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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Urteil verkündet am 04.08.1999
Aktenzeichen: 6 U 1187/99
Rechtsgebiete: ZDG, BGB, GG


Vorschriften:

ZDG
BGB § 839
GG Art. 34
ZDG, § 839 BGB, Art. 34 GG

Leitsatz:

Für Amtspflichtverletzungen eines Zivildienstleistenden haftet regelmäßig die Bundesrepublik Deutschland, gleichgültig ob die anerkannte Beschäftigungsstelle, für die der Zivildienstleistende tätig wird, von einer juristischen Person des Privatrechts oder einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft getragen wird.

Urt. v. 04.08.1999, Az.: 6 U 1187/99, - rechtskräftig -


Aktenzeichen: 6 U 1187/99 3 O 3216/98 LG Dresden

Verkündet am 04.08.1999

Die Urkundsbeamtin: Justizobersekretärin

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

Klägerin / Berufungsklägerin

Stadt...

- Streitverkündeter -

gegen

Bundesrepublik Deutschland, v.d.d. Bundesamt für Zivildienst,

Beklagte / Berufungsklägerin

wegen Schadenersatz

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21.07.1999 durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ,

Richter am Oberlandesgericht und Richter

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung das Urteil des Landgerichts Dresden - Az: 3 O 3216/98 -

abgeändert:

1. Die Beklagte wird unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an die Klägerin DM 700,00 nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 18.10.1996 zu bezahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin den aufgrund des Unfalls vom 28.08.1996 ihr zukünftig noch entstehenden Schaden zu ersetzen, soweit der Anspruch nicht gemäß § 67 Abs. 1 VVG auf die S. -Unfallversicherung a.G. übergegangen ist.

II. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt die Klägerin zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte allein.

III. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.500 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beiden Parteien wird nachgelassen, die Sicherheitsleistung durch eine schriftliche, selbstschuldnerische, unbefristete, unwiderrufliche Bürgschaft eines im Gebiet der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin zugelassenen Kreditinstituts zu erbringen.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Beschluß:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.000,00 DM festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Schadensersatz aufgrund eines Verkehrsunfalls, der sich im Zusammenhang mit der Tätigkeit eines Zivildienstleistenden ereignet hat.

Die Klägerin ist Eigentümerin des Pkw Hyundai mit dem amtlichen Kennzeichen ... Das Fahrzeug war bei der -Unfallversicherung a.G. vollkaskoversichert. Am 08.01.1998 wurde das Fahrzeug bei der Straßenverkehrsbehörde abgemeldet. Ein neues Fahrzeug hat die Klägerin bisher nicht erworben und auch nicht zugelassen.

Am 28.08.1996 parkte die Klägerin ihr Fahrzeug auf dem leicht abschüssigen Gelände des Pflegeheimes , einer anerkannten Beschäftigungsstelle für Zivildienstleistende, die sich in Trägerschaft der Landeshauptstadt , der Streitverkündeten, befindet.

In unmittelbarer Nähe des Fahrzeuges der Klägerin stellte der im Pflegeheim als Zivildienstleistender beschäftigte Zeuge L.... ein Elektrofahrzeug des Pflegeheims ab, das er in Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit beim Pflegeheim - führte. In den Gebrauch des Fahrzeugs war er zuvor ordnungsgemäß eingewiesen worden. Nachdem er das Fahrzeug verlassen hatte, rollte das Fahrzeug rückwärts gegen den Pkw der Klägerin und beschädigte diesen.

Nachdem die Klägerin den ihr entstandenen Schaden gegenüber ihrer Kaskoversicherung liquidiert hat, verlangt sie von der Beklagten den ihr verbleibenden Schadensbetrag aufgrund Selbstbeteiligung (650,- DM). Außerdem macht sie eine Unfallkostenpauschale in Höhe von 50,00 DM und weiter den Rückstufungsschaden in der Versicherung geltend.

Mit Schreiben vom 07.10.1996 wurde der Beklagten eine Frist zur Begleichung des Schadens bis 17.10.1996 gesetzt.

