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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Urteil verkündet am 14.09.2005
Aktenzeichen: 8 U 1024/05
Rechtsgebiete: BGB, StPO, ZPO


Vorschriften:

BGB § 242
BGB § 254 Abs. 1
BGB § 280
BGB § 280 Abs. 1 Satz 1
BGB § 670
BGB § 675
StPO § 170 Abs. 2
ZPO § 696 Abs. 3
1. Die Inkassobank hat gegen ihren Kunden, der ihr eine Lastschrift zum Einzug vorgelegt hat, einen vertraglichen Aufwendungsersatzanspruch, wenn sie der Zahlstelle nach (rechtzeitigem) Widerspruch des Schuldners den eingezogenen Betrag erstattet.

2. Beteiligt sich der Kunde unter ersichtlich verdächtigen Umständen in unredlicher Weise am Lastschrifteinzug, kann er dem Aufwendungsersatzbegehren der Inkassobank keinen eigenen Schadensersatzanspruch entgegensetzen, der auf die unterlassene Aufklärung über Besonderheiten und Gefahren des Lastschriftverfahrens gestützt wird.


Oberlandesgericht Dresden IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 8 U 1024/05

Verkündet am 14.09.2005

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 31.08.2005 durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Häfner, Richter am Oberlandesgericht Bokern und Richter am Oberlandesgericht Dr. Ross

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der Einzelrichterin der 13. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 26.05.2005 - 13 O 1962/04 - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert.

Das am 22.06.2004 an Verkündungs statt zugestellte Versäumnisurteil derselben Einzelrichterin wird im Zahlungsausspruch (Ziff. I) aufrechterhalten.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung, auch aus dem Versäumnisurteil, durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

- Streitwert des Berufungsverfahrens: 56.000,00 EUR -

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt als Inkassosparkasse Aufwendungsersatz für eine rückgerechnete (Sammel-)Lastschrift über 70.000,00 EUR, die ihr der Beklagte auf Grund zweier widerruflicher, auf den Namen A lautender Einzugsermächtigungen am 19.08.2003 zum Einzug vorlegte. Den am 20.08.2003 seinem Konto bei der Klägerin gutgeschriebenen Betrag transferierte er am 22.08.2003 im Wege telegrafischer Überweisungen zum größten Teil an Dritte weiter. Der Rest (5.292,00 EUR) verblieb nach seiner Darstellung als Provision bei ihm und war mit seinem angeblichen Tippgeber H hälftig zu teilen. Ende September 2003 widerrief(en) der oder die "Schuldner" A die Ermächtigungen. Die Klägerin erstattete der Zahlstelle, der Dresdner Bank in Aschaffenburg, den eingezogenen Betrag. Nach Kündigung der Geschäftsbeziehung und Verrechnung noch vorhandener Guthaben nimmt sie den Beklagten wegen der Deckungslücke in Anspruch. Sie hat im schriftlichen Vorverfahren vor dem Landgericht ein Versäumnisurteil erwirkt, welches auf Zahlung von 54.773,21 EUR nebst Zinsen von 5 % seit dem 20.04.2004 und errechnete Zinsen von 1.865,37 EUR sowie sinngemäß auf Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits in Höhe eines Teilbetrages von 2.961,61 EUR lautet.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Landgericht das Versäumnisurteil nach Zeugenbeweisaufnahme aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zwar habe die Klägerin gegen den Beklagten einen Aufwendungsersatzanspruch in Höhe der streitgegenständlichen Forderung aus §§ 675, 670 BGB. Jedoch stehe dem Beklagten in der selben Höhe ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten gem. § 280 BGB zu.

Mit der zulässigen Berufung greift die Klägerin unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens die Würdigung des Landgerichts, sie habe eine Aufklärungspflicht verletzt, in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht an.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils das Versäumnisurteil des Landgerichts Dresden vom 22.06.2004 aufrechtzuerhalten.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe seines erstinstanzlichen Vorbringens.

Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vor dem Landgericht und dem Senat verwiesen. Die Akten des voraufgegangenen Arrestprozesses (LG Dresden - 13 O 356/04 A) waren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Senat.

