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Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Urteil verkündet am 15.08.2007
Aktenzeichen: 8 U 513/07
Rechtsgebiete: BGB, ZPO
Vorschriften:
BGB § 254 Abs. 1 | |
BGB § 280 Abs. 1 Satz 1 | |
BGB § 280 Abs. 1 Satz 2 | |
BGB § 293 | |
BGB § 294 | |
BGB § 667 | |
ZPO § 288 | |
ZPO § 288 Abs. 1 | |
ZPO § 290 | |
ZPO § 296 Abs. 1 | |
ZPO § 314 | |
ZPO § 314 Satz 1 | |
ZPO § 314 Satz 2 | |
ZPO § 321 | |
ZPO § 447 | |
ZPO § 448 | |
ZPO § 525 Satz 1 | |
ZPO § 529 | |
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1 | |
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 2 | |
ZPO § 530 | |
ZPO § 531 Abs. 2 | |
ZPO § 531 Abs. 2 Satz 1 | |
ZPO § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 | |
ZPO § 533 | |
ZPO § 535 | |
ZPO § 756 Abs. 1 |
2. Auch der Schadensersatzanspruch gegen einen Anlageberater kann im Einzelfall wegen Mitverschuldens des Anlegers zu kürzen sein (hier Mithaftungsquote von 20 % bejaht).
Oberlandesgericht Dresden IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Aktenzeichen: 8 U 513/07
Verkündet am 15.08.2007
In dem Rechtsstreit
wegen Schadenersatz aus Anlageberatung
hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 04.07.2007 durch
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht H..., Richter am Oberlandesgericht B... und Richter am Amtsgericht R...
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Einzelrichters der 7. Zivilkammer das Landgerichts Dresden vom 16.03.2007 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 15.006,88 EUR Zug um Zug gegen Abtretung von 4/5 des Guthabenauszahlungs- und Auseinandersetzungsanspruchs der Klägerin an dem Depotkonto Nr. ... , verwaltet von der ABEK Group Limited, .... , ..., ..., zu zahlen.
Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 594,73 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 16.09.2006 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in Höhe eines Betrages von 11.457,12 EUR in der Hauptsache erledigt ist.
Im Übrigen wird die Klage mit den im Berufungsverfahren gestellten Anträgen abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 1/4, die Beklagte zu 3/4.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
A.
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen behaupteter Pflichtverletzungen bei der Vermittlung einer verlustreichen Kapitalanlage bei der ABEK Group Limited in Anspruch. Die tatbestandlichen und sonstigen Feststellungen im Urteil des Einzelrichters der 7. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 16.03.2007, auf die verwiesen wird, werden wie folgt ergänzt und berichtigt:
Die Klägerin ist eine geschiedene Pfarrersfrau und Mutter von vier Kindern. Sie hat bis zu ihrem Ruhestand im Jahre 2005 in ihrem erlernten Beruf als Physiotherapeutin gearbeitet. Die Beklagte, deren Sohn F... die Klägerin als Kleinkind für ein Jahr in Pflege hatte, war zunächst Lehrerin für Mathematik und Physik. Nach einem Betriebswirtschaftsstudium machte sie sich unter der Fa. "F... - und W... A.... B...." selbstständig. Sie ist da bei auch als Anlageberaterin und -vermittlerin tätig.
Nach einem ersten anlagebezogenen Gespräch der Parteien in den Geschäftsräumen der Beklagten Anfang August 2004 unterzeichnete die Klägerin am 27.08.2004 den undadierten "Antrag zur Vermittlung und Verwaltung einer Kapitalanlage als Ansammlungsprogramm à 120 Einheiten" mit einer handschriftlich eingetragenen Ersteinzahlung von 3.000,00 EUR. Das auf die ABEK Group Limited, ansässig im kleinen Karibikinselstaat ..., lautende Antragsformular enthält im Feld "Finanzberater/Manager" u.a. die Unterschrift der Beklagten sowie ganz unten eine unterzeichnete, auf den 03.09.1998 datierte Annahmeerklärung der Anlagegesellschaft.
Auf der Rückseite des Auftragsformulars sind Vertragsbedingungen abgedruckt (GA 62), die in Ziff. 5 u.a. vorsehen, dass aus den beantragten Anlagen ein Jahresgewinn von mindestens 8 % auf alle Ansammlungsverträge gezahlt wird. Anscheinend oder scheinbar hatte das verwendete Antragsformular bereits für einen früheren Antrag eines anderen Anlegers gedient; als vormaliger, dann mittels Tipp-Ex "gelöschter" Antragsteller war H... K... eingetragen. Unter diesem Namen und dem Datum 23.08.2004 wurde eine an die Klägerin gerichtete und von dieser am 27.08.2004 unterschriftlich angenommene "Übertragung" des Ansparprogramms mit der Nr. ... unterzeichnet. Die der Übertragungsurkunde beigefügte, zu dieser Vertragsnummer erstellte Jahresabrechnung 2003 der ABEK Group Limited weist einen Kontostand per 31.12.2003 von 2.312,36 EUR aus. Im Adressfeld dieser Abrechnung ist - ebenfalls nach "Löschung" des zuvor eingetragen gewesenen Namens H... K... - handschriftlich die Klägerin angegeben.
Von August 2004 bis April 2005 händigte die Klägerin der Beklagten Bargeldbeträge von insgesamt 33.080,00 EUR zur Weiterleitung an die Anlagegesellschaft aus (der Kontoauszug der Gesellschaft enthält vier Einzahlungsbuchungen für das Jahr 2004; für das Jahr 2005 liegen drei Empfangsquittungen der Beklagten vor). Zumindest 32.080,00 EUR gingen anschließend bei der ABEK Group Limited ein. Ob die Beklagte auch den letzten, am 12.04.2005 an sie übergebenen Bargeldbetrag von 1.000,00 EUR weitergeleitet hat, war vor der erstinstanzlichen Verhandlung und ist im Berufungsverfahren streitig. Das Bargeld der Klägerin stammte aus der von der Beklagten empfohlenen Auflösung bisheriger Anlagen. Nach dem unterschwelligen Vortrag der Beklagten ging es der Klägerin auch darum, an der Steuer vorbei Geld gewinnbringend im Ausland anzulegen.
