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Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Beschluss verkündet am 28.02.2006
Aktenzeichen: 8 U 45/06
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 765 |
Oberlandesgericht Dresden
Aktenzeichen: 8 U 45/06
Beschluss
des 8. Zivilsenats
vom 06.03.2006
In dem Rechtsstreit
wegen Leasingforderung
hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden ohne mündliche Verhandlung durch
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Häfner, Richter am Oberlandesgericht Bokern und Richter am Landgericht Meyer
beschlossen:
Tenor:
1. Der Senat weist darauf hin, dass die Berufung im Ergebnis erfolgreich sein dürfte, und legt der Klägerin deshalb nahe, die gegen den Beklagten gerichtete Klage unter Verzicht auf erneute Erhebung zurückzunehmen.
2. Die Klägerin kann hierzu sowie zu den nachstehenden Hinweisen innerhalb der gesetzten Berufungserwiderungsfrist (15.03.2006) Stellung nehmen.
Gründe:
I.
Die fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Beklagten ist zulässig. Insbesondere schadet die geringfügige Falschbezeichnung der Klägerin in der Rechtsmittelschrift nicht und genügt die Berufungsbegründung noch den Anforderungen, die § 520 Abs. 3 ZPO an die Begründung stellt.
II.
Das Rechtsmittel wird im Verhältnis zum allein noch beteiligten Beklagten voraussichtlich zur Klageabweisung führen.
1. Mit Recht geht die Klägerin selbst nicht mehr davon aus, den Beklagten als Bürgen für die - höhere - Hauptforderung aus dem Leasingvertrag über den Pkw Passat Limousine (so noch Schriftsatz vom 19.08.2005) oder gar für beide Leasingverträge (so Anspruchsbegründung vom 04.05.2005) in Anspruch nehmen zu können.
Zutreffend hat das Landgericht nach Zeugenbeweisaufnahme festgestellt, dass sich der Beklagte mit Unterzeichnung der "Bürgschafts-Erklärung für 1 bestimmtes Fahrzeug" am 07.02.2001 lediglich für einen der beiden Leasingverträge verbürgen wollte, nämlich denjenigen, der mit Bestellung des rechtskräftig verurteilten Hauptschuldners Striegler vom 02.02.2001 und Bestätigung der Klägerin vom 15.02.2001 über den - vom Beklagten als Mitarbeiter des Hauptschuldners genutzten - Pkw Passat Kombi (Vertrags-Nr.: 3414983; amtl. Kennzeichen ) geschlossen wurde, und gerade nicht für den weiteren Leasingvertrag vom 31.01./22.02.2001 über den - vom Hauptschuldner unmittelbar selbst genutzten - Pkw Passat Limousine (Vertrags-Nr.: 1820594; amtl. Kennzeichen ). Das hat die Klägerin ebenso gesehen und folgerichtig im Termin vom 30.11.2005 - nach einer zweiten Teilrücknahme - nur noch diejenige Zahlung beansprucht, die aus dem gekündigten Leasingvertrag über den Pkw Passat Kombi nach ihrer Abrechnung offen steht.
2. Diesem reduzierten Zahlungsverlangen (3.460,15 EUR nebst Zinsen) hat das Landgericht zu Unrecht stattgegeben. Ein Bürgschaftsvertrag zwischen den Parteien ist nicht zustande gekommen.
a) Es ist bereits zweifelhaft, ob der Beklagte die bei Unterschriftsleistung lückenhafte Bürgschaftserklärung formgerecht im Sinne des § 766 Satz 1 BGB abgegeben hat.
Eine formbedürftige Bürgschaft kann nicht in der Weise wirksam erteilt werden, dass der Bürge eine Blankounterschrift leistet und einen anderen mündlich ermächtigt, die Urkunde zu ergänzen (grundlegend BGHZ 132, 119; vgl. ferner BGH WM 1997, 909 unter II; BGH WM 2000, 514 unter II 2 b). Die Bewertung als formunwirksame Blankobürgschaft kommt hier im Hinblick auf die zu sichernde, nicht näher bezeichnete Hauptschuld "aus Leasing-Vertrag" in Betracht, weil bei Unterzeichnung durch den Beklagten am 07.02.2001 zwei noch nicht angenommene Leasingvertragsangebote des Hauptschuldners vorlagen und deshalb fraglich war, welchen der beiden ins Auge gefassten Hauptverträge die Bürgschaft sichern sollte.
b) Die aufgeworfene Frage braucht nicht abschließend beantwortet zu werden. Selbst wenn zu Gunsten der Klägerin eine formgerechte Bürgschaft des Beklagten in Bezug auf den Leasingvertrag vom 02./15.02.2001 unterstellt wird, ist die Klage unbegründet.
aa) Ein Bürgschaftsvertrag setzt, nicht anders als andere schuldrechtliche Verträge, übereinstimmende Willenserklärungen in Form von Angebot und Annahme voraus. Besonderheiten bestehen insoweit, als zum einen die Vertragserklärung des nichtkaufmännischen Bürgen der Schriftform bedarf (§ 766 Satz 1 BGB, § 350 HGB), zum anderen auf den Zugang der Annahmeerklärung des abwesenden Bürgschaftsgläubigers im Allgemeinen gem. § 151 Satz 1 BGB verzichtet werden kann. Letzteres macht indes eine erkennbare Betätigung des Annahmewillens des Gläubigers nicht entbehrlich, auch wenn hierfür regelmäßig das Behalten der ihm übersandten Urkunde genügt (BGH WM 1997, 1242 unter II 1 b m.w.N.).
bb) Im Streitfall fehlt es an einer wirksamen Betätigung des Annahmewillens der Klägerin.
