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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Urteil verkündet am 25.07.2002
Aktenzeichen: 7 U 330/02
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 631
BGB § 635
ZPO § 91
ZPO §§ 485 f.
Die Kosten eines selbstständigen Beweisverfahrens können dann gesondert geltend gemacht werden, wenn sie als Aufrechnungsforderung einredeweise geltend gemacht werden.
Oberlandesgericht Dresden IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 7 U 330/02

Verkündet am 25.07.2002

In dem Rechtsstreit

wegen Werklohnforderung

hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 25.07.2002 durch

Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Werber, Richter am Oberlandesgericht Dr. Kazele und Richter am Amtsgericht Alberts

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Dresden, 6. Kammer für Handelssachen, vom 11.01.2002 (Az: 46 O 125/00) abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen. Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, der Auszahlung der auf das Konto Nr. bei der Kreissparkasse M. eingezahlten Zwischenvergleichssumme von 14.310,01 Euro (27.987,94 DM) nebst hierauf entfallender Guthabenzinsen an die Beklagte zuzustimmen; ferner wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 687,74 Euro (1.345,11 DM) zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Klägerin verpflichtet ist, die Beklagte von Schadensersatzansprüchen der Bauherren Katrin und Olaf W. freizustellen, die auf der verspäteten Fertigstellung des Einfamilienhauses der Bauherren W in der straße 34c in durch die Beklagte beruhen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreites beider Instanzen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Restwerklohn aus verschiedenen Bauverträgen, gegen den die Beklagte mit Gegenansprüchen wegen mangelhafter Leistungserbringung aus einem weiteren Werkvertrag aufrechnet. Ferner macht die Beklagte widerklagend die Feststellung des Bestehens von Schadensersatzansprüchen geltend.

Die Klägerin erbrachte als Bauunternehmerin für die beklagte Bauträgerin im Rahmen verschiedener Verträge Bauleistungen, aus denen sie nach den Feststellungen des landgerichtlichen Urteils einen Restwerklohnanspruch i.H.v. 27.131,13 DM hat. Für die genaue Bezeichnung der einzelnen Bauverträge und die Berechnung der Werklohnforderung wird auf Seite 3 des Tatbestandes des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Die Beklagte rechnet gegenüber diesen Ansprüchen mit Gegenforderungen auf, die sie aus dem Bauvertrag der Parteien vom 11.10./19.10.1999 über die Erbringung von Estricharbeiten durch die Klägerin im Einfamilienhaus der Eheleute K und O W in der straße in (Anlage B 1, K 2) zu haben meint. Die Klägerin verlegte aufgrund des genannten Vertrages am 27./28.10.1999 Zementfließestrich im genannten Einfamilienhaus. Nachdem sich bereits im November 1999 Mangelerscheinungen in Form von so genannten Aufschüsselungen und Rissen des Estrichs zeigten, besichtigte die Klägerin das Bauobjekt und bestätigte die Erscheinungen mit ihrem Schreiben vom 25.11.1999 (Anlage B 1, K 5). Unter dem 30.11.1999 versandte das bauleitende Ingenieurbüro L für die Beklagte eine Behinderungsanzeige wegen mangelhafter Leistungserbringung an die Klägerin (Anlage B 1, K 7). Auch der Fliesenleger gab mit Schreiben vom 09.12.1999 (Anlage B 1, K 8) eine Behinderungsanzeige ab. Es kam daraufhin zu einem Ortstermin am 13.12.1999, an welchem neben Mitarbeitern der Klägerin der Fliesenleger und ein Fachberater des Estrichlieferanten teilnahmen. Die Klägerin teilte der Beklagten über das bauleitende Ingenieurbüro mit Schreiben vom 15.12.1999 (Anlage B 1, K 10) mit, es solle eine Begutachtung des verlegten Estrichs durch ein Baustofflabor erfolgen. Schließlich erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 21.12.1999 an die Beklagte (Anlage B 1, K 12), die Laboruntersuchung habe ergeben, dass der Estrich in seiner Güte der DIN entspreche, woraus die Klägerin schlussfolgere, die entstandenen Risse und Aufschüsselungen seien auf eine unsachgemäße Nachbehandlung von Seiten der Beklagten zurückzuführen. Die Klägerin könne deshalb über die Durchführung von Sanierungsarbeiten nicht mehr entscheiden.