Die Klägerin meldete gegenüber dem Liquidator der im Frühjahr 2005 notleidend gewordenen ABEK-Gruppe, zu der neben der ABEK Group Limited die ABEK Anstalt aus Liechtenstein zählt (genaue gesellschaftsrechtliche Verhältnisse und Zusammenhänge sind nicht bekannt), zuletzt eine Hauptforderung von 35.956,82 EUR an. Das ist die Summe aus ihren Bareinzahlungen bei der Beklagten (33.080,00 EUR), dem "übernommenen" Guthaben K... per 31.12.2003 (2.312,36 EUR) und den von der ABEK Group Limited per 31.12.2004 gutgeschriebenen Zinsen (564,46 EUR). Der Liquidator erkannte diese Forderung i.H.v. 34.956,82 EUR an. Er teilte den in jener Sache beauftragten (anderen) anwaltlichen Bevollmächtigten der Klägerin mit, dass sich die bislang angemeldeten - berechtigten - Forderungen der Anleger auf gut 64,5 Mio. EUR beliefen, denen per 31.07.2006 Guthaben der ABEK-Gruppe von lediglich knapp 32,1 Mio. EUR gegenüberstünden. Seinem Vorschlag, bei Verzicht auf weitergehende Ansprüche zur Vermeidung eines Insolvenzverfahrens eine Auszahlungsquote von 41 % und eine quotale Berechtigung an einer Rückstellung zu akzeptieren, folgte die Klägerin, nachdem sie die Beklagte über diese Absicht informiert hatte.
Mit vorprozessualen Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 13.04.2006 und 18.05.2006 forderte die Klägerin die Beklagte vergeblich zur Zahlung von 35.956,82 EUR Zug um Zug gegen Abtretung ihrer Absprüche gegen die ABEK Anstalt bzw. ABEK Group Limited auf. Die entsprechende Abtretung Zug um Zug gegen Zahlung dieses Betrages bot sie ihr dabei ausdrücklich an.
Das Landgericht hat die auf Zahlung von 35.956,82 EUR Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche der Klägerin gegen die ABEK Group Limited sowie auf Zahlung weiterer 649,02 EUR nebst Rechtshängigkeitszinsen (nicht erstattungsfähiger Teil vorprozessualer Anwaltskosten) gerichtet gewesene Klage abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen. Den ausweislich des Sitzungsprotokolls ebenfalls gestellten, auf die Feststellung von Annahmeverzug gerichteten Antrag der Klägerin hat das Landgericht übergangen, ohne dass Urteilsergänzung oder -berichtigung beantragt worden ist.
Nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils hat die Klägerin über den Liquidator der ABEK-Gruppe eine Teilauszahlung von 14.321,40 EUR (= 41 % der anerkannten Forderung) erhalten. In diesem Umfang hat sie den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Beklagte hat der Teilerledigungserklärung nicht zugestimmt.
Mit der zulässigen Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlich gestellten Klageanträge unter Berücksichtigung des nunmehr für erledigt erklärten Teiles der Sache nach unverändert weiter. Sie greift die Würdigung des Landgerichts in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht im Einzelnen an und führt neuen Sachvortrag ein.
Die Beklagte beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien und die Niederschriften der Verhandlungen vor dem Landgericht und dem Senat Bezug genommen.
B.
Die Berufung hat überwiegend Erfolg.
I.
Der nach Teilerledigungserklärung noch verfolgte Hauptsachezahlungsanspruch (21.635,42 EUR Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche der Klägerin gegen die ABEK Group Limited) ist i.H.v. 15.006,88 EUR begründet.
1. In diesem Umfang ist der Klägerin ein Schaden entstanden, den die Beklagte gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB zu ersetzen hat.
a) Nach dem unstreitigen Sachverhalt ist zwischen den Parteien im August 2004 ein Auskunfts-, ja sogar ein Beratungsvertrag zustande gekommen.
aa) Das angefochtene Urteil enthält insoweit Widersprüchlichkeiten, mindestens aber Unklarheiten.
Während sich die einleitenden und abschließenden Ausführungen auf S. 5 der Entscheidungsgründe eher im Sinne einer streitfallbezogenen Abgrenzung lesen, wonach lediglich eine mit Auskunftspflichten verbundene Anlagevermittlung und keine zu umfassender Beratung verpflichtende Anlageberatung vorliege, deuten Passagen des mittleren Absatzes darauf hin, dass das Landgericht nicht einmal vom Zustandekommen eines Auskunftsvertrages ausgeht. Denn dort wird ein Teil der rechtlichen Voraussetzungen für das Zustandekommen eines solchen Auskunftsvertrages benannt und unmittelbar anschließend ausgeführt: "Dass das so gewesen ist, steht im Ergebnis der Anhörung der Parteien aber gerade nicht fest."
bb) Tatsächlich besteht kein Zweifel und wird auch von der Beklagten gar nicht in Abrede gestellt, dass sie als Anlagevermittlerin Auskunft schuldete.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kommt im Rahmen der Anlagevermittlung zwischen dem Anlageinteressenten und dem Anlagevermittler ein Auskunftsvertrag mit Haftungsfolgen zumindest stillschweigend zustande, wenn der Interessent, auf eine bestimmte Anlageentscheidung bezogen, die besonderen Kenntnisse und Verbindungen des Vermittlers in Anspruch nehmen will, und der Vermittler die gewünschte Tätigkeit beginnt (zuletzt BGH, Urteil vom 22.03.2007 - III ZR 218/06, Tz. 4 m.w.N., www.bundesgerichtshof.de).
