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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Beschluss verkündet am 24.11.2006
Aktenzeichen: 3 W 1432/06
Rechtsgebiete: FGG


Vorschriften:

FGG § 27 Abs. 1
Zur Anfechtung der Versäumung der Ausschlagungsfrist bei missverständlichem nachlassgerichtlichem Vordruck.
Oberlandesgericht Dresden

Aktenzeichen: 3 W 1432/06

Beschluss

des 3. Zivilsenats vom 24.11.2006

In der Nachlassangelegenheit

wegen Anfechtung der Versäumung der Ausschlagungsfrist

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden ohne mündliche Verhandlung durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. N , Richterin am Oberlandesgericht Dr. N und Richter am Oberlandesgericht Dr. H

beschlossen:

Tenor:

1. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) gegen den Beschluss des Landgerichts Dresden vom 31.07.2006, Az. 2 T 234/06, wird zurückgewiesen.

2. Die Beteiligten zu 1) und 2) tragen gesamtschuldnerisch die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 2.030,36 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beschwerdeführer haben aus einer Wohnraumvermietung an die Erblasserin gegen den Nachlass eine titulierte Forderung über 2.030,36 EUR. Sie beantragen deshalb die Ausstellung eines Erbscheines, wonach die Beteiligten zu 3) und 4), die Eltern der Erblasserin, die Erblasserin je zu 1/2 beerbt haben.

Die Erblasserin verstarb am 10.10.2003. Nachdem weitere als Erben berufene Beteiligte die Erbschaft ausgeschlagen hatten, hat das Nachlassgericht am 26.01.2004 an die Beteiligten zu 3) und 4) eine Mitteilung über den Eintritt der gesetzlichen Erbfolge abgefertigt. Der Mitteilung beigefügt war ein Merkblatt und der Vordruck eines Antwortschreibens. Am 29.01.2004 sandten die Beteiligten zu 3) und 4), die die Erbschaft ausschlagen wollten, die handschriftlich ausgefüllten Vordrucke zurück.

Mit einem Anschreiben vom 01.04.2004 wiesen die Beschwerdeführer auf die Formunwirksamkeit der Ausschlagungserklärungen hin. Die Beteiligten zu 3) und 4) erklärten daraufhin in notariell beglaubigter Erklärung, bei Gericht eingegangen am 07.04.2004, die Anfechtung der Versäumung der Ausschlagungsfrist und schlugen die Erbschaft aus jedem Berufungsgrund aus.

Das Nachlassgericht hat zuletzt mit Vorbescheid vom 23.02.2006 angekündigt, den beantragten Erbschein auszustellen. Das Landgericht hat auf die Beschwerde der Beteiligten zu 3) und 4) mit Beschluss vom 31.07.2006 diesen Vorbescheid aufgehoben.

Das Landgericht hält die Anfechtung für wirksam. Die Beteiligten zu 3) und 4) hätten glaubhaft vorgetragen, die Ausschlagung vom 29.01.2004 für formwirksam gehalten zu haben. Das übersandte Merkblatt ändere hieran nichts. Dem treten die Beschwerdeführer entgegen. Sie meinen, infolge des vorgelegten Merkblattes scheide bei verständiger Würdigung ein Irrtum aus. Außerdem seien die Beteiligten zu 3) und 4) nicht erst durch das Anschreiben vom 01.04.2004, sondern durch ein früheres Anschreiben des Nachlassgerichtes selbst auf die fehlende Wirksamkeit der Ausschlagung aufmerksam gemacht worden.

II.

Die an keine Frist gebundene weitere Beschwerde ist statthaft (§ 27 FGG) und formgerecht eingelegt (§ 29 Abs. 1 S. 1 und 2 FGG). Sie ist jedoch unbegründet.

1. Nach den Feststellungen des Tatgerichts glaubten die Beteiligten zu 3) und 4), mit dem Ausfüllen der von ihnen am 29.01.2004 an das Nachlassgericht zurückgesandten Vordrucke die Erbschaft rechtswirksam ausgeschlagen zu haben. Diese, von den Beschwerdeführern angegriffene tatrichterliche Feststellung ist jedenfalls vertretbar und deshalb vom Rechtsbeschwerdegericht hinzunehmen.