Die Parteien führten sodann auf Antrag der Beklagten vom 29.12.1999 (Anlage B 1, K 1) ein selbstständiges Beweisverfahren beim Amtsgericht Dresden (Az: 103 H 249/99) zur Frage des Bestehens von Mängeln der Estrichverlegung, der Verantwortlichkeit der Klägerin sowie der Art und der Kosten der eventuell durchzuführenden Sanierungsmaßnahmen durch. Der gerichtliche Sachverständige Dipl.-Chem. A führte am 18.02.2000 einen Ortstermin durch und erstattete am 20.06.2000 ein schriftliches Sachverständigengutachten. Darin kam er im Wesentlichen zu dem Ergebnis, die festgestellten Risse und Aufschüsselungen seien auf die fehlerhafte Zusammensetzung des Zementfließestrichs zurückzuführen, während Fehler bei der Estrichverlegung nicht festgestellt werden könnten. Ferner führte er aus, die mangelhafte Zusammensetzung des Baustoffes könne vom Estrichverleger bei Abnahme und Verlegung nicht erkannt werden. Auf der Baustelle gebe es auch keine Möglichkeiten, den Frischmörtel auf die korrekte Zusammensetzung zu überprüfen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Gutachtens wird auf die als Anlage K 25 vorgelegte Ablichtung Bezug genommen. Die Klägerin erneuerte den schadhaften Estrich auch nach Erstattung des Sachverständigengutachtens nicht, so dass die Beklagte die Sanierung durch ein Drittunternehmen durchführen ließ.

Sie macht aus diesem Grunde Gegenforderungen in Höhe der im selbstständigen Beweisverfahren entstandenen Gerichts- und Anwaltskosten sowie in Höhe der Aufwendungen für die Neuverlegung des Estriches geltend. Für die genaue Bezeichnung der Gegenforderungen wird auf die Auflistung auf Seite 4 des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Die Beklagte wird von den Eheleuten W in einem beim Landgericht Dresden unter dem Az. 14 O 3722/01 anhängigen Rechtsstreit auf Zahlung eines Schadensersatzes i.H.v. insgesamt 48.281,88 DM (24.686,13 Euro) in Anspruch genommen. Dabei geht es um den Ersatz von Schäden, die infolge der Sanierung des Estriches und der damit verbundenen Verzögerung der Fertigstellung des Einfamilienhauses entstanden sein sollen. Für die nähere Begründung der geltend gemachten Forderung wird auf die als Anlage BK 1 vorgelegte Klageschrift vom 09.08.2001 im Verfahren vor dem LG Dresden zum Az. 14 O 3722/01 Bezug genommen.

Die Parteien haben während des Rechtsstreites vor dem Landgericht in der mündlichen Verhandlung vom 12.05.2000 einen Zwischenvergleich abgeschlossen, in welchem die Beklagte sich verpflichtete, für die Klageforderung i.H.v. 27.987,94 DM Sicherheit durch Einzahlung dieses Betrages auf ein Sperrkonto, über das beide Parteien nur gemeinschaftlich verfügungsberechtigt sind, zu leisten. Wegen des weiteren Inhaltes des Zwischenvergleiches wird auf die Sitzungsniederschrift vom 12.05.2000 Bezug genommen. Die Beklagte hat aufgrund des Zwischenvergleiches einen Betrag von 27.987,94 DM auf ein Sperrkonto bei der Kreissparkasse M. überwiesen. Später hat sie noch einen weiteren Betrag von 1.355,48 DM auf das Sperrkonto gezahlt.

Die Klägerin hat im erstinstanzlichen Verfahren die Zahlung eines Restwerklohnes i.H.v. 27.987,94 DM, hilfsweise die Auszahlung des Guthabens auf dem Sperrkonto in dieser Höhe an sie beantragt, während die Beklagte unter Bezugnahme auf die Aufrechnung mit ihren Gegenforderungen die Klageabweisung und im Wege der Widerklage die Auszahlung des Kontoguthabens des Sperrkontos i.H.v. 27.987,94 DM beantragt hat. Ferner hat die Beklagte im Wege der Widerklage die Feststellung begehrt, die Klägerin sei verpflichtet, der Beklagten den Verzugsschaden zu ersetzen, den die Beklagte aufgrund eines Urteiles oder Vergleiches an die Bauherren W zu zahlen hat.

