bergerfurth, Der Ehescheidungsprozess, 11. Aufl., Rdnr. 245; Musielak/Borth, ZPO, 2. Aufl., Rdnr. 13 zu § 629 a ZPO; Zöller/Philippi, 22. Aufl., Rdnr. 13 zu § 629 a ZPO; wegen weiterer Nachweise vgl.: OLG Dresden, FamRZ 97, 1019) .

Nach anderer Auffassung sollen auch in diesem Fall die Grundregeln des § 93 a Abs. 1 ZPO gelten (OLG Frankfurt/Main, FamRZ 85, 823; Kammergericht, FamRZ 88, 1075; Zöller/Herget, 22. Aufl., Rdnr. 1 zu § 93 a ZPO und Schwab/Maurer, Handbuch des Scheidungsrechts, 4. Aufl., I Rdnr. 344).

Nach einer dritten Meinung, der der Senat folgt, ist in diesen Fällen § 515 Abs. 3 ZPO entsprechend anzuwenden. (So auch mit umfassender Begründung der 10. Senat des OLG Dresden im Beschluss vom 15.01.1997 - FamRZ 97, 1019 ff.; BayObLG in FamRZ 95, 184 f.; Johannsen/Henrich/Sedemund-Treiber, 3. Aufl., Rdnr. 14 zu § 93 a und Rdnr. 22 zu § 629 a ZPO; Mü-Ko/Finger, 2. Aufl., Rdnr. 74 zu § 621 e ZPO; Zimmermann, Kommentar zur ZPO, 4. Aufl., Rdnr. 12 zu § 629 a ZPO und Baumbach/Albers, 60. Aufl., Rdnrn. 14 und 11 zu § 629 a ZPO. ).

Von denjenigen, die mit näherer Begründung für die Anwendung des § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG eintreten, wird zwar zu Recht darauf hingewiesen, dass § 515 Abs. 3 ZPO von den Verweisungen in § 629 a Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 621 e Abs. 3 Satz 2 ZPO nicht erfasst wird, und dass die ZPO auch anderweitig keine ausdrückliche Kostenregelung für den Fall einer Rücknahme einer Beschwerde in einer FG-Folgesache enthält, die nach § 621 a Abs. 1 Satz 1 ZPO die Vorschriften des § 13 a FGG verdrängen würde. In Übereinstimmung mit dem 10. Senat des OLG Dresden (a.a.O.) sieht der Senat darin aber lediglich eine Regelungslücke, die durch eine analoge Anwendung des § 515 Abs. 3 ZPO auszufüllen ist. Wie der 10. Senat (a.a.O., S. 1019 und 1020) im Einzelnen dargestellt hat, ergibt sich aus den Kostenregelungen in §§ 93 a, 97 Abs. 3, 626 Abs. 1 ZPO und den in diesen Vorschriften enthaltenen Verweisungen, dass der Gesetzgeber für das Scheidungsverbundverfahren eine einheitliche kostenrechtliche Behandlung nach der Zivilprozessordnung auch für die FG-Folgesachen vorgesehen hat.

Für eine entsprechende Anwendung des § 515 Abs. 3 ZPO statt des § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG spricht weiter, dass es ansonsten zu einem sinnwidrigen Nebeneinander der Anwendung von Kostenvorschriften sowohl der Zivilprozessordnung als auch des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit kommen könnte, etwa wenn sich eine Berufung gegen den Scheidungsausspruch oder gegen die Regelung in einer ZPO-Folgesache richtet, diese Berufung mit einer Beschwerde aus dem Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit zusammentrifft und das Rechtsmittel nachträglich in dem einen oder anderen Punkt zurückgenommen wird. Schließlich ist es nicht sachgerecht, die Entscheidung darüber, ob Kostenvorschriften der einen oder der anderen Verfahrensordnung anzuwenden sind, von dem Ausgang des Rechtsmittelverfahrens und nicht von der Art des Verfahrens bzw. des Rechtsmittels abhängig zu machen (vgl. insoweit auch OLG Frankfurt/Main, FamRZ 1991, 586 f., 587).

Mögen auch die vorstehenden Überlegungen in erster Linie gegen die Anwendung des § 13 a Abs. 1 FGG sprechen, so vermag der Senat doch auch nicht der Auffassung beizutreten, die für den Fall der Rücknahme einer Beschwerde in einer FG-Folgesache § 93 a Abs. 1 ZPO anwenden will. Denn in der Zivilprozessordnung ist nicht nur bei einer Berufungsrücknahme und durch die Verweisung in § 566 ZPO bei der Rücknahme der Revision eine Kostenbelastung des Rechtsmittelführers vorgesehen, sondern es entspricht ganz allgemeiner Auffassung, dass auch bei der Rücknahme einer Beschwerde die Kostenfolge des § 515 Abs. 3 ZPO gilt (vgl. u.a. Zöller/Gummer, Rdnr. 57 zu § 567 ZPO) . Außerdem zeigt die für die FG-Folgesachen geltende Verweisung in § 97 Abs. 3 ZPO auf die Vorschriften des § 97 Absätze 1 und 2 ZPO, dass für das Rechtsmittelverfahren in Verbundsachen die besonderen Kostenvorschriften des § 93 a Abs. 1 ZPO nicht uneingeschränkt gelten, vielmehr der Misserfolg eines Rechtsmittelführers zu seinen Lasten gehen soll.

2.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird gemäß §§ 14 Abs. 1, 12 Abs. 2 Satz 3, 2. Halbsatz und Abs. 2 Satz 1 GKG auf 3.000,00 DM festgesetzt. In Anbetracht des Umfangs des Beschwerdeverfahrens, insbesondere im Hinblick darauf, dass vier Kinder betroffen waren und sie alle und die Parteien ausführlich angehört wurden, hält es der Senat für angemessen, den Regelwert von 1.500,00 DM zu verdoppeln.

Ende der Entscheidung

Zurück