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Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Urteil verkündet am 28.02.2002
Aktenzeichen: 4 U 2811/00
Rechtsgebiete: BGB, ZPO
Vorschriften:
BGB § 823 | |
BGB § 847 | |
ZPO § 256 |
2. Zum Umfang der Aufklärung bei einer Bandscheibenoperation (perkuntane Nukleotomie), wenn die Operation nur relativ indiziert ist.
3. Anforderungen an die Substantiierungspflichten im Arzthaftungsprozess.
Oberlandesgericht Dresden IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Aktenzeichen: 4 U 2811/00
Verkündet am 28.02.2002
In dem Rechtsstreit
wegen Forderung aus Arzthaftung
hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14.02.2002 durch Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Boie, Richterin am Oberlandesgericht Möhring und Richter am Landgericht Mularczyk
für Recht erkannt:
Tenor:
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 29.09.2000 (6 0 3609/00) wie folgt abgeändert:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 10 225,84 EUR (= 20 000,00 DM) nebst 4 % Zinsen seit 25.10.1999 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeden materiellen Schaden, der ihr aufgrund der Behandlung im in der Zeit vom 05.01. bis 06.06.1995 entstanden ist, und jeden materiellen und immateriellen Schaden, der ihr aufgrund dieser Behandlung künftig entstehen wird, zu ersetzen, soweit der Anspruch nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen ist.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
III. Die Kosten des ersten Rechtszugs hat die Beklagte zu tragen. Von den Kosten des zweiten Rechtszugs haben die Klägerin 25 % und die Beklagte 75 % zu tragen.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
V. Streitwert des Berufungsverfahrens: 20 451,68 EUR (= 40 000,00 DM).
Tatbestand:
Die Klägerin macht im Wege von Leistungs- und Feststellungsklage Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche wegen ärztlicher Behandlungsfehler und unterlassener Aufklärung gegen die Beklagte geltend.
Die Beklagte ist Trägerin des XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX, in das die Klägerin am 08.12.1994 zur stationären Behandlung eines vertebragenen, radikulären, lumbalen Schmerzsyndroms S 1 links aufgenommen wurde, nachdem sie seit Oktober 1994 unter Rückenschmerzen mit Ausstrahlung in das linke Bein gelitten und fünf Tage vor Krankenhausaufnahme ein Kribbeln im linken Fußrand verspürt hatte. Die Ärzte im Klinikum XXXXXXXXXXXXXX diagnostizierten einen Bandscheibenprolaps L 5/S 1 und behandelten zunächst konservativ. Unter dem 04.01.1995 ist in den Krankenunterlagen vermerkt, dass - nach Ausschöpfung der konservativen Therapie - mit der Klägerin ein Gespräch über eine Bandscheibenoperation (perkutane Nukleotomie L 5/S 1) sowie die Komplikationen (Infektion, Nerven-, Gefäßläsion, persistierendes Beschwerdebild) geführt worden und diese mit dem Eingriff einverstanden gewesen sei. Der besprochene Eingriff wurde am 05.01.1995 durchgeführt. Ab 08.01.1995 klagte die Klägerin über erhebliche Beschwerden, die eine Infektion vermuten ließen, die mit Antibiotika therapiert wurde. Nachweisbar war die Spondylodiszitis (Entzündung des Bandscheibenraums und der angrenzenden Wirbelknochen) erst am 21. postoperativen Tag mittels eines MRT. Des Weiteren wurde eine Spondylitis (Wirbelentzündung) diagnostiziert. Zur Ruhigstellung des entzündlich veränderten Wirbelkörpers sowie zur Entnahme von Knochenmaterial, um dieses mikrobiologisch zu untersuchen, wurde der Klägerin am 01.02.1995 eine weitere Operation an der Wirbelsäule und die Anlegung eines Fixateur externe vorgeschlagen. Nach Aufklärung über die Risiken (in den Krankenunterlagen dokumentiert: Gefäß- und Nervenverletzungen) und nach Einwilligung wurde sie noch am gleichen Tag operiert. Nach wenigen Tagen wurde sie mobilisiert und am 21.02.1005 in die ambulante Behandlung entlassen. Am 06.06.1995 wurde der Fixateur abgenommen. Während des gesamten Zeitraums wurde die antibiotische Therapie fortgesetzt.
Die Klägerin hat vorgetragen:
Die Operation am 05.01.1995 sei nicht indiziert, die konservative Therapie nicht ausgeschöpft gewesen; die erforderlichen Befunde seien vor der Entscheidung zur Operation nicht eingeholt worden. Schonendere Therapien wie eine Chemonukleolyse oder die Laserdiskotomie hätten angewandt werden müssen. Vor den Operationen sei sie nicht auf Lähmungen, insbesondere auch nicht auf die Möglichkeit einer Querschnittslähmung, und die Gefahr einer Spondylodiscitis hingewiesen worden. Die Klägerin hätte sich bei ordnungsgemäßer Aufklärung vor der ersten Operation für die Fortsetzung der konservativen Therapie entschieden.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie ein Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe ins Ermessen des Gerichts gestellt werde, mindestens jedoch 20 000,00 DM, zuzüglich 5,5 % Zinsen seit Rechtshängigkeit;
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr allen bereits entstandenen und künftig entstehenden materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der im Zusammenhang mit der ärztlichen Behandlung vom 08.12.1994 bis zum 06.06.1995 im Städtischen Krankenhaus XXXXXXXXX entstanden ist und noch entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen:
Sowohl die konservative Behandlung als auch die perkutane Nukleotomie seien regelrecht erfolgt; die Bandscheibenoperation sei indiziert gewesen. Die Klägerin sei vor beiden Operationen ordnungsgemäß aufgeklärt worden. Einen Entscheidungskonflikt habe die Klägerin nicht plausibel dargelegt.
