Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Urteil verkündet am 11.05.2001
Aktenzeichen: 6 U 423/01
Rechtsgebiete: EGBGB


Vorschriften:

EGBGB Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 1 c
EGBGB Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 1 c

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Frage der Besserberechtigung ist zumindest für den Fall des Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 1 lit. c EGBGB ebenso wie für die Frage der Zuteilungsfähigkeit der Ablauf des 15.03.1990.

OLG Dresden, Urt. v. 11.05.2001, Az. 6 U 423/01


Oberlandesgericht Dresden IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 6 U 423/01 15 O 6402/00 LG Leipzig

Verkündet am 11.05.2001

Die Urkundsbeamtin: Justizobersekretärin

In dem Rechtsstreit

wegen Herausgabe Veräußerungserlös

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 02.05.2001 durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht B ,

Richter am Oberlandesgericht G und

Richter am Landgericht H

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 12.01.2000 - Az.: 15 O 6402/00 - wird auf seine Kosten

zurückgewiesen.

2. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten der Beklagten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleitung in Höhe von 5.500,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagten vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Den Parteien wird nachgelassen, die Sicherheitsleistung durch selbstschuldnerische, schriftliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin zugelassenen Bank- oder Sparkasse zu erbringen.

3. Das Urteil beschwert den Kläger mit weniger als 60.000,00 DM.

4. Die Revision wird zugelassen.

Beschluss:

Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird auf 13.000,00 DM festgesetzt.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von den Beklagten die Herausgabe des Erlöses aus der Veräußerung eines sogenannten Bodenreformgrundstücks.

Mit notariellem Grundstückskaufvertrag vom 30.08.1991 veräußerten die Beklagten das Flurstück 80 der Gemarkung S an die Eheleute K zu einem Kaufpreis von DM 13.000,00. In der Berufungsinstanz ist streitig, in welcher Höhe der Verkaufserlös und ob er in 4 gleichen Teilbeträgen an die jeweiligen Beklagten ausgezahlt wurde.

Ein für das Grundstück aufgenommener Bodenreformkredit in Höhe von DM 3.268,29 wurde von den Käufern abgelöst.

Der Grundstückskaufvertrag ist am 01.10.1991 bei dem Grundbuchamt D zum Vollzug eingegangen. Zugleich wurde die Eintragung einer Auflassungsvormerkung beantragt. Die Eigentumsüberschreibung erfolgte am 08.10.1992 auf die Käufer.

Das streitgegenständliche Grundstück war mit einem Bodenreform-Sperrvermerk belastet. Als Eigentümer des Grundstücks war am 15.03.1990 Franz W (im Folgenden: Erblasser) im Grundbuch eingetragen. Dieser verstarb am 22.05.1969 und wurde zunächst von seiner Ehefrau Hedwig W (im Folgenden: Erblasserin) und den Beklagten beerbt. Die Erblasserin verstarb am 08.12.1990 und wurde von den Beklagten beerbt. Das streitgegenständliche Grundstück war mit einem Wohnhaus bebaut, in welchem die Erblasserin bis zu ihrem Tod lebte.

Für das streitgegenständliche Grundstück wurde nach dem Erblasser keiner Person nach den Vorschriften über die Bodenreform oder den Besitzwechsel bei Grundstücken aus der Bodenreform eine Zuweisung erteilt oder dieses förmlich übergeben. Ein Besitzwechsel wurde auch nicht im Grundbuch eingetragen. Keiner der Beklagten bewohnte am 15.03.1990 das auf dem streitbefangenen Flurstück befindliche Wohnhaus.

Der Kläger nimmt Kreditmittel zu einem Zinssatz von 4,7 % in Anspruch.

Der Kläger hat in der ersten Instanz vorgetragen:

Die Beklagten seien verpflichtet, ihm den erlangten Kaufpreis abzüglich des getilgten Kreditbetrages gemäß Art. 233 § 16 Abs. 2 EGBGB herauszugeben. Denn bei dem Kläger handele es sich um einen Besserberechtigten i.S.d. Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 lit. c EGBGB. Vorgehende Berechtigte nach Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB seien nicht vorhanden. Insbesondere könnten sich die Beklagten nicht auf eine Besserberechtigung der Erblasserin berufen. Bei dieser hätten keine der für die sogennanten Hauswirtschaften entwik-kelten Anknüpfungskriterien vorgelegen. Dem stehe auch nicht entgegen, dass das streitgegenständliche Grundstück von der Erblasserin zum 15.03.1990 bewohnt worden sei. Hinsichtlich einer etwaigen Besserberechtigung komme es nämlich allein auf die Beklagten als "Stichtagserben" zum 22.07.1992 an. Wie bereits der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 26.03.1998 (Az: V ZR 232/97) entschieden hätte, könne nämlich ein selbst nicht besserberechtigter Erbe eines Begünstigten aus der Bodenreform die Auflassung an einen nach Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB Besserberechtigten auch dann nicht verweigern, wenn zwar bei Ablauf des 15.03.1990, nicht jedoch bei Beginn des 22.07.1992 ein besserberechtigter Erbe des im Grundbuch eingetragenen Begünstigten aus der Bodenreform vorhanden gewesen sei. Dies gelte selbst dann, wenn der Erbe den zwischen dem 15.03.1990 und dem 22.07.1992 Verstorbenen beerbt habe und in dieser Eigenschaft Erbeserbe des Eingetragenen sei.