II.

Die Berufung hat im Wesentlichen Erfolg. Sie führt zur Bestätigung des Versäumnisurteils im Zahlungsausspruch. Unbegründet ist das Rechtsmittel hinsichtlich des abgewiesenen Erledigungsfeststellungsbegehrens.

1. Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Landgericht einen Aufwendungsersatzanspruch der Klägerin bejaht.

Infolge des auftragsgemäßen Einzuges der Lastschrift sind der Klägerin Aufwendungen in Höhe von 70.000,00 EUR deshalb entstanden, weil sie nach Abschnitt III Nr. 1 des Lastschriftsabkommens der Banken und Sparkassen auf die rechtzeitige Rückrechnungslastschrift hin den eingezogenen Betrag zu erstatten hatte. Der vom Beklagten erteilte Auftrag war Bestandteil einer stillschweigend zustande gekommenen, formlos wirksamen Inkassovereinbarung. Diese ist als Geschäftsbesorgungsvertrag zu qualifizieren. Die der Klägerin bei dessen Durchführung entstandenen Aufwendungen hat der Beklagte deshalb, soweit nicht bereits geschehen, gem. §§ 670, 675 BGB zu ersetzen.

2. Dem Beklagten steht kein Schadensersatzanspruch gegen die Klägerin zu.

a) Ob ein solcher besteht, kann nicht deshalb offen bleiben, weil der Beklagte nicht aufgerechnet hat. Denn er macht ein Leistungsverweigerungsrecht geltend, das im Falle des Bestehens eines Schadensersatzanspruches zum Tragen käme, da eine Pflicht der Klägerin zur alsbaldigen Rückgewähr bestünde, § 242 BGB (vgl. BGHZ 116, 200).

b) Ein Schadensersatzanspruch des Beklagten schiede von vornherein aus, hätte er selbst in betrügerischer Weise zu Lasten der Klägerin gehandelt. Eine solche Feststellung kann indes nicht getroffen werden. Über die funktional atypische Verwendung des Lastschriftverfahrens hinaus muss der einziehende Gläubiger mindestens damit rechnen, dass sein Schuldner dem Einzug widersprechen wird (vgl. auch BGH, Urteil vom 15.06.2005 - 2 StR 30/05). Für einen derartigen Vorsatz des Beklagten gibt es keinen Beweis. Dementsprechend ist das gegen ihn geführte Ermittlungsverfahren mittlerweile nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden (GA 147).

c) Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist die Klägerin dem Beklagten nicht gem. § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB zum Schadensersatz verpflichtet. Weder hat sie eine Aufklärungspflicht verletzt (aa), noch ist ein unterstellter Aufklärungspflichtverstoß ursächlich für einen Schaden des Beklagten geworden (bb). Im Übrigen überwiegt das Mitverschulden des Beklagten derart stark, dass dahinter ein etwaiger Pflichtverstoß der Klägerin vollständig zurücktritt (cc). Auch ein Schadensersatzanspruch wegen unterlassener Warnung vor einem bevorstehenden Widerruf scheidet aus (dd).

aa) Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten keine Aufklärungspflicht verletzt.

(1) Eine allgemeine Aufklärungspflicht über mögliche Risiken des Lastschriftverfahrens traf sie unter den obwaltenden Umständen nicht.

