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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Beschluss verkündet am 12.03.2001
Aktenzeichen: 7 AR 42/01
Rechtsgebiete: FGG


Vorschriften:

FGG § 12
FGG § 5 Abs. 1
Leitsatz

1. Im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit gilt der Amtsermittlungsgrundsatz gemäß § 12 FGG. Es müssen daher alle Möglichkeiten der Aufklärung des Sachverhaltes durch Befragung der Beteiligten, Auskünfte bei Behörden usw. wahrgenommen werden.

2. Eine Vorlage nach § 5 Abs. 1 FGG zur Zuständigkeitsbestimmung an das gemeinschaftliche obere Gericht darf nur dann erfolgen, wenn die für die Zuständigkeit maßgeblichen Verhältnisse von dem vorlegenden Gericht so weit wie möglich geklärt sind.

OLG Dresden, 7. Senat, Beschluss vom 12.03.2001, Az: 7 AR 42/01


Oberlandesgericht Dresden Beschluss

Aktenzeichen: 7 AR 0042/01 4 VI 69/77 AG Meinerzhagen

des 7. Zivilsenats

vom 12.03.2001

In der Nachlasssache

...

wegen Gerichtsstandbestimmung gem. § 5 FGG

hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden ohne mündliche Verhandlung durch Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht , Richter am Oberlandesgericht und Richter am Landgericht

beschlossen:

Tenor:

Die Bestimmung des zuständigen Gerichts in der Nachlasssache wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Am 28.07.1972 verstarb in den Räumen der Stadtverwaltung Meinerzhagen der Erblasser .

Vor dem Staatlichen Notariat in schlug am 13.10.1972 die einzige Tochter des Erblassers Frau die Erbschaft aus.

Von den sechs Kindern der Frau schlug am 13.10.1972 die Tochter , geb. , die Erbschaft vor dem Staatlichen Notariat in aus.

Zugunsten der fünf anderen Enkel des Erblassers, nämlich wurde am 06.11.1973 ein gemeinschaftlicher Erbschein durch das Staatliche Notariat erteilt.

Am 10.06.1977 erteilte das Amtsgericht Meinerzhagen einen Erbschein zugunsten der Tochter .

Nachdem beide Erbscheine in einem vermögensrechtlichen Verfahren dem Amt zur Regelung offener Vermögensfragen bei der Landeshauptstadt Dresden vorgelegt wurden, veranlasste dieses das Amtsgericht Meinerzhagen sowie das Amtsgericht zur Prüfung einer Erbscheinseinziehung.

Mit Beschluss vom 22.03.2000 zog das Amtsgericht Meinerzhagen den Erbschein vom 10.06.1977 ein. Mit Beschluss vom 17.04.2000 zog das Amtsgericht den Erbschein vom 06.11.2000 ein. Tragend für die Entscheidung war die Erwägung, dass das Staatliche Notariat zur Erteilung des Erbscheins örtlich unzuständig gewesen sei, weil der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes seinen Wohnsitz in Meinerzhagen hatte. Mit Beschluss vom 01.09.2000 wurde der Erbschein vom 06.11.1973 durch das Amtsgericht für kraftlos erklärt.

Die Beschwerde der fünf im Erbschein aufgeführten Enkel des Erblassers gegen den Einziehungsbeschluss vom 17.04.2000 wurde durch Beschluss des Landgerichts vom 08.08.2000, Az.: 2 T 98/00, mit gleicher Begründung zurückgewiesen. Mit Beschluss vom 06.03.2001, Az.: 7 W 100/01, wies das Oberlandesgericht Dresden die weitere Beschwerde der 5 im Erbschein aufgeführten Enkel des Erblassers gegen den Beschluss des Landgerichts zurück, allerdings ohne zur Frage des letzten Wohnsitzes des Erblassers Stellung nehmen zu müssen.

Aufgrund der letzten Anschrift des Erblassers holte das Amtsgericht Meinerzhagen eine Auskunft des Meldeamtes Meinerzhagen ein, nach der bescheinigt wurde, dass der Erblasser vom 21.07.1972 bis zum 28.07.1972 in Meinerzhagen gemeldet wurde. Ferner erkundigte sich das Amtsgericht Meinerzhagen telefonisch bei der Stadt Meinerzhagen und erhielt die Auskunft, dass es der damaligen Praxis entsprach, angemeldeten Bürgern der DDR Bundespersonalausweise auszustellen. Durch ein erneutes Telefonat der Stadtverwaltung im Dezember 2000 brachte das Amtsgericht Meinerzhagen in Erfahrung, dass die Anmeldung des Erblassers in Meinerzhagen nötig war, um die Besucherbeihilfe zu erhalten, welche auch an den Erblasser ausgezahlt wurde. Weiter wurde kein Rentenantrag gestellt, wohl aber ein Personalausweis ausgestellt. Dies wurde durch die Stadt Meinerzhagen am 13.12.2000 schriftlich bestätigt, verbunden mit dem zusätzlichen Hinweis, dass diesseits nicht geklärt werden konnte, ob Herr den Bundespersonalausweis in Empfang nahm, es aber üblich war, auch DDR-Bürgern, die sich lediglich zu Besuch aufhielten, einen Bundespersonalausweis auszustellen.

Weitere Ermittlungen stellte das Amtsgericht Meinerzhagen nicht an.

Am 08.06.2000 stellten , einen Erbscheinsantrag vor dem Amtsgericht Meinerzhagen. Mit Verfügung vom 09.02.2001 legte das Amtsgericht Meinerzhagen die Sache zur Bestimmung des zuständigen Gerichtes dem Oberlandesgericht Dresden mit der Begründung vor, sowohl das Amtsgericht wie auch das Amtsgericht Meinerzhagen hielten sich für örtlich unzuständig.

