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Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Urteil verkündet am 30.07.2003
Aktenzeichen: 6 U 1/03
Rechtsgebiete: ZGB, VZOG, KVG, BGB, ZPO, GKG
Vorschriften:
ZGB § 275 | |
ZGB § 276 | |
VZOG § 11 | |
KVG § 1 Satz 1 | |
KVG § 2 | |
KVG § 2 Abs. 1 e | |
BGB § 260 Abs. 1 | |
BGB § 419 | |
BGB §§ 662 ff. | |
BGB § 666 | |
BGB § 681 Satz 2 | |
BGB § 687 Abs. 2 | |
BGB § 687 Abs. 1 | |
BGB § 810 | |
ZPO § 3 | |
ZPO § 97 Abs. 1 | |
ZPO § 533 | |
ZPO § 543 Abs. 2 | |
ZPO § 543 Abs. 2 Nr. 1 | |
ZPO § 708 Nr. 10 | |
ZPO § 711 | |
GKG § 14 | |
GKG § 12 |
2. Die neu gegeründeten Kommunen sind weder Gesamtrechtsanchfolger des ehemaligen Rats der Gemeinde, der Stadt oder des Kreises in ihrem Gebiet noch der bis 1957 dort existenten Gebietskörperschaft.
Oberlandesgericht Dresden IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Aktenzeichen: 6 U 1/03
Verkündet am 30.07.2003
In dem Rechtsstreit
wegen Auskunft und Rechenschaftslegung
hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 09.07.2003 durch
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Dresden vom 03.12.2002 - Az.: 5 O 697/02 - wird auf ihre Kosten
zurückgewiesen.
2. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten der Beklagten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i. H. v. 4.500,00 Euro abwenden, wenn nicht die Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Den Parteien wird nachgelassen, die Sicherheitsleistung durch selbstschuldnerische, schriftliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Sparkasse oder Bank zu erbringen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Beschluss:
Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird auf 40.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Es wird auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Landgerichts Dresden vom 03.12.2002 - Az.: 5 O 697/02 - Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Die Klägerin trägt in der Berufungsinstanz ergänzend vor:
Soweit das Landgericht Dresden einen Auskunftsanspruch der Beklagten mit der Begründung, dass die Beklagte nicht Schuldnerin von Verbindlichkeiten der Stadt D vor 1990 sei, und es damit an der Passivlegitimation fehle, verneint habe, sei dies falsch. Insbesondere gelte dies für die Annahme, dass die Stadt D spätestens seit 1957 beseitigt gewesen sei und rechtlich nicht mehr bestanden hätte.
Weder durch das "Gesetz über die weitere Demokratisierung des Aufbaus und der Arbeitsweise der staatlichen Organe in den Ländern der DDR" vom 23.07.1952 noch durch das "Gesetz über die örtlichen Organe der Staatsmacht" vom 18.01.1957 seien die Städte und Gemeinden in der DDR beseitigt worden. Diese Vorschriften hätten auch nicht zu einem Wegfall der Rechtsfähigkeit und zu einer Einbuße der Selbstständigkeit als Gebietskörperschaften geführt. Durch die Vorschriften sei vielmehr nur in die Selbstverwaltung der Städte und Gemeinden eingegriffen worden. Selbstverwaltung und Rechtsfähigkeit seien aber unterschiedliche Begriffe, die nicht verwechselt werden dürften und deren Gleichsetzung ausgeschlossen sei. Insbesondere dürften die "institutionelle Rechtssubjektsgarantie" als Bestandsschutz für die Rechtsfähigkeit der Gemeinden und die "objektive Rechtsinstitutsgarantie" als Zusicherung kommunaler Selbstverwaltung nicht gleichgesetzt werden, weil diese mit ihnen konkretisierten Rechtsgüter völlig verschieden seien und keine Abhängigkeitsbeziehung bestünde. Demgemäß setze Rechtsfähigkeit nicht voraus, dass die Selbstverwaltung garantiert oder zumindest möglich sei. Die Rechtsfähigkeit von Gebietskörperschaften sei völlig unabhängig von der Selbstverwaltungskompetenz. Im Übrigen sei die Selbstverwaltung der Kommunen in der DDR auch nicht restlos aufgehoben gewesen.
Die Annahme, dass es in der DDR seit 1957 keine rechtsfähigen Städte mehr gegeben habe, sei auch mit der Verfassung der DDR unvereinbar. Eine Verankerung der Städte und Gemeinden in der Verfassung der DDR habe von Anfang an bestanden (Art. 139 Verfassung 1949). Auch in Art. 41 Verfassung 1968 und 1974 seien die Städte und Gemeinden als "verantwortliche Gemeinschaften" bezeichnet worden. Ihnen sei die Verpflichtung auferlegt worden, "die notwendigen Bedingungen für eine ständige bessere Befriedigung der materiellen, sozialen, kulturellen und sonstigen gemeinsamen Bedürfnisse der Bürger" zu gestalten. Lediglich die Selbstverwaltungsgarantie der Städte und Gemeinden sei ab 1968 entfallen.
Das Landgericht Dresden könne sich für seine Auffassung auch nicht auf die von ihm zitierten Meinungen in DDR-Publikationen berufen, da diese nicht von den gesetzlichen Regelungen ausgingen. Schon die Darstellungen der Gesetzesinhalte seien falsch und würden nicht von den Gesetzestexten gedeckt werden. Sie seien daher für die Erkenntnis, was der DDR-Gesetzgeber habe erreichen wollen, unbrauchbar.
Auch aus dem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 04.11.1994, Az.: LwZR 12/93 (BGHZ 127, 285), ergebe sich nichts Gegenteiliges. Der Bundesgerichtshof habe den genannten Gesetzen nur Auswirkungen für die "eigenverantwortliche kommunale Selbstverwaltung" zugeschrieben, die der "Staatsrechtslehre" der DDR fremd gewesen sei. Die Klageabweisung beruhe daher nicht auf der Annahme eines Wegfalls der Städte und Gemeinden als juristische Personen.
Auch die vom Landgericht Dresden erwähnten Gesetze von 1990, mit denen die finanzielle Ausstattung von Gemeinden und Städten in der DDR unmittelbar vor dem Beitritt geregelt worden sei, könnten nicht als Beleg dafür herangezogen werden, dass die Städte und Gemeinden vorher nicht mehr rechtsfähig, sondern beseitigt gewesen seien. Die Gesetze seien vielmehr unerlässlich gewesen, weil mit der Wiederkehr der kommunalen Selbstverwaltung die Städte und Gemeinden künftig Aufgaben in eigener Verantwortung hätten übernehmen müssen, deren Finanzierung ihnen hätte ermöglicht werden müssen.