Dabei kann dahinstehen, ob eine Bank oder Sparkasse dem Kunden, der sich als Gläubiger von Forderungen am Lastschriftverfahren interessiert zeigt, über die Modalitäten im Einzelnen zu unterrichten hat. So lag es hier nicht. Der Beklagte suchte am 19.08.2003 die Filiale "Wilder Mann" der vormaligen Stadtsparkasse Dresden auf und wünschte unter Vorlage zweier ihm am selben Tag gefaxter, auf den Namen A lautender widerruflicher "Ermächtigungen zum Einzug von Forderungen durch Lastschrift" über 20.000,00 EUR und 50.000,00 EUR (Bl. 118, 120 der Beiakten) den Einzug per Lastschrift. Diesem Ansinnen ist die ehemalige Sparkassenmitarbeiterin T am selben Tag nachgekommen. Jedenfalls in einer solchen Konstellation kann der Kunde nicht ohne ausdrückliche Frage erwarten, vom Bank- bzw. Sparkassenangestellten über Besonderheiten oder Gefahren des Lastschriftverfahrens "belehrt" zu werden. Dies gilt umso weniger, als der Kunde den - wie hier - Bestandteil der Geschäftsverbindung gewordenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen unter Nr. 23 Abs. 2 entnehmen konnte, dass die Sparkasse den Gegenwert eingezogener Papiere, darunter Lastschriften, im Falle der Rückgabe zurückbelastet. Dass die Mitarbeiterin T den Interessen der Klägerin krass zuwider gehandelt hat, indem sie sowohl eine Bonitätsprüfung des Beklagten als auch den Abschluss einer schriftlichen Inkassovereinbarung unterließ, begründet keine Pflichtverletzung im Verhältnis zum Beklagten.

(2) Eine besondere Aufklärungspflicht bestand ebenfalls nicht.

Sie wäre nach dem Vorstehenden nur anzunehmen, wenn der Beklagte ausdrücklich um Erläuterung der ihm nicht bekannten Modalitäten und Besonderheiten des Lastschriftverfahrens gebeten hätte. Das kann entgegen der Beweiswürdigung des Landgerichts nicht festgestellt werden. Die beiden Zeuginnen T und M konnten die entsprechende Behauptung des beweisbelasteten Beklagten, wie das Landgericht selbst festgestellt hat, gerade nicht bestätigen. Dabei verkennt der Senat nicht, dass beide Zeuginnen den schlechten Eindruck, der für die Klägerin Anlass ihrer "Entlassung" war, bei der Vernehmung vor dem Landgericht in gewisser Weise bestätigt haben, indem sie an die Geschehnisse praktisch keinerlei brauchbare Erinnerung mehr hatten. In einer solchen Beweissituation können stimmige und auch ansonsten durchweg glaubhafte Angaben der beweisbelasteten Partei durchaus genügen, um den Beweis als geführt anzusehen (§ 286 Abs. 1 ZPO). So verhält es sich hier aber nicht. Die Angaben des vom Senat ausführlich angehörten Beklagten lassen vielmehr beträchtliche Zweifel aufkommen, ob er am 19.08.2003 tatsächlich um Aufklärung nachgesucht hat. Wenn er sich schon unter überaus dubiosen Umständen (dazu unten cc) bereit fand, an einer für ihn lukrativen Transaktion mitzuwirken und telefonischen Weisungen ihm unbekannter Dritter bedenkenlos zu folgen, und seine Beteiligung darüber hinaus nach eigener Darstellung von einem Freund angestoßen wurde, der ihm gesagt hatte, "es" nicht selbst machen zu können, weil er vorbestraft sei, kann nicht mit der nötigen Gewissheit angenommen werden, dass der Beklagte etwaige eigene Unsicherheiten oder möglichen Argwohn gerade in der Sparkasse durch eine Bitte um Erläuterung der Besonderheiten des Lastschriftverfahrens zu zerstreuen suchte.

bb) Selbst wenn eine Aufklärungspflichtverletzung unterstellt wird, fehlt es jedenfalls an der Kausalität für den etwaigen Schaden des Beklagten.

