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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Beschluss verkündet am 05.11.2007
Aktenzeichen: 3 W 1246/07
Rechtsgebiete: VBVG, FGG


Vorschriften:

VBVG § 1 Abs. 2
VBVG § 5
FGG § 27
1. Bei der Berechnung der Betreuervergütung sind die Stundensätze des § 5 VBVG ungeachtet des tatsächlichen Zeitaufwandes in Ansatz zu bringen.

2. Ansprüche auf Betreuervergütung richten sich gegen die Staatskasse, wenn der Betreute im Zeitpunkt der letzten Tatsachenentscheidung mittellos ist.


Oberlandesgericht Dresden

Aktenzeichen: 3 W 1246/07

Beschluss

des 3. Zivilsenats vom 05.11.2007

In dem Betreuungsverfahren

wegen Betreuervergütung

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden ohne mündliche Verhandlung durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. N , Richter am Oberlandesgericht Dr. H und Richterin am Oberlandesgericht E

beschlossen:

Tenor:

Auf die weitere Beschwerde der Betroffenen wird der Beschluss des Landgerichts Chemnitz vom 24.09.2007 (3 T 512/07) aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Marienberg - Vormundschaftsgericht - vom 07.12.2005 (XVII 00228/05) wurden für die Betroffene zwei Betreuer bestellt: die Beteiligte zu 1) für die Aufgabenkreise Gesundheitssorge, Vertretung im Rechtsverkehr vor Behörden und Institutionen, Entgegennahme und Bearbeiten der amtlichen Post sowie Vermögenssorge mit Ausnahme der Entscheidung über Wohnungsangelegenheiten und der Beteiligte zu 2) für die Regelung der Wohnungsangelegenheiten.

Auf Antrag des Beteiligten zu 2) setzte das Amtsgericht Marienberg mit Beschluss vom 07.06.2007 für die Zeit vom 09.12.2005 bis 08.12.2006 eine Vergütungspauschale in Höhe von 2.763,65 EUR fest, die wegen des Sparguthabens der Betroffenen aus deren Vermögen gewährt werden sollte. Hiergegen wandten sich die Betroffene und die Beteiligte zu 1) mit Schreiben vom 16.07.2007. Das als Beschwerde gewertete Rechtsmittel wies das Landgericht Dresden mit Beschluss vom 24.09.2007 zurück und ließ die weitere Beschwerde zu.

Gegen diesen am 02.10.2007 zugestellten Beschluss hat die Betroffene am 16.10.2007 weitere Beschwerde eingelegt. Sie habe von ihrer Rente in Höhe von 625,00 EUR allein deshalb einen größeren Betrag angespart, um sich im Einzelfall kostenintensivere Anschaffungen machen zu können. Vor diesem Hintergrund schränke der angegriffene Beschluss die Handlungsfreiheit der Betroffenen gravierend ein, da ihr eine Zahlungspflicht auferlegt werde, die wegen des kaum vorhandenen Betreuungsaufwandes seitens des Beteiligten zu 2) ohne adäquate Gegenleistung sei. Die Rechtsverletzung sei angesichts der fehlenden Notwendigkeit der Berufsbetreuerbestellung, die sich aus der fehlenden Tätigkeit und der - zwischenzeitlich am 27.07.2007 erfolgten - Abberufung des Beteiligten zu 2) ergebe, greifbar. Hinzu komme, dass die Betroffene aktuell lediglich über ein Sparvermögen von 2.715,16 EUR verfüge und sie deshalb nicht mehr als vermögend anzusehen sei. Schließlich habe das Amtsgericht bei der Festsetzung der Vergütung eine Prüfung von deren Angemessenheit vorgenommen statt auf die gesetzliche Regelung zu verweisen, so dass von einer ermessensfehlerhaften Entscheidung auszugehen sei.

II.

Die gemäß § 69e Abs. 1 S. 1, § 56g Abs. 5 S. 2 FGG zulässige Beschwerde hat in der Sache jedenfalls vorläufigen Erfolg, da das Landgericht verfahrensfehlerhaft im Sinne von § 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO nicht geprüft hat, ob die Betroffene zwischenzeitlich vermögenslos geworden ist.

1. Zu Recht geht die angefochtene Entscheidung allerdings davon aus, dass der Beteiligte zu 2) eine Vergütung gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 - 3 VBVG beanspruchen kann. Ungeachtet des tatsächlichen Zeitaufwandes der Betreuung im Einzelfall sind stets die gesetzlich vorgesehenen Stundensätze in Ansatz zu bringen. Zeigt sich aufgrund der geringen Tätigkeit des Berufsbetreuers, dass seine Tätigkeit nicht erforderlich ist, ist - entgegen der Sicht der Betroffenen - nicht mit einer Reduzierung der Vergütung, sondern vielmehr - wie geschehen - mit der Aufhebung der Betreuung zu reagieren.

Hieran ist auch im Lichte von Art. 14 und 2 Abs. 1 GG festzuhalten. Insoweit wird auf die Ausführungen des Landgerichts verwiesen. Mag die der Betroffenen auferlegte Zahlungspflicht angesichts des möglicherweise nur geringen Aufwandes des Beteiligten zu 2) auch ungerecht erscheinen, stellt sie für die Betroffene doch keine existenzielle Härte dar, die unter Umständen verfassungsrechtlich relevant wäre.