Für den weiteren Sachvortrag erster Instanz und die vor dem Landgericht gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung eines Restwerklohns i.H.v. 3.914,17 Euro (7.655,46 DM) an die Klägerin verurteilt. Ferner hat es die Klägerin verurteilt, der Auszahlung eines Betrages vom Sperrkonto an die Beklagte i.H.v. 10.395,83 Euro (20.332,48 DM) zuzustimmen. Die weitergehende Klage und die Widerklage hat das Landgericht abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, von dem klägerischen Restwerklohn i.H.v. 27.131,13 DM seien wegen der Aufrechnung der Beklagten die von dieser geltend gemachten Gegenforderungen, bis auf die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens abzuziehen. Die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens gehörten zu den Kosten des Rechtsstreites, seien aus diesem Grunde vom Kostenausspruch des Urteilstenors umfasst und könnten demzufolge von der Beklagten nicht als materieller Schadensersatzanspruch zum Gegenstand der Hauptsache gemacht werden. Die mit der Widerklage geltend gemachte Feststellungsklage sei aufgrund des Fehlens eines Feststellungsinteresses gemäß § 256 ZPO unzulässig. Es fehle an einem schutzwürdigen Interesse der Beklagten an der alsbaldigen Feststellung des Bestehens des Schadensersatzanspruches gegen die Klägerin im Hinblick auf den möglichen Verzugsschaden, dem die Beklagte selbst gegenüber den Eheleuten W ausgesetzt sein könnte. Dies gelte insbesondere deshalb, weil keineswegs feststehe, dass die Beklagte den Eheleuten W überhaupt einen Verzugsschaden zu ersetzen habe.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 15.01.2002 zugestellte Urteil am 11.02.2002 Berufung eingelegt und diese am 11.03.2002 begründet.

Sie trägt vor, das Landgericht habe zu Unrecht die Möglichkeit der Aufrechnung mit den Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens verneint. Die Beklagte habe insoweit einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch aus § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B. Die Voraussetzungen der genannten Norm lägen nach den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts vor. Eine Aufrechnungssperre, wie sie das Landgericht angenommen habe, lasse sich nicht begründen. Jedenfalls aber hätte das Landgericht im Rahmen der Kostenquotelung bei der Kostenentscheidung berücksichtigen müssen, dass die Beklagte mit ihrem Einwand, die Klägerin habe die Sanierung des Estriches zu bezahlen, Erfolg gehabt habe. Schließlich hätte das Landgericht jedenfalls keinen unmittelbaren Zahlungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte zuerkennen dürfen, sondern lediglich die Beklagte zur Zustimmung zur Auszahlung des entsprechenden Betrages aus dem Guthaben des Sperrkontos bei der Kreissparkasse M. verurteilen dürfen. Dies ergebe sich aus Ziff. 2 des Zwischenvergleiches vom 12.05.2000.

Ferner habe das Landgericht unzutreffend dem Feststellungsantrag der Beklagten die Zulässigkeit versagt. Die Beklagte habe auch dem Grunde nach einen Schadensersatzanspruch gegen die Klägerin aus § 13 Nr. 7 VOB/B bzw. § 6 Nr. 6 VOB/B. Dem Estrichhersteller obliege wegen der besonderen Sensibilität der Zusammensetzung eine ständige Qualitätssicherung mit hohen Sorgfaltsanforderungen. In Bezug auf diese Sorgfaltsanforderungen sei der Estrichhersteller als Erfüllungsgehilfe des Estrichlegers, hier also der Klägerin, anzusehen. Folglich habe die Klägerin auch den Mangel des verlegten Estrichs verschuldet. Im Übrigen beruhe aber die Verzögerung bei der Fertigstellung des Einfamilienhauses des Ehepaars W. auf der Weigerung der Klägerin, den Estrich nach dem Auftreten der Mangelerscheinungen unverzüglich zu sanieren. Schließlich erweitert die Beklagte ihre Widerklage um einen Zahlungsbetrag von 687,74 Euro (1.345,11 DM). Zur Begründung führt sie aus, nach Aufrechnung gegen die Klageforderung mit ihren Gegenforderungen verbleibe ein an die Beklagte zu zahlender Betrag i.H.v. 687,74 Euro. Für die genaue Berechnung wird auf S. 3 der Berufungsbegründung vom 11.03.2002 Bezug genommen. Ihren Feststellungsantrag hat die Beklagte nach einem Hinweis des Senates in der mündlichen Verhandlung vom 25.07.2002 umformuliert.