Das Landgericht hat die Zeuginnen Frau (Bl. 85-86) und Frau (Bl. 192-193) zur Frage der Aufklärung vernommen und zur Frage des Behandlungsfehlers ein schriftliches Sachverständigengutachten von Prof. (Bl. 112-163) eingeholt und diesen mündlich sein Gutachten erläutern lassen (Bl. 193-194). Nach Durchführung der Beweisaufnahme hat das Landgericht die Klage durch Urteil vom 29.09.2000 abgewiesen und zur Begrüdnung ausgeführt: Die Klägerin habe das Vorliegen eines Behandlungsfehlers nicht bewiesen. Auch sei sie vor den Operationen ausreichend durch die Zeuginnen und aufgeklärt worden (Bl. 225-242). Hiergegen richtet sich die frist- und formgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin.
Sie trägt vor:
Die Beklagte habe die konservative Therapie vorzeitig abgebrochen. Die Operation am 05.01.1994 sei nicht indiziert gewesen. Zur Begründung verweist sie auf die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Traumatologie und des Berufsverbandes der Ärzte für Orthopädie vom 26.11.1998. Erforderliche Befunde seien nicht erhoben worden. Die örtliche Betäubung habe offenbar nicht ausgereicht, dies sei möglicherweise ein Behandlungsfehler. Ihr seien viel zu große Schrauben eingesetzt worden. Sie sei im Übrigen zu früh zur Nachbehandlung in die Obhut der Hausärztin entlassen worden. Die Dokumentation der Behandlung sei unzureichend, im Übrigen seien die Krankenunterlagen manipuliert. Die Aufklärung vor beiden Operationen sei nicht ausreichend gewesen. Unzureichend sei die Aufklärung über eine Infektion, ohne den Patienten über deren mögliche schwere Folgen zu belehren. Auf die Alternative einer konservativen Therapie sei sie nicht hingewiesen worden.
Sie beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie ein Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe ins Ermessen des Gerichts gestellt werde, mindestens jedoch 30 000,00 DM, zuzüglich 5,5 % Zinsen seit Rechtshängigkeit;
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihr allen bereits entstandenen und künftig entstehenden materiellen Schaden und allen künftig entstehenden immateriellen Schaden zu ersetzen, der im Zusammenhang mit der ärztlichen Behandlung vom 08.12.1994 bis zum 06.06.1995 im entstanden ist und noch entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte wiederholt und vertieft unter Bezugnahme auf das Sachverständigengutachten ihren erstinstanzlichen Vortrag.
Der Senat hat Beweis erhoben durch ergänzende Sachverständigengutachten von Prof. vom 07.03.2001 (Bl. 327-330) und von Prof. Dr. vom 19.12.2001 (Bl. 369-378) sowie durch Vernehmung der Zeugin (Protokoll vom 14.02.2002 Bl. 386-388).
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.
Entscheidungsgründe:
A.
Die Berufung ist zulässig und hat in der Sache zum Teil Erfolg.
I.
Leistungs- und Feststellungsklage sind zulässig, auch soweit die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für die in der Vergangenheit entstandenen materiellen Schäden begehrt wird. Allerdings fehlt es grundsätzlich an dem von § 256 ZPO geforderten rechtlichen Interesse an der Erhebung einer Feststellungsklage, wenn ein Kläger dasselbe Ziel mit einer Klage auf Leistung erreichen kann. Ihren vor Klageerhebung entstandenen materiellen Schaden hätte die Klägerin beziffern und mit der Leistungsklage geltend machen können. Trotz teilweiser Bezifferbarkeit des Schadens im Zeitpunkt der Klageerhebung ist das Feststellungsinteresse vorliegend jedoch zu bejahen, da sich der anspruchsbegründende Sachverhalt noch in der Entwicklung befindet. Ebensowenig wie ein Kläger gehalten ist, von einer zulässigen Feststellungsklage zur Leistungsklage überzugehen, wenn im Verlauf des Prozesses die Bezifferung des Schadens möglich wäre, soll er gezwungen sein, den vor der Klageerhebung liegenden Schaden zu beziffern, wenn die künftige Entwicklung noch nicht abzusehen ist und die Schadenshöhe ohnehin notfalls in einem weiteren Prozess geklärt werden müsste (so OLG Köln VersR 1992, 764 mit weiteren Hinweisen auf die Rspr.; vgl. OLG Hamm OLGR 1994, 175; OLG Saarbrücken OLGR 2001, 240). So liegt der Fall hier.
