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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Beschluss verkündet am 20.12.2004
Aktenzeichen: 4 ARs 182/04
Rechtsgebiete: JGG


Vorschriften:

JGG § 31 Abs. 2
JGG § 58 Abs. 3 Satz 2
JGG § 58 Abs. 3 Satz 1
Die Übertragung der weiteren Entscheidungen nach Aussetzung einer Jugendstrafe zur Bewährung auf den Jugendrichter durch Beschluss der übergeordneten Jugendkammer, in deren Bezirk sich der Jugendliche aufhält, ist zu begründen und darf nur nach pflichtgemäßem Ermessen und aus beachtlichen Gründen erfolgen. Hierbei ist auf die Besonderheiten des Einzelfalles abzustellen.
Oberlandesgericht Dresden 4. Strafsenat

Aktenzeichen: 4 ARs 182/04

Beschluss

vom 20. Dezember 2004

in der Strafsache gegen

wegen Diebstahls

hier: Zuständigkeitsstreit

Tenor:

Der Beschluss des Landgerichts Leipzig vom 30. September 2004 wird in Punkt 5 aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass für Entscheidungen, die infolge der Strafaussetzung zur Bewährung erforderlich werden, derzeit die Jugendkammer des Landgerichts Leipzig zuständig ist.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht Leipzig hat den Verurteilten wegen Diebstahls unter Einbeziehung eines weiteren Urteils zu einer Einheitsjugendstrafe von acht Monaten verurteilt. Auf seine hiergegen eingelegte Berufung hat das Landgericht Leipzig am 30. September 2004 die Vollstreckung der Jugendstrafe zur Bewährung ausgesetzt und gleichzeitig im Rahmen eines Bewährungsbeschlusses u. a. bestimmt, dass die weiteren, infolge der Strafaussetzung zur Bewährung erforderlichen Entscheidungen dem Amtsgericht Leipzig, in dessen Bezirk der Angeklagte wohnt, übertragen werden. Die Übernahme dieser Entscheidungen hat das Amtsgericht Leipzig durch Beschluss vom 18. Oktober 2004 abgelehnt und die Akten dem Oberlandesgericht Dresden zur Bestimmung des zuständigen Gerichtes vorgelegt.

II.

Für Entscheidungen, die infolge der Aussetzung erforderlich werden, ist unter Aufhebung des insoweit ergangenen landgerichtlichen Beschlusses die Jugendkammer des Landgerichts Leipzig zu bestimmen.

Zwar hat die Jugendkammer gemäß § 58 Abs. 3 Satz 2 JGG die Entscheidungen nach Abs. 1 der genannten Vorschrift auf den Jugendrichter des Amtsgerichts Leipzig übertragen. Dem steht nach dem Gesetz auch nicht von vornherein der Umstand entgegen, dass in diesem Bereich auch die Jugendkammer ihren Sitz hat (OLG Köln, NStZ 1989, 199). Der Übertragungsbeschluss der übergeordneten Jugendkammer bindet den Jugendrichter jedoch nicht mit der Folge, dass es zur Wirksamkeit der Übertragung dessen Übernahme der Sache nicht mehr bedurfte (OLG Stuttgart, NStZ 1990, 358).

Voraussetzung der Übertragung ist in jedem Fall, dass diese nicht willkürlich ist, sondern nur nach pflichtgemäßem Ermessen und aus beachtlichen Gründen vorgenommen wird. Dies folgt bereits aus der gesetzlichen Regelung des § 58 Abs. 3 Satz 1 JGG, wonach für weitere Entscheidungen in erster Linie die Zuständigkeit des Richters vorgesehen ist, der die Aussetzung der Vollstreckung der Jugendstrafe angeordnet hat. Deshalb sind die Erwägungen des übertragenden Jugendgerichts im Übertragungsbeschluss selbst insbesondere dann näher darzulegen, wenn - wie hier - der Aufenthaltsort des Verurteilten und der Sitz der Jugendkammer identisch sind. Abzuwägen sind hierbei vor allem die Vorzüge der Entscheidungsnähe und die Kenntnis der Persönlichkeit des Verurteilten aus dem Verfahren (OLG Stuttgart a.a.O.).

Ausführungen hierzu lässt der landgerichtliche Beschluss gänzlich vermissen. Lediglich aus einer handschriftlich bei den Akten befindlichen Verfügung des Berichterstatters, die nach der Weigerung der Übernahme durch das Amtsgericht erstellt wurde, ergibt sich eine Begründung der Übertragungsentscheidung. Danach sei diese aus Gründen der Einheitlichkeit und aus erzieherischen Gründen deshalb zweckmäßig, weil das Amtsgericht bereits in der Vergangenheit mit einer Bewährungsüberwachung befasst gewesen sei.

Diese Gründe vermögen jedoch unter Beachtung der Besonderheiten des Einzelfalles die Übertragung nicht zu rechtfertigen. Denn die Jugendkammer hat den Verurteilten zuletzt in der Berufungshauptverhandlung gesehen und ihm aufgrund des persönlichen Eindrucks und der nunmehr gezeigten positiven Entwicklung in Abänderung der amtsgerichtlichen Entscheidung eine günstige Prognose gestellt. Damit besitzt sie im Vergleich zum Amtsgericht zum einen eine größere Entscheidungsnähe, zum anderen aber auch die aktuelleren Kenntnisse der Persönlichkeit des Verurteilten.

Auch die Einheitlichkeit von Bewährungsentscheidungen ist hier deshalb nicht in Gefahr, da die von der Kammer in Bezug genommene Bewährungsüberwachung durch das Amtsgericht im Verfahren 66 Ls 401 Js 29153/03 wegen der erfolgten Einbeziehung nach § 31 Abs. 2 JGG nicht mehr weitergeführt wird. Vielmehr kann diese nun einheitlich von der Jugendkammer erfolgen.

Damit hat die Jugendrichterin die Übernahme zu Recht abgelehnt.

Ende der Entscheidung

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