Die Beklagte beantragt nunmehr,

die Klage abzuweisen;

die Klägerin zu verurteilen, der Auszahlung der auf dem Konto Nr. bei der Kreissparkasse M. eingezahlten Zwischenvergleichssumme von 14.310,01 Euro (27.987,94 DM) nebst hierauf entfallender Guthabenzinsen an die Beklagte zuzustimmen;

die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 687,74 Euro (1.345,11 DM) nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2001 zu zahlen;

festzustellen, dass die Klägerin verpflichtet ist, die Beklagte von Schadensersatzansprüchen der Bauherren K und O W freizustellen, die auf der verspäteten Fertigstellung des Einfamilienhauses der Bauherren W in der straße 34c in durch die Beklagte beruhen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich zur Begründung vollumfänglich auf die Ausführungen des erstinstanzlichen Urteiles.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung und die Erweiterung der Widerklage in der Berufungsbegründung vom 11.03.2002 sind zulässig. Mit der Erweiterung der Widerklage um den Antrag zu Ziff. 3 der Berufungsbegründung hat die Beklagte einen über die Klageforderung hinausgehenden Betrag der von ihr im Wege der Aufrechnung geltend gemachten Gegenforderungen geltend gemacht. Es kann insoweit offen bleiben, ob diese Erweiterung bereits gemäß §§ 264 Nr. 2, 523 ZPO in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung (a.F.) nicht als Klageänderung anzusehen ist. Jedenfalls wäre eine derartige Klageänderung i.S.v. §§ 263, 523 ZPO a.F. sachdienlich, weil für den geltend gemachten, neuen Anspruch kein neues Sachvorbringen in den Prozess eingeführt werden muss. Für das Berufungsverfahren gelten gemäß § 26 Nr. 5 EGZPO die Vorschriften der ZPO vor Inkrafttreten des Zivilprozessreformgesetzes vom 27.07.2001 am 01.01.2002, weil die letzte mündliche Verhandlung, auf welche das angefochtene Urteil erging, vor dem 31.12.2001 stattfand.

Die Berufung ist auch bis auf einen Teil des Zinsantrages begründet.

Die Klägerin hatte zwar, ausgehend von den Feststellungen des Landgerichtes, ursprünglich einen Restwerklohnanspruch gegen die Beklagte i.H.v. 27.131,13 DM. Dieser Anspruch ist jedoch gemäß § 387 BGB durch die Aufrechnung der Beklagten mit den von ihr geltend gemachten Gegenforderungen i.H.v. insgesamt 28.921,77 DM erloschen, wobei von der in der Reihenfolge als letzte geltend gemachten Gegenforderung über die Erstattung von Bauleitungskosten i.H.v. 2.500,00 DM ein Restanspruch von 1.790,64 DM (915,54 Euro) verblieben ist. Dieser Betrag übersteigt den von der Beklagten geltend gemachten Anspruch gegenüber der Klägerin i.H.v. 687,74 Euro, so dass auch diese Forderung der Beklagten begründet ist. Zur Begründung des geltend gemachten Zinsanspruches insoweit fehlt jedoch jeglicher Sachvortrag, so dass die Berufung insoweit zurückzuweisen war.

Die Beklagte hat gegen die Klägerin auch einen Anspruch auf Zustimmung zur Auszahlung des von der Beklagten als Sicherheit auf das Sperrkonto eingezahlten Betrages von 14.310,01 Euro aus Ziff. 2 des Zwischenvergleiches vom 12.05.2000, weil der Sicherungszweck mit dem Erlöschen der Klageforderung entfallen ist. Schließlich hat die Beklagte auch einen Anspruch gegen die Klägerin auf Feststellung, dass die Klägerin die Beklagte im Verhältnis zu den Bauherren W. insoweit freizustellen hat, als die Bauherren W. Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte wegen der verspäteten Herstellung des Einfamilienhauses W haben.