Dahinstehen kann, inwieweit die Entscheidung des Amtsgerichts rechtlich zutreffend ist, soweit die Höhe der Vergütung als dem Umfang und der Bedeutung der Angelegenheit angemessen gerechtfertigt wird. Gegenstand des Verfahrens der weiteren Beschwerde ist gemäß § 27 Abs. 1 S. 1 FGG allein die Entscheidung des Beschwerdegerichts. Die Erwägungen des Amtsgerichts, die sich das Landgericht nicht zu eigen gemacht hat, sind durch dessen Entscheidung überholt.

2. Der weiteren Beschwerde ist jedoch insoweit, jedenfalls vorläufig, Erfolg vergönnt, als geltend gemacht wird, dass sich das Sparvermögen der Betroffenen zwischenzeitlich auf 2.715,16 EUR reduziert habe.

Die Annahme des Landgerichts, dass sich der Vergütungsanspruch gegen die Betroffene richten müsse, weil diese vermögend im Sinne von § 1908i Abs. 1 S. 1, § 1836 Abs. 1 S. 2, § 1836c Nr. 2, § 1836d BGB i.V.m. § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII und § 1 Abs. 1 Nr. 1 lit. a der Durchführungsverordnung sei, ist nicht hinreichend durch Tatsachen unterlegt. Zwar ist festgestellt, dass die Betroffene im Dezember 2006 ein Sparvermögen in Höhe von 10.152,31 EUR gehabt habe und zu einer möglichen Änderung nichts vorgetragen sei. Hierauf hätte sich das Gericht angesichts der ihm gemäß § 12 FGG obliegenden Amtsermittlungsverpflichtung nicht zurückziehen dürfen.

Die für Dezember 2006 getroffene Feststellung hilft insoweit nicht weiter, da sich die Frage, ob Ansprüche auf Betreuervergütung gegen den Betreuten oder die Staatskasse zu richten sind, danach beurteilt, ob der Betreute im Zeitpunkt der letzten Tatsacheninstanz mittellos war. Ist wie vorliegend Beschwerde eingelegt worden, sind gemäß § 23 FGG die Einkommens- und Vermögensverhältnisse im Zeitpunkt des Erlasses der landgerichtlichen Entscheidung maßgeblich (OLG München, Beschluss vom 04.04.2007 - 33 Wx 209/06 [zitiert nach juris] m.w.N.; Senatsentscheid vom 22.02.2007 -3 W 77/07). An dieser bereits im Rahmen des § 1836a BGB a.F. geltenden Rechtslage hat sich auch im Anwendungsbereich des § 1 Abs. 2 S. 2 VBVG nichts geändert. Die Regelung der Mittellosigkeit des Betroffenen als Voraussetzung für die Heranziehung der Staatskasse bezweckt weiterhin, die mittellosen Betreuten vor finanzieller Überforderung zu schützen und dem Betreuer einen solventen Schuldner für seinen Vergütungsanspruch gegenüberzustellen. Dieser Zielstellung kann nur hinreichend Rechnung getragen werden, wenn auf den Zeitpunkt der letzten Tatsachenentscheidung abgestellt wird, da sonst stets die Gefahr der Insolvenz dem Betreuer oder aber dem Betreuten trotz fehlender finanzieller Mittel die Zahlung der Betreuervergütung aufgebürdet würde (vgl. OLG München a.a.O.; a.A. LG Frankenthal, FamRZ 2007, 1358).

Waren mithin die Vermögensverhältnisse am 24.08.2007 entscheidend, hätte sich das Landgericht nicht auf einen insoweit fehlenden Vortrag der Betroffenen stützen dürfen. Da zwischenzeitlich fast neun Monate ins Land gegangen waren und die Betroffene im Beschwerdeverfahren anwaltlich nicht vertreten war, hätte nicht davon ausgegangen werden dürfen, dass diese ihr günstige Tatsachen selbst vorbringen werde. Auch lag wegen der nicht sehr hohen Rente in Höhe von 625,00 EUR durchaus nahe, dass im Verlaufe der Zeit eine Veränderung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse eintreten könnte.

3. Erweist sich hiernach die Aufklärung des Sachverhaltes als ungenügend erachtet, hält es der Senat für geboten, die Sache an die Beschwerdeinstanz zur weiteren Ermittlung und erneuten Entscheidung zurückzuverweisen, damit das Landgericht die bislang versäumten Feststellungen zur Frage der wirtschaftlichen Situation im maßgeblichen Zeitpunkt nachzuholen. Der Senat kann die fehlenden Ermittlungen nicht selbst vornehmen, da ihm gemäß § 27 Abs. 1 FGG allein eine Rechtsprüfung obliegt.

III.

Kosten- und Wertentscheidungen sind nicht veranlasst (§ 131 Abs. 1 S. 2, § 31 Abs. 1 S. 1 KostO).

Ende der Entscheidung

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