Dieser Lösung stehen Gründe der Prozesswirtschaftlichkeit nicht entgegen. Wäre die Feststellungsklage abgewiesen worden, hätte festgestanden, dass der Klägerin weder für die Vergangenheit noch für die Zukunft ein Ersatzanspruch zusteht. Können sich die Parteien nun, nachdem die Feststellungsklage Erfolg hat, hinsichtlich der Schadenshöhe nicht einigen, so ist in jedem Fall wegen des ab Rechtshängigkeit der Klage und für die Zeit nach Beendigung des Feststellungsverfahrens entstandenen bzw. noch entstehenden Schadens ein weiterer Prozess erforderlich, in dessen Rahmen auch über den in der Vergangenheit liegende Schaden mitentschieden werden kann (OLG Köln aaO.).
Eine solche Verfahrensweise entspricht der Rechtswirklichkeit bei der Abwicklung von Arzthaftungsprozessen. Der geschädigte Patient will in einem ersten Prozess die Haftung dem Grunde nach festgestellt wissen, verbunden mit der Klage auf Zahlung von Schmerzensgeld, im Übrigen zu Recht darauf vertrauend, dass wegen des materiellen Schadens nach rechtskräftiger Verurteilung mit den hinter den Krankenhäusern und Ärzten stehenden Versicherern eine Einigung gefunden werden kann (vgl. BGH NJW 1984, 1118, 1119; OLG Braunschweig NJW-RR 1994, 1447).
II.
Allerdings haftet die Beklagte der Klägerin weder für materielle Schäden aus dem Krankenhausaufnahmevertrag und unerlaubter Handlung, § 823 Abs. 1 BGB, noch für die immateriellen Schäden allein aus §§ 823, 847 BGB wegen eines Behandlungsfehlers. Die Klägerin hat den ihr obliegenden Beweis nicht erbracht, dass die Ärzte am Krankenhaus der Beklagten sie unter Verstoß gegen den medizinischen Standard des Jahres 1995 behandelt haben.
Beide Gutachter, sowohl Prof. als auch Prof. Dr. , kommen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass ein Behandlungsfehler nicht ersichtlich ist.
Das Gutachten von Prof. Dr. greift die Klägerin nicht an. Es ist inhaltlich widerspruchsfrei und überzeugend. An der Sachkunde des Sachverständigen bestehen keine Zweifel. Die Angriffe der Klägerin gegen Prof. sind haltlos. Der Umstand, dass der Sachverständige an einer Universitätsklinik arbeitet, die ihren Sitz in der selben Stadt hat wie das Krankenhaus der Beklagten, gibt keinen Ansatz für die Annahme der Parteilichkeit. Prof. hat erstinstanzlich erklärt, den Operateur noch nie getroffen und von seiner Existenz bis zu diesem Prozess nicht gewusst zu haben. Auch sonst ergeben sich für eine Voreingenommenheit zu Lasten der Klägerin keine Hinweise. Allein der Vorschlag, obwohl kein Behandlungsfehler vorliege, möge das Gericht doch prüfen, ob der Klägerin nicht dennoch ein Schmerzensgeld zugebilligt werden könne, lässt ihren Vorwurf als nicht nachvollziehbar erscheinen. Seine schriftlichen Gutachten und seine Ausführungen während der Anhörung stehen auch nicht in Widerspruch zueinander, vielmehr sind sie insgesamt in sich widerspruchsfrei, fundiert und überzeugend. Zweifel an der Sachkunde von Prof. bestehen nicht, auch wenn er kein Orthopäde, sondern Neurologe ist. Der Sachverständige selbst hat seine Sachkunde bejaht; im Übrigen ist es gerichtsbekannt, dass sowohl Orthopäden als auch Neurologen und Neurochirurgen Wirbelsäulenerkrankungen behandeln und Behandlungen von bandscheibenbedingten Beschwerden begutachten.
1. Weder war es fehlerhaft, die am 08.12.1994 stationär begonnene konservative Therapie nicht weiterzuführen, noch fehlt es an einer Indikation zur Bandscheibenoperation am 05.01.1995.
Allerdings hat Prof. ausgeführt, aus heutiger neurologischer Sicht würde man die konservative Therapie etwa sechs Wochen fortsetzen. Insbesondere würde man heute nach Versagen der Antirheumatika und der Physiotherapie Infusionstherapien mit Schmerzmedikamenten, Antidepressiva oder Cortison vornehmen. Er hat jedoch deutlich gemacht, dass durchaus unterschiedliche Auffassungen über die Fortsetzung einer konservativen Therapie vertreten werden, ein allgemeingültiger bzw. anerkannter Maßstab mithin nicht vorliegt. Deswegen sei in dem Abbruch der konservativen Therapie gerade kein Behandlungsfehler zu sehen (Bl. 154) . In seiner erstinstanzlichen Anhörung hat der Sachverständige zu dieser Frage wörtlich ausgeführt: "Die konservative Therapie war ja nicht erst im Krankenhaus der Beklagten im Dezember 1994 begonnen worden, vielmehr ist die Klägerin vor der Aufnahme in das Krankenhaus bereits vier Wochen durch ihre Orthopädin erfolglos mit Tabletten und Spritzen behandelt worden. Wenn eine konservative Behandlung nicht zum Erfolg führt, muss irgendwann eine Entscheidung getroffen werden, wie weiter zu verfahren ist, insbesondere ob operiert oder die konservative Therapie fortgesetzt werden soll" (Bl. 193).