Dies ergebe sich auch aus der Systematik des Art. 233 §§ 11, 12 EGBGB. Diese Vorschrift unterscheide zwischen den Alterbfällen, bei denen der Bucheigentümer vor dem 15.03.1999 verstorben wäre, und den Neuerbfällen, bei denen der Bucheigentümer am 15.03.1990 gelebt, aber vor dem 22.07.1992 verstorben sei. Lediglich bei den Alterbfällen, welche in Art. 233 § 12 Abs. 2 EGBGB geregelt seien, sei eine Besserberechtigung des Landesfiskus vorgesehen. Das Gesetz unterscheide demnach danach, ob der Rechtsvorgänger des heutigen Grundstückseigentümers noch selbst im Grundbuch eingetragen gewesen oder bereits seinerseits unterlassen worden sei, die Grundbuchlage nach den Bestimmungen der Besitzwechselverordnung zu korrigieren. Wenn der Rechtsvorgänger bei Erleben des 15.03.1990 im Grundbuch eingetragen gewesen sei, seien die Voraussetzungen für eine Herausgabe durch die Erben weitaus enger (Art. 233 § 12 Abs. 1 EGBGB), als wenn der Rechtsvorgänger bei Erleben des 15.03.1990 nicht im Grundbuch eingetragen gewesen sei (Art. 233 § 12 Abs. 2 EGBGB). Diese Differenzierung sei dadurch begründet, dass Erben weniger schutzwürdig seien als Bucheigentümer. Da demgemäß das Gesetz sehr genau danach differenziere, ob der Erblasser bei Inkrafttreten des Bodenreformgesetzes am 15.03.1990 im Grundbuch eingetragen gewesen sei oder nicht, hieran sehr unterschiedliche Rechtsfolgen knüpfe, könne diese Unterscheidung nicht dadurch umgangen werden, dass man die Zuteilungsfähigkeit "vererblich" mache. Dies hieße nämlich, einen eindeutigen Alterbfall entgegen dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes in einen Neuerbfall umzudeuten.

Darüber hinaus hätten sich erstmals am 22.07.1992 der "vorläufige Eigentümer" (Art. 233 § 11 Abs. 2 EGBGB) und der "Besserberechtigte" (Art. 233 § 11 Abs. 3 EGBGB i.V.m. Art. 233 § 12 EGBGB) gegenübergestanden. Vorher habe es keine "Besserberechtigung" gegeben, die die Erblasserin habe erwerben und "weiter vererben" können.

Der Kläger, der in der Klageschrift beantragt hat, die Beklagten zur Zahlung von DM 13.000,00 nebst 4,7 % Zinsen zu verurteilen, hat in der ersten Instanz zuletzt beantragt,

die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger 9.731,71 DM nebst 4,7 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Im Übrigen wird die Hauptsache für erledigt erklärt.

Hilfsweise,

die Beklagten zu verurteilen, an den Kläger jeweils 2.432,93 DM zzgl. 4,7 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten haben in der ersten Instanz beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben in der ersten Instanz vorgetragen:

Ein Anspruch des Klägers auf Herausgabe des Erlöses nach Art. 233 § 16 Abs. 2 EGBGB scheide aus, da dieser nicht Besserberechtigter i.S.d. Art. 233 § 12 Nr. 2 lit. c EGBGB sei. Vielmehr sei die Erblasserin Besserberechtigte nach Art. 233 § 12 Abs. 1 EGBGB gewesen. Denn diese habe nach der Besitzwechselverordnung eine förmliche Zuweisung an sich selbst verlangen können. Hätte sie dies getan, wäre sie durch das Gesetz vom 06.03.1990 vollwertige Eigentümerin des Wohngrundstücks geworden.

Nachdem durch den Bundesgerichtshof in Abänderung seiner früheren Rechtsprechung festgestellt worden sei, dass Grundstücke aus der Bodenreform vererblich gewesen seien und in den Nachlass gefallen wären, d.h. eine Eigentumsübertragung nicht erst durch das 2. VermRÄndG stattgefunden hätte, käme es nicht mehr darauf an, ob der Erbe am 22.07.1992, d.h. zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des 2. VermRÄndG, noch gelebt hätte. Maßgeblich sei vielmehr, ob ein besserberechtigter Erbe i.S.v. Art. 233 § 12 EGBGB zum 15.03.1990 vorhanden gewesen sei. Denn durch die Regelungen des 2. VermRÄndG sollten in pauschalierter Nachzeichnung der Besitzwechselvorschriften der DDR demjenigen das Eigentum am Grundstück übertragen werden, dem es nach den Zuteilungsgrundsätzen der DDR-Besitzwechselvorschriften hätte zukommen müssen. Insoweit schließe das Gesetz hinsichtlich Alterbfälle eine Lücke, welche das von der Volkskammer erlassene Gesetz vom 06.03.1990 hinterlassen habe. Ab dem 15.03.1990 sollte es durch die Aufhebung der Besitzwechselvorschriften keine Rückforderung mehr geben. Die erbrechtliche Lage sollte demgemäß Bestand haben, wenn bis 15.03.1990 keine unterlassene Rückführung in den staatlichen Bodenfonds vorgelegen hätte. Das Datum 22.07.1992 stehe hierzu in keiner Beziehung. Ein solch regelungswidriges Zufallsergebnis, welches durch die Vorschriften des 2. VermRÄndG hätte ausgeglichen werden sollen, sei vorliegend nicht gegeben gewesen, da - wie bereits dargelegt - das Grundstück nach den Besitzwechselvorschriften der DDR an die Erblasserin hätte übertragen werden müssen.

Darüber hinaus sei der Kaufpreis aus dem Grundstückskaufvertrag zu vier gleichen Teilen an die Beklagten ausgezahlt worden.

Das Landgericht Leipzig hat mit Urteil vom 12.01.2001 - Az: 15-O 6402/00 - die Klage abgewiesen. Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass maßgeblich für die Zuteilungsfähigkeit nicht der 22.07.1992, sondern der 15.03.1990 gewesen wäre. Zu diesem Zeitpunkt habe aber eine Besserberechtigung der Erblasserin bestanden, die einem Auflassungs- und damit einem Erlösherausgabeanspruch des Klägers entgegenstünde. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil Bezug genommen.

Gegen das ihm am 18.01.2001 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Schriftsatz vom 15.02.2001 - eingegangen beim Oberlandesgericht am gleichen Tag - Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 15.03.2001 - eingegangen beim Oberlandesgericht am gleichen Tag - begründet.

Der Kläger vertieft sein Vorbringen erster Instanz und führt ergänzend aus:

Das Landgericht habe die bereits vorab zu stellende Frage, wer die Adressaten der gesetzlichen Regelung seien, unbeantwortet gelassen. Da eine gesetzliche Regelung, die als Adressaten verstorbene Personen habe, dem deutschen Recht wesensfremd sei, kämen als Adressat der gesetzlichen Regelung und somit potentielle Berechtigte nur Personen in Betracht, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Bodenreformabwicklungsvorschriften am 22.07.1992 gelebt hätten. Dies sei auch der Wille des Gesetzgebers gewesen, wie er sich im Gesetzeswortlaut finde.