Im Übrigen ergebe sich auch aus der gesamten verwaltungs- und verfassungsrechtlichen Literatur seit 1990 keine einzige Äußerung zu der in der DDR angeblich erfolgten Beseitigung von Gebietskörperschaften.
Da demnach zwischen der Stadt D vor und nach 1990 Identität bestehe, auf die sich die Beklagte, die zu DDR-Zeiten auch Städtepartnerschaften eingegangen sei, im Hinblick auf das Gedenken an ihr Bestehen seit 800 Jahren selbst berufe, sei bereits der Ansatzpunkt des Landgerichts Dresden, die Beklagte sei nicht Rechtsnachfolgerin für Verbindlichkeiten, die ihr gegenüber vor 1990 bestanden hätten, fehlerhaft.
Im Übrigen bestünde auch für eine 1990 wieder erstandene Stadt D eine Auskunftsverpflichtung, da die Zwangsaufhebung der Klägerin im Januar 1960 nicht wirksam geworden sei. Folglich seien die Forderungen der Klägerin nicht zu Eigentum des Volkes und eine Übertragung der Forderungen in die Rechtsträgerschaft der Stadt D unmöglich gewesen. Damit habe die Beklagte die Forderungsverwaltung auch über das Jahr 1960 ausschließlich für die Klägerin fortgesetzt, so dass letztere Auskunft auf der Grundlage des bis 1997 fortbestehenden Auftrags- und Treuhandverhältnisses fordern könne (§ 666 BGB).
Darüber hinaus bestehe, wenn man von einer Vertragsfortführung nicht ausgehe, aus diesen Gründen zumindest ein Anspruch aus GoA, auf den sich die Klägerin hilfsweise berufe. Hierbei spiele nicht die geringste Rolle, dass der Fremdgeschäftsführungswille der Beklagten auf eine Geschäftsführung für das Volk gerichtet gewesen sei, weil nur das Wissen und die Bereitschaft zählten, Aufgaben für einen Dritten zu besorgen.
Des Weiteren bestünde eine Auskunftspflicht aus dem Gesichtspunkt der Funktionsnachfolge. Denn die Beklagte habe über 1990 hinaus Zahlungen auf Stiftungsforderungen entgegengenommen und ihr zugeflossene Beträge verwaltet, Buchungen aus der Zeit vor 1990 weitergeführt, Bewilligungen für Grundbucheintragungen erteilt und Forderungsverzichte zugestanden.
Darüber hinaus komme ein Auskunftsanspruch aus entsprechender Anwendung des § 810 BGB in Betracht. Denn die Beklagte bewahre bis zum heutigen Tage Hunderte von Akten auf, die belegten, wie das Stiftungsvermögen über viele Jahre hinweg verwaltet worden sei und welche Einnahmen aus dem Vermögen geflossen seien. Diese Akten seien nach den Erinnerungen ehemaliger Mitarbeiter der Beklagten vollständig erhalten.
Letztlich beruhe die Weigerung der Beklagten, Auskunft zu erteilen, darauf, dass sie sich jeglicher Verantwortung für ihr Tun und Unterlassen aus der Zeit vor 1990 generell entziehen und nicht auf Schadensersatz wegen Untreue in Anspruch genommen werden wolle.
Die Klägerin beantragt in der Berufungsinstanz:
In Abänderung des am 03.12.2002 verkündeten Urteils des Landgerichtes Dresden - Geschäftszeichen 5-O-0697/02 - wird die Berufungsbeklagte verurteilt, über den Bestand aller von ihr ab dem 01.01.1934 bis zum 31.12.2001 verwalteten Forderungen der Berufungsklägerin Auskunft zu erteilen und Rechenschaft über die Verwaltung insgesamt zu legen.
Die Beklagte beantragt in der Berufungsinstanz:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und trägt in der Berufungsinstanz ergänzend vor:
Die Stadt D habe spätestens mit dem Gesetz vom 18.01.1957 zu existieren aufgehört, so dass auf jeden Fall zu diesem Zeitpunkt das Treuhandverhältnis beendet worden sei. Aufgrund dessen komme es auf die Nichtigkeit der Auflösung der Klägerin im Jahr 1960 nicht an.
Die Auffassung der Klägerin, dass durch die genannten Gesetze nur das Recht der Stadt D auf Selbstverwaltung beschnitten worden sei, deren Rechtsfähigkeit aber weiter bestanden habe, widerspreche den grundlegenden Strukturprinzipien der DDR, nämlich der Gewalteneinheit und des demokratischen Zentralismus. Nach dem Organisationsprinzip des sogenannten demokratischen Zentralismus seien die Räte der Städte und Gemeinden auf der örtlichen Ebene Organe des Staatsapparates gewesen. Mit der hierarchischen Durchstrukturierung des Einheitsstaates wäre es aber unvereinbar gewesen, außerhalb dieser hierarchischen Struktur eigenständige Rechtssubjekte auf kommunaler Ebene in Form von Gebietskörperschaften zuzulassen. Nach 1957 sei die Stadt D nur noch als politisch-geografischer Teil des Einheitsstaates in Erscheinung getreten, nicht jedoch sei sie eigenständige Trägerin von Rechten zur Ausübung kommunaler Verwaltungstätigkeit gewesen. Dies komme auch in den vom Landgericht Dresden zitierten Gesetzen und Litarturstellen, welche im Übrigen das Selbstverständnis der DDR von der Verfassungswirklichkeit widerspiegelten, zum Ausdruck.
Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus den zu DDR-Zeiten geschlossenen "Städtepartnerschaften". Bei der Unterzeichnung habe der Oberbürgermeister ausschließlich in seiner Funktion als Vorsitzender des Rates der Stadt D bzw. zuvor als Vertreter der Stadtverordneten der Stadt D gehandelt. Er habe mithin als Vertreter einer Untergliederung des Zentralstaates der DDR unterzeichnet. Anders wäre es auch nicht zu erklären, dass nach der Wende die zu DDR-Zeiten geschlossenen "Städtepartnerschaften" - unstreitig - erneuert worden wären.