In diesem Sinne war die Bandscheibenoperation am 05.01.1995 indiziert. Die am 26.11.1998 verabschiedeten Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Traumatologie und des Berufsverbandes der Ärzte für Orthopädie (Bl. 282-289) sprechen nicht gegen die Richtigkeit dieser Feststellungen. Danach besteht zwar eine "absolute OP-Indikation nur bei Caudasyndrom, eine dringliche Indikation bei funktionell stark beeinträchtigenden oder zunehmenden Paresen" (Bl. 287), was Prof. im Übrigen bestätigt hat. Hiervon zu unterscheiden ist aber die sog. relative Indikation, die sich nicht nur aus dem Gutachten von Prof. , sondern aus den Leitlinien selber ergibt, die als allgemeine Indikationskriterien nennen: "Schmerzen, Leidensdruck, neurologische Symptomatik, Beschwerdepersistenz trotz konservativer Therapie".
Bei der Klägerin waren seit Oktober/November 1994 Rückenschmerzen mit Ausstrahlung in das linke Bein aufgetreten und fünf Tage vor Krankenhausaufnahme Kribbelparästesien im Bereich des linken lateralen Fußrandes. Die behandelnden Ärzte haben eine sensible Tangierung der S 1-Wurzel mit Kernreflexabschwächung und, dazu passend, in der Bildgebung eine Bandscheibenvorwölbung festgestellt (Bl. 155). Angesichts dieser Beschwerden und Befunde hat der Senat mit dem Sachverständigen keinen Anlass, an der (relativen) Indikation zur Operation zu zweifeln.
2. Behandlungsfehler bei Durchführung der ambulanten Therapie hat Prof. ebensowenig bestätigt wie bei der Erhebung der Befunde vor Durchführung der ersten Operation.
Allerdings hat er bemängelt, die Physiotherapie sei über Weihnachten nicht konsequent fortgesetzt worden (Bl. 154) . Auch hat er ausgeführt, er hätte als Neurologe zur Prüfung der Frage, ob überhaupt eine Operation durchgeführt werden soll, eine elektromyographische Untersuchung des S 1-Kernmuskels durchgeführt (Bl. 155 f.) . Er hat in der Unterlassung dieser Untersuchung und der Physiotherapie jedoch gerade keinen Behandlungsfehler gesehen, wie sich auch aus seiner abschließenden Bewertung ergibt. Aus seiner Einschätzung, es liege kein "grober Behandlungsfehler" vor (Bl. 163), kann nicht im Umkehrschluss auf die Annahme eines einfachen Behandlungsfehlers durch den Gutachter geschlossen werden. Dass der Sachverständige hiermit vielmehr zum Ausdruck bringen wollte, es liege nach seinem Dafürhalten überhaupt kein Behandlungsfehler, also auch kein leichter bzw. einfacher, vor, ergibt sich unzweifelhaft aus dem Gesamtzusammenhang seiner Ausführungen. Auch die Fortsetzung der konservativen Therapie bezeichnet er lediglich als nicht "grob" fehlerhaft, obwohl ein gewisses Zuwarten mit der Operation seiner Meinung nach nicht den geringsten Anlass zur Kritik geboten hätte. Die fälschliche Gleichsetzung einfacher und grober Behandlungsfehler unterläuft Sachverständigen nach der Erfahrung des Gerichts im Übrigen immer wieder, wenn sie dem erhobenen Vorwurf ärztlichen Fehlverhaltens entgegentreten.
Ebenso wenig verstieß die gewählte Operationsmethode der perkutanen Nukleotomie gegen ärztliche Standards, auch wenn diese Methode heute immer mehr verlassen wird und die Operateure sich immer mehr der mikrochirurgischen Technik und damit der unter Sichtkontrolle durchgeführten Bandscheibenoperation zuwenden. Prof. hat hierzu darauf hingewiesen, die perkutane Nukleotomie habe gerade zu Beginn der 90-er Jahre eine hohe Akzeptanz gehabt. Auch die MRT-Bilder sprachen nicht gegen diese Operationsmethode. Die offene Operation hat die Klägerin wegen der großen Narbenbildung abgelehnt (Bl. 156, 144).
Aus dem Auftreten der Spondylitis und der Spondylodiscitis als solchem kann nicht auf Fehler während der Operation geschlossen werden. Selbst bei sorgfältigster Operationstechnik und einwandfreien klinischen Bedingungen sind derartige Infektionen nicht immer auszuschließen, sondern stellen ein typisches Risiko dar, das sich (bezogen auf die Spondylodiscitis) immerhin in 1-2 % der Fälle verwirklicht (Prof. , Bl. 156, 328; Leitlinien, Bl. 287).
3. Die Behandlung der aufgetretenen Infektion mit Antibiotika und mit Anlegung eines Fixateur externe war nicht fehlerhaft. Dies stellen sowohl Prof. (Bl. 158 f., 161 f., 194) als auch Prof. (Bl. 376) übereinstimmend fest. Die Klägerin, die in der Berufungsbegründung hat vortragen lassen, die Nachfolgeoperation am 01.02.1995 sei wegen der aufgetretenen Entzündung notwendig gewesen (Bl. 269), greift dies auch nicht an.