Die Klägerin hat zunächst keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Bezahlung von Restwerklohn aus diversen Bauvorhaben in Höhe des vom Landgericht zugesprochenen Betrages von 7.655,46 DM (3.914,17 Euro). Der vom Landgericht festgestellte, ursprüngliche Restwerklohn i.H.v. 27.131,13 DM ist durch die von der Beklagten erklärte Aufrechnung mit Gegenforderungen i.H.v. insgesamt 28.921,77 DM erloschen. Entgegen der Auffassung des Landgerichtes konnte die Beklagte auch mit einem Anspruch gegen die Klägerin auf Erstattung der Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens vor dem Amtsgericht Dresden i.H.v. 9.446,10 DM gemäß § 387 BGB aufrechnen.

Der Kostenerstattungsanspruch der Beklagten gegen die Klägerin im Umfang derjenigen Kosten, die der Beklagten im Rahmen des selbstständigen Beweisverfahrens entstanden sind, beruht auf § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B. Die Voraussetzungen eines solchen Anspruches dem Grunde nach wegen der mangelhaften Verlegung des Estrichs durch die Klägerin im Bauvorhaben W hat das Landgericht in seinem Urteil vom 11.01.2002 zutreffend begründet. Insoweit kann auf die Ausführungen des Landgerichtes Bezug genommen werden. Der Kostenerstattungsanspruch aus § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B umfasst auch die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens, weil diese notwendig waren, um den von der Klägerin verursachten Mangel am Estrich im Bauvorhaben W. zu beseitigen. Die notwendige Sachkunde für die Durchführung der Mängelbeseitigungsarbeiten in Eigenregie konnte sich die Beklagte nur durch die vorherige, sachverständige Begutachtung des Mangels verschaffen, so dass die Kosten der Einleitung des selbstständigen Beweisverfahrens notwendige Kosten der Beseitigung des Mangels i.S.v. § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B waren (vgl. auch Ingenstau/Korbion/Wirth, VOB-Kommentar, 14. Aufl., § 13 VOB/B, Rdn. 541 m.w.N.).