Hätten die Städte und Gemeinden nicht aufgehört zu existieren, hätte es auch nicht des Gesetzes über die Gemeinden und Landkreise vom 07.05.1990 (Kommunalverfassung) und des Gesetzes über das Vermögen der Gemeinden, Städte und Landkreise vom 06.07.1990 (Kommunalvermögensgesetz) bedurft.
Die Auffassung der Klägerin würde auch nicht durch die Verfassungen der DDR gestützt werden. Auch wenn Art. 41 der Verfassung von 1968 und 1974 von eigenverantwortlichen Gemeinschaften spreche, dürfe nicht übersehen werden, dass faktisch und schließlich auch von der Verfassung und den nach 1952 erlassenen Gesetzen gedeckt die Städte und Gemeinden aufgehört hätten zu existieren. Ihr Vermögen sei in Eigentum des Volkes übergegangen. Rechte und Befugnisse auf dem Gemeingebiet seien seitdem durch die örtlichen Organe der Staatsmacht, insbesondere durch den Rat der Stadt bzw. der Gemeinde, ausgeübt worden. Zudem wären die Gebietskörperschaften handlungsunfähig gewesen, weil sie keine Organe mehr besessen hätten, die für sie hätten handeln können.
Im Übrigen sei der Bundesgesetzgeber in der Begründung zu § 11 VZOG selbst davon ausgegangen, dass die öffentlichen Körperschaften neu gegründet worden seien. Maßgeblich sei insoweit nicht nur der Gesetzeswortlaut, sondern auch der Wille des Gesetzesgebers im Rahmen der historischen Auslegung.
Ein Anspruch aus GoA bestehe schon wegen § 687 Abs. 1 BGB nicht. Die örtlichen Organe der Staatsgewalt auf dem Gebiet der Stadt D seien stets von der Rechtsmäßigkeit der Zwangsaufhebung der Klägerin im Jahre 1960 ausgegangen. Ebenfalls seien sie stets davon ausgegangen, das seinerzeitige Vermögen der Klägerin als Rechtsträger für das Eigentum des Volkes zu verwalten. Bei der Forderungsverwaltung seien sie daher stets davon ausgegangen, eigene Geschäfte zu führen.
Eine Haftung aus Funktionsnachfolge komme bereits wegen der Subsidiarität dieses Rechtsinstitutes nicht in Betracht und könne im Übrigen nur solche Ansprüche betreffen, die aus einer rechtsstaatlichen Funktion des Funktionsträgers entstanden seien. Beide Einschränkungen lägen nicht vor.
Ein Anspruch aus § 810 BGB bestehe nicht. Abgesehen davon, dass die Klägerin die Voraussetzungen der Norm nicht substantiiert dargelegt habe, insbesondere hinsichtlich der Urkunden, in die ihr Einblick zu gewähren sei, habe die Beklagte im Rahmen des ihr möglichen und zumutbaren ihre Archive untersucht und sämtlich dabei aufgefundenen Schriftunterlagen an die Klägerin ausgereicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze (einschließlich des nicht nachgelassenen Schriftsatzes vom 24.07.2003) nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll vom 09.07.2003 Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Dahinstehen kann, ob die Abänderung des Klageantrages in der Berufungsbegründungsschrift eine Klageänderung i. S. d. § 533 ZPO darstellt. Auf jeden Fall wäre sie sachdienlich.
2. Der Klägerin steht aus dem Verwaltungsverhältnis über das Stiftungsvermögen kein Anspruch gemäß § 666 BGB (bzw. § 275 ZGB i. V. m. Art. 232 § 1 EGBGB, § 2 Abs. 2 EGZGB, vgl. Kommentar zum ZGB, herausgegeben vom Ministerium der Justiz, 1985, § 275 Anm. 3.2) auf Auskunft und Rechenschaftslegung zu.
Dahinstehen kann, ob die Verwaltung des Stiftungsvermögens ein Auftragsverhältnis i. S. d. §§ 662 ff. BGB begründete, denn die Beklagte ist insoweit nicht passivlegitimiert. Es besteht nämlich weder zwischen der Beklagten und der vor dem In-Kraft-Treten der Kommunalverfassung vom 17.05.1990 existierenden Stadt (im Folgenden: "frühere Stadt D ") noch dem Rat der Stadt Identität (a), Rechts- (b) oder Funktionsnachfolge (d).
a) aa) Eine Identität zwischen der Beklagten und der "früheren Stadt D ", welche für die Klägerin das Stiftungsvermögen verwaltete, scheidet bereits deswegen aus, weil die Städte/Gemeinden im Zusammenhang mit dem Umbau der Staatsstrukturen mit In-Kraft-Treten der Kommunalverfassung vom 17.05.1990 (GBl. DDR I S. 255) neu gegründet worden sind. Dies ist herrschende Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 23.01.1997, Az.: VII ZR 218/95, DtZ 1997, 199, 201; BVerwG, Urteil vom 15.07.1999, Az.: BVerwG 3 C 12.98, ZOV 1999, 450, 451; Senat, Urteil vom 28.07.1993, Az.: 6 U 445/93, NJ 1993 (LS) = dokumentiert in Juris; OLG Brandenburg, Urteil vom 26.10.1995, Az.: 12 U 41/95, LKV 1997, 37, 38; OVG Weimar, Urteil vom 11.06.2001, Az.: 4 KO 52/97, LKV 2002, 285, 289 jeweils zu Gemeinden; BGH, Urteil vom 04.11.1994, BGHZ 127, 285, 289 zu den Kreisen). Ob die frühere Stadt D als juristische Person des öffentlichen Rechts während der DDR untergegangen ist, ist demgegenüber nachrangig (dazu unten a) bb). Denn selbst wenn die frühere Stadt D fortexistiert hätte, berührte dies die Eigenständigkeit der neu gegründeten Beklagten nicht.
Die Kommunalverfassung regelte zwar nicht ausdrücklich, dass eine Neugründung der Städte und Gemeinden beabsichtigt war. Auch aus den Niederschriften der Volkskammer (10. Wahlperiode, 6. und 7. Tagung) zur Kommunalverfassung und zum Kommunalvermögensgesetz (10. Wahlperiode, 19. und 22. Tagung) ergeben sich diesbezüglich weder durchgreifende positive noch negative Anhaltspunkte.