So liegt es hier. Die Klägerin hat die Beklagte im August 2004 aufgesucht, um ihre besonderen Kenntnisse und Verbindungen als Inhaberin eines Finanz- und Wirtschaftsberatungsunternehmen bei der beabsichtigten Anlage von Geldern in Anspruch zu nehmen. Die Beklagte hat die gewünschte Tätigkeit begonnen und dabei Investitionen bei der ABEK Group Limited empfohlen. Die damalige private Vertrautheit der Parteien führt unter den gegebenen Umständen (Anlage größerer Beträge, Anbahnung und Abschluss in den Geschäftsräumen der Beklagten) ersichtlich nicht zu einem bloßen Gefälligkeitsverhältnis. Ob die Klägerin, wie das Landgericht meint, "kein Gehör damit finden kann, dass sie in Geldanlagegeschäften gänzlich unerfahren sei" (LGU 5), ist ohne Bedeutung. Selbst ein erfahrener Anleger, der die besonderen Kenntnisse und Verbindungen eines Vermittlers nutzen möchte, hat Anspruch auf Auskünfte über die für die zu treffende Anlageentscheidung bedeutsamen Umstände. Nicht das Zustandekommen eines Auskunftsvertrages steht dann in Frage. Vielmehr kann, abhängig insbesondere vom Umfang der Vorkenntnisse des Anlegers, die der Vermittler annehmen darf, allein das Maß der gebotenen Auskunft und Aufklärung "verringert" sein.
cc) Bei zutreffender rechtlicher Würdigung der unstreitigen Tatsachen ist die Beklagte sogar als Anlageberaterin anzusehen.
Im Unterschied zum betont werbenden Auftritt eines Anlagevermittlers, der erkennbar im Interesse des Vertriebs eines Kapitalanlagemodells auftritt, zeichnet den Anlageberater vornehmlich gegenüber dem Anlageinteressenten in Anspruch genommene Unabhängigkeit und Neutralität aus (vgl. etwa BGH, Urteil vom 27.10.2005 - III ZR 71/05, Tz. 14, www.bundesgerichtshof.de).
Dies trifft für das Verhalten der Beklagten im August 2004 zu. Die Klägerin durfte deren Auftreten dahin verstehen, die Beklagte vertrete ungeachtet einer nicht vereinbarten Vergütung zentral auch ihre, der Klägerin Interessen und berate sie unabhängig und neutral. Schon der Unternehmensname, die Firma, brachte als Schwerpunkt der Tätigkeit der Beklagten "Beratung" sinnfällig zum Ausdruck. Auf solche unabhängige Beratung hat die Klägerin für die Beklagte erkennbar gesetzt, nachdem sie in der Vergangenheit angelegte Gelder verloren hatte. Die eigenen Schilderungen der Beklagten bei der Anhörung vor dem Landgericht belegen, dass sie über die vertragsbezogene Vermittlung des konkreten Produktes weit hinausgegangen ist. Danach war sie, von der Klägerin um Beratung angegangen, einigermaßen entsetzt, als sie sah, worin die Klägerin bislang investiert hatte, nämlich u.a. hochspekulative Anlagen etwa in Form eines "Hedgefonds aufgrund eines beliehenen Objektes". Sie habe deshalb die Vermögensanlagen der Klägerin neu in der Weise organisiert, dass alle hochspekulativen Geschäfte im Umfang von etwa 60.000,00 EUR bis 70.000,00 EUR "abgelöst" und in die hier streitige Gesellschaft 10 % des Gesamtwertes aller Vermögensanlagen der Klägerin investiert worden seien (GA 66, 68). Bei dieser Sachlage unterliegt es keinem Zweifel, dass die Klägerin um neutrale Beratung nachgesucht hat und die Beklagte diesem Ansinnen wunschgemäß nachgekommen ist. Die Anhörung der Parteien durch den Senat hat dieses schon nach dem erstinstanzlichen Erkenntnisstand anzunehmende Zustandekommen eines Beratungsvertrages nur zusätzlich bestätigt.
b) Ihre vertraglichen Pflichten als Anlagevermittlerin und -beraterin hat die Beklagte verletzt; dadurch ist der Klägerin Schaden entstanden.
Wie der Anlagevermittler ist auch und erst recht der Anlageberater zu vollständiger und richtiger Information über alle tatsächlichen Umstände verpflichtet, die für den Anlageentschluss seines Kunden von wesentlicher Bedeutung sind (für Vermittler zuletzt BGH, Urteil vom 22.03.2007, a.a.O. Tz. 4). Darüber hinaus muss seine Beratung anleger- und anlagegerecht sein (grundlegend BGH NJW-RR 1993, 1114). Nach diesen allgemeinen Grundsätzen hat die Beklagte in mehrfacher Hinsicht gegen ihre Pflichten verstoßen und dadurch den Teilverlust der eingesetzten Gelder der Klägerin verursacht.
aa) Pflichtwidrig war es allerdings nicht bereits, die Klägerin nicht darüber zu informieren, dass H... K... , dessen ABEK-Ansammlungsprogramm mit einem angeblichen Guthaben per 31.12.2003 von 2.312,36 EUR die Klägerin übernehmen sollte und kraft Vereinbarung vom 23./27.08.2004 scheinbar übernommen hat, in Wahrheit, wie die Beklagte nach Darstellung der Klägerin wusste, keine Anlage bei der ABEK-Gruppe getätigt hatte.
(1) Dieser neue Tatsachenvortrag der Klägerin im Berufungsverfahren ist gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO zuzulassen, weil die Klägerin ihn erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht in Erfahrung gebracht hat und ihr eine Nachlässigkeit nicht vorgeworfen werden kann.