Die Klägerin hat erstinstanzlich behauptet, dass der Zeuge L.... beim Verlassen des Elektrofahrzeugs die Handbremse nicht angezogen habe, weshalb es rückwärts gerollt sei und auf den Pkw der Klägerin aufgefahren sei.

Aufgrund der über die nächsten Jahre hinweg zu erwartenden höheren Einstufung sei wegen erhöhter Versicherungsbeiträge ein zukünftiger Schaden von ca. 1.632,80 DM zu erwarten.

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, DM 700,00 nebst 4 % Zinsen hieraus seit 18.10.1996 zu bezahlen.

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet sei, den entstandenen Schaden mit Ausnahme dessen, was vom Zahlungsantrag zu Ziffer 1. umfasst sei, und den künftigen Schaden aufgrund des Unfalls vom 28.08.1996 auf dem Gelände des Pflegeheimes in ... zu ersetzen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat in erster Instanz die Notwendigkeit der angefallenen Reparaturarbeiten bestritten, speziell diejenigen für Unterboden- und Hohlraumkonservierung.

Im Übrigen war sie der Auffassung, dass nicht sie, sondern die Streitverkündete als Trägerin des Pflegeheimes richtige Beklagte sei.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen D..., , L.... znd H..... . Insoweit wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 09.12.1998 (Bl. 126 dA) Bezug genommen.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 19.03.1999, auf das wegen seines Inhalts Bezug genommen wird, die Beklagte antragsgemäß verurteilt; insbesondere hat es die Passivlegitimation der Beklagten bejaht.

Gegen das ihr am 30.03.1999 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 23.04.1999, eingegangen beim Oberlandesgericht am 26.04.1999, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 17.05.1999, eingegangen beim Oberlandesgericht am 18.05.1999, begründet.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Klägerin ihren Rückstufungsschaden für die Jahre 1997 und 1998 bereits beziffern könne und deshalb das Feststellungsinteresse entfallen sei. Im Übrigen berücksichtige Ziffer 2. des landgerichtlichen Urteilstenors nicht, dass gemäß § 67 Abs. 1 Satz 1 VVG die Klägerin nach Abrechnung mit ihrer Versicherung nicht für den gesamten Schaden aktivlegitimiert sei. Sie hätte daher ihren Feststellungsantrag auf den ihr noch entstehenden Rückstufungsschaden aus der Inanspruchnahme der Kaskoversicherung begrenzen müssen.

Im Übrigen vertritt sie weiterhin ihren Rechtsstandpunkt, dass die Beklagte nicht passivlegitimiert sei. Soweit sich das Landgericht auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Tätigkeit von Zivildienstleistenden für privatrechtlich organisierte Beschäftigungsstellen beziehe, sei dies auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Der Zivildienstleistende befinde sich hier vielmehr in einem Abordnungsverhältnis eigener Art. Er trete völlig in den Tätigkeitsbereich der öffentlich-rechtlich organisierten Beschäftigungsstelle ein und nehme daher deren hoheitliche Rechte während seiner Dienstzeit wahr.

Sie ist im Übrigen der Auffassung, dass der Unfallhergang nach wie vor ungeklärt sei. Es bestehe auch die Möglichkeit, dass andere technische Ursachen oder dritte Personen das Zurückrollen des Elektromobils verursacht haben könnten.

Die Beklagte beantragt,

das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie wiederholt und vertieft im wesentlichen ihren Vortrag erster Instanz.

Ergänzend wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21.07.1999 (Bl. 243 dA) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist weitgehend unbegründet.

I.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist die Berufungssumme (§ 511 a Abs. 1 Satz 1 ZPO) erreicht. Für die Höhe der Beschwer ist der Zeitpunkt der Berufungseinlegung (26.04.1999) maßgeblich (§ 15 GKG; vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 21. Aufl., § 511 a Rdnr. 5 m.w.N.). Eine nachträgliche Minderung ist für die Zulässigkeit des eingelegten Rechtsmittels unschädlich (vgl. derselbe, a.a.O., § 511 a Rdnr. 5).