Die Montage des Fixateur externe war korrekt, wie Prof. überzeugend ausgeführt hat. Die erforderlichen Verlängerungsstäbe müssen die Haut weit genug überragen, damit die äußere Spannvorrichtung ohne jeden Kontakt zur Haut montiert werden kann. Nach Auswertung der Fotografien von dem Fixateur externe durch den Sachverständigen (Bl. 47) ist die Distanz von maximal 10 cm nicht zu beanstanden. Die Verlängerungsstäbe hätten maximal um 1 bis 2 cm kürzer ausfallen können, was aber für den Tragekomfort völlig unerheblich ist (Bl. 376 f.). Es kommt hinzu, dass der Sachverständige den Vortrag der Beklagten bestätigt hat, kürzere Verlängerungsstäbe seien zum damaligen Zeitpunkt als Standardanfertigung nicht auf dem Markt gewesen; Sonderanfertigungen hätten in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht hergestellt werden können und im Krankenhaus der Klägerin auch nicht vorrätig gehalten werden müssen (Bl. 375, 378).
4. Den Vorwürfen der Klägerin, "möglicherweise" sei die örtliche Betäubung nicht ausreichend gewesen, und sie sei zu früh entlassen worden, war nicht weiter nachzugehen. Auch unter Beachtung der geringen Anforderungen, die die Rechtsprechung an die Substantiierungspflichten eines Patienten im Arzthaftungsprozess stellt, ist dieses Vorbringen nicht ausreichend. Ein Fehler bei der örtlichen Betäubung wird nicht behauptet, sondern es wird nur eine Vermutung geäußert, ohne etwaige hieraus resultierende Beeinträchtigungen der Klägerin auch nur ansatzweise darzutun. Ähnliches gilt für die Rüge vorzeitiger Entlassung, die nicht einmal mit der bloßen Behauptung verbunden ist, die ambulante Nachsorge sei der stationären unterlegen gewesen.
5. Den erstinstanzlich erhobenen Vorwurf, es hätten an Stelle der perkutanen Nukleotomie andere Verfahren, nämlich die Chemonukleolyse oder die Laserdiskotomie, gewählt werden müssen, hat die Klägerin in zweiter Instanz nicht aufrechterhalten. Ihm ist Prof. im Übrigen eindeutig und überzeugend entgegengetreten (Bl. 156 f.) . Gleiches gilt für den Vorwurf, vor der Entscheidung zur ersten Operation hätte ein Neurologe hinzugezogen werden müssen. Dies war nach den mit der Berufung nicht angegriffenen Ausführungen von Prof. nicht erforderlich (Bl. 194).
6. Mit ihrer Rüge, die Krankenakten wiesen Dokumentationsmängel und Manipulationen auf, ist eine Haftung der Beklagten ebenfalls nicht zu begründen. Eine unzureichende bzw. manipulierte Dokumentation kann lediglich dazu führen, dass die Behandlungsseite die Beweislast über den Zustand des Patienten und die Behandlung trägt (Geiß/Greiner Arzthaftpflichtrecht 4. Aufl. Rdn. 202 ff.). Die Klägerin trägt nicht vor, welche Konsequenzen sie aus der unvollständigen bzw. angeblich manipulierten Dokumentation zieht. Sie behauptet keinen Sachverhalt, der einen Behandlungsfehler begründen könnte und dessen Nichtvorliegen die Beklagte aufgrund von Dokumentationsmängeln und angeblicher Manipulationen beweisen müsste.
Im Übrigen hat der Senat keine Anhaltspunkte, an der Vollständigkeit und Richtigkeit der Dokumentation zu zweifeln, wie auch Prof. keine Zweifel geäußert hat. Die Klägerin sieht die Manipulation darin, dass in ihrem Auszug der Krankenunterlagen die von Prof. genannten neurologischen Befunde vom 13. und 16.12.1994 nicht aufzufinden seien. Diese Befunde finden sich in dem Pflegebericht unter dem genannten Datum. Die Art und Weise der Darstellung (fortlaufender Text) lässt eine spätere Manipulation ausschließen. Dass im Operationsbericht allein der Name des Operateurs angegeben ist, die assistierenden Ärzte nicht genannt sind, ist schon deswegen unerheblich, weil sich diese Angaben aus der OP-Dokumentation ergeben.
III.
Die Beklagte haftet der Klägerin jedoch aufgrund von Aufklärungsmängeln.
1. Die Klägerin ist am 04.01.1995 vor der ersten Operation nicht hinreichend über die Tragweite des Eingriffs, die bestehenden Risiken und über die Möglichkeit der Fortsetzung der konservativen Therapie aufgeklärt worden. Ihre auf dieser unzureichenden Aufklärung beruhende Einwilligung in die Operation war deswegen unwirksam, was zur Folge hat, dass der Eingriff rechtswidrig ist und die Beklagte für dessen Folgen haftungsrechtlich einzustehen hat.
a) Ein Patient kann nur dann wirksam in eine Behandlung einwilligen, wenn er vom Arzt ausreichend über den Eingriff überhaupt und seine Tragweite, über echte Behandlungsalternativen und über die eingriffsspezifischen Risiken aufgeklärt wird. Diesen Anforderungen entspricht die der Klägerin vor der Operation am 04.01.1995 gewährte Aufklärung nicht.