Bezogen auf das ausschließlich den Leasingvertrag über den Pkw Passat Kombi betreffende Bürgschaftsangebot des Beklagten, hat die Klägerin ursprünglich gerade nicht ihren Annahmewillen verlautbart. Vielmehr hat sie die Bürgschaft unzutreffend dem anderen Leasingvertrag zugeordnet, dessen Daten (Datum der Vertragserklärung des Hauptschuldners und Vertragsnummer) eingefügt und die Bürgschaftsurkunde, versehen mit einer auf den 22.02.2001 datierten Paraphe (vom selben Tag stammt ihre "Leasing-Bestätigung" bezüglich des Pkw Passat Limousine), zu ihren Akten genommen. Damit ist es seinerzeit nicht zum Austausch übereinstimmender Willenserklärungen der Parteien gekommen.
Für eine "falsa demonstratio", von der möglicherweise das Landgericht ausgegangen ist, fehlt jeder Anhaltspunkt. Die Fehlvorstellung der Klägerin bezog sich ersichtlich nicht auf den Erklärungswert ihrer eigenen, auf dem Bürgschaftsformular dokumentierten Vertragserklärung, sondern auf die tatsächlich verbürgte Hauptschuld. Auch dem Inhalt der beiden Bestellungen des Hauptschuldners und der zwei Bestätigungen der Klägerin (Anlagen K 1 bis K 4) lässt sich nichts entnehmen, was auf eine unbewusste Falschbezeichnung des gesicherten Hauptvertrages hindeuten könnte. Das tatsächliche Prozessverhalten der Klägerin (zuerst Inanspruchnahme des Beklagten für beide Hauptverträge; dann Kennzeichnung des Leasingvertrages über den Pkw Passat Limousine als allein verbürgte Hauptschuld; schließlich erneute Klageänderung, indem die verbürgte Hauptschuld ausgetauscht wird) spricht ebenfalls deutlich gegen einen seinerzeit nur versehentlich falsch erklärten, in Wahrheit aber bereits ausschließlich auf eine den Leasingvertrag über den Pkw Passat Kombi sichernde Bürgschaft zugeschnittenen Vertragswillen.
Ihr damaliges "Versäumnis" konnte die Klägerin nachträglich nicht mehr korrigieren. Als wirksame Betätigung des Annahmewillens scheiden der Mahnbescheidsantrag vom 15.10.2004 und die Anspruchsbegründung vom 04.05.2005, in der sie sich auf eine vermeintliche Bürgschaft für beide Leasingverträge stützte, schon mit Rücksicht auf § 150 Abs. 2 BGB, aber auch deshalb aus, weil diese Erklärungen nicht innerhalb der Annahmefrist des § 147 Abs. 2 BGB erfolgten (vgl. insoweit auch BGH WM 1977, 996). Letzteres gilt erst recht für ihre erst im Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht abgegebene, den Anlass der neuerlichen Änderung des Klageantrages bildende Erklärung.
cc) Ein Bürgschaftsvertrag ist schließlich auch nicht in der Weise zustande gekommen, dass die Klägerin ein eigenes Vertragsangebot mit Zur-Verfügung-Stellen des Formulars abgegeben hätte, welches der Beklagte dann seinerseits formgerecht angenommen hat.
Der Bewertung des Formulars als eigenes, gerade auf den Leasingvertrag über den Pkw Passat Kombi bezogenes Bürgschaftsvertragsangebot der Klägerin steht entgegen, dass das - ausweislich der Kopfzeile offenbar am 02.02.2001 von der Volkswagen AG gefaxte - Formular nicht nur die Person des Bürgen und eine als Zustimmung der Klägerin zu wertende Willenskundgabe, sondern darüber hinaus auch die angesichts der beiden fast taggleichen und noch nicht bestätigten Bestellungen des Hauptschuldners notwendige Konkretisierung der zu sichernden Hauptschuld vermissen ließ. Im Übrigen waren die Mitarbeiter der Lieferantin vor Ort (Autohaus L GmbH) ohnehin keine Vertreter, die dem Beklagten mit Wirkung für die Klägerin ein "Bürgschaftsangebot" unterbreiten konnten. Überdies pflegt die Klägerin, wie der erstinstanzlichen Zeugenaussage des Autohausverkäufers zu entnehmen ist, die Hereinnahme einer Bürgschaft von einer positiven Bonitätsprüfung anhand einer gleichzeitigen, hier der Bürgschaftserklärung angeheftet gewesenen Selbstauskunft des Bürgen abhängig zu machen. Auch dies spricht dagegen, das bloße Überlassen des unausgefüllten Formulars als annahmefähiges Angebot der Klägerin zu verstehen.
III.
Sollte die Klägerin die Klage unter Verzicht auf erneute Erhebung zurücknehmen und der Beklagte der Rücknahme zustimmen (wogegen bei einem Verzicht auf erneute Klage nichts spräche), könnte der Rechtsstreit nicht nur vergleichsweise kostengünstig beendet werden, sondern bestünde auch Gelegenheit, den ersichtlich falschen Kostenausspruch des Landgerichts (gegenüber dem vormaligen Beklagten zu 2 hatte die Klage in vollem Umfang Erfolg) zu korrigieren.
Ende der Entscheidung
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