Nach der nicht weiter angegriffenen Aufstellung der -Unfallversicherung a.G. (Anlage BB 1, Bl. 242 dA) sowie der unstreitig gebliebenen Tatsache, dass das Fahrzeug am 08.01.1998 abgemeldet wurde, steht fest, dass nach dem Vortrag der Klägerin bislang lediglich ein Rückstufungsschaden von 380,80 DM entstanden ist. Nicht ausgeschlossen werden kann aber, was auch von der Beklagten nicht substantiiert angegriffen wurde, dass sich bei Versicherung eines anderen Fahrzeuges auf den Namen der Klägerin ein weiterer, sich durch höhere Beiträge ausdrückender Schaden erst noch in der Zukunft realisiert. Die Feststellung der Ersatzpflicht dieses Schadens begehrt die Klägerin. Den Wert dieses Feststellungsantrages schätzt der Senat unter Berücksichtigung des bereits realisierten Rückstufungsschadens sowie eines Abschlags von 20 % im Verhältnis zu einem entsprechenden Leistungsantrag gemäß § 3 ZPO auf mindestens 1.000,00 DM, so dass unter Berücksichtigung des Leistungsantrages (700,-DM) die Berufungssumme erreicht ist.

II.

Die Klage ist zulässig und weitgehend begründet.

1. Der Klägerin steht gemäß § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe der Selbstbeteiligung sowie in Anwendung des § 287 ZPO auch auf die geltend gemachte Unkostenpauschale i.H.v. DM 50,- zu.

1.1. Rechtsfehlerfrei ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Zivildienstleistende, der Zeuge L...., Beamter im haftungsrechtlichen Sinne ist. Er steht in einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zu einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft, was von dem für Art. 34 GG maßgeblichen haftungsrechtlichen Beamtenbegriff umfasst ist (BGH, Urt. v. 04.06.1992, III ZR 93/91, NJW 1992, S. 2882).

Der Unfall ereignete sich auch in Ausübung eines öffentlichen Amtes. Der hierfür notwendige innere Zusammenhang zwischen der Amtsausübung und der Schadenszufügung ist gegeben, da der Zeuge L.... im Rahmen einer Transporttätigkeit mit dem Elektromobil unterwegs gewesen ist. Diese Transporttätigkeit gehörte auch unstreitig zu seiner Tätigkeit im Bereich des Pflegeheimes. Dies hat das Landgericht aufgrund der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme rechtsfehlerfrei festgestellt. Im Übrigen wird dies von der Beklagten in der Berufungsinstanz nicht weiter bestritten.

Nach der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats auch als bewiesen fest, dass die fehlende Feststellung der Handbremse durch den Zeugen L.... Ursache des Wegrollens und damit des Aufpralls auf das Fahrzeug der Klägerin war. Dabei kann dahinstehen, ob bei dem hier unstreitig gegebenen Rückwärtsrollen bei Gefällelage bereits der Beweis des ersten Anscheins dafür spricht, dass die Handbremse bei dem betreffenden Fahrzeug nicht bzw. nicht ordnungsgemäß festgestellt war.

Im vorliegenden Fall hat zwar der Fahrer des Elektromobils, der Zeuge L...., anlässlich seiner Vernehmung nicht mit Sicherheit sagen können, ob er die Handbremse nicht richtig angezogen hatte; er hat dies vielmehr lediglich als wahrscheinlich angenommen. Der mit der Fahrzeugwartung und Organisation betraute Zeuge H. hat jedoch sehr bestimmt ausgesagt, dass die "Elektrokarre" in Ordnung gewesen sei. Jedes Jahr werde sie im Rahmen einer "UVV" untersucht, wobei auch die Bremsbeläge eingeschlossen seien. Er sei sich aufgrund dessen sicher, dass die Handbremse als solche funktioniert hätte, zumal er noch am nächsten Tag dem Zeugen L.... und anderen anwesenden Zivildienstleistenden gezeigt habe, dass das Elektromobil tatsächlich auch bremse. Er hat deshalb geschlussfolgert, dass keine Bremse defekt gewesen sei und er konnte auch definitiv ausschließen, dass das Rückwärtsrollen durch einen technischen Defekt herbeigeführt worden wäre. Dies genügt, wie das Landgericht zutreffend gewürdigt hat, die Überzeugung von der Richtigkeit der bestrittenen Behauptung mit einer für § 286 ZPO ausreichenden Gewissheit zu gewinnen.