Die Klägerin hatte bislang keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme, die mit dem Namen H... K... unterschriebene Übertragungsurkunde könne gefälscht sein. Dass sie H... K... unter der in jener Urkunde angegebenen Anschrift in C... im ersten Rechtszug vorsorglich als Zeugen für einen anderen, unstreitig gewesenen Sachverhalt (Übertragungsvorgang) benannt hatte und die vom Landgericht aus unerfindlichen Gründen vorgenommene Zeugenladung scheiterte, begründet nicht einmal ansatzweise den Vorwurf nachlässigen Prozessverhaltens in Bezug auf das neue Vorbringen.
Im Übrigen hat sich bei den jetzigen Nachforschungen der Klägerin nach ihrem neuen Vortrag herausgestellt, dass der Zeuge H... K... schon am 23.08.2004 nicht mehr in C... , sondern in D... unter seiner neuen Anschrift ... Straße ... in D... wohnte und dass ihm die Beklagte gänzlich unbekannt ist. Dementsprechend wirft die Klägerin der Beklagten vor, sie habe ihr falsche Tatsachen vorgespiegelt.
(2) Der neue Tatsachenvortrag der Klägerin ist hinsichtlich der unterbliebenen ABEK-Anlage durch H... K... nicht nur zuzulassen, sondern auch zugrunde zu legen.
Die Beklagte hat ihn nicht in ausreichender Weise bestritten. Sie bezieht zu dem neuen, mehr als bemerkenswerten Vorbringen in keiner Weise inhaltlich Stellung, sondern verweist lediglich - unzutreffend - auf Verspätung. Der Notwendigkeit konkreten Bestreitens ist sie auch nicht im Hinblick auf den von ihr zusätzlich erwähnten § 288 ZPO enthoben. Dabei mag zu ihren Gunsten unterstellt werden, dass die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht durch konkludente Bezugnahme auf ihre vorbereitenden Schriftsätze ein Geständnis i.S.v. § 288 Abs. 1 ZPO abgegeben hat, welches seine Wirksamkeit für die Berufungsinstanz behält, § 535 ZPO. Von den Wirkungen dieses gerichtlichen Geständnisses hat sich die Klägerin in jedem Falle durch Widerruf gelöst, § 290 ZPO. Zwar setzt dies den vom Widerrufenden zu führenden Beweis voraus, dass das Geständnis nicht der Wahrheit entspreche und durch einen Irrtum veranlasst sei. Dieser Beweis ist hier aber gelungen. Nach dem gut nachvollziehbaren, dezidierten Vorbringen der Klägerin ist der Senat davon überzeugt (§ 286 ZPO), dass sie bei ihrem vorinstanzlichen Geständnis einem Irrtum erlegen ist. Hierfür spricht zusätzlich, dass von keiner Seite behauptet worden ist, der Zeuge K... sei der Klägerin im August 2004 oder später vor Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht begegnet oder habe sonst mit ihr persönlichen Kontakt gehabt; die Wahrnehmungen der Klägerin beschränkten sich also ersichtlich auf den Inhalt der ihr von der Beklagten im August 2004 präsentierten Übertragungsurkunde. Auch an der inhaltlichen Unrichtigkeit des erstinstanzlichen Geständnisses besteht kein vernünftiger Zweifel. Entscheidend ist insoweit, dass die Beklagte dem korrigierten, detaillierten Vorbringen der Klägerin in keiner Weise inhaltlich entgegengetreten ist.
(3) Eine relevante Pflichtverletzung der Beklagten ist gleichwohl nicht feststellbar. Sie käme in Gestalt einer Täuschung über die Person des Übertragenden nur in Betracht, wenn die Beklagte seinerzeit gewusst oder doch damit gerechnet hätte, dass H... K... tatsächlich keine ABEK-Anlage getätigt hatte und eine solche dementsprechend auch nicht auf die Klägerin übertragen konnte. Das lässt sich nicht feststellen.
Zwar ist die entsprechende, erstmals in der Berufungsbegründung aufgestellte Behauptung eines Täuschungsbewusstseins zuzulassen, insbesondere aus den oben genannten Gründen nicht gemäß § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen. Die Beklagte hat sie aber in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestritten und ausgeführt, sie selbst kenne Herrn K... nicht und habe den besagten Vertrag wie auch andere Altverträge mit höherer als damals aktueller Verzinsung von Frau R...., der für D... zuständigen ABEK-Mitarbeiterin, bekommen, um sie an neue Kunden weiterreichen zu können. Ob die Beklagte, die die ihr gesetzte Berufungserwiderungsfrist verstreichen ließ, ohne sich inhaltlich zum neuen Vorwurf der Klägerin zu erklären, ihre Verspätung genügend entschuldigt hat, kann dahinstehen. Das verspätete Bestreiten ist nach §§ 525 Satz 1, 296 Abs. 1 ZPO jedenfalls deshalb zuzulassen, weil seine Berücksichtigung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögert. Die beweisbelastete Klägerin hat ihre Behauptung eines Täuschungsvorsatzes der Beklagten nicht, auch nicht etwa nachträglich im Rahmen eines nachzulassenden Schriftsatzes, in tauglicher Weise unter Beweis gestellt. Der benannte Zeuge K... kann hierzu nichts bekunden, weil unstreitig ist, dass er die Beklagte nicht kennt und es zwischen ihnen keinerlei Kontakt gab. Die im Übrigen von der Klägerin allein angebotene eigene Parteivernehmung scheidet aus, weil die Voraussetzungen der §§ 447, 448 ZPO nicht vorliegen und überdies nicht ersichtlich ist, dass die Klägerin aus eigenem, nicht bereits zum Parteivortrag erhobenen Wissen Zusätzliches zum damaligen Kenntnisstand der Beklagten hinsichtlich der Person des Übertragenden bekunden könnte.
bb) Eine schadensursächliche Pflichtverletzung der Beklagten ist hingegen in dem Unterlassen eines Hinweises auf ein Verlustrisiko der streitgegenständlichen Anlage zu sehen.