Zwar mag dann zu Gunsten des Beklagten eine Vermutung aufklärungsgerechten Verhaltens streiten (vgl. BGHZ 123, 311 für Steuerberater; BGHZ 124, 151 für Vermittler von Terminoptionsgeschäften). Diese Vermutung ist hier aber auf Grund der Gesamtumstände widerlegt. Eine gehörige Aufklärung hätte entgegen der Einschätzung des Beklagten keinesfalls darin bestanden, ihn vor dem Forderungseinzug mittels Lastschrift gleichsam zu warnen, sondern allenfalls in einer objektiven Unterrichtung über die Modalitäten des Lastschriftverfahrens. Der angeblich so gutgläubige Beklagte wäre dann - hiervon ist der Senat auch auf Grund des persönlichen Eindrucks, den der Beklagte vermittelt hat, überzeugt (§ 286 Abs. 1 ZPO) - nicht auf den Gedanken gekommen, die auf seinem Konto eingegangene Lastschriftsumme dort zu belassen und den Ablauf von sechs Wochen abzuwarten. Vielmehr hätte er auch in diesem Falle den telefonischen Weisungen seiner "Auftrag- und Treugeber" Folge geleistet, nicht zuletzt, um die beträchtliche Provision nicht zu gefährden. Hierfür spricht zusätzlich, dass bereits in den ihm gefaxten Einzugsermächtigungen vom 01.04.2003 ausdrücklich auf deren Widerruflichkeit hingewiesen war.

cc) Sogar dann aber, wenn man einen durch einen Pflichtverstoß der Klägerin verursachten Schaden bejahen wollte, scheidet ein Schadensersatzanspruch aus. Denn dem Beklagten ist ein so großes Mitverschulden anzulasten, dass dahinter eine Haftung der Klägerin vollständig zurücktritt, § 254 Abs. 1 BGB.

Das Verschulden der Klägerin ist, soweit es nicht ihre ureigenen Belange betrifft, in jedem Falle als gering zu bewerten. Sie hat es - bei Unterstellung einer schadensursächlichen Unterlassung - lediglich versäumt, den nachfragenden Beklagten ordnungsgemäß über die Modalitäten des Lastschriftverfahrens zu unterrichten. Demgegenüber fallen die Verursachungsbeiträge und das Verschulden des Beklagten weitaus stärker ins Gewicht:

So hat er, wie seine Anhörung ergeben hat, die Mitarbeiterinnen der Klägerin nicht etwa darauf hingewiesen, dass es sich bei dem in den beiden auf den 01.04.2003 datierten Lastschrifteinzugsermächtigungen genannten Verpflichtungsgrund (jeweils "Factoringvertrag vom 11.02.2003 unter Berücksichtigung der Vertraglichen Vereinbarung zu § 5 Ziff. 2") um fingierte Forderungen handelte. Er hat auch nicht offenbart, den bzw. die "Schuldner" A überhaupt nicht zu kennen. Jede der beiden Tatsachen wäre im Falle ihrer Aufdeckung selbst für die nachlässigen ehemaligen Mitarbeiterinnen der Klägerin zweifellos Grund gewesen, stutzig zu werden und von dem gewünschten Einzug abzusehen. Wenn der Beklagte aber schon Aufklärungsbedarf für sich in Anspruch nahm, muss er sich umgekehrt noch stärker vorhalten lassen, die Klägerin selbst nicht ins richtige Bild gesetzt zu haben.

Darüber hinaus muten die Umstände, unter denen er sich zur Teilnahme an der Finanztransaktion bereit gefunden hat, nachgerade abenteuerlich an. Er selbst will von seinem - wie er es heute bezeichnet: vermeintlichen - Freund H , der ebenfalls in der Baubranche tätig war, den Tipp erhalten haben, etwas Geld zu verdienen. Er, H , könne "es" nicht machen, weil er vorbestraft sei. Die Rede sei von dem Empfang und der Weiterleitung von Geldern mit Blick auf ein Immobiliengeschäft in Berlin gewesen. Er (Beklagter) habe sich - mit dem in der mündlichen Verhandlung auffällig gleich zu Beginn hervorgehobenen Zusastz, "keine krummen Sachen" machen zu wollen - hierauf eingelassen und mit H vereinbart, die Provision von 7 % hälftig zu teilen. Absprachegemäß habe er dann telefonischen Kontakt mit Herrn L gehalten, den er nie gesehen haben will. Wohl auf dessen Inititative seien ihm die Einzugsermächtigungen gefaxt worden. Den telefonischen Anweisungen L und, wie der Beklagte (erstmals) im Berufungsverfahren angegeben hat, eines Herrn D habe er unverzüglich Folge geleistet. So habe er die Gelder am 22.08.2003 an die ihm unbekannten weiteren Dritten überwiesen.