Soweit die Beklagte nunmehr einwendet, es bestehe die Möglichkeit, dass dritte Personen das Zurückrollen verursacht hätten, erschüttert dies nicht die aufgrund der Beweisaufnahme gewonnene Überzeugung von der Wahrheit der bestrittenen Behauptung. Die Beklagte hat nämlich keinerlei konkrete Anhaltspunkte vorgetragen, sondern nur ohne tatsächliche Grundlage eine Vermutung aufgestellt. Es ist nicht auch nur andeutungsweise vorgebracht worden, wer bzw. welche Personen, die sich zum maßgeblichen Zeitpunkt im Umfeld des Fahrzeuges befunden hätten, hier ein Zurückrollen durch mutwilliges Lösen der Feststellbremse während der Abwesenheit des Zeugen L.... hätten herbeiführen können. Im Übrigen wurde auch nicht vorgetragen, dass das Fahrzeug etwa unverschlossen gewesen wäre. Unter diesen Umständen ist eine Dritteinwirkung hier rein hypothetisch und aufgrund der nach der Beweisaufnahme feststehenden konkreten Umstände derart unwahrscheinlich, dass sie vernünftigerweise zu keinem anderen Ergebnis der Beweiswürdigung führen konnte.

1.2. Ebenso rechtsfehlerfrei hat das Landgericht ein Verschulden des Zeugen L.... festgestellt. Wer bei einer Gefällelage die Handbremse nicht arretiert oder das Fahrzeug sonst nicht sichert, handelt unter Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt und damit fahrlässig (§ 276 BGB).

1.3. Auf das Verweisungsprivileg des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich die Beklagte nicht berufen. Als andere haftende Körperschaft käme allenfalls die Trägerin des Pflegeheimes, also die Streitverkündete, in Betracht.

Die Subsidiaritätsklausel des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB gilt nämlich nicht, wenn sich der anderweitige Ersatzanspruch gegen eine andere öffentlich-rechtliche Körperschaft richtet, sofern nur dieser Anspruch und der aus Amtshaftung demselben Tatsachenkreis entsprungen sind. Insoweit ist nämlich von der Einheitlichkeit der öffentlichen Hand auszugehen (BGH, Urt. v. 04.07.1974, III ZR 63/72, BGHZ 62, 394; BGH, Urt. v. 21.09.1961, III ZR 100/60, NJW 1961, 2256, wo es um einen anderweitigen Anspruch aus § 7 StVG ging; BGHZ 111, 272).

1.4. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist sie auch passivlegitimiert.

Grundsätzlich haftet die den Beamten im haftungsrechtlichen Sinne anstellende Körperschaft als diejenige, in deren Diensten der Beamte steht (Palandt/Thomas, BGB, 58. Aufl., § 839 Rn. 18). Der Beklagten ist zuzugeben, dass in der vom Landgericht herangezogenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 04.06.1992 (III ZR 93/91 a.a.O.) die Haftung der Beklagten explizit nur für den Fall festgestellt wurde, dass sich der Zivildienstleistende im Dienst einer privatrechtlich organisierten anerkannten Beschäftigungsstelle gem. § 4 ZDG befunden hat. Im vorliegenden Fall handelt es sich aber um ein Pflegeheim in Trägerschaft der Streitverkündeten, also einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft.

Arbeitet der Zivildienstleistende für einen privatrechtlich organisierten Aufgabenträger, dann ist richtiger Beklagter bei einer Amtspflichtverletzung durch den Zivildienstleistenden stets die Bundesrepublik Deutschland, also die Beklagte. Dies wurde im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 26.03.1997 (Az. III ZR 295/97 = NJW 1997, 2109; dem folgend: OLG Köln, Urt. v. 20.04.1998, 7 U 178/97, VRS 1995, 321) bestätigt.

Aus der letztgenannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs ergibt sich letztlich aber auch, dass die von der Beklagten hier vertretene Differenzierung nicht angebracht ist.