Die Überprüfung von tatrichterlichen Entscheidungen durch das Rechtsbeschwerdegericht ist von Gesetzes wegen beschränkt. Eine Nachprüfung tatsächlicher Verhältnisse in der 3. Instanz ist grundsätzlich ausgeschlossen, § 27 Abs. 1 S. 1 FGG i.V.m. § 559 ZPO. Die tatrichterliche Beweiswürdigung ist nur dahin nachprüfbar, ob der Tatrichter den maßgebenden Sachverhalt ausreichend erforscht, bei der Erörterung des Beweisstoffes alle wesentlichen Umstände berücksichtigt und hierbei nicht gegen gesetzliche Beweisregeln und Verfahrensvorschriften sowie gegen die Denkgesetze und feststehende Erfahrungssätze verstoßen hat (vgl. nur Keidel/Kunze/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 27 Rn. 49 m.w.N.). Ausgehend hiervon vermag der Senat keinen Rechtsfehler des Landgerichts zu erkennen. Insbesondere ist es eine vertretbare tatrichterliche Würdigung, der Darstellung der Beteiligten zu 3) und zu 4) trotz und gerade aufgrund des übersandten Merkblattes Glauben zu schenken.

Das Landgericht hat sich mit diesem Gesichtspunkt eingehend unter Berücksichtigung der maßgeblichen Umstände auseinandergesetzt. Hierauf nimmt der Senat Bezug. Die Auffassung des Landgerichts entspricht im Übrigen einer bereits schon früher vom Senat geäußerten Rechtsmeinung, wonach auch bei Vorlage eines solchen Merkblattes ein Irrtum über die Wirksamkeit der erklärten Ausschlagung nicht ausgeschlossen ist (Senatsbeschluss vom 26.07.2005, Az. 3 W 668/05, nicht veröffentlicht).

Soweit die Beschwerdeführer die tatrichterliche Beweiswürdigung durch eine eigene Beweiswürdigung ersetzen wollen, hat die Beschwerde deshalb keinen Erfolg. Denn, wie ausgeführt, ist die jedenfalls vertretbare tatrichterliche Beweiswürdigung vom Rechtsbeschwerdegericht hinzunehmen.

2. Soweit die Beschwerdeführer auf das Schreiben der Beteiligten zu 4) vom 11.02.2005 Bezug nehmen und meinen, hieraus ergäbe sich eine frühere Kenntnis der Beteiligten zu 3) und zu 4) über die Unwirksamkeit der Erbausschlagung, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Denn ersichtlich überinterpretieren die Beschwerdeführer das vorgenannte Schreiben.

Nach Lage der Akten hat das Nachlassgericht mit dem Eingang der Vordrucke am 30.01.2004 den Eingang der - aus Sicht des Nachlassgerichts - angekündigten formgerechten Ausschlagungserklärungen abgewartet. Dies zeigen die amtsgerichtlichen Verfügungen vom 30.01.2004, 02.02.2004 und 12.03.2004 eindeutig (GA 14-17). Dass das Nachlassgericht vor dem 25.02.2004 - dies ist aufgrund des Eingangs der notariell beglaubigten Ausschlagungserklärung am 07.04.2004 der zurückgerechnete maßgebliche Stichtag - die Beteiligten zu 3) und 4) auf die Formunwirksamkeit hingewiesen hätte, liegt nach dem Akteninhalt fern. Zu einem solchen Hinweis bestand seitens des Nachlassgerichts auch in der Sache keinerlei Anlass. Denn es hatte aus seiner Sicht mit Übersendung der Merkblätter ausreichend über die Formbedürftigkeit aufgeklärt und die Erklärungen in den Vordrucken nur als Ankündigungen verstanden.

Demgegenüber passt die landgerichtliche Feststellung, nämlich Kenntnis von der Ausschlagung erst nach dem 01.04.2004, zwanglos in den weiter im Schreiben der Beteiligten zu 4) geschilderten Geschehensablauf. Danach sind die Beteiligten zu 3) und 4) nach dem Hinweis auf die Formunwirksamkeit mit dem entsprechenden Schreiben zum Notar gegangen und haben dort am 05.04.2004 die Ausschlagung erklärt. Aus den weiteren Erklärungen der Beteiligten zu 3) und 4) ergibt sich klar, dass damit das Schreiben vom 01.04.2004 gemeint ist (vgl. etwa die Beschwerdebegründung vom 25.04.2005, GA 60). Aufgrund all dieser Umstände war das Landgericht auch nicht gehalten, dies in den Entscheidungsgründen zu erörtern. Die Wiedergabe der tragenden Erwägungen ist ausreichend.

3. Weitere Rechtsfehler zeigt die Beschwerdebegründung nicht auf. Auch der Senat vermag solche nicht zu erkennen.

4. Die Kostenlast folgt aus § 131 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KostO. Da die Beteiligten zu 3) und 4) am Verfahren der weiteren Beschwerde nicht beteiligt wurden, besteht kein Anlass, eine Kostenerstattung gemäß § 13 a Abs. 1 S. 2 FGG anzuordnen.

Der Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde bestimmt sich nach § 131 Abs. 2 i.V.m. § 30 Abs. 1 KostO.

Ende der Entscheidung

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