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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Urteil verkündet am 14.02.2001
Aktenzeichen: 6 U 2992/00
Rechtsgebiete: EGBGB


Vorschriften:

EGBGB Art. 233 § 12 Abs. 3
Leitsatz:

Keine Zuteilungsfähigkeit eines Erben eines für die Land- oder Forstwirtschaft genutzten Grundstückes (Schlages) i.S.v. Art. 233 § 12 Abs. 3 EGBGB, dessen Antrag auf Aufnahme in eine LPG bereits zu DDR-Zeiten abgelehnt wurde.

OLG Dresden, Urteil vom 14.02.2001, Az. 6 U 2992/00


Im Namen des Volkes

Aktenzeichen: 6 U 2992/00 6 O 5687/00 LG Leipzig

Verkündet am 14.02.2001

Die Urkundsbeamtin: Justizobersekretärin

In dem Rechtsstreit

Freistaat Sachsen, vertr. durch das Landesamt für Finanzen, vertr. durch den Präsidenten G. Fischer, Stauffenbergallee 2, 01009 Dresden

Kläger und Berufungsbeklagter

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte

gegen

B.

Beklagter und Berufungskläger

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt

wegen Auflassung

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14.02.2001 durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Bey, Richter am Oberlandesgericht Glaß und Richter am Landgericht Herberger

für Recht erkannt

Tenor:

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 27.10.2000 - Az.: 6 O 5687/00 - wird auf seine Kosten

zurückgewiesen.

2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 51.000,00 DM die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Den Parteien wird nachgelassen, die Sicherheitsleistung durch selbstschuldnerische, schriftliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse zu erbringen.

3. Das Urteil beschwert den Beklagten mit weniger als 60.000,00 DM.

4. Die Revision wird zugelassen.

Beschluss:

Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird auf 42.900,00 DM festgesetzt.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt gemäß Art. 233 § 12 Abs. 3 EGBGB die Auflassung von zwei landwirtschaftlich genutzten Grundstücken aus der Bodenreform.

Dem Vater des Beklagten, A.B., waren die Grundstücke in der Gemarkung B., Flurstücke ... und ... d, eingetragen im Grundbuch von B., Bl. ..., im Rahmen der Bodenreform zugewiesen worden. Er war zum 15.03.1990 als Eigentümer der Grundstücke im Grundbuch eingetragen, wobei die Grundstücke mit einem Bodenreformsperrvermerk belastet waren. Es handelt sich um Ackerflächen.

Nach dem Tod des B. am 29.01.1968 wurde dieser von seiner Ehefrau T.B., und dem Beklagten je zur Hälfte beerbt. Die Ehefrau des Verstorbenen war Mitglied der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (folgend LPG) "L." und brachte die Grundstücke dort ein. Sie verstarb am 30.04.1984 und wurde von dem Beklagten und W. S. je zur Hälfte beerbt. Im Rahmen der Erbauseinandersetzung übertrug W. S. mit notariellem Vertrag vom 27.04.1993 seinen Erbanteil und seinen Anteil an den streitgegenständlichen Grundstücken auf den Beklagten.

Der Beklagte war als Kranfahrer zunächst bis 1972 bei der Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe - Bäuerliche Handelsgenossenschaft W. (VdgB-BHG) und danach vom 01.01.1973 bis zum 31.12.1991 in der zwischenbetrieblichen Einrichtung Agrochemisches Zentrum B. (folgend ACZ) tätig. Bei Letzterer handelte es sich um eine von den LPGen errichtete zwischengenossenschaftliche Einrichtung, deren Tätigkeitsfeld sich vordringlich auf den Pflanzenschutz und die Düngemittelausbringung erstreckte. Sie war dem Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft unterstellt. Im Rahmen seiner Tätigkeit bei dem ACZ war der Beklagte auch als Kraftfahrer bei der Erntehilfe tätig. Der Beklagte betrieb eine "individuelle Hauswirtschaft" und es erfolgte im Rahmen der Nutzung von landwirtschaftlichen Kleinstflächen eine Viehhaltung durch ihn.