Zu den typischen Gefahren einer perkutanen Nukleotomie zählt neben den Risiken von Infektion, Nerven- und Gefäßläsion sowie persistierendem Beschwerdebild (vgl. die Risikobeschreibung in den Leitlinien, Bl. 287) auch die Spondylodiszitis, an der die Klägerin erkrankt ist. Dies belegen sowohl die Leitlinien als auch das im 2. Rechtszug eingeholte Ergänzungsgutachten von Prof. (Bl. 328). Über die Spondylodiszitis als Unterfall einer Infektion muss nicht gesondert aufgeklärt werden, wenn dem Patienten nur allgemein die Tragweite dieses Risikos vor Augen geführt wird, da der Arzt kein medizinisches Detailwissen vermitteln, sondern nur "im großen und ganzen" über Chancen und Risiken der Behandlung aufklären muss (so BGH NJW 2000, 1784, 1786).
Über die Tragweite des Risikos, sich als Folge der Bandscheibenoperation zu infizieren, wurde die Klägerin nicht aufgeklärt. Der unstreitig erfolgte Hinweis von Frau auf die Möglichkeit einer Infektion, ohne das mögliche Ausmaß der Entzündung gegenüber der Klägerin zu verdeutlichen (Bl. 86), genügte angesichts der von Porf. geschilderten möglichen Folgen und der bei der Klägerin tatsächlich eingetretenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht, ihr ein zutreffendes Bild über die Bedeutung der Operation zu vermitteln. Die Spondylodiszitis kann - so Prof. - trotz Behandlung zur Invalidität (bis zur Querschnittslähmung) führen (Bl. 329). Ohne Behandlung sind Meningitis (Rückenmarks- und Hirnhautentzündung), Radikulitis (Entzündung der Nervenwurzeln mit Lähmungen) sowie im schlimmsten Fall Querschnittslähmung mit schlaffer Lähmung sowie Verlust der Kontrolle über Blase und Mastdarm unausweichlich (Bl. 328-329). Der Senat sah keinen Anlass, aufgrund der zweitinstanzlichen Aussage von Frau an diesen klaren Feststellungen von Prof. zu zweifeln; die Zeugin hat eingeräumt, ohne dass dies protokolliert worden wäre, dass die Entzündung auch auf andere Bereiche hätte übergreifen und dann - wenn auch in ganz seltenen Fällen - doch zu schwerwiegenden Beeinträchtigungen hätte führen können.
Da der Arzt dem Patienten nur ein allgemeines Bild von dem Eingriff und den Risiken vermitteln muss, hätte es ausgereicht, wenn Frau die Klägerin allgemein oder im Zusammenhang mit dem Risiko der Nervenverletzung über das Risiko von Lähmungen bis zur Querschnittslähmung aufgeklärt hätte (so auch OLG Oldenburg VersR 1990, 742). Doch hat eine solche Aufklärung ebenfalls nicht stattgefunden. Frau hat vor dem Senat ausgesagt, über die Möglichkeit einer Querschnittslähmung als Folge einer Nervenverletzung sei nicht aufgeklärt worden, weil ein solches Risiko bei der konkret durchgeführten Operation gerade nicht bestanden habe. Über eine Lähmungsgefahr wurde im Aufklärungsgespräch allerdings unstreitig gesprochen; der Senat hat sich aufgrund der Aussage von Frau jedoch davon überzeugt, dass der Einwand der Klägerin zutrifft, ihr sei dieses Risiko nicht näher erläutert worden (Bl. 144). Die Zeugin hat - ohne dass dies protokolliert worden wäre - lediglich harmlose Lähmungserscheinungen geschildert.
Insgesamt hat der Senat aufgrund der Beweisaufnahme die Überzeugung gewonnen, dass gegenüber der Klägerin die Tragweite der Operation und ihre Risiken verharmlost worden sind. Die Zeugin hat bestätigt, das Augenmerk letztlich nur auf das "persistierende Beschwerdebild" gelenkt zu haben. Trotz der dokumentierten Erwähnung anderer Risiken liegt hierin eine Verharmlosung. Denn auf diese Weise hat die Zeugin den Eindruck vermittelt, als sei nach menschlichem Ermessen allenfalls zu befürchten, dass die Operation zu keiner Verbesserung des Status quo führt. Wie die Klägerin bei ihrer Anhörung glaubhaft angegeben hat, hat sie die Aufklärung auch genau in diesem Sinn verstanden und sich unter einer Infektion nichts weiter als eine Hautreizung vorgestellt.
Diesem Ergebnis kann nicht entgegengehalten werden, dass nach der Rechtsprechung des BGH allgemeine Operationsrisiken, wie sie mit jedem Eingriff oder mit einem Eingriff der konkret in Betracht stehenden Schwere regelmäßig verbunden sind - das sind: Wundinfektion, Verletzungen von Nerven und Gefäßen, Narbenbruch, Nachblutungsgefahr, Thrombose und Embolie -, im Regelfall als bekannt vorausgesetzt werden dürfen, es sei denn, der Patient halte den Eingriff ersichtlich für ganz ungefährlich (vgl. hierzu Geiß/Greiner Arzthaftpflichtrecht 4. Aufl. C Rdn. 47 unter Hinweis auf die Rspr.) . Die Spondylodiszitis stellt nach Auffassung des Senats kein allgemeines Operationsrisiko, sondern ein spezifisches Risiko der Bandscheibenoperation dar. Sie birgt die Gefahr, dass sich die Beschwerden, wegen derer sich der Patient der Operation unterzieht, verschlimmern. Damit rechnet ein medizinischer Laie nicht und zieht dies in seine Überlegungen, ob er die Operation durchführen lassen soll, regelmäßig nicht ein. Dies gilt umso mehr, wenn die Indikation zur Operation nur relativ ist, die Möglichkeit der Fortsetzung einer konservativen Therapie jedenfalls eine echte Behandlungsalternative dargestellt hätte. Hier hätte der Klägerin dieses Risiko der Verschlimmerung der Beschwerden zumindest im Ansatz vor Augen geführt werden müssen.