Im Gegensatz zur Auffassung des Landgerichts sei trotz der Änderung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Frage der Vererblichkeit von Bodenreformgrundstücken für die Zuteilungsfähigkeit und die Besserberechtigung maßgebend, ob ein zuteilungsfähiger Erbe am 22.07.1992 gelebt habe, wie bereits der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 26.03.1998 entschieden hätte. An dieser Rechtsprechung habe der Bundesgerichtshof auch weiterhin festgehalten. So habe dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17.12.1998 (Az.: V ZR 200/97) der Sachverhalt zugrunde gelegen, dass die im Grundbuch eingetragene Eigentümerin am 21.12.1987 verstorben und die Nutzung des bis zum Tode von der Eigentümerin mit ihrer Schwägerin gemeinsam bewohnten Wohngrundstücks aus der Bodenreform danach von der Schwägerin fortgesetzt worden sei. Obwohl hinsichtlich der Schwägerin möglicherweise die Voraussetzungen einer Besserberechtigung gemäß Art. 233 § 12 Abs. 2 Ziff. 1 lit. b EGBGB vorgelegen haben könnten, habe sich der Bundesgerichtshof mit diesem Gesichtspunkt überhaupt nicht befasst und auch im Übrigen seine Entscheidung vom 26.03.1998 nicht in Frage gestellt. Vielmehr sei den Ausführungen des Bundesgerichtshofs zur Frage der Verpflichtung zur Rückführung zu entnehmen, dass auch im Falle eines zuteilungsfähigen "Zwischenerben", der allerdings den 22.07.1992 nicht mehr erlebt habe, die Regelungen des Art. 233 §§ 11 ff. EGBGB weiterhin unbedingt Anwendung finden sollten. So führe der Bundesgerichtshof in diesem Urteil aus, dass die Frage des Verbleibes des Bodenreformgrundstücks beim Erben allein nach Art. 233 §§ 11 Abs. 3, 12 Abs. 2 Nr.2 EGBGB zu entscheiden sei. Die Auffassung des Klägers werde weiterin durch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 04.02.2000 (Az: V ZR 260/98) bestätigt, in dem dieser ausführe, dass das Eigentum der Erben am 22.07.1992 einem Vorbehalt unterworfen worden wäre.

Die Maßgeblichkeit des Stichtages 22.07.1992 ergebe sich auch aus Art. 233 § 11 Abs. 5 EGBGB, in dem im Rahmen des Registerverfahrenbeschleunigungsgesetzes eingefügt worden sei, dass die Wirkungen des Gesetzes für den Fall des ehelichen Erwerbers im Beitrittsgebiet frühestens am 22.07.1992 eingreifen können.

Darüber hinaus bestünden Bedenken hinsichtlich der Berücksichtigungsfähigkeit des Betrages von DM 3.268,29, da dieser Bodenreformkredit vor dem 22.07.1992 abgelöst worden sei und damit nicht mehr unter Art. 233 §15 Abs. 1 EGBGB falle.

Es sei auch nicht erforderlich, den jeweiligen Haftungsanteil der Beklagten kenntlich zu machen, da der Wegfall der gesamtschuldnerischen Haftung erst nach Aufteilung des Erlöses greife. Insoweit hätten im Übrigen die Beklagten bis zum heutigen Tage nicht durch Vorlage der entsprechenden Belege nachgewiesen, dass und in Höhe welcher Beträge die Kaufpreiszahlungen an die 4 Beklagten erfolgt seien. Eine Aufteilung der Kaufpreiszahlung auf die Beklagten müsse daher mit Nichtwissen bestritten werden. Eine Anrechnung des Betrages von DM 3.268,29 wegen Ablösung des Bodenreformkredits auf den Kaufpreis sei nicht erfolgt. Demgemäß müsse der Kläger unverändert davon ausgehen, dass die Beklagten ohne Reduzierung ein Betrag i. H. v. 13.000,00 DM erhalten hätten.

Der Kläger beantragt:

Unter Abänderung des am 12.01.2001 verkündeten Urteils des Landgerichts Leipzig

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 9.731,71 DM zzgl. 4,7 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen sowie festzustellen, dass der Rechtsstreit in Höhe eines Teilbetrages von DM 3.268,29 erledigt ist.

Hilfsweise,

die Beklagten zu verurteilen, an den Kläger jeweils 2.432,93 DM zzgl. 4,7 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen sowie festzustellen, dass in Höhe eines Teilbetrages von 3.268,29 DM Erledigung eingetreten ist.

Wiederum hilfsweise,

die Beklagten zu verurteilen, an den Kläger jeweils 3.250,00 DM zzgl. 4,7 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beklagten verteidigen das erstinstanzliche Urteil und tragen ergänzend vor:

Von dem vereinbarten Kaufpreis i.H.v. insgesamt 13.000,00 DM seien von den Käufern ein Bodenreformkredit bei der Raiffeisenbank i.H.v. 3.268,29 DM direkt abgelöst worden, was zu einer entsprechenden Reduzierung des an die Beklagten tatsächlich ausgezahlten Verkaufserlöses geführt habe.

Hinsichtlich des Hauptantrages sei die Klage unzulässig, da es an der notwendigen Bestimmtheit des Klageantrages gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO fehle. Der Antrag lasse nämlich nicht erkennen, in welchem Umfang jeder einzelne Beklagte zur Zahlung verpflichtet sein solle. Insoweit liege eine subjektive alternative Klagehäufung vor. Diese sei unzulässig, zumal Erben im Falle des Art. 233 § 16 Abs. 2 Satz 2 EGBGB nicht gesamtschuldnerisch haften würden, sondern die Haftung jeweils auf den erhaltenen Erlös beschränkt sei. Dringend erforderlich sei deswegen, den jeweiligen Haftungsanteil des beklagten Erben kenntlich zu machen. Dies sei nicht geschehen.