Für die Auffassung einer Neugründung spricht § 9 Satz 1 der Kommunalverfassung. Danach führen die Gemeinden ihren bisherigen Namen. Wäre die Volkskammer von einer Identität ausgegangen, hätte es dieser rechtlichen Regelung nicht bedurft.
Ein weiteres, gewichtiges Indiz dafür, dass mit der Kommunalfassung eine Neugründung der Städte und Gemeinden im rechtlichen Sinne beabsichtigt war, ist die amtliche Begründung zu § 11 VZOG. Danach ging zumindest der gesamtdeutsche Gesetzgeber davon aus, dass die öffentlichen kommunalen Körperschaften im Zusammenhang mit dem Umbau der Staatsstrukturen in den neuen Bundesländern neu gegründet wurden und deswegen bei den Gebietskörperschaften nicht auf eine Rechtsnachfolge - und erst recht nicht auf eine Identität - abgestellt werden kann (BTDrucks. 12/6228 S. 110). Diese im Rahmen des Vermögenszuordnungsgesetzes wiedergegebene amtliche Begründung spiegelt zumindest wider, wie zum damaligen, dem In-Kraft-Treten der Kommunalverfassung nahem Zeitpunkt seitens des Bundesgesetzgebers die Errichtung der Städte und Gemeinden verstanden wurde.
Das Landgericht hat auch schon zutreffend darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber der Kommunalverfassung selbst mit dem Gesetz über das Vermögen der Gemeinde, Städte und Landkreise vom 06.07.1990 (Kommunalvermögensgesetz - KVG - GBl. DDR I, S. 660) die Kommunen mit Vermögen ausstatten wollte und dies zumindest ein gewichtiger Hinweis darauf ist, dass derselbe Gesetzgeber davon ausging, dass die Kommunen neu geschaffen worden waren und nicht an die Vermögensinhaberschaft der früheren Kommunen anknüpften. In § 2 KVG ist geregelt worden, welches Vermögen aus dem Volkseigentum auf die Gemeinden und Städte gemäß § 1 Satz 1 KVG "kostenlos übertragen" werden sollte. Auch das Erfordernis eines gesonderten Übertragungsaktes durch Übergabe-Übernahmeprotokolle (§ 7 KVG) und die Regelungen über das Verfahren in der Durchführungsverordnung zum KVG vom 25.07.1990 (GBl. DDR I S. 781) verdeutlichen, dass nicht von einem Fortbestehen der früheren Kommunen ausgegangen wurde. Die Regelungen des KVG untermauern vielmehr die Annahme der erfolgten Auflösung der früheren Stadt D und späteren Neugründung der Beklagten im rechtlichen Sinne. Dabei ist entscheidend, dass das KVG noch vom Gesetzgeber der DDR erlassen wurde und daher dessen Verständnis von der Rechtsnatur der Städte und Gemeinden widerspiegelt. Insbesondere sollten nach § 2 Abs. 1 e KVG "alle sonstigen Rechte und Forderungen, die den ehemaligen Gemeinden und Städten sowie deren nachgeordneten Betrieben und Einrichtungen zustanden" übergehen. Hieraus lässt sich ein weiterer Anhaltspunkt für die fehlende Identität gewinnen. Die verwendete Formulierung verstärkt, dass der DDR-Gesetzgeber nicht von dem Fortbestand (oder Aufleben) eigenständiger Kommunen ausging, sondern an die vorgefundenen DDR-Verwaltungs- und Wirtschaftsstrukturen anknüpfte, in deren System (volkseigene) Betriebe den Räten der Gemeinden und Städte "unterstellt" waren (vgl. § 11 Abs. 3 THG; §§ 31 Abs. 1, 36 Abs. 5 S. 2, 37, 41 Abs. 1, 2. Spiegelstrich der Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe vom 08.11.1979 - GBl. DDR I S. 355; §§ 39 Abs. 4, 54 S. 2, 3 des Gesetzes über die örtlichen Volksvertretungen vom 12.01.1973 - GBl. DDR I S. 313; §§ 11 Abs. 2, 43 Abs. 2, 61 Abs. 4 des Gesetzes über die örtlichen Volksvertretungen vom 04.07.1985 - GBl. DDR I S. 236). Eine Auslegung dahingehend, dass sich die "nachgeordneten Betriebe" auf Betriebe der früheren Städte und Gemeinden, die auch seit Jahrzehnten nicht aktiv gewesen wären, bezogen haben könnten, erscheint hingegen fernliegend.
bb) Darüber hinaus scheidet eine Identität zwischen der "früheren Stadt D " mit der Beklagten bereits deswegen aus, weil, wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, im Zuge der Neuorganisation des Staatsaufbaus in der DDR die "frühere Stadt D " als rechtsfähige Gebietskörperschaft aufgehört hat, zu existieren. Zwar gab es keine ausdrückliche gesetzliche Regelung oder andere hoheitliche Entscheidung, mit der den bis dahin existierenden Gebietskörperschaften ihre Rechtsfähigkeit bzw. Rechtspersönlichkeit genommen oder sie für aufgelöst erklärt wurden.