Weder dem Beklagten noch dem Miterben W. S. waren die Grundstücke aus der Bodenreform förmlich zugewiesen oder übergeben worden. Auch waren weder der Beklagte noch der Miterbe W. S. am 15.03.1990 im Beitrittsgebiet als LPG-Mitglied tätig oder nach mindestens 10-jähriger Tätigkeit aus diesem Bereich verrentet worden.

Der Kläger hat in der ersten Instanz vorgetragen:

Ihm stehe als Besserberechtigter i. S. v. Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 lit. c EGBGB ein Anspruch auf Auflassung der streitgegenständlichen Grundstücke nach Art. 233 § 11 Abs. 3 EGBGB zu. Ein dem Kläger vorgehender Berechtigter gemäß Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 lit. a und b EGBGB sei nicht vorhanden. Insoweit reiche bei Schlägen - wie vorliegend - die Tätigkeit des Beklagten als Kranfahrer beim ACZ für eine Zuteilungsfähigkeit nicht aus. Der Beklagte könne sich hierfür auch nicht auf seinen - insoweit bestrittenen - Aufnahmeantrag aus dem Jahre 1984 berufen, da - wie sich aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ergebe - der Antrag auf Aufnahme in die LPG im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zum Stichtag des 15.03.1990 gestellt worden sein musste.

Der Kläger hat in der ersten Instanz beantragt:

Der Beklagte wird verurteilt, die Grundstücke in der Gemarkung B., Flurstücke ... und ... d, eingetragen im Grundbuch von B., Bl. ..., an den Kläger aufzulassen und die Eintragung im Grundbuch zu bewilligen.

Der Beklagte hat in der ersten Instanz beantragt:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Beklagte hat in der ersten Instanz vorgetragen:

Er sei Besserberechtigter i. S. v. Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 lit. b EGBGB. Dies ergebe sich im Hinblick auf § 4 Abs. 1 der Verordnung über den Besitzwechsel. So sei er unstreitig in einem Betrieb der Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft tätig gewesen und habe im Jahre 1984 einen Antrag auf Aufnahme in die LPG "L." gestellt. Dieser sei durch Beschluss des Kooperationsrates Bn. abgelehnt worden. Grund hierfür sei gewesen, dass zum damaligen Zeitpunkt keine Veranlassung der LPG bestanden habe, den Erben von Bodenreformgrundstücken durch Verschaffung der Mitgliedschaft in die LPG die Rechte an Bodenreformgrundstücken zu verschaffen. Trotzdem sei er seit 1984 von der bewirtschaftenden LPG uneingeschränkt als Landeinbringer behandelt und regelmäßig zu Veranstaltungen der LPG, wie Erntefesten und Brigadefeiern, eingeladen worden.

Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes verlange auch keinen zeitnahen Antrag auf Mitgliedschaft in die LPG zum 15.03.1990. Maßgeblich sei vielmehr allein, dass der Beklagte mit Antragstellung alles getan habe, um seiner Stellung als Bodenreformeigentümer gerecht zu werden und aufgrund seiner Tätigkeit beim ACZ und seiner familiären Herkunft mit der LPG als Landeinbringer verbunden gewesen sei. Damit hätten bei ihm die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 der Durchführungsverordnung zur Besitzwechselverordnung vorgelegen und deshalb die Zuteilungsfähigkeit.

Das Landgericht Leipzig hat mit Urteil vom 27.10.2000 - Az.: 6 O 5687/00 - die Klage abgewiesen. Es hat die Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass grundsätzlich Voraussetzung für die Zuteilungsfähigkeit bei Schlägen die Mitgliedschaft in einer LPG sei oder ein Antrag auf Mitgliedschaft, der die entsprechende Bereitschaft dokumentiere. Der Antrag des Beklagten aus dem Jahre 1984 reiche hierfür nicht aus, da dieser abgelehnt worden sei. Darüber hinaus habe der Beklagte auch nicht die Voraussetzungen der Besitzwechselverordnung erfüllt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Urteils Bezug genommen.