Aus dem gleichen Grund sei auch von einer Unzulässigkeit der Teilerledigungserklärung i.H.v. 3.268,29 DM auszugehen.

Darüber hinaus scheide ein Anspruch auf Herausgabe des Erlöses bereits dem Grunde nach aus, da es hinsichtlich der Frage der Besserberechtigung als maßgeblichen Zeitpunkt auf den 15.03.1990 ankäme. Zum damaligen Zeitpunkt habe die Erblasserin noch gelebt. Diese hätte die Voraussetzungen des Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 1 lit. c EGBGB erfüllt. Aus diesem Grunde scheide die Berechtigung des Klägers aus dem nachrangigen Auffangtatbestand des Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 lit. c EGBGB aus.

Der Kläger könne sich für seine Auffassung nach der Aufgabe der sogenannten Vererblichkeitstheorie durch den Bundesgerichtshof mit Urteil vom 17.12.1998 (Az: V ZR 200/97) nicht auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 26.03.1998, der die zwischenzeitlich aufgegebene Auffassung über die Nichtvererblichkeit von Bodenreformgrundstücken zugrunde gelegen hätte, berufen. Insoweit könne der Kläger auch nichts aus den behaupteten Vorstellungen des Gesetzgebers bei Erlass des 2. VermRÄndG herleiten, da auch dieser sich von völlig falschen Vorstellungen hinsichtlich der Rechtsstellung des Begünstigten aus der Bodenreform habe leiten lassen.

Nicht richtig sei die Auffassung des Klägers, dass der Bundesgerichtshof an den Grundsätzen seiner Entscheidung vom 26.03.1998 in seinen späteren Entscheidungen, welche auf der Annahme der Vererblichkeit des Bodenreformlandes beruhen würden, festhalte. In keiner der vom Kläger zitierten Entscheidungen sei über die Frage, ob es auf den Stichtag 15.03.1990 oder 22.07.1992 ankomme, soweit ersichtlich, entschieden worden. So weise der dem Urteil vom 26.03.1998 zugrunde liegende Sachverhalt eine wesentliche Abweichung vom vorliegenden Fall auf. Dort sei nämlich die Schwägerin nicht Erbin der Eigentümerin des Bodenreformgrundstücks gewesen, so dass sich die Frage der Besserberechtigung nicht gestellt habe, während vorliegend die Erblasserin Erbin des ursprünglichen, aber noch im Grundbuch zum 15.03.1990 eingetragenen Eigentümer des streitgegenständlichen Bodenreformgrundstücks gewesen sei. Im Übrigen bezögen sich die vom Kläger aufgeführten Zitate lediglich auf die Frage der Verfassungsgemäßheit der Bodenreformabwicklungsvorschriften und nicht auf die Frage des Stichtages.

Der Rechtsstreit habe sich auch nicht i.H.v. 3.268,29 DM erledigt. Da sich der Gegenstand des Anspruchs aus Art. 233 § 16 Abs. 2 Satz 2 EGBGB auf das in § 281 Abs. 1 BGB bestimmte Surrogat beziehe, dieses aufgrund der Zahlung i.H.v. 3.268,29 DM an die Raiffeisenbank nicht mehr vorhanden gewesen sei, seien die Beklagten, die insoweit kein Verschulden treffe, diesbezüglich auf jeden Fall von ihrer vermeintlichen Zahlungspflicht frei geworden. Die Ablösung des Bodenreformkredites im Jahre 1991 stelle damit ein erledigendes Ereignis dar, welches aber offenkundig vor Eintritt der Rechtshänigigkeit gelegen habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, das Sitzungsprotokoll des Landgerichts Leipzig vom 05.10.2000 und das Sitzungsprotokoll des Senats vom 02.05.2001 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig. Insbesondere wurde sie gemäß §§ 516, 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet.

II.

Die Berufung hat jedoch in der Sache weder hinsichtlich der Haupt- noch der Hilfsanträge Erfolg.

1. Der Hauptantrag ist nicht mangels ausreichender Bestimmtheit nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO unzulässig.

Denn er ist auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme in Richtung gegen vier verschiedene Beklagte gerichtet. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger die geforderte Summe von jedem der Beklagten vollständig oder teilweise erhalten will, sind dem Hauptantrag nicht zu entnehmen. Vielmehr ergibt sich aus der Klage- bzw. Berufungsbegründung, dass die Beklagten als Erben dem Kläger die Herausgabe des aufgrund des Kaufvertrages vom 13.08.1991 erlangten Erlöses von ursprünglich 13.000,00 bzw. nunmehr 9.731,71 DM schulden. Daraus folgt, dass die Beklagten - sollte der Antrag insgesamt begründet sein - gesamtschuldnerisch haften (vgl. BGH, Urteil vom 24.11.1993, Az: BLw 41/93, AgrarR 1994, 127), was der Kläger auch in der mündlichen Verhandlung vom 02.05.2001 ausdrücklich klargestellt hat. Ob tatsächlich und in welcher Höhe eine gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten besteht, ist jedoch keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit der Klage.

2. Dahinstehen kann, ob der Verkaufserlös bereits zwischen den Beklagten jeweils zu gleichen Teilen aufgeteilt wurde, so dass gemäß Art. 233 § 16 Abs. 2 EGBGB i. V. m. § 281 Abs. 1 BGB eine den einzelnen Beklagten obliegende Pflicht zur Auskehr des Erlöses sich auf den erhaltenen Kaufpreis beschränken würde, und keine gesamtschuldnerische Haftung bestünde (BGH, Urteil vom 17.12.1998, Az.: V ZR 341/97, VIZ 1999, 176, 177). Ebenso kann dahinstehen, ob sich der an die Beklagten ausgezahlte Kaufpreis von vornherein um den von den Käufern abgelösten Bodenreformkredit i. H. v. DM 3.268,29 reduziert hat. Denn dem Kläger steht kein Zahlungsanspruch gemäß Art. 233 § 16 Abs. 2 Satz 2 EGB zu, da dieser nicht Besserberechtigter im Sinne von Art. 233 §§ 11 Abs. 3 Satz 1, 12 EGBGB ist. Vielmehr geht einem Auflassungs- bzw. Erlösauskehranspruch des Klägers die Besserberechtigung der Erblasserin nach Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 1 lit. c EGBGB vor. Auf diese aufgrund Erbrechts erworbene Rechtsstellung des Begünstigten der Bodenreform können sich wiederum die Beklagten als deren Erben berufen.