Mit dem "Gesetz über die örtlichen Organe der Staatsmacht" von 1957 (GBl. d. DDR, S. 65) wurde jedoch auch für die Kommunen das Prinzip des demokratischen Zentralismus von Verfassungs wegen (s. Art. 41 Satz 1 i. d. F. v. 07.10.1974, GBl. DDR I, S. 432; vgl. auch Präambel des Gesetzes über die örtlichen Volksvertretungen vom 12.07.1973; § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die örtlichen Volksvertretungen vom 04.07.1985) verbindlich. Die Gemeinden wurden eingebunden in den "Rahmen der zentralen staatlichen Planung und Leitung" zu territorialen und politisch administrativen Grundeinheiten im Staatsaufbau der DDR, ohne eigenen Wirkungskreis und Selbstverwaltung (Senat, Urteil vom 28.07.1993, Az.: 6 U 445/93, a. a. O.; Roggemann, Die DDR-Verfassungen - Einführung in das Verfassungsrecht der DDR, 4. Aufl., 1989, S. 215 f., Heberlein, NVwZ 1991, 531, 532; Gern, Sächsisches Kommunalrecht, 2. Aufl., 1. Kap., Rdn. 22; Hegele/Ewert, Kommunalrecht im Freistaat Sachsen, 2. Aufl., S. 22; Melzer, DVBl. 1987, 965, 968; Bauer, BayVBl. 1990, 263, 266 jeweils zu den Gemeinden; BGH, BGHZ 127, 285, 288 zu den Kreisen) aber auch ohne Rechtsfähigkeit bzw. eigene Rechtspersönlichkeit (OLG Jena, Beschluss vom 11.10.1994, Az.: 6 W 284/94, LKV 1995, 303; Gern, a. a. O.; Brunner in: HStR I 2003, § 11, Rdn. 59; Mampel, Die sozialistische Verfassung der DDR, 2. Aufl., Art. 43, Rdn. 11; Lörler, DtZ 1992, 135, 138). Denn dem Verständnis des Gesetzgebers der DDR war das Gebilde selbstständiger, von der Staatsmacht zu unterscheidender und abgrenzender Gebietskörperschaften fremd (Roggemann, S. 216; Mampel, Art. 43, Rdn. 10). Dies hätte dem Prinzip des demokratischen Zentralismus sowie des Einheitsstaates widersprochen. Zu Recht bemisst das Landgericht in seinem Urteil der von ihm zitierten "DDR-Literatur" für die rechtliche Bewertung maßgebliche Bedeutung zu. Denn eine freie Rechtslehre wie in der Bundesrepublik gab es zu DDR-Zeiten nicht. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die in den "amtlichen" Lehrbüchern wiedergegebene Rechtsauffassung das Selbstverständnis des Gesetzgebers von der Verfassungswirklichkeit wiedergab. Insoweit bedurfte es nach dem Staatsverständnis der DDR infolge der vollständigen, alle staatlichen Bereiche erfassenden staatsorganisatorischen, - wie sich aus der Präambel des "Gesetzes über die örtlichen Organe der Staatsmacht" ersehen lässt - ideologisch motivierten Umgestaltung der staatlich vorgefundenen Strukturen aus eigenständigen, mit Rechtsfähigkeit ausgestalteten juristischen Personen des öffentlichen Rechts keines ausdrücklichen Aufhebungsaktes mehr. Die Annahme einer der Selbstverwaltungsverwaltung und ihrer Organe beraubten juristischen Person des öffentlichen Rechts, der lediglich keine staatliche Funktionen mehr zukam, jedoch als Träger privater Rechte und Pflichten forbestand, war damit unvereinbar. Die Beurteilung der Folgen der staatsorganisatorischen Umbaus kann dabei allein auf der Grundlage des damaligen Verständnisses des DDR-Rechts und des Willens des damaligen Gesetzgebers und Inhabers der Staatsgewalt erfolgen und muss die historischen Bedingungen und die "gelebte Rechtspraxis" einbeziehen.
Dass die Vorstellung von rechtsfähigen Kommunen im demokratischen Zentralismus - wie auch anderer juristischen Personen des öffentlichen Rechts - als eigenständige, vom Zentralstaat geschiedener Rechtssubjekte im DDR-Recht keinen Platz hatte und deshalb vom Gesetzgeber nicht gewollt gewesen sein kann und die Vorstellung einer gesetzmäßigen Fortentwicklung auf den Einheitsstaat hin das maßgebliche Leitbild abgab, zeigt z. B. die schon früh vertretene Auffassung, dass das Vermögen des Reiches, der Länder und der Gemeinden ohne weiteres den "Charakter staatlichen sozialistischen Eigentums (Volkseigentum) annahm", dessen Eigentümer der "Arbeiter- und Bauernstaat" war (Dornberger/Klein u. a., Das Zivilrecht der DDR, Sachenrecht, 1956, S. 37/38 und S. 39/40).
Im Übrigen ergibt sich der Untergang der früheren Stadt D letztlich aus dem "Gesetz über die örtlichen Organe der Staatsmacht" vom 18.01.1957 selbst. Auch wenn ein ausdrücklich die Städte und Gemeinden als juristische Personen des öffentlichen Rechts aufhebender Akt nicht ergangen ist, ist die Auflösung der früheren Stadt D als juristische Person des öffentlichen Rechtes unmittelbare Folge der Umstrukturierung der staatlichen Verwaltung und Aufhebung der bis dahin geltenden demokratischen Kreisordnung für das Land Sachsen vom 16.01.1947 (SächsGBl. S. 22), worin die frühere Stadt D gemäß § 2 Abs. 2 als Stadtkreis verfasst worden war, und der Aufhebung der demokratischen Gemeindeordnung für das Land Sachsen vom 06.02.1947 (SächsGBl. S. 54) durch § 49 Abs. 1 a und b des "Gesetzes über die örtlichen Organe der Staatsmacht." Das "Gesetz über die örtlichen Organe der Staatsmacht" von 1957 stellte einen staatsorganisatorischen Akt der DDR dar, der der Existenz der früheren Stadt D im Sinne einer Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts die Grundlage entzog. In Verfolgung des Prinzips des demokratischen Zentralismus wurden die Gemeiden zu unteren staatlichen Verwaltungsebenen ohne eigenen Wirkungskreis (Gern, a. a. O.; Bretzinger/Büchner-Uhder, Kommunalverfassung, § 102 Rdn. 1). Die Eigenschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechtes und die damit regelmäßig verbundene Rechtsfähigkeit (Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl., § 23 Rdn. 39; Reiners, Kommunalverfassungsrecht in den neuen Bundesländern, 1991, B III Rdn. 10) folgt nicht schon aus der Existenz eines mitgliedschaftlich verfassten Verbandes oder einer