Verstärkt wird die Verharmlosung der Risiken auf der anderen Seite dadurch, dass die Klägerin nicht auf die Möglichkeit der Fortsetzung der konservativen Therapie hingewiesen worden ist. In den Krankenunterlagen ist als Indikation zur Operation vermerkt, die konservative Therapie sei ausgeschöpft. Frau hat vor dem Senat bestätigt, sich in diesem Sinne ihrer - und Prof. - festen Überzeugung entsprechend gegenüber der Klägerin geäußert zu haben. Mit dieser Erklärung wurde ihr nicht deutlich gemacht, dass die Fortsetzung der Therapie eine echte Behandlungsalternative gewesen wäre, über die hätte aufgeklärt werden müssen (BGH NJW 2000, 1788, 1789).
Aus dem Gutachten von Prof. ergibt sich, dass zumindest aus heutiger Sicht am 05.01.1995 nur eine relative Indikation gegeben war und die konservative Therapie durch Einsatz starker Schmerzmittel und Verabreichung von Cortison hätte fortgesetzt werden können. Dies galt auch schon in den Jahren 1994/95. Eine zwingende oder dringliche Indikation zur Operation bestand, wie sich aus dem Gutachten von Prof. ergibt, auch 1994/95 nicht. Dass die Beschwerden, wie sie bei der Klägerin 1994/95 vorlagen, in dieser Zeit zunächst konservativ behandelt wurden, ist zwischen den Parteien unstreitig. Ebenso unstreitig ist zwischen ihnen, dass es auch 1994/95 keinen festen Zeitpunkt gab, bis zu dem die konservative Behandlung und ab dem nur noch ein operatives Vorgehen indiziert war, vielmehr waren beide Behandlungsalternativen über einen gewissen Zeitraum gleichermaßen indiziert. In diesem Sinne hat sich Prof. in seiner Anhörung vor dem Landgericht - bezogen auf 1995 - geäußert. Dem für Arzthaftungssachen zuständigen Senat ist dies auch aus anderen Rechtsstreitigkeiten bekannt. Ergänzend wird auf eine Entscheidung des BGH (NJW 2000, 1788) verwiesen, wonach es schon für das Jahr 1990 Hinweise in Gutachten und Literatur auf eine konservative Therapie als echte Alternative zur Bandscheibenoparation (Teilhemilaminektomie bei Bandscheibenprolaps L 5/S 1) gegeben hat. Letztlich bestreitet die Beklagte nicht, dass die Klägerin auch konservativ hätte weiterbehandelt werden können. Ihre Behauptung, hierüber aufgeklärt zu haben, lässt sich nicht anders deuten.
b) Der Senat ist von der Kausalität zwischen den Aufklärungsversäumnissen und der Entscheidung zur Operation überzeugt. Die Klägerin hat sich aufgrund der unzulänglichen Aufklärung zur Operation entschlossen. Dem kann die Beklagte nicht entgegenhalten, die Klägerin hätte dem Eingriff auch bei zureichender Aufklärung zugestimmt. Die Klägerin hat erklärt, sie hätte die konservative Therapie fortgesetzt, wenn sie hinreichend über die Risiken der Operation belehrt worden wäre. Dieser Vortrag erscheint dem Senat im Hinblick darauf, dass lediglich eine relative Indikation zur Operation bestand, plausibel.
2. Wegen weiterer Aufklärungsfehler haftet die Beklagte nicht. Eine möglicherweise unzureichende Aufklärung vor der zweiten Operation hat sich auf die Entscheidung der Klägerin nicht ausgewirkt. Sie hat nicht plausibel dargelegt, dass sie sich anders entschieden hätte, wenn sie ausreichend aufgeklärt worden wäre. Die Behandlung der Spondylodiscitis war zwingend und dringlich indiziert. Nach Prof. gab es theoretisch vier Behandlungsmethoden: Nämlich die operative Entfernung des entzündeten Materials; die Anbringung eines Fixateur externe, eines im Körper untergebrachten Fixateurs und die Behandlung in einem Gipsbett. Nachdem er zunächst wohl eher die Behandlung im Gipsbett favorisiert hatte, hat er in seiner Anhörung deutlich gemacht, dass nach Auftreten der Infektion zur Behandlung mit dem Fixateur externe keine ernsthafte Alternative bestand. Dann aber hatte die Klägerin angesichts der Schwere der Erkrankung und der Dringlichkeit der Behandlung keine andere Wahl, als sich operieren zu lassen oder schwerste Folgen in Kauf zu nehmen. Der Vortrag der Klägerin, sie hätte die Behandlung andernorts durchführen lassen, erscheint unter diesen Umständen nicht plausibel.