2.1 Die Beklagten haben aufgrund der Vererblichkeit der Bodenreformgrundstücke (vgl. BGH, Urteil vom 17.12.1998, Az: V ZR 200/97, BGHZ 140, 223, 226 f. = NJW 1999, 1470, 1471 = ZOV 1999, 124, 125 = WM 1999, 448, 449; BGH, Urteil vom 21.05.1999, Az: V ZR 319/98, WM 1999, 1723, 1724; BGH, Urteil vom 20.10.2000, Az: V ZR 194/99, ZfIR 2001, 48, 49 = WM 2001, 212 = VIZ 2001, 103) Eigentum als Erben bzw. Erbeserben nach dem Erblasser an dem streitgegenständlichen Grundstück erworben.

Das Eigentum der Beklagten (und der Erblasserin) an dem Bodenreformgrundstück war aber bis zum Inkrafttreten des Gesetzes über die Rechte der Eigentümer von Grundstücken aus der Bodenreform vom 06.03.1990 (GBl. I 1990, 134) öffentlich-rechtlich dahingehend gebunden, dass es ihnen bzw. der Erblasserin nur verbleiben durfte, wenn es ihnen nach den Vorschriften der Verordnung über die Auseinandersetzung bei Besitzwechsel von Bauernwirtschaften aus der Bodenreform vom 21.05.1951 (GBl. 1951, S. 629, folgend BwVO 1951) bzw. der Verordnung über die Durchführung des Besitzwechsels bei Bodenreformgrundstücken vom 07.08.1975 (GBl. I 1975, 629) i.d.F. der 2. Verordnung über die Durchführung des Besitzwechsels bei Bodenreformgrundstücken vom 07.01.1988 (GBl. I 1988, 25, folgend: BwVO 1975/1988) verbleiben durfte (vgl. BGH, BGHZ 140, 223, 228 = NJW 1999, 1470, 1471 f. = ZOV 1999, 124, 125 = WM 1999, 448, 449). Durch die dadurch begründete öffentlich-rechtliche Überlagerung war das kraft Erbrechts erworbene Eigentum an dem Grundstück nur formaler Natur und seiner Substanz entleert. In der Realität der DDR ist jedoch die in den Besitzwechselverordnungen angeordnete Übertragung in einem erheblichen Teil der Kreise der DDR ebenso unterblieben wie die Rückführung der Grundstücke in den Bodenfonds. Grund hierfür waren das mangelnde Interesse der Erben an der Übertragung und die Nachlässigkeit der Behörden (BGH, BGHZ 140, 223, 231 = NJW 1999, 1470, 1472 = ZOV 1999, 124, 126 = WM 1999, 448, 450). Hieran hält der Bundesgerichtshof auch in seiner neuesten Rechtsprechung fest (vgl. Urteil vom 04.10.2000, Az: V ZR 260/98, VIZ 2000, 236, 237 = ZIP 2000, 501, 502 f.).

Durch § 1 des Gesetzes über die Rechte der Eigentümer von Grundstücken aus der Bodenreform vom 06.03.1990 wurden mit Inkrafttreten dieses Gesetzes am 16.03.1990 die Beschränkungen aufgehoben, die für Grundstücke aus der Bodenreform galten. Für die Verfügung über die Grundstücke aus der Bodenreform galten gemäß § 3 des Gesetzes fortan die Bestimmungen des Zivilgesetzbuchs und die Grundstücksverkehrsordnung, für die Nutzung der Schläge die Vorschriften der Bodennutzungsverordnung. Durch § 3 des Gesetzes wurde die Besitzwechselverordnungen aufgehoben. Damit erloschen die Verpflichtung und die Möglichkeit der Räte der Kreise, die von dem Erben im Wege der Erbfolge erworbenen Grundstücke aus der Bodenreform auf einen der Erben zu übertragen oder in den Bodenfonds zurückzuführen, soweit Übertragung oder Rückführung bis dahin nicht erfolgt waren.

Der damit erreichte Rechtszustand ging über das Regelziel des Gesetzes hinaus, soweit der Eigentumserwerb an den Grundstücken auf einem vor Ablauf des 15.03.1990 eingetretenen Erbfall beruhte und die gebotene Übertragung der Grundstücke auf einen Miterben oder die Rückführung in den Bodenfonds unterblieben waren. Denn die Aufhebung der Besitzwechselverordnung führte sachwidrig dazu, dass es von dem zufällig entfalteten oder auch nicht entfalteten Eifer der Räte der Kreise abhing, ob das kraft erbrechtlicher Nachfolge erworbene Eigentum den Erben der Begünstigten aus der Bodenreform verblieben war und zu verbleiben hatte (BGH, BGHZ 140, 223, 232 = NJW 1999, 1470, 1473 = ZOV 1999, 124, 126 = WM 1999, 448, 451).