Gegen das ihm am 15.11.2000 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 30.11.2000 - eingegangen beim Oberlandesgericht am 04.12.2000 - Berufung eingelegt und diese, nachdem die Frist zur Berufungsbegründung zum 15.01.2001 verlängert worden ist, mit Schriftsatz vom 10.01.2001 - eingegangen beim Oberlandesgericht am 11.01.2001 - begründet.

Der Beklagte trägt vor:

Zwar ergebe sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes im Wege der teleologischen Reduktion, dass neben den in Art. 233 § 12 Abs. 3 EGBGB normierten Zuteilungsvoraussetzungen noch weitere Voraussetzungen für eine Zuteilungsfähigkeit, insbesondere der Bereitschaftswillen des Erben, einer LPG beizutreten, bestünden. Dieser Wille werde durch den Antrag des Beklagten aus dem Jahre 1984 dokumentiert. Dieser sei schriftlich gegenüber der LPG "L." gestellt und von dem zuständigen Organ der LPG, der Vollversammlung, abgelehnt worden. Grund für die Ablehnung des Antrags auf Mitgliedschaft sei nicht der fehlende Bezug der zum damaligen Zeitpunkt vom Beklagten ausgeübten Tätigkeit zur Landwirtschaft gewesen; ebenso wenig sei diese Ablehnung erfolgt, um dem Beklagten die Zuteilungsfähigkeit nach der Besitzwechselverordnung zu "verbauen". Vielmehr sei Hintergrund der Ablehnung ein Beschluss des Kooperationsrates Bn. über die Unvereinbarkeit zwischen LPG-Mitgliedschaft und Tätigkeit als Arbeiter beim ACZ zum Zwecke der Vermeidung von Differenzen der Arbeitsorganisationen und doppelt bestehender Arbeitspflichten gewesen. Es sei dem Beklagten auch trotz fehlender LPG-Mitgliedschaft das Recht eingeräumt worden, wie LPG-Mitglieder bzw. Landeinbringer Naturalien zu erwerben. Daraus werde deutlich, dass der Beklagte zur Sicherung seines Bodenreformeigentums alles unternommen habe. Die fehlerhafte und unbegründete Ablehnung seines Aufnahmeantrags könne nunmehr nicht nach ca. 16 Jahren zu einer Enteignung des Beklagten führen.

Der Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des am 27.10.2000 verkündeten Urteils des Landgerichtes Leipzig, Az.: 6 O 5687/00, die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor:

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sei für die Zuteilungsfähigkeit bei Schlägen maßgebend die Mitgliedschaft in einer LPG gewesen. Diese Voraussetzung erfülle der Beklagte - unstreitig - nicht. Darüber hinaus hätte nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum 15.03.1990 kumulativ neben der LPG-Mitgliedschaft eine aktive Tätigkeit in einer LPG vorliegen müssen. Danach liege eine Besserberechtigung des Beklagten nur vor, wenn eine förmliche Bodenreformentscheidung zugunsten des Beklagten erfolgt wäre, was unstreitig nicht der Fall gewesen sei. Nach § 11 Abs. 1 Satz 3 LPGG seien die von dem Beklagten behaupteten Differenzen bei gleichzeitiger Mitgliedschaft in einer LPG und Tätigkeit beim ACZ nicht zu befürchten gewesen, da Genossenschaftsbauern, die an andere landwirtschaftliche Betriebe delegiert worden seien, alle Rechte aus der Mitgliedschaft zur LPG behalten hätten. Es dürften auch die Voraussetzungen einer LPG-Mitgliedschaft beim Beklagten nicht vorgelegen haben, da es sich bei dessen Tätigkeit als Kranfahrer um eine solche außerhalb der Landwirtschaft gehandelt habe und der Beklagte nicht aus einer LPG oder einem anderen landwirtschaftlichen Betrieb gekommen sei.