Der Bundesgerichtshof hat nämlich dort ausgeführt (vgl. a.a.O. ebenda), dass eine Amtshaftung einer Stadt nur für solche Bediensteten in Betracht kommt, die nicht im Zivildienst stehen und bei denen es mithin an einem öffentlichen Dienstherrn im vorbezeichneten Sinne fehlt und deshalb auf die Stadt als diejenige Körperschaft zurückgegriffen werden muss, die dem Bediensteten die betreffende hoheitliche Tätigkeit anvertraut hat.

In der Literatur (Brecht, Kriegsdienstverweigerung und Zivildienst, 3. Aufl., § 34 ZDG Ziff. 2) wird - ohne nähere Begründung - die Auffassung vertreten, dass auf Grund der Tatsache, dass der Zivildienstleistende in der Erledigung der konkreten Tätigkeit im Einzelfall den Weisungen seiner Beschäftigungsstelle und deren Beauftragten unterliege, folge, dass ein geschädigter Dritter sich in diesen Fällen an die jeweilige Beschäftigungsstelle halten müsse.

Der Senat tritt dem nicht bei. Er schließt sich vielmehr der landgerichtlichen Entscheidung an, auf deren Gründe hier ergänzend Bezug genommen wird (§ 543 Abs. 1 ZPO).

Nach der vom Bundesgerichtshof vertretenen "Anvertrauenstheorie" bzw. den in ständiger Rechtsprechung hierzu entwickelten präzisierenden Feststellungen haftet grundsätzlich diejenige Körperschaft, in deren Diensten der pflichtwidrig handelnde Amtsträger steht. Die Frage nach dem haftenden Dienstherren beantwortet sich danach, welche Körperschaft dem Amtsträger das Amt, bei dessen Ausübung er fehlsam gehandelt hat, anvertraut hat, wer mit anderen Worten dem Amtsträger die Aufgaben, bei deren Wahrnehmung die Amtspflichtverletzung vorgekommen ist, übertragen hat.

Es haftet somit regelmäßig diejenige Körperschaft, die diesen Amtsträger angestellt und ihm die Möglichkeit zur Amtsausübung eröffnet hat.

Hingegen bleibt die Frage, ob auch die konkrete Aufgabe, bei deren Erfüllung die Amtspflichtverletzung begangen wurde, in den Aufgabenkreis der Anstellungskörperschaft fällt, grundsätzlich unbeachtlich. Lediglich dann, wenn die Anknüpfung an die Anstellung versagt, weil kein Dienstherr oder mehrere Dienstherren vorhanden sind, ist darauf abzustellen, wer dem Amtsträger die Aufgabe, bei deren Erfüllung er sich amtspflichtwidrig verhalten hat, anvertraut hat (BGH, Urt. v. 15.01.1987, III ZR 17/85, BGHZ 99, 326).

Passivlegitimiert bei einer Amtspflichtverletzung von Zivildienstleistenden ist daher auch dann die Bundesrepublik Deutschland als Dienstherrin, wenn sich die anerkannte Beschäftigungsstelle i. S. v. § 4 ZDG in Trägerschaft einer dienstherrenfähigen Körperschaft des öffentlichen Rechts befindet.

Die an der Anstellungskörperschaft orientierte Passivlegitimation kennt nämlich lediglich drei Ausnahmen (vgl. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 5. Aufl., 2. Teil, VI.3 (S. 112)). Zwei Ausnahmen hiervon kommen im vorliegenden Fall ersichtlich nicht in Betracht: Weder handelt es sich bei dem Zeugen L.... um einen Amtsträger ohne Anstellungskörperschaft, noch um die Ausführung rechtswidriger Weisungen (hierzu Ossenbühl, a.a.O., VI. 3 b und c). Vorliegend geht es aber auch nicht um diejenigen Fälle, in denen ein Amtsträger mehrere Dienstherren hat, wie das z.B. bei einem Landrat als Leiter der unteren Landesverwaltungsbehörde und gleichzeitig Leiter der kommunalen Selbstverwaltung der Fall sein kann.

Vergleichbar ist der vorliegende Fall vielmehr mit den Fällen, in denen ein Beamter (im haftungsrechtlichen Sinn) zwar in zwei Aufgabenbereichen tätig wird, aber nur von einer Körperschaft letztlich angestellt ist (vgl. Ossenbühl, a.a.O., VI. 3 a). So haften im kommunalen Bereich die Kommunalen Gebietskörperschaften auch dann für fehlsames Verhalten ihrer Bediensteten, selbst wenn diese in Erfüllung staatlicher Auftragsangelegenheiten handelten (vgl. Ossenbühl, a.a.O., m.w.N.).