Es ist schon schlechterdings nicht nachvollziehbar, wie ein angeblich Rechtschaffener zu der Einschätzung gelangen kann, der Empfang und die Weiterleitung beträchtlicher Gelder, ohne den "Absender" (A ) oder den "Dirigenten" (L , D ) oder wenigstens die Zahlungsempfänger ( B , M , E ) zu kennen oder auch nur einen entfernten Geschäftskontakt mit ihnen zu haben, könne aus der Sicht der am Geldfluss Beteiligten einen vernünftigen Sinn machen, geschweige denn eine Provision für die "Dienstleistung" des Beklagten in Höhe von 7 % rechtfertigen. Zudem hatte sich der Beklagte durch nichts als treuhänderähnliche Vertrauensperson der ihm vollständig Unbekannten qualifiziert. Das war auch ihm klar. Bei seiner telefonischen Anhörung durch den Leitenden Oberstaatsanwalt St hat er ferner ausweislich des Aktenvermerks vom 09.09.2003 (Anlage K 5) noch nichts von einer Provision gesagt. Er sprach lediglich davon, er habe für seine Mitwirkung einige Baustellen der HFD bekommen sollen. Damit konfrontiert hat er bei seiner Anhörung durch den Senat eingeräumt, dass ihm zusätzlich zur Provision einige Baustellen in Aussicht gestellt waren. Zudem erweckt der Beklagte keineswegs einen gänzlich unbedarften Eindruck (vgl. auch Widerspruchsschreiben vom 09.02.2004, Beiakte Bl. 67 ff.). Er war und ist als Kaufmann in der Bauservice- und Transportbranche mit eigenem Internetauftritt tätig. Im Übrigen hat er wenige Tage nach dem streitgegenständlichen Vorfall eine weitere Lastschrift "A " über 20.000,00 Euro, diesmal aufgrund ihm offenbar am 26.08.2003 gefaxter Ermächtigung (vgl. Beiakten Bl. 119), der Klägerin zum Einzug vorgelegt. Den am 30.08.2003 seinem Geschäftskonto gutgeschriebenen Betrag hat er, wiederum nach Abzug einer Provision von gut 7 % (1.487,81 Euro) absprachegemäß sogleich weitergeleitet (Empfänger: S GmbH).

Unter dem Strich kann aus alledem nur Eines geschlossen werden: Der Beklagte ließ sich unter Hintanstellung jeglicher Bedenken um des eigenen Profits willen in eine Transaktion einbeziehen, bei der jedem redlich Denkenden an seiner Stelle und mit seinen Fähigkeiten greifbar vor Augen gestanden hätte, dass Übles im Schilde geführt wurde. Bei dieser Sachlage kann er der Klägerin kein Aufklärungsversäumnis anlasten, welches auch nur eine geringe anteilige "Mithaftung" der Klägerin rechtfertigen würde.

dd) Unter dem vom Landgericht offen gelassenen Gesichtspunkt unterlassener Warnung vor einem bevorstehenden Widerruf lässt sich ein Schadensersatzanspruch des Beklagten ebenfalls nicht begründen.

Ein pflichtwidriges Unterlassen der Klägerin könnte schon im Ansatz nur erwogen werden, wenn sie am 22.08.2003, dem Tag der telegrafischen Überweisungen des Beklagten, Kenntnis von Umständen gehabt hätte, die zweifelsfrei darauf schließen ließen, dass es zum Rückruf der Lastschrift kommen werde und betrügerische Machenschaften zu ihren eigenen und zu Lasten des Beklagten im Gange seien. Hierfür ist der Beklagte darlegungs- und beweisbelastet. Eine Feststellung zu seinen Gunsten ist nicht möglich.

(1) Zwar hatte die Klägerin, noch bevor sie die Rückrechnungslastschrift erhielt, bereits die Beschlagnahme- und Pfändungsanordnungen des Generalstaatsanwalts vom 10.09.20073 und die richterlichen Bestätigungen vom 16.09.2003 erhalten, nämlich am 24.09.2003. Das war aber mit Blick auf das Überweisungsdatum zu spät.

