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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Urteil verkündet am 15.08.2000
Aktenzeichen: 23 U 1032/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 164
BGB § 535
Leitsatz:

§§ 164, 535 BGB

Verhandelt ein Vermieter mit ihm namentlich bekannten Rechtsanwälten über die Vermietung von Kanzleiräumen, unterzeichnet sodann einer dieser Anwälte die Vertragsurkunde und fügt seiner Unterschrift einen Stempel der (überörtlichen) Sozietät hinzu, dann kommt der Vertrag nur mit den örtlichen Mitgliedern der Sozietät zustande, nicht jedoch mit den übrigen Anwälten der bestehenden überörtlichen Anwaltssozietät, wenn der Vermieter diese nicht kennt und sie auch an den Vertragsverhandlungen nicht beteiligt waren. Die Rechtsprechung des BGH zum Vertragsschluss mit sämtlichen Sozietätsanwälten bei Inanspruchnahme wegen anwaltlichen Fehlverhaltens findet in solchen Fällen keine Anwendung.


Oberlandesgericht Dresden Im Namen des Volkes! Urteil

Aktenzeichen: 23 U 1032/00 6 O 5623/99 LG Leipzig

Verkündet am 15.08.2000

Die Urkundsbeamtin: Justizobersekretärin

In dem Rechtsstreit

Kläger und Berufungsbeklagter

Prozessbevollmächtigte:

gegen

1.

2.

Beklagte und Berufungskläger

Prozessbevollmächtigte zu 1) 2):

wegen Feststellung der Wirksamkeit eines Mietvertrages

hat der 23. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 01.08.2000 durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht , Richter am Landgericht und Richter am Amtsgericht

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 17.03.2000 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig - 6 O 5623/99 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die dem Kläger aus diesem Urteil mögliche Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 8.000,00 DM abwenden, falls der Kläger nicht vor Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leisten sollte.

4. Die Beklagten sind durch dieses Urteil mit einem Betrag von über 60.000,00 DM beschwert.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 80,763,00 DM

(...)

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Zu Recht hat das Landgericht der Klage stattgegeben und festgestellt, dass der Mietvertrag vom 21.11.1996 gegenüber den Beklagten als Mitmietern Wirkung entfaltet.

1. Zutreffend ist das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig ist, weil die Beklagten zumindest wesentliche Teile des Inhalts des Mietvertrages vom 21.11.1996 in Frage stellen.

a) Genau gesehen ist zwar nicht - jedenfalls nicht in erster Linie - das Bestehen des Mietverhältnisses Gegenstand des Klageantrages. Denn dass ein Mietvertrag über die 2. und 3. Etage des Gebäudes geschlossen wurde, stellen auch die Beklagten nicht in Abrede. Streitig ist vielmehr ausschließlich die Dauer dieses Mietverhältnisses, also die Frage, ob § 2 des Vertrages vom 21.11.1996 auf die vertraglichen Beziehungen zwischen den Parteien Anwendung findet. Diese könnte jedoch allein nicht Gegenstand einer Klage nach § 256 Abs. 1 ZPO sein, weil es dann nur um ein Element eines Rechtsverhältnisses ginge. Daher muss dem Kläger die Möglichkeit eingeräumt werden, die Wirksamkeit des Mietvertrages insgesamt sowie speziell in Bezug auf die vorgesehene Laufzeit feststellen zu lassen. Es handelt sich hierbei um die zulässige Feststellung hinsichtlich des Umfangs bzw. der Dauer der Leistungspflicht der Parteien (vgl. BGH NJW 1995, 1097).

b) (...)

2. Zu Recht und mit überzeugender Begründung, welcher der Senat beitritt, nimmt das Landgericht auf der Grundlage der durchgeführten Beweisaufnahme an, dass der Zeuge xxxxxx zum einen für die Beklagten und sich selbst den Vertrag abschließen wollte und dass er zum anderen die dafür notwendige Vollmacht der Beklagten besessen hat, weshalb auch die Beklagten an den Vertrag gebunden sind.

a) Die Beklagten können sich nicht auf den Sozietätsvertrag vom 22.12.1993 berufen. Unstreitig wusste der Kläger zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht, dass nicht nur die ihm bekannten Leipziger Rechtsanwälte, die Beklagten und der Zeuge xxxxx, der Anwaltssozietät angehörten, von deren Mitgliedern die Mieträume genutzt werden sollten. Etwas anderes wurde dem Kläger unstreitig damals nicht mitgeteilt oder sonstwie bekannt gemacht. Daher gilt der sich aus § 164 Abs. 2 BGB ergebende Grundsatz: Wer den Vertrag schließt, tut das im eigenen und nicht in fremdem Namen. Will er sich nicht selbst verpflichten, sondern - auch - nicht namentlich genannte Dritte, muss er das dem Vertragspartner gegenüber zum Ausdruck bringen.