Wegen der Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig. Insbesondere wurde sie gemäß §§ 516, 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet.

II.

Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Der Kläger kann nämlich gemäß Art. 233 § 11 Abs. 3, § 12 Abs. 2 Nr. 2 lit. c EGBGB von dem Beklagten die (unentgeltliche) Auflassung der streitgegenständlichen Bodenreformgrundstücke verlangen; eine vorrangige Berechtigung des Beklagten (Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 lit. b EGBGB) besteht nicht.

1. Der Beklagte wurde mit dem Tod seines Vaters (Mit-)Eigentümer der diesem aus dem Bodenfonds zugewiesenen Grundstücke. Sein Eigentum war jedoch bis zum In-Kraft-Treten des Gesetzes über die Rechte der Eigentümer von Grundstücken aus der Bodenreform vom 16.03.1990 (GBl. DDR I, 134) öffentlich-rechtlich gebunden.

Die mit dem 2. VermRÄndG erlassenen Vorschriften zur Abwicklung der Bodenreform sollen eine Lücke schließen, die dadurch entstanden ist, dass mit In-Kraft-Treten des Gesetzes vom 06.03.1990 einerseits die Beschränkungen des Bodenreformeigentums ersatzlos aufgehoben worden sind, andererseits aber Überleitungsvorschriften für die Alterbfälle fehlen. Rechtstatsächliche Untersuchungen haben nämlich gezeigt, dass die früheren Besitzwechselvorschriften für die Bodenreformgrundstücke in vielen Fällen nicht beachtet und Rückführungen in den Bodenfonds nicht vollzogen wurden. Der Gesetzgeber hat deshalb aus verschiedenen wohlerwogenen Gründen nicht die reine Erbrechtslösung, d. h. die generelle Übertragung des Eigentums auf den oder die Erben des zuletzt eingetragenen Neubauern gewählt, sondern sich stattdessen für die sogenannte Nachzeichnungslösung entschieden, die eine unterlassene Zuteilung entsprechend den früheren Bestimmungen des Bodenreformrechts "nachzeichnet" (ständ. Rsp. des BGH, siehe Urteil vom 21.06.1996, Az.: V ZR 284/95, WM 1996, 1865; BGH, Urteil vom 18.07.1997, Az.: V ZR 121/96, BGHZ 136, 283, 288 f. = ZfIR 1997, 658, 660; vgl. Senat: Urteil vom 23.02.2000, Az.: 6 U 2875/99).

Maßgebender Ansatz dieser Lösung ist hierbei eine gerechte Abwicklung der Bodenreform, in der nicht der zufällig entfaltete oder auch nicht entfaltete Eifer der früheren in der DDR zuständigen Stellen bei Anwendung der Besitzwechselvorschriften darüber entscheidet, wer ein Bodenreformgrundstück behalten oder nicht behalten darf. Hierbei soll eine größere innere Gerechtigkeit für die Alterbfälle dadurch erreicht werden, dass sie grundsätzlich nach den Zuteilungsgrundsätzen der Besitzwechselverordnungen zu Ende geführt werden. Damit werden auch unterlassene Rückführungen in den Bodenfonds nachgeholt, was durch einen entsprechenden Auflassungsanspruch des Fiskus geschieht (BGH, BGHZ 136, 283, 289 = ZfIR 1997, 658, 660; vgl. BGH, Urteil vom 20.10.2000, Az.: V ZR 194/99, VIZ 2001, 103, 104 = WM 2001, 212, 213 = ZIP 2001, 48, 49).