Dem wirkt das 2. VermRÄndG dadurch entgegen, das es die Erben durch Art. 233 § 11 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 12 Abs. 2 EGBGB verpflichtet, die ererbten Grundstücke aus der Bodenreform an einen dort genannten Besserberechtigten aufzulassen, es sei denn, die dem Erblasser zugewiesenen Grundstücke wären in pauschalierter Nachzeichnung der Zuteilungsgrundsätze der Besitzwechselverordnungen dem Erben, einem von mehreren Erben oder einem Dritten zu übertragen gewesen (BGH, BGHZ 140, 223, 236 = NJW 1999, 1470, 1474 = ZOV 1999, 124, 127 = WM 1999, 448, 452; BGH, Urteil vom 18.06.1999, Az: V ZR 354/97, WM 1999, 1724, 1725; BGH, VIZ 2000, 236, 237 = ZIP 2000, 501, 502 f.). Die Nachzeichnung der Zuteilungsgrundsätze durch Art. 233 § 12 Abs. 2 BGB führt hierbei grundsätzlich zu einer Rangfolge der nach den Zuteilungsgrundsätzen der Besitzwechselverordnung in Betracht kommenden Nachfolge in das Grundstück. Die Berechtigung eines Vorangehenden schließt die nachrangig Berechtigten aus (BGH, WM 1999, 1724, 1725). Der Zusammenhang der Zuteilung vorläufigen Eigentums nach Art. 233 § 11 Abs. 2 EGBGB mit dem Auflassungsanspruch des Besserberechtigten (Art. 233, § 11 Abs. 3 EGBGB) ist danach nicht so zu verstehen, als sei den Erben des Bodenreformeigentümers in den dort genannten Fällen kraft Gesetzes Eigentum zugewiesen worden, dessen Eigentum wurde vielmehr mit Wirkung vom 22.07.1992 einem Vorbehalt unterworfen (BGH, VIZ 2000, 236, 237 = ZIP 2000, 501, 503).

Die Korrektur des gesetzgeberischen Versehens der Volkskammer durch das 2. VermRÄndG bedeutet im Hinblick auf Art. 14 GG eine - verfassungsrechtlich unbedenkliche - Bestimmung des Inhalts und der Grenzen des Eigentums. Damit werden nämlich die Betroffenen so gestellt, wie sie gestanden hätten, wenn die Besitzwechselvorschriften vor dem Inkrafttreten des Gesetzes vom 06.03.1990 von den Behörden der DDR korrekt angewendet und vollzogen worden wären oder der Gesetzgeber der DDR schon vor dem Beitritt eine dem Besitzwechselrechtes entsprechende Übergangsregelung getroffen hätte. Das 2. VermRÄndG führt nicht dazu, dass einem Dritten das Eigentum an einem Grundstück oder dessen Wert zugewendet wird, der bis dahin in keinerlei rechtlicher Beziehung zu dem Grundstück gestanden hatte. Schutzwürdiges Vertrauen der Erben von Bodenreformgrundstücken ist dadurch nicht zerstört worden.

Vertrauen in den Fortbestand von Rechtsvorschriften der DDR konnte sich in der Zeit nach der Wende mit Blick auf eine mögliche Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten nicht allgemein bilden, sondern nur dort, wo besonderer Anlass für die Erwartung bestand, dass Recht der DDR ausnahmsweise in Kraft bleiben werde. Das Vertrauen in die grundsätzliche Anerkennung von vor dem Inkrafttreten des Grundgesetzes im Beitrittsgebiet erworbenen Eigentumspositionen kann daher nicht denselben weitgehenden Schutz beanspruchen, wie das Vertrauen in den Fortbestand von Rechten, die unter der Geltung des Grundgesetzes erlangt worden sind. Jedenfalls kann für den Schutz dieses Vertrauens nur die Sach- und Rechtslage maßgeblich sein, die der bundesdeutsche Gesetzgeber am Ende der staatlichen Existenz der DDR vorgefunden hat und die im Zuge des Beitritts gleichsam als normativer Bestandteil in den Geltungsbereich des Grundgesetzes gelangt ist. Danach konnten aber die Erben von Bodenreformeigentümern nach dem Inkrafttreten des Gesetzes vom 06.03.1990 nicht in schützenswerter Weise darauf vertrauen, ihr auf der unterbliebenen Umsetzung der Besitzwechselvorschriften der DDR beruhendes Eigentum behalten zu bedürfen. Ein besonderer Anlass für die Erwartung, auch in den Alterbfällen werde das durch dieses Gesetz zum Volleigentum aufgewertete Eigentum am Bodenreformgrundstück weiterhin Bestand haben, kann nicht aus der sowohl einfachrechtlich als auch der verfassungsrechtlich vollzogenen Hinwendung der DDR zu einer Privateigentumsordnung hergeleitet werden. Denn danach sollte nur das Privateigentum gewährleistet werden, das dem Einzelnen bewusst und gewollt eingeräumt worden ist. Dies ist hinsichtlich des Bodenreformeigentums in den Alterbfällen nicht geschehen, weil das Gesetz vom 06.03.1990 insoweit eine verdeckte Regelungslücke enthielt. Es ist deshalb davon auszugehen, dass der Gesetzgeber der DDR bei zutreffendem Erkennen der Sach- und Rechtslage in den Fällen, in denen kein Erbe die Voraussetzungen für eine Übertragung der Rechte und Pflichten zur Bewirtschaftung der Grundstücke an ihn erfüllt hätte, selbst eine der Rückführung der Grundstücke in den staatlichen Bodenfonds entsprechend der Regelung getroffen hätte.

Vor diesem Hintergrund durfte der gesamtdeutsche Gesetzgeber die seinerzeit versäumten Regelungen in pauschalierender Weise nachholen. Dass er dies nicht schon in dem Einigungsvertrag getan hat, begründet ebenfalls kein schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand der durch das Gesetz vom 06.03.1990 geschaffenen Rechtslage. Angesichts der Vielzahl und Kompliziertheit der im Rahmen der Wiedervereinigung zu lösenden Aufgaben war der Einigungsvertragsgesetzgeber nicht in der Lage, alle Vorschriften zur Überleitung des Rechtes der DDR in dasjenige der Bundesrepublik Deutschland in gewissermaßen einem Federstrich abschließend zu erfassen. Es musste deshalb jeder Rechtsunterworfene damit rechnen, dass zunächst unverändert übernommene Rechtspositionen Änderungen und Konkretisierungen durch den gesamtdeutschen Gesetzgeber erfahren würden, sobald dieser die Tragweite der in der DDR erlassenen Gesetze im Einzelnen erkannt haben würde. Dies gilt auch für das Bodenreformeigentum (BVerfG, Beschluss vom 06.10.2000, Az.: 1 BvR 1637/99, VIZ 2001, 111, 113; BVerfG, Beschluss vom 24.10.2000, Az.: 1 BvR 1643/95, VIZ 2001, 114; vgl. BGH, Urteil vom 20.10.2000, Az: V ZR 194/99, WM 2001, 212 = VIZ 2001, 103 = ZfIR 2001, 48, 49).