Die Beklagte konnte mit ihrem Kostenerstattungsanspruch gegen die Klägerin auch entgegen der Auffassung des Landgerichtes im Rahmen des vorliegenden Prozesses aufrechnen und demzufolge die klägerische Forderung gemäß §§ 387, 389 BGB in der Höhe des Gegenanspruches zum Erlöschen bringen. Das Landgericht begründet seine Auffassung damit, die entstandenen Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens seien Kosten des vorliegenden Rechtsstreites, weil es sich bei dem vorliegenden Verfahren um die Hauptsache zum selbstständigen Beweisverfahren vor dem Amtsgericht Dresden handele. Die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens seien deshalb vom Kostenausspruch des Urteilstenors umfasst und könnten von den Parteien nicht als materielle Forderung zum Gegenstand der Hauptsache gemacht werden. Diese Auffassung ist bereits insoweit unzutreffend, als der vorliegende Rechtsstreit nicht als Hauptsacheverfahren zum selbstständigen Beweisverfahren vor dem Amtsgericht Dresden angesehen werden kann. Dies ergibt sich indirekt aus der Regelung in § 494a ZPO. Nach dieser Vorschrift kann eine Kostenentscheidung im selbstständigen Beweisverfahren nur in dem Ausnahmefall getroffen werden, dass es nicht zu einer Hauptsacheklage i.S.v. § 494a Abs. 1 ZPO kommt. Der Sinn dieser Regelung besteht erkennbar darin, eine Kostengrundentscheidung für die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens grundsätzlich dem dem selbstständigen Beweisverfahren nachfolgenden Hauptsacheprozess zu überlassen, und diese im selbstständigen Beweisverfahren nur vorzunehmen, wenn es zum Hauptsacheprozess nicht kommt. Umgekehrt lässt sich aber aus der Regelung entnehmen, in welchen Fällen der Gesetzgeber vom Vorliegen eines Hauptsacheprozesses zum selbstständigen Beweisverfahren ausgeht. Bereits der eindeutige Wortlaut des § 494a Abs. 1 ZPO zeigt, dass eine Klage, also ein prozessualer Angriff des Antragstellers erforderlich ist, der die im selbstständigen Beweisverfahren geprüften Tatsachen zum Streitgegenstand hat (ebenso OLG Köln, Beschluss vom 16.09.1996, NJW-RR 1997, 1295; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.10.1993, MDR 1994, 201; Wielgoss, JurBüro 1999, 125). Macht dagegen der Antragsteller, wie im vorliegenden Fall die Beklagte, das Ergebnis des selbstständigen Beweisverfahrens einredeweise, etwa im Wege eines Zurückbehaltungsrechts oder einer Aufrechnung, geltend, fehlt es an einem Hauptsacheprozess i.S.v. § 494a Abs. 1 ZPO. Die Beschränkung des Hauptsacheprozesses auf eine Klage i.S.v. § 494a Abs. 1 ZPO hat auch einen sachlichen Grund. Nur im Falle einer klageweisen Geltendmachung des Ergebnisses aus dem selbstständigen Beweisverfahren im Hauptsacheprozess gehört dieses von vornherein zum Streitgegenstand des Hauptprozesses und einer möglichen rechtskraftfähigen Entscheidung. Dagegen gehört im Falle der Geltendmachung des Beweisergebnisses im Wege der Zurückbehaltung oder Aufrechnung dieses nur dann zum Streitgegenstand, wenn die Ausgangsklage schlüssig ist. Es entstände deshalb eine Unsicherheit, die mit dem Ziel des § 494a ZPO, klare Verhältnisse hinsichtlich der Entstehung einer Kostengrundentscheidung zu schaffen, nicht vereinbar wäre (ebenso OLG Köln, a.a.O.). Der Rechtssicherheit ist insoweit der Vorrang vor den mehr prozessökonomisch begründeten Überlegungen des Landgerichtes zu gewähren. Auch der Feststellungsantrag im Rahmen der Widerklage führt nicht dazu, dass das vorliegende Verfahren als Hauptsacheprozess nach § 494a ZPO anzusehen wäre. Mit dem Feststellungsantrag werden nicht unmittelbar die Kosten der Beseitigung des im selbstständigen Beweisverfahrens festgestellten Mangels geltend gemacht, sondern Folgekosten, die auf der Verzögerung der Ausführung der Gewährleistungsarbeiten beruhen. Dies ist aber für die Annahme einer Hauptsacheklage nach Auffassung des Senates nicht ausreichend (ebenso OLG Dresden, Beschluss vom 20.02.2002, OLGR Dresden 2002, 240, 241 bei der Abgrenzung der angefallenen Kosten im Rahmen der Streitwertfestsetzung).