3. Zum Ausgleich des immateriellen Schadens hält der Senat ein Schmerzensgeld in Höhe von 10 225,84 EUR = 20 000,00 DM für angemessen und ausreichend, auch unter Berücksichtigung der in vergleichbaren Fällen ergangenen Schmerzensgeldentscheidungen. So hat das OLG Düsseldorf (NJW-RR 1994, 1503) Schmerzensgeld in dieser Höhe bei einer Aufklärungspflichtverletzung nach dem Versuch des Einrenkens eines Halswirbels zugesprochen, der zu einem Wallenberg-Syndrom (Schwindel, Übelkeit, Sehstörung und Gangunsicherheit) geführt hat. Das OLG Stuttgart (VersR 1998, 637) hat Schmerzensgeld in eben dieser Höhe bei einem Aufklärungsfehler wegen Verschlechterung der Situation an der Bandscheibe nach Chirotherapie mit einem Bandscheibenvorfall als Vorschaden und mehrwöchiger Bettruhe und Stützkorsett als Folge ausgeurteilt. Das OLG Frankfurt (NVersZ 1999, 144) hat einem Patienten nach einem Behandlungsfehler (Übersehen einer Wirbelkörperfraktur), der die Behandlung um vier Monate verzögert und zu vermeidbaren Schmerzen geführt hat, ebenfalls Schmerzensgeld in Höhe von 20 000,00 DM gewährt, allerdings maßgeblich schmerzensgelderhöhend die zögerliche Regulierung des Schadens berücksichtigt.
Bei der Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes berücksichtigt der Senat die Durchführung von zwei Operationen und die Gefährlichkeit der als Komplikation aufgetretenen Spondylodiszitis, die trotz Behandlung zu schwerwiegenden und dauernden Gesundheitsbeeinträchtigungen führen kann und auch geführt hat. Prof. hat neben dem Fortbestehen des Grundleidens eine Klopf- und Druckschmerzhaftigkeit im Bereich der Lendenwirbelsäule und des Kreuzbeines, eine Abschwächung des linken Achillessehnenreflexes, ein positives Lasegue- und Bragard-Zeichen, eine eingeschränkte Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule und leichte Vernarbungen festgestellt (Bl. 149-152, 160; 373-374). Beide Sachverständigen haben übereinstimmend ausgeführt, dass die heute noch bei der Klägerin festzustellenden Beschwerden zumindest auch auf die Operation vom 05.01.1995 und die sich anschließende Komplikation zurückzuführen sind, auch wenn die Grunderkrankung ebenso ursächlich ist; Prof. hat den Anteil der Operationsfolgen an den Beeinträchtigungen auf 50 % geschätzt (Bl. 329; 376).
Daneben hat der Senat die Dauer der Erkrankung - der Fixateur externe wurde der Klägerin erst im Juni 1995 abgenommen; sie musste ihn vier Monate lang ertragen - und insbesondere die Beeinträchtigung der Lebensqualität durch den Fixateur externe in die Überlegungen eingestellt. Schon die Bilder von diesem Fixateur belegen, dass die Lebensführung hierdurch stark eingeschränkt ist, insbesondere auch erhebliche Probleme beim Liegen auftreten, was nicht nur die Klägerin plastisch und nachvollziehbar geschildert hat, sondern auch von Prof. bestätigt wird (Bl. 377) .
4. Die Feststellungsklage ist begründet. Die Rechtsprechung stellt an die Zuerkennung eines Anspruchs auf Feststellung zukünftiger Schäden (berechnet ab Zustellung der Klage) stets maßvolle Anforderungen. Es genügt, dass eine nicht eben entfernt liegende Möglichkeit künftiger Verwirklichung der Schadensersatzspflicht besteht (vgl. etwa BGH NJW-RR 1989, 1367; VersR 1967, 256, 257) . Solche Schäden liegen hier auf der Hand, da aufgrund der Gutachten von zumindest auch auf die Behandlung zurückzuführenden Dauerschäden auszugehen ist. Nichts anderes gilt für die bereits vor Klageeinreichung entstandenen Schäden.
IV.
Die Klägerin kann Prozesszinsen in Höhe von 4 % aus dem Schmerzensgeldbetrag ab Rechtshängigkeit am 25.10.1999 nach §§ 291, 288 BGB a.F. verlangen. Für einen höheren Zinsausspruch fehlt es an Vortrag.
B.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Schutzanordnungen nach § 713 ZPO entfallen, da gegen die Entscheidung ein Rechtsmittel nicht zulässig ist, § 543 Abs. 1 ZPO n.F., § 26 Nr. 8 EGZPO. Der Streitwert wurde gemäß § 3 ZPO festgesetzt, wobei 15 338,76 EU = 30 000,00 DM unter Berücksichtigung der Angabe des entsprechenden Mindestbetrages auf den Schmerzensgeldantrag und 5 112,92 EUR = 10 000,00 DM auf die Feststellungsklage entfallen.
Der Schriftsatz der Klägerin vom 21.02.2002, eingegangen am 25.02.2002, bietet keinen Anlass zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
Ende der Entscheidung
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