Aufgetreten sind und gehandelt haben hier nur die Beklagten und Rechtsanwalt . Nach dem dargestellten Grundsatz sind sie somit Vertragspartner des Klägers geworden, nicht jedoch zusätzlich auch andere Personen, insbesondere nicht die Rechtsanwälte .

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Umständen des Streitfalls. Zwar stellt grundsätzlich die Anmietung von Kanzleiräumen für gemeinsam tätige Rechtsanwälte ein sogenanntes unternehmensbezogenes Geschäft dar. Für ein solches besteht - abweichend von § 164 Abs. 2 BGB - die grundsätzliche Vermutung, dass der Handelnde für das Unternehmen aufgetreten ist und abschließen wollte (BGH NJW 1995, 43, 44). Auch geht in solchen Fällen im Allgemeinen der Wille der Vertragsschließenden dahin, dass der tatsächliche Betriebsinhaber Vertragspartner sein soll (BGH, a.a.O.). Daher darf auch in der Regel angenommen werden, dass der Vermieter von Kanzleiräumen an alle in der Kanzlei tätigen Rechtsanwälte, also das gesamte "Unternehmen", vermieten will.

Hier bestand dieses aus der bei § 164 Abs. 2 BGB maßgeblichen Sicht des Klägers aber nur aus den ihm bekannten Rechtsanwälten , die in gemeinsam eine Anwaltskanzlei betrieben. An diese wollte der Kläger vermieten. Die Vermutung der Unternehmensbezogenheit des Vertragsschlusses kann daran nichts ändern, sie kann insbesondere nicht dazu führen, dass der Vertragspartner des Unternehmens mit Personen vertraglich verbunden ist, mit denen er keinen Vertrag eingehen wollte.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem im Vertragskopf und im Stempelaufdruck am Ende der Vertragsurkunde aufgeführten Zusatz "& Partner", der dem Familiennahmen der beteiligten Rechtsanwälte beigefügt ist. Ein solcher Zusatz besagt für den Laien allenfalls, dass außer den namentliche genannten noch andere Rechtsanwälte in der betreffenden Kanzlei tätig sind. Die Rechtsanwälte und betrieben auch unstreitig im November 1996 weder allein noch gemeinsam mit den Rechtsanwälten eine Partnerschaft nach dem Partnerschaftsgesellschaftsgesetz vom 25.07.1994, so dass § 7 des genannten Gesetzes im Streitfall keine Anwendung finden kann. Schließlich finden auf den vorliegenden Fall die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Haftung der Mitglieder einer Rechtsanwaltskanzlei keine Anwendung. Nach der Rechtsprechung des BGH (zuletzt BGH NJW 1999, 3040, 3041) nimmt ein im Rahmen einer Sozietät tätiger Rechtsanwalt das ihm angetragene Mandat regelmäßig auch im Namen der übrigen Sozietätsmitglieder an. Die in der hierzu ergangenen Rechtsprechung entschiedenen Sachverhalte betreffen allerdings ausschließlich die Frage nach der Haftung der in der Kanzlei bzw. Sozietät verbundenen Rechtsanwälte für ein Fehlverhalten des beauftragten Kollegen. Die Entscheidungen sind geprägt von dem Bestreben, die Haftung nicht nur auf den jeweils tätigen Rechtsanwalt zu begrenzen, sondern auch die übrigen Mitglieder der Sozietät mit einzubeziehen. Wegen der Besonderheiten des Rechtsverhältnisses zwischen Anwalt und Mandant, die zu der sehr weitgehenden Haftung für anwaltliches Fehlverhalten geführt haben, können sie daher auf die hier zu entscheidende Frage des Vertragsschlusses in anderen als Mandatsangelegenheiten keine Anwendung finden.

b) (... wird ausgeführt ...)

Ende der Entscheidung

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