2. Zwar bestimmt Art. 233 § 12 Abs. 3 EGBGB den Begriff der Zuteilungsfähigkeit für die Absätze 1 und 2 dieser Vorschrift seinem Wortlaut nach einheitlich dahin, dass es auf die Tätigkeit des Erben bei Ablauf des 15. März 1990 in der "Land-, Forst- oder Nahrungsgüterwirtschaft" ankommt. Der Gesetzgeber hat hierbei unbesehen die Formulierung aus §§ 1, 2 der Verordnung über die Durchführung des Besitzwechsels bei Bodenreformgrundstücken vom 07.05.1975 (GBl. DDR I, S. 629 - folgend BesitzwechselVO) übernommen. Hierbei wurde nicht bedacht, dass insbesondere durch Einbeziehung der Nahrungsgüterwirtschaft für sogenannte Schläge der Kreis der zuteilungsfähigen Erben weit über das von dem Gesetzgeber selbst gesteckte Ziel einer Nachzeichnung der Besitzwechselvorschriften hinaus erweitert worden ist. Zwar stellen auch diese Vorschriften auf die genannte Tätigkeit ab. Dies gilt unbeschränkt aber nur für die sogenannten Hauswirtschaften. Insoweit umfasst der Besitzwechsel nur "die zur Befriedigung der Wohnbedürfnisse erforderlichen Gebäude und die zur Nutzung der Gebäude erforderlichen Flächen." Im Übrigen, nämlich hinsichtlich der rein landwirtschaftlich genutzten Flächen - wie sie hier im Streit sind -, musste der Übernehmende eines Bodenreformgrundstückes aber Mitglied einer LPG sein (§ 3 Abs. 1 Satz 1 BesitzwechselVO), weil dieser nur dann die Gewähr für eine effektive Nutzung der Bodenreformgrundstücke im Sinne der damaligen sozialistischen Bodenpolitik habe bieten können (BVerfG, Beschluss vom 25.10.2000, 1 BvR 2062/99, VIZ 2001,115, 117; BGH, BGHZ 136, 283, 290 = ZfIR 1997, 658, 660; BGH, Urteil vom 03.07.1998, Az.: V ZR 188/96, ZOV 1999, 113, 114).

Berücksichtigte man nunmehr diesen Unterschied nicht, so führte das dazu, dass heute auch solche Erben Schläge behalten dürfen, denen sie nach den Maßstäben der Besitzwechselvorschriften nie hätten zugeteilt werden dürfen. Es entstünde damit eine nicht mehr hinzunehmende Ungleichbehandlung zwischen den Fällen einer vor dem 16.03.1990 durchgeführten Rückführung in den Bodenfonds und der nunmehr abzuwickelnden Bodenreform, die der Gesetzgeber ausdrücklich gerade vermeiden wollte (BGH, BGHZ 136, 283, 290 = ZfIR 1997, 658, 660).

Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung verlangt daher für den Fall des Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB eine teleologische Reduktion vorzunehmen. Zuteilungsfähig kann demnach für Schläge grundsätzlich nur ein Erbe sein, der am 15.03.1990 einer LPG angehörte bzw., da für die Übertragung einer Bodenreformwirtschaft genügte, dass der Erbe die LPG-Mitgliedschaft nach dem Erbteil erwarb, der bis zum 15. 03. 1990 einen Antrag auf Aufnahme in eine solche - wie der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 03.07.1998 (ZOV 1999, 113, 114) klarstellend ausgeführt hat - gestellt hat, aus dem sich seine Bereitschaft zum Eintritt in eine LPG ergab (vgl. BGH, BGHZ 136, 183, 292 = ZfIR 1997, 658, 661; BGH, ZOV 1999, 113, 114; vgl. OLG Naumburg, Urteil vom 11.02.1998, Az.: 5 U 1316/97, gespeichert in JURIS).

3. Selbst wenn man zugunsten des Beklagten davon ausgeht, dass dieser im Jahre 1984 einen Antrag auf Aufnahme in die LPG "L." gestellt hat, liegen gemessen an den oben genannten Grundsätzen die Voraussetzungen für eine Zuteilungsfähigkeit im Sinne von Art. 233 § 12 Abs. 3 EGBGB nicht vor.