(2) Soweit der Beklagte auf das nach seiner Behauptung der Klägerin zugegangene Auskunftsersuchen des Bayerischen Landeskriminalamtes vom 22.08.2003 abstellt (Anlage B 1), wird aus seinem Vorbringen schon nicht der genaue Inhalt dieses Ersuchens deutlich. Deshalb kann nicht angenommen werden, dass die Klägerin - zudem noch rechtzeitig - Kenntnis von betrügerischen Vorgängen gerade in vorliegender Sache hatte.

(3) Die unter Beweis gestellte Behauptung des Beklagten, die Dresdner Bank in Aschaffenburg habe die Klägerin "gewarnt", ist unschlüssig, weil nicht konkret behauptet wird, diese Warnung sei bereits vor den telegrafischen Überweisungen erfolgt.

(4) Im Übrigen bestanden aus der Sicht der Klägerin, als sie erste Hinweise auf eine betrügerische Aktion erhielt, von Anfang an nicht von der Hand zu weisende Verdachtsmomente, der Beklagte könne involviert sein. Vor diesem Hintergrund war sie ihm gegenüber nicht verpflichtet, ihr Wissen sogleich zu offenbaren.

ee) Der Schriftsatz des Beklagten vom 07.09.2005 gibt keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung oder zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

Die nachgeholte generalklauselartige Argumentation des Beklagten (§ 242 BGB), es sei ein "Unding", den Beklagten für betrügerisches Verhalten der Eheleute A und ihrer Helfer haften zu lassen, und es widerspreche "dem Anstandsgefühl aller gerecht und billig Denkenden", den Eheleuten A mit Hilfe der Zivilgerichte die Vorteile ihrer Tat zu belassen, beruht auf einer falschen Prämisse. Ihr liegt offenbar die Vorstellung zu Grunde, die Eheleute A und ihre Helfer dürften den "generierten" Geldvorteil behalten. Das trifft nach dem Vorbringen des Beklagten gerade nicht zu. Vielmehr hat er gegen sie deliktische Ansprüche auf Ersatz des ihm - im Übrigen erst bei Erfüllung des titulierten Zahlungsanspruchs der Klägerin vollständig - entstandenen Schadens. Insoweit hat der Schuldner L seine Schuld ihm gegenüber bereits schriftlich anerkannt. Dass die Klägerin auf der Grundlage des Vortrags des Beklagten von den Eheleuten A und den anderen Beteiligten möglicherweise ebenfalls Schadensersatz verlangen kann, steht seiner vertraglichen Inanspruchnahme nicht entgegen. Sie ist auch nicht etwa unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben gehalten, zunächst eine Durchsetzung etwaiger Ansprüche gegen die ihr nicht vertraglich Verbundenen zu versuchen und sich erst anschließend - im Falle der Erfolglosigkeit oder Uneinbringlichkeit - beim Beklagten schadlos zu halten.

3. Keinen Erfolg hat die Berufung, soweit die Klägerin mit ihr die Bestätigung des im Versäumnisurteil unter Ziff. II getroffenen Erledigungsfeststellungsausspruchs begehrt.

Hintergrund der einseitigen Teilerledigterklärung in der Anspruchsbegründung vom 17.05.2004 sind zwei Verwertungserlöse, die der Klägerin am 03.02.2004 zugeflossen waren (Anlage K 14). Dies war in jedem Falle vor Rechtshängigkeit. Unabhängig davon, dass die Abgabe an das Streitgericht ohnehin nicht "alsbald" im Sinne von § 696 Abs. 3 ZPO nach Widerspruchsnachricht erfolgt ist und damit keine Rückbeziehung stattfindet, wurde der Mahnbescheid selbst erst am 05.02.2004 erlassen und zwei Tage später zugestellt. Ist damit Erledigung vor Rechtshängigkeit eingetreten, erweist sich das Feststellungsbegehren als unschlüssig.

4. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, 708 Nr. 10, 709 Satz 3, 711 ZPO. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 543 Abs. 2 ZPO), sind weder geltend gemacht noch ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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