Im Übrigen wäre die Beklagte an der von ihr geltend gemachten Aufrechnung prozessual auch dann nicht gehindert, wenn das vorliegende Verfahren als Hauptsache zum selbstständigen Beweisverfahren vor dem Amtsgericht Dresden anzusehen wäre. Die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens sind, im Rahmen der Notwendigkeit, dann zwar als Kosten des Rechtsstreites gemäß § 91 ZPO anzusehen. Dies führt aber grundsätzlich nur dazu, dass der prozessuale Kostenerstattungsanspruch über die Kostengrundentscheidung und die Kostenfestsetzung neben den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch tritt, nicht aber zu einer Verdrängung des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruches (ebenso Kleine-Möller/Merl/Oelmaier, Handbuch des privaten Baurechts, 2. Aufl., § 17 Rdn. 341). Das Landgericht bleibt insoweit eine Begründung schuldig, warum der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch vom prozessrechtlichen verdrängt werden soll. Der zutreffende Hintergrund der vom Landgericht vertretenen Auffassung dürfte die Überlegung sein, für eine Klage auf Kostenerstattung hinsichtlich der Kosten eines selbstständigen Beweisverfahrens bestehe kein Rechtsschutzinteresse, wenn es zum Hauptsacheprozess kommt, weil der Anspruchsberechtigte im Wege der Kostengrundentscheidung und des Kostenfestsetzungsverfahrens seine Forderung auf einfachere Weise als durch die Klageerhebung durchsetzen kann (so OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.03.1995, NJW-RR 1995, 1108, 1109; Kleine-Möller/Merl/Oelmaier, a.a.O.). Unabhängig von der Frage, ob diese Überlegung zutreffend ist, passt sie jedoch nicht auf den vorliegenden Fall, denn es ist für die Beklagte bei der vorliegenden Konstellation tatsächlich nicht einfacher, ihren Kostenerstattungsanspruch nach der Kostengrundentscheidung und nach einer Entscheidung im Kostenfestsetzungsverfahren gegenüber der Klägerin geltend zu machen, als diese bereits im Hauptprozess als Aufrechnungsforderung einzuführen. Es mag für das Gericht einfacher sein, die Beklagte auf das Kostenfestsetzungsverfahren zu verweisen. Der Beklagten kann aber nach Auffassung des Senates aus rein tatsächlichen Gründen nicht entgegengehalten werden, der Weg über das Kostenfestsetzungsverfahren sei für sie der einfachere. Folglich besteht auch ein Rechtsschutzinteresse für die Beklagte, ihren Kostenerstattungsanspruch im Wege der Aufrechnung im Rahmen des Hauptprozesses geltend machen zu können.

Soweit die Klägerin einen Schriftsatznachlass bezüglich der Hinweise des Senates zur rechtlichen Behandlung der Aufrechnung mit Kosten eines selbstständigen Beweisverfahrens begehrt hat, brauchte dem nicht entsprochen zu werden. Es handelte sich um Rechtsfragen, zu denen der Prozessbevollmächtigte der Klägerin sofort Stellung nehmen konnte, wie er im Verhandlungstermin vom 25.07.2002 eindrucksvoll gezeigt hat.

Entgegen der Auffassung des Landgerichtes ist auch das Feststellungsbegehren der Beklagten in der umformulierten Fassung zulässig und begründet.

Hinsichtlich der Zulässigkeit fehlt es nicht an einem Feststellungsinteresse. Zwar könnte ein solches fehlen, wenn die Beklagte ihr Klageziel auch mit einer Leistungsklage erreichen könnte. Es besteht jedoch keine allgemeine Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage; vielmehr ist eine Feststellungsklage trotz der Möglichkeit, Leistungsklage zu erheben, zulässig, wenn die Durchführung des Feststellungsverfahrens unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit zu einer sinnvollen und sachgemäßen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte führt (vgl. nur BGH, Urteil vom 04.06.1996, NJW 1996, 2725 m.w.N.). Im vorliegenden Fall ist eine bezifferte Leistungsklage nicht möglich, weil der Schadensersatzprozess zwischen dem Ehepaar W und den Beklagten noch nicht durch eine rechtskräftige Entscheidung beendet ist. Gegenüber einer möglichen Freistellungsklage fehlt es aber an der Subsidiarität der vorliegenden Feststellungsklage, weil mit einer Klage auf Feststellung der Verpflichtung zur Freistellung ebenso unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit die aufgetretenen Streitpunkte sinnvoll und sachgemäß erledigt werden. Gegen das Vorliegen eines Feststellungsinteresses spricht auch entgegen der Auffassung der Klägerin nicht der Umstand, dass die Klägerin dem Rechtsstreit zwischen den Bauherren W und der Beklagten vor dem Landgericht Dresden (Az: 14 O 3722/01) als Streithelferin beigetreten ist. Dieser Prozess vor dem Landgericht Dresden ist für das Bestehen eines Feststellungsinteresses von vornherein ohne Bedeutung, weil er erst nach Erhebung der Feststellungsklage durch die Beklagte anhängig wurde. Die den Feststellungsantrag beinhaltende Widerklage wurde der Klägerin am 18.12.2000 zugestellt, während die Klageschrift im Verfahren des Landgerichts Dresden, Az: 14 O 3722/01, auf den 09.08.2001 datiert. Wenn aber das Feststellungsinteresse zum Zeitpunkt der Erhebung der Widerklage gegeben war, konnte es durch die Anhängigkeit des Verfahrens zwischen der Beklagten und den Bauherren W nicht mehr entfallen, weil ein Kläger seinen Feststellungsantrag auch dann nicht in einen Leistungsantrag umzuwandeln braucht, wenn dies aufgrund der Schadensentwicklung im Laufe des Rechtsstreites möglich wäre (vgl. BGH, a.a.O.).