Es besteht im vorliegenden Fall kein sachlicher Grund, anders zu entscheiden. Auch der Zivildienstleistende erfüllt (auch) Aufgaben einer anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaft als die seines Dienstherrn, der Beklagten. Die Beklagte haftet deshalb generell für ihre Zivildienstleistenden, ebenso wie sie für ihre Wehrpflichtigen einstehen muss. Diese Lösung hat zudem den Vorzug, den Verantwortlichen klar bestimmen zu können. Im Bereich der Leistungsverwaltung hängt es zudem oftmals von lediglich aufgrund praktischer oder wirtschaftlicher Erwägungen getroffenen Organisationsentscheidungen ab, ob eine öffentlich-rechtliche Körperschaft Verwaltungsaufgaben auf privatrechtlich organisierte Träger ausgelagert hat oder nicht.

Wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ist im Übrigen im Hinblick auf den möglichen Regress gegen den Zivildienstleistenden stets die Beklagte aktivlegitimiert (BVerwG, Urt. v. 13.10.1994, 2 C 20/93, DVBl. 1995, 201). Auch unter diesem Gesichtspunkt spricht vieles für eine Einheitlichkeit von Haftungsschuldner und Regressgläubiger.

Die Beklagte haftet daher als dessen Dienstherr auch dann für ein Fehlverhalten des Zivildienstleistenden gegenüber Dritten, wenn dieser im Einzelfall Landes-, Kommunal- oder Privataufgaben wahrgenommen hat (ähnlich wohl: OLG Düsseldorf, Urt. v. 15.12.1994, 18 U 102/94, VersR 1995, 1440).

2. Der Feststellungsantrag ist überwiegend zulässig und begründet.

2.1. Dass die Klägerin ihren für das Jahr 1997 entstandenen Rückstufungsschaden nunmehr unstreitig beziffern kann, führt entgegen der Beklagten nicht zum Wegfall des Feststellungsinteresses gemäß § 256 Abs. 1 ZPO. Befindet sich nämlich wie hier der anspruchsbegründende Sachverhalt (Schaden) zur Zeit der Klageerhebung noch in der Fortentwicklung, ist die Feststellungsklage insgesamt zulässig, selbst wenn der Anspruch bereits teilweise hätte beziffert werden können (vgl. Zöller/Greger, a.a.O., § 256 Rdnr. 7a m.w.N.).

Die Berufung der Beklagten hat aber insoweit Erfolg, als der Feststellungsantrag sich auch auf den gesamten bereits entstandenen Schaden erstreckt. Bis auf den Rückstufungsschaden fehlt es an der besonderen Sachurteilsvoraussetztung des Feststellungsinteresses, weil der bereits entstandene Schaden (Selbstbeteiligung und Unkostenpauschale) insoweit ohne weiteres bezifferbar und auch mit dem Leistungsantrag geltend gemacht worden ist.

2.2. Wie sich ohne weiteres aus Obigem ergibt, hat der Feststellungsantrag im Übrigen in der Sache Erfolg. Soweit er auch den Schaden umfasst, der zukünftig noch entstehen kann, war der Urteilstenor klarstellend auf diejenigen Ansprüche zu beschränken, welche nicht gemäß § 67 Abs. 1 VVG mit der Liquidation des Schadens auf die Versicherung der Klägerin übergegangen sind oder übergehen.

3. Die Revision war gemäß § 546 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZPO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Soweit ersichtlich ist bislang nämlich noch nicht entschieden worden, ob bei Tätigkeit eines Zivildienstleistenden für eine öffentlich-rechtliche Körperschaft bzw. deren Einrichtung, die Bundesrepublik Deutschland richtige Beklagte ist. Es ist zu erwarten, dass diese Problematik auch künftig wiederholt auftreten wird, so dass eine Klärung dieser Frage durch die höchstrichterliche Rechtsprechung angezeigt ist.

II.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 2, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 546 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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