(1) Unstreitig hat die Beklagte die Klägerin nicht explizit auf die Gefahr eines vollständigen oder jedenfalls teilweisen Verlustes der einzusetzenden Gelder aufmerksam gemacht. Zu einem solchen ausdrücklichen Hinweis war sie schon als Anlagevermittlerin und erst recht als Anlageberaterin verpflichtet. Selbst bei Wahrunterstellung ihres gesamten Vorbringens und Zugrundelegung des unstreitigen Sachverhaltes durfte sie diese für die zu treffende Anlageentscheidung wichtige Information der Klägerin nicht vorenthalten.
Ob die Beklagte, wie sie vorträgt, gewisse persönliche Recherchen in Liechtenstein angestellt und weder dabei noch sonst - etwa von den 22 von ihr der ABEK-Gruppe vermittelten Kunden - etwas Nachteiliges über die Gesellschaft(en) in Erfahrung gebracht hatte, ist ebenso unerheblich wie ihr weiteres Vorbringen, sie habe der Klägerin seinerzeit ihre gewonnenen Erkenntnisse und ferner offenbart, über keine weiteren Informationen zu verfügen. All dies machte einen ausdrücklichen Hinweis darauf, dass das anzulegende Kapital verloren gehen kann, nicht entbehrlich.
Der Verlustfall hing gerade nicht unmittelbar vom Ergebnis der "für die gezeichneten Beträge von ABEK erworbenen, nur dem Anlageziel dienenden Anlagen, Beteiligungen, Wertpapiere, Versicherungen usw." (Nr. 7 der Vertragsbedingungen) ab. Der Kunde hatte nämlich - anknüpfend an die Ansprüche auf Zwischenabrechnungen jeweils zum Jahresende und auf eine Endabrechnung über Anlagen und Gewinne am Ende der Laufzeit - Anspruch auf Zahlung eines Jahresgewinns von mindestens 8 % "auf alle Ansammlungsverträge aus den beantragten Anlagen" (Nr. 5 der Vertragsbedingungen). Damit bestanden die vertraglich zugesagten Zahlungspflichten der ABEK Group Limited gerade unabhängig vom "Erfolg" ihrer mit den Anlegergeldern arbeitenden Tätigkeit. So belegen es auch die im Streitfall erteilten Zwischenabrechnungen für die Jahre 2003 und 2004.
Das wahre Risiko des Anlegers war ein ganz anderes. Es bestand, wie die Beklagte als professionelle Anlageberaterin im Gegensatz zur Klägerin ohne weiteres erkennen konnte, in der Gefahr unzureichender dauerhafter Leistungsfähigkeit der ABEK-Gruppe selbst. Dieses Risiko war aufgrund der Langfristigkeit des Ansammlungsprogramms, welches die Klägerin noch von 10 Jahren auf 15 Jahre und betragsmäßig von 60.000,00 EUR auf 96.000,00 EUR erhöhte (vgl. Anlagen K 2, K 4 und K 5), und zusätzlich deshalb erhöht, weil die Anlagegesellschaft beträchtliche Jahresgewinne von mindestens 8 % versprach. Dass dies die Leistungsfähigkeit der ABEK-Gruppe auf Dauer würde überfordern, ja im schlimmsten, hier letztlich nur durch außergerichtliche "Liquidation" abgewendeten Fall zur Insolvenz und einem (nahezu) vollständigen Verlust der Anlagegelder würde führen können, hatte die Beklagte der Klägerin als ernstliches Risiko zu verdeutlichen. Sie durfte nicht darauf vertrauen, dieses allgemeine Risiko sei der nicht ganz anlageunerfahrenen Klägerin geläufig. Das war ihr umso weniger erlaubt, als die Klägerin in der Vergangenheit Verluste gemacht hatte und es nach eigenen Angaben der Beklagten in der Verhandlung vor dem Landgericht darum ging, "möglichst hohe Sicherheiten für die Geldanlagen zu schaffen".
(2) Diese Pflichtverletzung hat zu einem Schaden der Klägerin geführt. Hätte die Beklagte sie pflichtgemäß über das tatsächlich bestehende Verlustrisiko informiert, hätte sie, zumal nach ihren ungünstigen Vorerfahrungen, vermutlich von der Investition in das Ansammlungsprogramm abgesehen. Zur Widerlegung dieser gegen sie streitenden Vermutung hat die Beklagte nichts vorgetragen.
cc) Einen weiteren schadensursächlichen Pflichtverstoß hat die Beklagte schließlich allgemein dadurch begangen, dass sie nicht anleger- und anlagegerecht beraten, sondern im Widerspruch zum erkannten Sicherheitsinteresse der Klägerin dieser empfohlen hat, die alles andere als risikolose Anlage bei der ABEK-Gruppe zu tätigen.