Die Beklagte hat auch gegen die Klägerin einen Freistellungsanspruch gegenüber den Bauherren W aus Verzug bei der Ausführung ihrer Gewährleistungspflichten aus dem Subunternehmervertrag vom 11.10./19.10.1999. Die Klägerin hat ihre Pflicht aus dem Subunternehmervertrag gemäß § 13 Nr. 5 Abs. 1 VOB/B zur umgehenden Beseitigung des nach Verlegung des Estrichs aufgetretenen Mangels verletzt, indem sie auf die als Beseitigungsaufforderung durch die Beklagte zu verstehende Behinderungsanzeige vom 20.11.1999 eine Sanierung des Estrichs nicht durchgeführt hat. Auch wenn man der Klägerin insoweit eine Überlegungsfrist zubilligen wollte, innerhalb derer sie eine Mangelprüfung durchführen kann, hat die Klägerin spätestens mit der endgültigen Ablehnung der Mängelbeseitigung mit Schreiben vom 21.12.1999 ihre Pflicht zur Beseitigung des aufgetretenen Mangels verletzt. Die Pflichtverletzung war auch schuldhaft, weil der Klägerin ihre Einstandspflicht nach § 13 Nr. 5 Abs. 1 VOB/B bekannt sein musste. Nach den Feststellungen des Sachverständigen A. in seinem Gutachten vom 30.06.2000 ist zwar von einer schuldhaften Verursachung des Mangels durch die Klägerin nicht auszugehen, weil sie ihre Verlegungsarbeiten ordnungsgemäß durchgeführt hat und die Fehler in der stofflichen Zusammensetzung des gelieferten Estrichs nicht erkennen konnte. Über § 13 Nr. 5 Abs. 1 VOB/B traf sie jedoch eine verschuldensunabhängige Pflicht zur Beseitigung eines aufgetretenen Mangels, die sie jedenfalls fahrlässig verletzt hat. Das Verhalten der Klägerin, weder die Mangelbeseitigung durchzuführen noch die Gewährleistungspflicht für den Mangel gegenüber der Beklagten anzuerkennen, führte jedoch zur Notwendigkeit der Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens, das eine verzögerte Fertigstellung des Einfamilienhauses der Bauherren W. zur Folge hatte. Soweit also die Beklagte wegen der verzögerten Fertigstellung des Einfamilienhauses Schadensersatzansprüchen der Bauherren W ausgesetzt ist, hat die Beklagte einen Schaden erlitten, der auf einer Verzögerung der Ausführung von Vertragspflichten durch die Klägerin beruht. Ein Schadensersatzanspruch des Hauptunternehmers gegen den Subunternehmer insoweit ist auch durch die Regelungen in § 13 Nr. 5 bzw. Nr. 7 VOB/B nicht ausgeschlossen (ebenso OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.06.1995, NJW-RR 1996, 729; ähnlich BGH, Urteil vom 18.12.1997, NJW 1998, 1493 für die Weitergabe einer Vertragsstrafe).

Die vom Klägervertreter beantragte Schriftsatzfrist zur Stellungnahme auf den umformulierten Feststellungsantrag der Beklagten brauchte nach Auffassung des Senates nicht gewährt zu werden, weil kein neuer Feststellungsantrag der Beklagten vorliegt. Die aufgrund des Hinweises des Senates im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 25.07.2002 vorgenommene Umformulierung des Feststellungsbegehrens bedeutet vielmehr eine sprachliche Präzisierung des sich bereits aus der Begründung des Feststellungsantrages ergebenden Feststellungsbegehrens der Beklagten. Dementsprechend hatte die Klägerin seit Erhebung der Widerklage ausreichend Zeit, zum Feststellungsbegehren der Beklagten Stellung zu nehmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2, 97 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO.

Die Revision war nicht gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 543 Abs. 2 ZPO vorliegt.

Ende der Entscheidung

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