Personenmehrheit, sondern beruht auf einem Hoheitsakt, durch den allein sie entsteht (Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechtes, Allgemeiner Teil, 10. Aufl., § 25, S. 492; Burgi in Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, 12. Aufl., § 52 Rdn. 12; Maurer, § 23 Rdn. 38). Die besondere rechtliche Stellung als Körperschaft setzt eine Verleihung des Körperschaftsstatus' voraus (Maurer, a. a. O.). Dies entspricht der historisch gewachsenen deutschen Verwaltungsrechtslehre. Demgemäß gilt auch für Gemeinden und Städte als juristische Personen des öffentlichen Rechtes, dass sie ihre rechtliche Existenz einem Hoheitsakt durch ein Gesetz oder einem Staatsakt aufgrund eines Gesetzes verdanken (Seewald in Steiner, Besonderes Verwaltungsrecht, 4. Aufl., I B Rdn. 71). Ebenso kann durch Hoheitsakt die Eigenschaft als Körperschaft wieder aufgehoben werden, da die Beendigung der öffentlichen Körperschaft den gleichen Regeln wie die Entstehung als "actus contrarius" unterliegt (Forsthoff, a. a. O., S. 493). Die historisch in Sachsen den Städten und Gemeinden und damit der früheren Stadt D erst im 19. Jahrhundert zuerkannte eigenständige Rechtspersönlichkeit (§ 4 der "revidierten Städteordnung" vom 24.04.1873, SächsGBl. S. 295: "... steht das Recht der juristischen Persönlichkeit zu."; vgl. auch die "revidierte Landgemeindeordnung" vom 24.04.1873, SächsGBl. S. 328, dort § 3; Sponer in Schlempp u. a., Kommunalverfassungsrecht Sachsen, § 1 SächsGemO, Anm. 5.2) wurde in der Sächsischen Gemeindeordnung vom 01.08.1923 (SächsGBl. S. 373, § 1 Abs. 1: "Körperschaft des öffentlichen Rechts") und in der Deutschen Gemeindeordnung vom 30.01.1935 (RGBl. S. 49, § 1 Abs. 2 Satz 1: "Öffentliche Gebietskörperschaft") aufrechterhalten und stützte sich zuletzt auf die Demokratische Gemeindeordnung und Kreisordnung vom 16.01.1947/06.02.1947 für das Land Sachsen, in der zwar weder die Kommunen als Körperschaften noch als rechtsfähig bezeichnet wurden, jedoch die Kommunen als rechtlich selbstständig handelnde Rechtssubjekte vorausgesetzt wurden (z. B. §§ 40 Abs. 2, 41, 42 Demokratische Kreisordnung; §§ 42 Abs. 2, 43, 44 Demokratische Gemeindeordnung; s. auch Bestimmungen über die Bezeichnung der Selbstverwaltungskörperschaften und -organe vom 10.02.1947 - GVBl. Sachsen S. 94). Mit der Aufhebung der demokratischen Kreisordnung und der demokratischen Gemeindeordnung für das Land Sachsen durch das "Gesetz über die örtlichen Organe der Staatsmacht" von 1957, das die Städte und Gemeinden nicht mehr als Gebietskörperschaften vorsah, entfiel die organisationsrechtliche Grundlage für die Zuerkennung der Rechtsfähigkeit und die Existenz der Kommunen als vom sonstigen Staatsgebilde unterscheidbaren, eigenständigen, mit eigenen Rechten und Pflichten ausgestatteten juristischen Personen des öffentlichen Rechts.
Erst mit § 1 Abs. 3 der Kommunalverfassung wurden 1990 Kommunen als juristische Person des öffentlichen Rechts neu errichtet.
Die Ausführungen der Klägerin zu zu DDR Zeiten geschlossenen "Städtepartnerschaften" und das Berufen der Beklagten auf die 800-jährige Stadtgeschichte sind für die rechtliche Beurteilung ohne Belang. Wie das Landgericht Dresden im Übrigen schon zu Recht ausführte, handelte der Oberbürgermeister jeweils für den Rat der Stadt und damit als Organ des Einheitsstaates. Dies wird auch von den nunmehr vorgelegten Urkunden belegt, in denen entweder in der Überschrift aufgeführt ist, dass die Städtepartnerschaft für den Rat der Stadt erfolgte, oder in denen in der Unterschriftenleiste niedergelegt ist, dass der Bürgermeister für den Rat der Stadt unterzeichnete. Zudem kommt es auf die subjektiven Vorstellungen nicht an, sondern auf die objektive Rechtslage. Letzteres gilt auch, soweit sich die Beklagte stadthistorisch auf ihre Gründung vor 800 Jahren beruft. Dass die Stadt D als örtliche Gemeinschaft historisch seit 800 Jahren besteht, ist unzweifelhaft. Hieraus folgt jedoch noch nicht, dass die Stadt D seit ihrer Gründung als juristische Person anzusehen ist. Ebenso unerheblich ist, ob sich die Beklagte in anderen Rechtsstreitigkeiten auf ihr Eigentum an 1977 gestohlenen Kunstschätzen - mit welcher rechtlichen Argumentation auch immer - beruft; ihre Rechtsbehauptung in diesem Rechtsstreit ist auf keinen Fall rechtsmissbräuchlich.
Da auch der Rat der Stadt D , der - zwar gemäß § 81 des "Gesetzes über die örtlichen Volksvertretungen in der Deutschen Demokratischen Republik" vom 11.07.1985 (GBl. d. DDR S. 213) juristische Person war (so OLG Dresden, Urteil vom 28.07.1993, Az.: 6 U 445/93, a. a. O.; Brunner, a. a. O.; Lörler, a. a. O.; a. A. wohl: OVG Weimar, LKV 2002, 285, 289) - als nur örtliches Staats- und Verwaltungsorgan im System des zentralen Staatsaufbaus der DDR ausschließlich als untere Verwaltungsbehörde tätig wurde, nicht mit der Beklagten rechtlich identisch ist (vgl. BGHZ 127, 285, 289; OVG Weimar, LKV 2002, 285, 289; OLG Brandenburg, LKV 1997, 37, 38), kommt eine Identität der "früheren Stadt D " auch nicht über diesen mit der heutigen Beklagten in Betracht.
b) Ein Anspruch nach § 666 BGB ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beklagte Rechtsnachfolgerin der "früheren Stadt D " bzw. des Rates der Stadt D wäre.
Eine Gesamtrechtsnachfolge der Beklagten nach der "früheren Stadt D " bzw. dem Rat der Stadt D gibt es weder aufgrund einfachgesetzlicher Regelungen noch nach dem System des Einigungsvertrages. Vielmehr bestimmt der Einigungsvertrag nur "partielle", gegenständliche Rechtsnachfolgen für bestimmte Bereiche (Senat, Urteil vom 28.07.1993, Az.: 6 U 445/93, a. a. O. m. w. N.; vgl. BGH, BGHZ 127, 285, 288).