Weder die von ihr in der Verhandlung vor dem Landgericht angesprochene Regelung in Nr. 6 der Vertragsbedingungen ("Alle Kundengelder werden getrennt vom Gesellschaftskapital auf einem gesonderten Konto bei einer unserer Geschäftsbanken eingezahlt, verwaltet und nur für den vom Antragsteller angestrebten Zweck eingesetzt.") noch die ebenfalls eine gewisse Sicherheit vermittelnde - oder jedenfalls suggerierende - Klausel Nr. 7 ("Die für die gezeichneten Beträge von ABEK erworbenen, nur dem Anlageziel dienenden Anlagen, Beteiligungen, Wertpapiere, Versicherungen usw. werden als Sicherheit für den Antragsteller bei einer Schweizer Grossbank deponiert.") gaben ihr als professioneller Anlageberaterin berechtigten Anlass, an eine für die Zwecke und erkennbaren Erwartungen der Klägerin hinreichend sichere Anlage zu glauben. Diese für den Anlageentschluss der Klägerin ursächlich gewordene Pflichtverletzung wiegt umso schwerer, als die Beklagte erkannt hatte, dass es der Klägerin um eine sichere, nicht verlustanfällige Anlage ging. Entgegen diesem Anlageziel riet sie der Klägerin, nachdem diese die vorzeitige Ablösung ihrer - von einem früheren "Berater" empfohlenen - kreditfinanzierten hochspekulativen Hedgefonds-Anlage mit Rücksicht auf die damit verbundenen Kosten und Einbußen nicht wünschte, zu einer Auflösung und Umschichtung der durchaus soliden, wenngleich seinerzeit im Wert gesunkenen Beteiligungen an ....-Fonds der, statt ihr die ernstliche, wenn nicht gar sehr wahrscheinliche Möglichkeit einer Erholung des Wertes dieser Fonds oder wenigstens aufzuzeigen, dass insgesamt betrachtet das Verlustrisiko bei der alternativen ABEK-Anlage spürbar höher war.
c) Das Verschulden der Beklagten wird vermutet, § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB. In Bezug auf die beiden feststehenden Pflichtverstöße ist zur Widerlegung der Vermutung wenigstens fahrlässigen Verhaltens nichts Konkretes vorgetragen oder ersichtlich. Dagegen kann von vorsätzlichen Pflichtverletzungen nicht ausgegangen werden, zumal die Beklagte - Ausdruck ihrer eigenen Gutgläubigkeit - selbst in das ABEK-Ansammlungsprogramm investiert hatte.
d) Der ersatzfähige Schaden beläuft sich nicht, wie die Klägerin geltend macht, auf 21.635,42 EUR, sondern lediglich auf 15.006,88 EUR.
aa) Der als noch zu ersetzen in Betracht kommende Schaden der Klägerin beträgt 18.758,60 EUR.
Keinen Schaden hat die Klägerin dadurch erlitten, dass sie nicht in den Genuss der auf dem Ansammlungsprogramm bereits vor "Übernahme" im August 2004 gutgeschriebenen 2.312,36 EUR kommt. Ersatzfähig sind von vornherein auch nicht die per 31.12.2004 auf dem Depotkonto gutgeschriebenen 8 % Zinsen (564,46 EUR). Einen Erfüllungsanspruch hat die Klägerin gegen die Beklagte nicht. Dass sie die im Jahre 2004 eingezahlten Beträge (18.580,00 EUR) anderweitig angelegt hätte und ihr dadurch Zinsen entgangen sind, macht sie nicht geltend. Nach Abzug dieser beiden Positionen verbleibt ein durch die Pflichtverletzungen der Beklagten verursachter Schaden von 18.758,60 EUR (= 21.635,42 EUR - 2.312,36 EUR - 564,46 EUR). Das ist genau die Summe der Bargeldzahlungen der Klägerin (33.080,00 EUR) abzüglich des vom Liquidator der ABEK Anstalt ausgekehrten Betrages (14.321,40 EUR).
bb) Diesen Schaden hat die Beklagte zu 4/5, also im Umfang von 15.006,88 EUR zu ersetzen. Der Klägerin fällt ein Mitverschulden zur Last, das mit 20 % zu bewerten ist, § 254 Abs. 1 BGB.
Wenngleich bei der Annahme eines relevanten Mitverschuldens des Anlegers gegenüber einem Anlageberater im Allgemeinen Zurückhaltung geboten ist, weil der Anleger gerade auf die Verbindungen, Kenntnisse und Empfehlungen seines Beraters vertraut und vertrauen darf, gibt es doch eine Reihe von Umständen, die eine gewisse anteilige Haftung der Klägerin für den eigenen Schaden rechtfertigen. Sie war in Anlagedingen keineswegs ganz unbedarft. Bei größerer Aufmerksamkeit hätte es bei ihren Verständnismöglichkeiten nahe gelegen, die erhaltenen "dünnen" Informationen über die im Ausland (...) ansässige Anlagegesellschaft nicht unkritisch zur Grundlage der eigenen, extrem langfristigen Entscheidung zu machen, sondern weitere Informationen einzuholen.
Auch die offensichtlich manipulierten Zeichnungsunterlagen können ihr nicht verborgen geblieben sein. Dies musste bei ihr gewisse Zweifel an der Seriosität des Ansammlungsprogramms wecken, zumal ihr ansonsten nichts Schriftliches vorlag. Ferner zielte die Klägerin auf eine - gemessen am Anlegerzinsniveau des Jahres 2004 - ganz außergewöhnlich hohe garantierte Rendite von 8 % p.a. ab. Weiter lässt die von ihr vor dem Landgericht ausweislich des Sitzungsprotokolls eingeräumte damalige Absicht, die anzulegenden Gelder möglichst ohne viel Aufsehen abzuheben und in kleineren Beträgen bei der Beklagten in bar abzuliefern, zwar nicht unbedingt auf den vorgefassten Willen schließen, Kapitalertragsteuer zu umgehen. Die Darstellung im angefochtenen Urteil, sie habe anlässlich ihrer Anhörung unverblümt zugegeben, sie habe diese Steuer umgehen wollen, ist nach übereinstimmendem Parteivortrag falsch; die Beklagte hat in der Berufungsverhandlung sogar weitergehend eingeräumt, sie selbst habe den Vorschlag unterbreitet, durch Auslandsbaranlagen weniger Kapitalertragsteuer abzuführen. Die unauffälligen wiederholten Abhebungen und Übergaben von Bargeldbeträgen zur Weiterleitung ins anonyme Ausland sind aber weitere zweifelhafte Umstände, die der Klägerin Anlass bieten konnten, die eigene Anlageentscheidung kritisch zu hinterfragen. Zusammengenommen bleibt allerdings ihr Mitverschulden samt entsprechenden Schadensverursachungsbeiträgen weit hinter dem Maß der Verantwortlichkeit der Beklagten als Anlageberaterin zurück. Eine Mithaftungsquote der Klägerin von 1/5 erscheint nach nochmaliger Würdigung und Abwägung aller relevanten Umstände angemessen.