Unstreitig war der Beklagte kein LPG-Mitglied. Auch aus dem behaupteten Aufnahmeantrag aus dem Jahre 1984 kann der Beklagte nichts für seine Rechtsposition herleiten. Nach dem eigenen Vortrag des Beklagten wurde sein Antrag auf Aufnahme in die LPG abgelehnt, weil aus Gründen der Vermeidung von Differenzen in den Arbeitsorganisationen und einer doppelt bestehenden Arbeitspflicht gleichzeitig eine Mitgliedschaft in der LPG und eine Tätigkeit beim ACZ nicht möglich gewesen war. Dass der behauptete Unvereinbarkeitsbeschluss des Kooperationsrates Bn. und die hierauf beruhende Ablehnungsentscheidung gegen Recht und Gesetz der damaligen DDR verstieß oder auf unlauteren Machenschaften beruhte, so dass der Auflassungsanspruch des Klägers aus diesem Grunde nach dem Grundsatz von Treu und Glauben ausgeschlossen sein könnte(vgl. BGH, Urteil vom 13.12.1996, Az.: V ZR 42/96, VIZ 1997, 238, 239), wird von dem Beklagten selbst nicht behauptet und ist nicht ersichtlich. Damit folgt aber aus dem eigenen Vorbringen des Beklagten, dass dieser während DDR-Zeiten eine Mitgliedschaft in einer LPG nicht hat erwerben können, so dass bereits aus diesem Grunde die streitgegenständlichen Schläge gemäß § 4 Abs. 5 BesitzwechselVO bzw. § 4 Abs. 5 der 2. Verordnung über die Durchführung des Besitzwechsels bei Bodenreformgrundstücken vom 07.01.1988 (GBl. DDR I, S. 25) zurückzugeben waren. Im Rahmen der "Nachzeichnung" der Besitzwechselvorschriften ist kein Raum für die Korrektur tatsächlicher Umstände, die bei ordnungsgemäßer, zeitnaher Entscheidung durch den Rat des Kreises selbst in der DDR hätten zugrunde gelegt werden müssen. Die in der behaupteten Antragstellung dokumentierte Bereitschaft eines Beitritts in die LPG als solche rechtfertigt in den Altfällen, in denen die Aufnahme in die LPG zumindest nicht rechtsmißbräuchlich abgelehnt wurde, ebenso wenig ein Behaltendürfen der Bodenreformgrundstücke wie auch der Umstand, dass der Beklagte in das soziale Leben der LPG eingebunden war. Ansonsten wäre die durch die Einführung des 2. VermRÄndG bezweckte Gleichbehandlung nicht mehr gegeben. Dahingestellt kann daher bleiben, ob - wie der Kläger meint - nicht ohnehin der Antrag auf Aufnahme in die LPG nur dann für die Nachzeichnung ausreicht, wenn nur wegen der veränderten gesetzlichen Verhältnisse in den Jahren 1989 und 1990 sowie der Umstrukturierung der Landwirtschaft in der DDR eine sonst im ordnungsgemäßen Verlauf erfolgte Entscheidung zugunsten des Antragstellers unterblieben ist.

Abgesehen davon kann aufgrund der angeblich bereits im Jahre 1984 erfolgten - vom Beklagten offensichtlich widerspruchslos hingenommenen - Ablehnung seines Aufnahmeantrags, nicht mehr von einer Aufrechterhaltung des Antrags zum Stichtag ausgegangen werden..

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 546, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war gemäß § 546 Abs. 1 Satz 2 ZPO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und über die Frage der Zuteilungsfähigkeit bei Ablehnung eines Antrages auf Aufnahme in eine LPG bisher noch nicht höchstrichterlich entschieden wurde.

IV.

Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 14, 12 GKG i. V. m. § 6 ZPO entsprechend dem Berufungsantrag des Beklagten festgesetzt, wobei der Senat die Wertangaben des Klägers zugrunde legt.

Ende der Entscheidung

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