II.

Die Bestimmung des zuständigen Gerichtes war abzulehnen, da die Vorlagevoraussetzungen nach § 5 FGG noch nicht gegeben sind, die maßgeblichen Verhältnisse noch nicht ausreichend ermittelt worden (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, § 5 Rdn. 22).

1. Zwar besteht hier bezüglich der Zuständigkeitsfrage eine Divergenz, so hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 17.04.2000 ebenso seine Zuständigkeit verneint wie das Amtsgericht Meinerzhagen in seiner Verfügung vom 09.02.2001, insofern liegen zwei bewusst sich gegenseitig ausschließende Stellungnahmen vor.

Jedoch unterliegen die Gerichte der freiwilligen Gerichtsbarkeit dem Amtsermittlungsgrundsatz gemäß § 12 FGG. Daraus folgt, dass auch die Frage der Zuständigkeit aufgeklärt werden muss. § 5 FGG hat nicht die Funktion, die Ermittlungslast auf das Obergericht zu verschieben, sondern eine Entscheidung bei ausermittelten oder nicht ermittelbarem Sachverhalt herbeizuführen. Somit ist die Klärung der maßgeblichen Verhältnisse Vorlagevoraussetzung (vgl. BayObLGZ 1987, 463, 464; OLG Karlsruhe, BT Prax. 95, 1084; Keidel/Kuntze/Winkler, FGG § 5 Rdn. 30). Eine solche abschließende Ermittlung ist bisher aber nicht erfolgt.

2. Auch eine Ungewissheit im Sinne des § 5 FGG ist hier nicht gegeben, da auch hier vorausgesetzt wird, dass die tatsächlichen Verhältnisse unklar sind und auch nicht aufgeklärt werden können (BayObLGZ 1952 Seite 1, KG Rpfleger 1959 Seite 54, Keidel/Kuntze/Winkler, FGG § 5 Rdn. 15). Es besteht aufgrund weiterer Anhaltspunkte aus Angaben der Enkel des Erblassers noch Ermittlungsbedarf und -möglichkeit.

3. Von einer vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes kann aus folgenden Gründen nicht ausgegangen werden:

Zwar hat das Amtsgericht Meinerzhagen sich um die Aufklärung bemüht und zutreffend ausgeführt, dass von der Beantragung und Ausstellung eines Bundespersonalausweises nicht zwingend auf die Begründung eines neuen Wohnsitzes im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 FGG geschlossen werden kann, da es der damals üblichen Praxis entsprach, DDR-Bürgern auch bei Besuchsaufenthalt einen Bundespersonalausweis auszustellen.

Jedoch muss, damit von einer vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes gesprochen werden kann, auch den weiteren zur Bestimmung des Wohnsitzes vorliegenden Indizien nachgegangen werden. So führt das Amtsgericht Meinerzhagen in seiner Verfügung vom 09.02.2001 selbst aus, dass die Enkel des Erblassers widersprüchliche Angaben zum Zweck des Aufenthaltes des Erblassers in Meinerzhagen machten. Nur anhand dieser Angaben lässt sich aber ein Rückschluss auf den Willen des Erblassers hinsichtlich der Wohnsitzwahl ziehen und ihnen muss daher nachgegangen werden.

Daher sind die Enkel des Erblassers zur Frage des Zwecks des Besuches zu vernehmen. Hier stehen sich insbesondere die Angaben von und gegenüber, die insofern auch mit diesen Widersprüchen konfrontiert werden müssen.

Einerseits hat in seinem Schreiben vom 21.09.1999 erklärt, dass der Erblasser lediglich auf Besuchsreise war, eine Anmeldung nur erfolgte, um die Besucherzuwendung zu erhalten, kein eigener Hausstand noch Mietvertrag in der gemeldeten Adresse Straße Meinerzhagen, wohl aber in bestand. Andererseits lässt durch seine Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 24.05.2000 vortragen, dass der Eblasser willens war, Wohnsitz in der BRD zu nehmen, ohne dies allerdings näher zu belegen.

Hierzu im Widerspruch steht aber die Erklärung des im Schreiben vom 28.03.2000, dass Überlegungen bestanden, den Erblasser aufgrund der schlechten Versorgungslage in der DDR in Meinerzhagen zu behalten, dies aber nach dem Tode obsolet wurde. Hier kann ermittelt werden, wie denn der Erblasser zu diesen Überlegungen stand, falls er darin einbezogen wurde. Vorzuhalten wäre ferner die Erklärung im Schreiben vom 19.06.2000, in der einen Wohnsitzwechsel des Erblassers bestreitet.

Nachzugehen wäre ferner auch den Angaben des im Schreiben vom 19.08.2000 und in der Beschwerdebegründung vom 11.09.2000. Demnach reiste der Erblasser am 21.07.1972 ein, hielt sich bis zum Morgen des 28.07.1972 in auf und fuhr erst am Vormittag des 28.07.1972 nach Meinerzhagen, um seine Enkel zu besuchen und verstarb dann um 15.45 Uhr im Amt Meinerzhagen. Der Ausweis wurde aber bereits am 25.07.1972 ausgestellt, in der Anmeldebestätigung als Tag des Einzuges in Meinerzhagen der 21.07.1972 angegeben.

Gegen einen Wohnsitzwechsel sprechen ebenfalls die Angaben des in der Beschwerdebegründung vom 11.09.2000, wo er auf die Angaben der verweist, die sich damals ganz normal vom Erblasser verabschiedet hätte und keine Hinweise auf einen Wohnsitzwechsel wahrnahm. Insofern sollte auch Frau befragt werden.

Weiterhin können auch die anderen Enkel, nämlich und befragt werden.

Ende der Entscheidung

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