e) Den Schadensersatzanspruch hat die Beklagte, wie von der Klägerin beantragt, nur Zug um Zug gegen Abtretung der restlichen Ansprüche der Klägerin gegen die Anlagegesellschaft zu erfüllen. Dabei ist im Hinblick auf die Mithaftungsquote der Klägerin die Zug-um-Zug-Abtretung auf 4/5 ihrer Restforderung gegen die ABEK Group Limited zu beschränken.
2. Ein unter dem Strich um 200,00 EUR höherer Zahlungsanspruch der Klägerin folgt nicht aus § 667 BGB.
a) Zwar war ausweislich der erstinstanzlichen Schriftsätze der Parteien bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht streitig, ob die Beklagte auch den letzten, ihr am 12.04.2005 von der Klägerin gegen Quittung ausgehändigten Betrag von 1.000,00 EUR auftragsgemäß weitergeleitet hatte. Auch obliegt der Beklagten die Darlegungs- und Beweislast für ihre - im Übrigen weder nach Zeitpunkt der Übergabe noch hinsichtlich der Person des angeblichen Kuriers konkretisierte - Behauptung, sie habe alle entgegengenommenen Bargeldbeträge an einen Kurier der ABEK übergeben (GA 36; vgl. BGH, Urteil vom 19.02.2004 - III ZR 147/03, WM 2004, 2213 unter II 1 m.w.N.). Solchen Beweis hat die Beklagte weder im ersten noch im zweiten Rechtszug angetreten. Wäre die in Rede stehende Tatsache als streitig zu behandeln, ergäbe sich also, da die Beklagte beweisfällig geblieben ist, ein vertraglicher Herausgabeanspruch der Klägerin i.H.v. 1.000,00 EUR aus § 667 BGB, der den insoweit anteilig auf schadensersatzrechtlicher Grundlage zuzuerkennenden Anspruch um 200,00 EUR überstiege.
b) Aus prozessualen Gründen ist die auftragsgemäße Weiterleitung der 1.000,00 EUR jedoch als unstreitig zu behandeln, ohne dass der Senat die Möglichkeit hat, Abweichendes festzustellen. Hieran scheitert die Zuerkennung eines zusätzlichen Zahlungsanspruchs.
aa) Ungeachtet mancher Unrichtigkeiten und Ungenauigkeiten im Detail hält der Tatbestand des angegriffenen Urteils als unstreitig fest, dass die Beklagte sämtliche ihr von der Klägerin übergebenen Bargeldbeträge auftragsgemäß weitergeleitet hat.
Damit sind die Wirkungen des § 314 Satz 1 ZPO eingetreten. Nach dieser Vorschrift liefert der Tatbestand Beweis für das - maßgebliche - mündliche Parteivorbringen. Dieser Beweis kann nach § 314 Satz 2 ZPO nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden. Die Niederschrift der Verhandlung vor dem Landgericht enthält zwar eine recht ausführliche Protokollierung der Anhörung der Parteien, aber nichts zur Weiterleitung der am 12.04.2005 übergebenen 1.000,00 EUR. Mit diesem "Schweigen" des Sitzungsprotokolls kann der Urteilstatbestand im fraglichen Punkt nicht entkräftet werden (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 314 Rn. 6 m.w.N.). Auch eine relevante Widersprüchlichkeit der tatbestandlichen Feststellungen des Landgerichts ist nicht auszumachen. Bei einem Widerspruch zwischen dem Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze und der Wiedergabe des Parteivorbringens im Urteilstatbestand sind die Ausführungen im Tatbestand selbst dann maßgeblich, wenn dieser im Übrigen - wie hier - auf die eingereichten Schriftsätze der Parteien allgemein Bezug nimmt (BGHZ 144, 370, 376 f.). Der Tatbestand des angefochtenen Urteils ist im besagten Punkt schließlich auch weder in sich widersprüchlich (vgl. dazu BGHZ 140, 335, 339 m.w.N.), noch steht er in unüberbrückbarem Gegensatz zu den in den Entscheidungsgründen getroffenen Feststellungen (vgl. dazu BGH NJW 1996, 2306 unter I 1 m.w.N.).
Die Wirkungen des § 314 Abs. 1 ZPO sind nicht nachträglich entfallen. Von der fristgebundenen Möglichkeit, Tatbestandsberichtigung zu beantragen (§ 320 ZPO), hat die Klägerin keinen Gebrauch gemacht. Dies wäre nach Lage der Dinge der einzige Weg gewesen, der Tatbestandswirkung noch zu entgehen.
bb) Im zweiten Rechtszug lassen sich abweichende, der Klägerin günstigere Feststellungen nicht treffen.