2.2 Gemessen an diesen Grundsätzen hatte jedoch das Eigentum an dem streitbefangenen Grundstück den Beklagten zu verbleiben.

Zwar waren die Beklagten selbst nicht besserberechtigt im Sinne von Art. 233 § 12 EGBGB. Jedoch war die Erblasserin, die zum 15.03.1990 das auf dem Bodenreformgrundstück stehende Wohnhaus bewohnte, Besserberechtigte im Verhältnis zum Kläger i. S. d. Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 1 lit. c EGBGB. Ihr wäre auch nach § 4 Abs. 4 BwVO 1975/1998 nach dem Tod des Erlassers in der DDR das im Wege der Erbfolge erworbene Grundstück zuzuteilen gewesen.

Unerheblich ist, dass die Erblasserin zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des 2. VermRÄndG am 22.07.1992 nicht mehr gelebt hat. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Frage der Besserberechtigung ist zumindest für den Fall des Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 1 lit. c EGBGB ebenso wie für die Frage der Zuteilungsfähigkeit der Ablauf des 15.03.1990 (vgl. Klein, Grundeigentum aus der Bodenreform in: Festschrift aus Anlass des 50-jährigen Bestehens von Bundesgerichtshof, Bundesanwaltschaft und Rechtsanwaltschaft beim Bundesgerichtshof, 183, 199; Zahnert, Das Recht der Bodenreform der sowjetischen Besatzungszone, S. 231). Zwar ergibt sich der maßgebende Zeitpunkt für die Frage der Besserberechtigung nicht unmittelbar aus Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB. Eine Regelung über den maßgeblichen Zeitpunkt für den Stichtag der Berechtigung ist dort im Gegensatz zu Art. 233 § 11 Abs. 5 EGBGB, wo ausdrücklich aufgeführt ist, dass der Ehegatte den 22.07.1992 erlebt haben muss, nicht genannt. Vielmehr ergibt sich aus dem Wortlaut der Norm lediglich, wer und in welcher Reihenfolge Berechtigter ist. Den Motiven des Gesetzgebers, auf die der Kläger abstellen will, kommt bei der Bestimmung des Norminhalts nur nachrangige Bedeutung zu. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist maßgebend für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift der in ihr zum Ausdruck gekommene Wille des Gesetzgebers, wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Zusammenhang ergibt, in den diese hingestellt ist (BVerfG, Beschluss vom 17.05.1960, Az.: 2 BvL 11/59, 11/60, BVerfGE 11, 126, 129 f.; BVerfG, Beschluss vom 19.12.1961, Az.: 2 BvL 6/59, BVerfGE 13, 261, 268; vgl. Littbarski, Die Haftung aus culpa in contrahendo im öffentlichen Recht, Jus 1979, 537, 539). Abgesehen davon ging der Gesetzgeber von der irrigen Vorstellung aus, dass Bodenreformgrundstücke in der DDR nicht vererblich waren.

Für die Frage des Stichtages folgt auch nichts aus Art. 233 § 11 Abs. 3 Satz 1 EGBGB, wonach der nach § 12 Berechtigter von demjenigen, dem das Eigentum an einem Grundstück aus der Bodenreform nach Abs. 2 übertragen worden ist, unentgeltliche Auflassung des Grundstückes verlangen kann. Insoweit beruht diese Vorschrift wiederum auf der irrigen Vorstellung des Gesetzgebers, dass Bodenreformgrundstücke nicht vererblich waren und erst durch Art. 233 § 11 Abs. 2 EGBGB den dort genannten Personen das Eigentum an Bodenreformgrundstücken übertragen wurde. Hieraus kann demgemäß nur entnommen werden, in welchen Fällen bestehendes Eigentum unter Vorbehalt gestellt wurde und wer demnach überhaupt Schuldner des Auflassungsanspruchs sein kann. Die Unterscheidung zwischen Alt- und Neuerben in Art. 233 § 11 Abs. 2 Nr. 1 und Nr.2 EGBGB ist des Weiteren von Bedeutung für die Frage, ob sich die Prüfung der Besserberechtigung nach Art. 233 § 12 Abs. 1 oder Abs. 2 EGBGB richtet. Für die Frage des Stichtages kann aus dem Gesetzestext selbst nichts hergeleitet werden.

Maßgeblich für die Frage, ob für die Besserberechtigung nach Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 1 lit. c EGBGB Voraussetzung war, ob der Erbe am 22.07.1992 gelebt hat, kann daher nur eine teleologische Auslegung der Vorschriften des 2. VermRÄndG im Lichte der Erkenntnis der grundsätzlichen Vererblichkeit der Bodenreformgrundstücke sein. Danach kann es aber nicht maßgebend für die Frage der Besserberechtigung nach Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 1 lit. c EGBGB sein, ob der am 15.03.1990 lebende, zuteilungsfähige Erbe des Bodenreformeigentümers den 22.07.1992 erlebte.