Eine Einzelrechtsnachfolge ist nicht gegeben. Ein Anspruch der Klägerin ist nicht aus den Bestimmungen des Einigungsvertrages herzuleiten. Art. 21 und 22 des Einigungsvertrages, die den Übergang des Verwaltungs- und Finanzvermögens der DDR regeln, bilden keine Grundlage für eine Haftung der Beklagten, auch wenn mit dem Erwerb von Verwaltungs- und Finanzvermögen eine Übernahme der dazugehörigen Schulden und Verbindlichkeiten verbunden ist (vgl. BGH, Urteil vom 08.12.1994, Az.: III ZR 105/93, WM 1995, 1072, 1075; Schreiben des Bundesjustizministeriums und des Bundesinnenministeriums vom 03.12.1992, DtZ 1993, 115). Das Stiftungsvermögen stellt aber weder Verwaltungsvermögen i. S. d. Art. 21 des Einigungsvertrages noch Finanzvermögen i. S. d. Art. 22 des Einigungsvertrages dar, welches auf die Beklagte übergegangen wäre. Unter Verwaltungsvermögen versteht man dasjenige Vermögen, welches zur Erfüllung der staatlichen Aufgaben erforderlich ist und nunmehr unmittelbar der Erfüllung dieser Aufgaben und dem damit verbundenen Dienst- und Verwaltungsbetrieb dient (Schmitt-Habersack in: Kimme, Offene Vermögensfragen, Art. 21 EinigungsV, Rdn. 1). Die treuhänderische Verwaltung des Stiftungsvermögens stellt aber keine solche staatliche Aufgabe der Beklagten dar. Unter Finanzvermögen versteht man dasjenige öffentliche Vermögen der DDR, das nicht unmittelbar bestimmten Verwaltungsaufgaben, jedoch über seinen Wert oder seinen Ertrag mittelbar öffentliche Zwecken diente (Schmidt-Habersack, Art. 22 EinigungsV, Rdn. 1). Auch diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Eine Vermögensübertragung auf der Grundlage des KVG ist - wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat - nicht ersichtlich.
c) Ebenso scheidet eine allgemeine Haftung wegen Vermögensübernahme entsprechend § 419 BGB a. F. aus. Zum einen ist diese Vorschrift zur Beurteilung öffentlich-rechtlicher Vorgänge auch nicht analog heranzuziehen (BGH, WM 1995, 1072, 1076). Zum anderen war das Vermögen der Klägerin allenfalls von der Beklagten treuhänderisch zu verwalten und ist ihr demgemäß auch nicht zugeflossen.
d) Die Klägerin kann ihren Anspruch auch nicht auf den im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches entwickelten Haftungsgrund der Funktionsnachfolge stützen. Eine Haftung nach diesem Rechtsinstitut ist zwar bei einer Übernahme von Aufgaben durch einen neuen Rechtsträger, mithin bei einem Wechsel des Funktionsträgers, in besonderen Fällen in Betracht gezogen worden. Die Haftung aus Funktionsnachfolge ist jedoch lediglich als eine Haftung "subsidiären Charakters" anzusehen. Sie stellt nur eine "Hilfskonstruktion" dar, die dazu dienen soll, "dringende" Ansprüche durchzusetzen. Sie stand von vornherein unter dem Vorbehalt der Möglichkeit einer abweichenden gesetzlichen Regelung. Der Gesetzgeber hat jedoch im Zusammenhang mit dem Einigungsvertrag (vgl. Art. 21 ff. des Einigungsvertrages) eine abschließende Regelung darüber getroffen, welche Verpflichtungen der ehemaligen DDR übernommen werden sollen (BGH, WM 1995, 1072, 1076), so dass für eine Heranziehung des Haftungsgrundes der Funktionsnachfolge kein Raum besteht.
3. Ein Anspruch besteht auch nicht deswegen, weil nach der Neugründung der Beklagten zwischen den Parteien ein Verwaltungs- oder Treuhandverhältnis zu Stande gekommen wäre.
Eine ausdrückliche Vereinbarung wird von der Klägerin nicht behauptet. Eine solche ergibt sich auch nicht konkludent daraus, dass die Beklagte nach ihrer Neugründung das Stiftungsvermögen weiter verwaltet hätte. Abgesehen davon, dass dies von der Beklagten bestritten wird und die hierfür darlegungs- und beweisbelastete Klägerin keinen Beweis angeboten hat, ging die Beklagte von der Wirksamkeit der Auflösung der Klägerin im Jahre 1960 aus, so dass es bereits an dem Willen der Beklagte fehlte, ein Geschäft der Klägerin treuhänderisch zu besorgen.
4. Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Auskunft und Rechenschaftslegung aus Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§ 681 Satz 2, 666 BGB bzw. § 275 ZGB zu.
Da weder die "frühere Stadt D " noch der Rat der Stadt D aus den unter Ziffer 2. a) und b) genannten Gründen mit der Beklagten identisch bzw. diese auch nicht deren Rechtsnachfolgerin ist, kommt ein Anspruch auf Auskunft für die Jahre bis zur Neugründung der Beklagten nicht in Betracht.
Ein Anspruch ergibt sich auch nicht deswegen, weil die Beklagte nach ihrer Neugründung als Geschäftsführer ohne Auftrag für die Klägerin das Stiftungsvermögen verwaltet hätte. Abgesehen davon, dass hierfür wiederum die Klägerin keinen Beweis angeboten hat, wäre weiter erforderlich, dass die Beklagte hierbei mit Fremdgeschäftsführungswillen handelte, d. h. mit dem Bewusstsein (kognitives Element) und dem Willen (voluntatives Element) das Geschäft für die Klägerin zu führen. Hierfür ist, da die Klägerin bis zum Bescheid des Regierungspräsidiums D vom 05.09.1997, mit dem der Fortbestand der Klägerin festgestellt wurde, von deren Auflösung ausging, nichts ersichtlich.
5. Ein Anspruch auf Auskunft und Rechenschaftslegung ergibt sich auch nicht aus §§ 687 Abs. 2, 681 Satz 2, 666 BGB bzw. § 276 ZGB (vgl. Kommentar zum ZGB, § 276 Anm. 1).
Da die Beklagte weder mit der "früheren Stadt D " noch dem Rat der Stadt D identisch noch deren Rechtsnachfolgerin ist, scheidet ein Anspruch auf Auskunft aus den unter Ziffer 2 a) und b) genannten Gründen bis zur Neugründung der Beklagten aus.