Zwar hindert § 314 ZPO das Berufungsgericht nicht grundsätzlich, den gesamten Streitstoff aus beiden Instanzen zu berücksichtigen. Möglich ist dies aber nur in den Grenzen der §§ 529 bis 531 ZPO (eingehend dazu allgemein BGHZ 158, 269; 158, 295; 160, 83; 162, 313). Danach sind ergänzende oder abweichende Feststellungen des Berufungsgerichts insbesondere möglich, wenn neues oder bislang streitiges Vorbringen im zweiten Rechtszug unstreitig ist oder wird, wenn der erstinstanzliche Tatbestand Parteivorbringen nicht erwähnt, auf welches es erstmals vom Standpunkt des Berufungsgerichts aus ankommt, oder wenn die erstinstanzliche Tatsachenfeststellung, namentlich eine Beweiswürdigung, auf einem Verfahrensfehler beruht oder das Berufungsgericht sie nicht für überzeugend hält. Ein solcher oder vergleichbarer Fall liegt hier nicht vor. Vielmehr ist der Senat an die tatbestandliche Feststellung des Landgerichts gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden. Insbesondere kann die Tatbestandswirkung des § 314 Satz 1 ZPO in diesem Zusammenhang nicht mit der Begründung in Frage gestellt werden, das Landgericht habe die Weiterleitung (auch) der zuletzt ausgehändigten 1.000,00 EUR zu Unrecht als unstreitig behandelt. Wäre dies zulässig, liefe § 314 ZPO entgegen dem klaren Gesetzeszweck weitestgehend leer (vgl. insoweit auch BGH, Urteil vom 08.01.2007 -II ZR 334/04 unter II, www.bundesgerichtshof.de). Folgerichtig ist die Behauptung der Klägerin im Berufungsverfahren, die Beklagte habe das Geld nicht bei der ABEK Group Limited abgeliefert, als neues Tatsachenvorbringen i.S.v. § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO anzusehen. Dieses kann in zweiter Instanz nicht mehr berücksichtigt werden, weil für keinen der in § 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO genannten Zulassungsgründe etwas ersichtlich ist.
II.
Das Teilerledigungsfeststellungsbegehren der Klägerin ist überwiegend begründet.
Der einseitig für erledigt erklärte Hauptsacheteil beträgt 14.321,40 EUR. In Bezug auf 4/5 dieses Betrages (11.457,12 EUR) war die Schadensersatzklage ursprünglich zulässig und begründet und hat sich der Rechtsstreit in der Hauptsache durch die zwischen den Instanzen erfolgte Auszahlung des Liquidators der ABEK-Gruppe erledigt. In diesem Umfang ist der begehrte Erledigungsfeststellungsausspruch zu treffen. Im Übrigen ist das Feststellungsbegehren abzuweisen.
III.
Das weitere Feststellungsbegehren (Annahmeverzug der Beklagten in Bezug auf die Zug um Zug gegen Zahlung von 21.635,42 EUR angebotene Abtretung des - restlichen - "Guthabenauszahlungs- und Auseinandersetzungsanpruchs der Klägerin an dem Depotkonto ... bei der ABEK Group Limited") hat keinen Erfolg.
1. Über den Feststellungsantrag ist in der Sache zu befinden.
Die Klägerin hat ihn in zulässiger Weise zum Gegenstand des Berufungsverfahrens gemacht. Er stellt sich, nachdem der entsprechende, schon in erster Instanz gestellte Feststellungsantrag nicht beschieden worden und dessen Rechtshängigkeit mit Ablauf der Frist des § 321 ZPO rückwirkend entfallen ist, als Klageänderung i.S.v. § 533 ZPO dar. Über den zusätzlichen Klageanspruch ist zu befinden, weil dies sachdienlich ist und auf der Grundlage der ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen geschehen kann. Die allgemeine Zulässigkeit des Feststellungsbegehrens ist im Hinblick auf § 756 Abs. 1 ZPO zu bejahen.
2. Der Feststellungsantrag ist unbegründet.
Die Beklagte befand und befindet sich nicht im Verzug der Annahme, § 293 BGB. Solches hätte vorausgesetzt, dass die Klägerin ihr die Zug-um-Zug-Leistung (Abtretung) so angeboten hätte, wie sie tatsächlich zu bewirken ist, § 294 BGB. Das ist nicht geschehen. Die Klägerin hatte die Abtretung vorprozessual und im ersten Rechtszug nur für den Fall angeboten, dass die Beklagte Zug um Zug 35.986,82 EUR zahlt. Dies war beträchtlich zu viel, weil die Klägerin von ihr seinerzeit nur 26.464,00 EUR (= 33.080,00 EUR abzgl. 20 %) ersetzt verlangen konnte. Im Berufungsverfahren hat sie die eigene Bereitschaft zur Abtretung nur für den Fall verlautbart, dass die Beklagte ihr im Gegenzug 21.635,42 EUR zahle; berechtigt war und ist ihr Zahlungsverlangen hingegen nur noch in Höhe von gut 15.000,00 EUR.
IV.
Der weitere Zahlungsantrag schließlich (649,02 EUR) ist i.H.v. 594,73 EUR nebst begehrten Rechtshängigkeitszinsen begründet, im Übrigen unbegründet.
Dass die Klägerin vorprozessual anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen hat, um ihre Forderung gegen die Beklagte geltend zu machen, ist eine absehbare Schadensfolge der schuldhaften Pflichtverletzungen der Beklagten. Die grundsätzliche Ersatzfähigkeit des nicht anrechenbaren Teils der dabei angefallenen Anwaltskosten steht außer Frage. Da die Beklagte allerdings vor dem Prozess lediglich eine Schadensersatzverpflichtung von 26.464,00 EUR traf, kann die Klägerin auch nur den entsprechend reduzierten Kostenteil ersetzt verlangen. Bei einem Gegenstandswert bis 30.000,00 EUR hätten die vorprozessualen Anwaltskosten 1.166,26 EUR betragen (1,3 Geschäftsgebühr zzgl. Auslagenpauschale und 16 % Mehrwertsteuer). Der hiervon verbleibende, nicht auf die im gerichtlichen Verfahren anfallenden Kosten anzurechnende Betrag beläuft sich nach Maßgabe der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG auf 594,73 EUR.
C.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 543 Abs. 2 ZPO), liegen nicht vor.
Ende der Entscheidung
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