Wie bereits dargelegt, stellt die Korrektur des gesetzgeberischen Versehens der Volkskammer durch das 2. VermRÄndG lediglich eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Bestimmung des Inhaltes und der Grenzen des Eigentums dar, weil damit die Betroffenen nur so gestellt werden, wie sie gestanden hätten, wenn die Besitzwechselvorschriften vor dem Inkrafttreten des Gesetzes vom 06.03.1990 von den Behörden der DDR korrekt angewendet und vollzogen worden wären oder der Gesetzgeber der DDR schon vor dem Beitritt eine den Besitzwechselverordnungen entsprechende Übergangsregelung getroffen hätte. Wenn aber - wie im vorliegenden Fall - nach den Besitzwechselvorschriften der DDR der Erblasserin als Erbin nach dem Erblasser das Bodenreformgrundstück hätte zugeteilt werden müssen, lag insoweit gerade kein sachwidrig nicht entfalteter Eifer des Rates des Kreises vor. Vielmehr hätte auch zu DDR-Zeiten das kraft erbrechtlicher Nachfolge erworbene Eigentum der Erblasserin gemäß § 4 Abs. 4 BwVO 1975/1988 verbleiben müssen. Die Aufhebung der Besitzwechselverordnungen führte damit gerade nicht zur Verfestigung eines rechtswidrigen Vermögenszustandes. Da das den Zuordnungsgrundsätzen der Besitzwechselverordnung genügende Eigentum seit Beginn des 16.03.1990 frei verfügbar war (Klein, a.a.O.) und nicht mehr der öffentlich-rechtlichen Bindung unterlag, haben insoweit die Erblasserin und damit die Beklagten als deren Erben Eigentum erworben, das gerade nicht mehr unter dem Vorbehalt der Auflassung nach Art. 233 § 11 Abs. 3 Satz 1 EGBGB stand. Eine Auslegung von Art. 233 § 12 Abs. 2 EGBGB dahingehend, dass maßgeblicher Stichtag für die Frage der Besserberechtigung der 22.07.1992 ist, würde aber in sachwidriger Weise dazu führen, das nunmehr einem Dritten - nämlich dem Kläger - das Eigentum an einem Grundstück oder dessen Wert zugewendet wird, der bis dahin in keinerlei rechtlicher Beziehung zu dem Grundstück gestanden hatte. Es würde daher einem auch im Hinblick auf Art. 14 und 3 GG nicht zu begründenden Zufall überlassen bleiben, ob dem Kläger als Berechtigten i.S.v. Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 lit. c EGBGB ein Auflassungsanspruch und damit ein Anspruch auf Auskehr des Erlöses zustünde oder nicht, nämlich dem, ob ein an sich Besserberechtigter, dem nach den Grundsätzen der Besitzwechselverordnungen der DDR, die das 2. VermRÄndG in pauschalisierter Weise nachzeichnen will, den 22.07.1992 überlebt hat oder nicht, obwohl dieser Tag für die Frage der Zuteilung zu DDR-Zeiten, insbesondere am 15.03.1990, überhaupt keine Bedeutung hat.

Dem steht nicht entgegen, dass erstmals zum 22.07.1992 der "vorläufige Eigentümer" dem "Besserberechtigten" gegenüberstand und ein Auflassungsanspruch begründet worden ist, weil es vorher keine Besserberechtigung gab, die die Erblasserin habe vererben können. Richtig ist zwar, dass Adressat einer gesetzlichen Regelung nur eine lebende Person sein kann. Hierum geht es aber nicht, sondern um die Nachzeichnung der Besitzwechselverordnungen, die notwendig rückbezüglich auf die Vergangenheit ist. Der Ausgestaltung dieser Nachzeichnung in Anknüpfung an in der Vergangenheit liegende Tatsachen stehen keine Bedenken entgegen, im Gegenteil ist sie sachlich geboten. Maßgeblich ist vielmehr, ob die (jetzt noch lebenden) Erben des Bodenreformeigentümers eine Verpflichtung zur Rückauflassung haben, was immer dann der Fall ist, wenn ein Besserberechtigter vorhanden ist bzw. die Erben selbst nicht Besserberechtigte sind oder diese Rechtsstellung von einem Dritten ableiten können. Insoweit stellt sich die Rechtslage nicht anders dar, als wenn die Erblasserin nach dem 22.07.1992 verstorben wäre. Auch dann würden die Beklagten selbst nicht Besserberechtigte i.S.v. Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 1 lit. c EGBGB sein, sondern diese Stellung wiederum nur von der Erblasserin als Erben ableiten. Die Besserberechtigung ist auch nicht an die Person als Eigenschaft geknüpft, sondern an die in Art. 233 § 12 Abs. 1 und 2 EGBGB genannten tatsächlichen Voraussetzungen. Der Zeitpunkt, wann diese Voraussetzungen gegeben sein müssen, hat aber nicht identisch mit dem Tag des Inkrafttretens des Gesetzes zu sein.

Der Auffassung steht auch nicht der Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 26.03.1998 (Az: V ZR 232/97, ZfIR 1998, 295, 296) entgegen. Soweit der Bundesgerichtshof dort ausführte, dass der Auflassungsanspruch nur in einer Person entstehen konnte, die am 22.07.1992 lebte, weil Gegenstand des Auflassungsanspruches gemäß Art. 233 § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Fall 1 EGBGB das mit Beginn des 22.07.1992 vom Erben erworbene Eigentum ist, lag dieser Entscheidung die vom Bundesgerichtshof später selbst als fehlerhaft aufgegebene Auffassung der Nichtvererblichkeit der Bodenreformgrundstücke zugrunde. Da der Auflassungsanspruch nur gegenüber dem Eigentümer eines Bodenreformgrundstücks bestehen konnte, war folgerichtig für die Besserberechtigung der 22.07.1992 ausschlaggebend, da - nach dieser Auffassung - vor diesem Tag die Erben des im Grundbuch eingetragenen Begünstigten aus der Bodenreform noch kein Eingentum erworben hatten.

Auch aus den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 17.12.1998 (Az.: V ZR 200/97) und vom 04.02.2000 (Az.: V ZR 260/98) kann der Kläger nichts für seine Auffassung herleiten. Ausdrücklich werden in diesen Entscheidungen zur Frage des Stichtages keine Ausführungen gemacht, sondern - worauf die Beklagten zu Recht hinweisen - lediglich zur Frage der Verfassungsgemäßheit des 2. VermRÄndG. Auch weisen die Beklagten wiederum zu Recht darauf hin, dass sich der der Entscheidung vom 17.12.1998 zugrunde liegende Sachverhalt insoweit wesentlich von dem vorliegenden unterscheidet, als die zum Zeitpunkt des 15.03.1990 das Haus bewohnende Schwägerin keine Erbin nach dem Bodenreformeigentümer war, so dass keine Veranlassung für den Bundesgerichtshof bestand, zur Frage der Besserberechtigung Stellung zu nehmen.

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 546, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war gemäß § 546 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO zuzulassen, da hinsichtlich der Stichtagsfrage das Urteil von dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 26.03.1998 - Az.: V ZR 232/97 - abweicht.

IV.

Der Gebührenstreitwert war gemäß §§ 12, 14 GKG i. V. m. § 3 ZPO festzusetzen.

Ende der Entscheidung

Zurück