Soweit sich die Klägerin darauf beruft, dass auch nach Neugründung der Beklagten diese weiterhin Stiftungsvermögen verwalte, gilt Folgendes:
Der Geschäftsherr, der Ansprüche aus § 687 Abs. 2 Satz 1 geltend macht, ist für die Voraussetzung einer angemaßten Eigenschäftsführung beweispflichtig. Er hat darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass der Geschäftsführer ein objektiv fremdes Geschäft in Kenntnis seiner Nichtberechtigung und in eigennütziger Absicht geführt hat (Baumgärtel/Laumen, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, Band 1, 2. Aufl., § 687, Rdn. 1). Den Beweis hierfür hat die Klägerin nicht geführt.
6. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Auskunft und Rechenschaftslegung aus § 810 BGB zu.
Dahinstehen kann, ob die rechtlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift gegeben sind. Denn ein Anspruch scheidet aus folgenden Gründen aus:
Der Anspruch geht auf Gestattung der Einsicht (BGH, Urteil vom 31.03.1971, Az.: VIII ZR 198/69, LM Nr. 5 zu § 810 BGB; Staudinger/Marburger (2002) § 810 Rdn. 4) und nicht auf Auskunfts- und Rechenschaftslegung. Eine Einsichtnahme beansprucht aber die Klägerin nicht.
Darüberhinaus hat der die Einsicht Verlangende zu beweisen, dass der Vorlegungspflichtige im Besitz der Urkunde ist (Baumgärtel/Laumen, § 810, Rdn. 1). Danach muss die Klägerin, da die Beklagte behauptet, nicht im Besitz weiterer Urkunden als diejenigen, die der Klägerin vorgelegt worden sind, zu sein, die Urkunden konkret bezeichnen, in die sie Einsicht nehmen will, und nachweisen, dass diese noch im Besitz der Beklagten sind. Beides ist nicht geschehen.
7. Der Klägerin steht auch kein Auskunfts- und Rechenschaftslegungsanspruch nach § 260 Abs. 1 BGB zu. Danach hat derjenige, der verpflichtet ist, einen Inbegriff von Gegenständen herauszugeben oder über den Bestand eines solchen Inbegriffs Auskunft zu erteilen, dem Berechtigten ein Verzeichnis des Bestandes vorzulegen. Als "Gegenstände" werden hier nicht nur körperliche Gegenstände, als "Inbegriff von Gegenständen" nicht nur Sachgesamtheiten verstanden, vielmehr auch "Rechte", insbesondere "Forderungen" und sonstige Vermögensbestandteile (Staudinger/Bittner (2001) § 260 Rdn. 4). Voraussetzung für den Anspruch ist aber, dass ein solcher Herausgabeanspruch überhaupt feststeht. Da, wie bereits in Ziffer 2. dargelegt, vertragliche Ansprüche nicht bestehen, könnte allenfalls ein Anspruch nach §§ 812 Abs. 1, 823 BGB in Betracht kommen. Dass dessen Voraussetzungen vorliegen, hat jedoch die Klägerin nicht nachgewiesen.
8. Der Umstand allein, dass jemand Kenntnis von Tatsachen hat oder haben könnte, die für einen anderen von Bedeutung sein mögen, verpflichtet ihn nicht zur Auskunftserteilung. Denn eine allgemeine, nicht aus besonderen Rechtsgründen abgeleitete Auskunftspflicht ist dem bürgerlichen Recht unbekannt (BGH, Urteil vom 18.01.1978, Az.: VIII ZR 262/76, NJW 1978, 1002). Jedoch besteht nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) eine Auskunftspflicht, wenn die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, er sich die zur Vorbereitung und Durchsetzung seines Anspruchs notwendigen Auskünfte nicht auf zumutbarer Weise selbst beschaffen kann und der Verpflichtete sie unschwer, d. h. ohne unbillig belastet zu sein, zu geben vermag. Zwischen den Beteiligten muss eine besondere rechtliche Beziehung bestehen. Dabei kann es sich um ein Vertragsverhältnis oder um ein gesetzliches Schuldverhältnis handeln. Für einen Anspruch auf Auskunft (oder Rechnungslegung) als Gegenstand eines Hilfsanspruchs ist ausreichend, aber auch erforderlich, dass ein Leistungsanspruch dem Grunde nach besteht (BGH, Urteil vom 17.05.1994, Az.: X ZR 82/92, BGHZ 126, 109, 113; Palandt/Heinrichs, § 261, Rdn. 8 m. w. N.). Da im vorliegenden Falle - wie bereits dargelegt - allenfalls ein Anspruch aus gesetzlichem Schuldverhältnis (§§ 812 Abs. 1, 823 BGB) in Betracht kommt, muss feststehen, dass ein solches dem Grunde nach besteht. Die bloße Wahrscheinlichkeit ist nicht ausreichend (BGH, NJW 1978, 1002; BGH, Urteil vom 06.06.1979, Az.: VIII ZR 255/78, BGHZ 74, 379, 381). Dass sich heute noch Stiftungsvermögen im Vermögen der Beklagten befindet, wird zwar von der Klägerin behauptet, jedoch Beweis hierfür nicht angeboten. Damit ist aber die Klägerin für die Voraussetzungen eines Auskunfts- bzw. Rechnungslegungsanspruchs nach § 242 BGB beweisfällig geblieben.
III.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 543 Abs. 2 ZPO.
Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die Frage, ob zwischen den Gemeinden und Städten in den neuen Bundesländern vor und nach der Kommunalreform Identität oder Rechtsnachfolge besteht, wurde - soweit ersichtlich - noch nicht höchstrichterlich entschieden. Die Frage hat auch über den vorliegenden Fall hinausgehende Bedeutung. So ist bereits beim Oberlandesgericht Dresden eine Berufung anhängig, ob die Stadt D für Auslandsanleihen, die in den 20er Jahren ausgegeben wurden, haftet. Hierbei handelt es sich nach Erkenntnis des Senats um ein Pilotverfahren. Es ist daher zu erwarten, dass die Frage der Haftung der nunmehrigen Kommunen in den neuen Bundesländern für Verbindlichkeiten aus Zeiten der DDR bzw. der Weimarer Republik ohne höchstrichterliche Klärung im erheblichen Maße die Gerichte belasten könnte.
IV.
Der Gebührenstreitwert war gemäß §§ 14, 12 GKG i. V. m. § 3 ZPO entsprechend dem Berufungsantrag der Klägerin festzusetzen.
Ende der Entscheidung
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