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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Beschluss verkündet am 20.02.2002
Aktenzeichen: 8 W 1980/01
Rechtsgebiete: GKG, ZPO


Vorschriften:

GKG § 25 Abs. 3
GKG § 12
GKG § 15
GKG § 11 Abs. 2
GKG § 5 Abs. 6
ZPO §§ 3 ff.
Die Streitwertfestsetzung im selbstständigen Beweisverfahren ist auf der Grundlage einer objektiven Bewertung der vom Antragsteller bei Verfahrenseinleitung behaupteten Tatsachen und dem von ihm verfolgten Anspruch vorzunehmen. Diesbezüglich kann auch auf spätere, besser fundierte Erkenntnisquellen (z.B. Sachverständigengutachten) abgestellt werden; auf die subjektive Einschätzung des Antragstellers zu Beginn des Verfahrens kommt es nicht entscheidend an. Werden im Ergebnis der Begutachtung nicht alle vom Antragsteller behaupteten Mängel festgestellt, so ist der Streitwert hinsichtlich der nicht erweislichen Mängel zu schätzen.
Oberlandesgericht Dresden

Aktenzeichen: 8 W 1980/01

Beschluss

des 8. Zivilsenats

vom 20.02.2002

In dem Rechtsstreit

wegen Beweissicherung; hier: Streitwert

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden ohne mündliche Verhandlung durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Häfner, Richterin am Landgericht Wittenberg und Richter am Landgericht Großmann

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Streitwertbeschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichtes Dresden vom 26.11.2001 abgeändert:

Der Streitwert des selbstständigen Beweisverfahrens wird auf bis zu 30.000,00 DM festgesetzt.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe:

1. Die gemäß § 25 Abs. 3 GKG zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin hat nur in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

Die Festsetzung des Streitwertes richtet sich im vorliegenden Fall nach §§ 3 ff. ZPO, §§ 12, 15 GKG.

a) Dabei geht der Senat für die Festsetzung des Wertes eines selbstständigen Beweisverfahrens (§§ 485 ff. ZPO) von folgenden Grundsätzen aus:

Der Streitwert des selbstständigen Beweisverfahrens bemisst sich nach dem vollen Wert des zu sichernden Anspruches, also regelmäßig dem Wert der entsprechenden Hauptsache, und nicht lediglich nach einem Bruchteil davon (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 22. Aufl., § 3 Rdn. 16, Stichwort: Selbstständiges Beweisverfahren; Münchener Kommentar, ZPO, 2. Aufl., § 3 Rdn. 115; OLG Köln, NJW-RR 1997, S. 1292; OLG Koblenz, JurBüro 1998, S. 267, jeweils m.w.N.). Dies folgt daraus, dass das selbstständige Beweisverfahren die Funktion einer vorweggenommenen Beweisaufnahme im späteren Hauptsacheverfahren hat.

Für die Bemessung des Gebührenstreitwertes kommt es auf die vom Antragsteller bei Verfahrenseinleitung behaupteten Tatsachen und den von ihm verfolgten Anspruch an. Denn der Streitwert eines jeden Verfahrens richtet sich allein nach dem jeweiligen Streitgegenstand ( § 2 ZPO, § 12 Abs.1 Satz1 GKG), welcher durch den Antrag und nicht durch die Wertangabe des Antragstellers bestimmt wird. Entscheidend ist daher für die Streitwertbestimmung nicht die subjektive Einschätzung des Antragstellers, sondern die objektive Bewertung der mitgeteilten Tatsachen; diesbezüglich kann im Einzelfall auch auf spätere, besser fundierte Erkenntnisquellen (u.a. Sachverständigengutachten) abgestellt werden (vgl. OLG Koblenz, JurBüro 1998, S. 267; OLG Köln, NJW-RR 1997, S. 1292; OLG Hamburg, NJW-RR 2000, S. 827 ; jeweils m.w.N.).

Ohne Belang für die Streitwertbemessung ist das Ergebnis der Beweissicherung, d.h. ob sich alle oder nur ein Teil der von dem Antragsteller behaupteten

Mängel im Rahmen der Beweissicherung bestätigt haben (vgl. OLG Koblenz, JurBüro 1998, S. 267; OLG Frankfurt, OLGR 1998, S. 384; OLG Hamburg NJW-RR 2000, S. 827). Vielmehr sind für die Bemessung des Streitwertes alle vom Antragsteller zu Beginn des Verfahrens behaupteten Mängel maßgebend. Soweit der Sachverständige die Mängelbeseitigungskosten nur für die von ihm festgestellten Mängel beziffert, ist hinsichtlich der weiteren behaupteten und nicht festgestellten Mängel der Streitwert zu schätzen.

b) Unter Beachtung der vorgenannten Grundsätze war der Streitwert vorliegend auf bis zu 30.000,00 DM festzusetzen.

Streitwertbestimmend war allein die Höhe der Mängelbeseitigungskosten bezogen auf alle vom Antragsteller mit der Antragsschrift vom 17.08.2000 dargelegten und gerügten Mängel.

Entgegen der mit Schriftsatz vom 30.01.2002 seitens des Antragstellers vertretenen Auffassung waren bei der Streitwertfestsetzung über die Mängelbeseitigungskosten hinaus nicht etwaige Planungs-, Bauleitungs- und Überwachungskosten, Mietminderungsschäden und ein verbleibender Minderwert zu berücksichtigen. Denn für die Streitwertfestsetzung maßgebend sind, wie ausgeführt, allein die mit dem Antrag verfolgten Ziele. Vorliegend hat der Antragsteller mit der Antragsschrift erklärt, dass im Wege des selbstständigen Beweisverfahrens die vorhandenen Mängel, die Mängelbeseitigungsmaßnahmen und die hierdurch entstehenden Kosten festgestellt werden sollen. Dadurch ist erkennbar, dass das mit dem selbstständigen Beweisverfahren verfolgte Interesse dem Gegenstand einer Klage auf Mängelbeseitigung entspricht und das Interesse des Antragstellers sich daher nur nach dem zu erwartenden Mängelbeseitigungsaufwand bemisst.

Soweit die in der Antragsschrift behaupteten Mängel vom Sachverständigen im Gutachten vom 18.10.2001 bestätigt worden sind, sind die vom Sachverständigen geschätzten Mängelbeseitigungskosten i.H.v. 26.906,80 DM der Streitwertfestsetzung zugrunde zu legen. Durchgreifende Einwendungen gegen die Feststellungen des Sachverständigen haben die Parteien nicht erhoben. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin war die mangelhafte Feuchtigkeitsisolierung Gegenstand des Antrages vom 17.08.2000 (dort Ziff. 2), so dass bei der Bemessung des Streitwertes ein Abzug der vom Sachverständigen insoweit festgestellten Mängelbeseitigungskosten i.H.v. 12.000,00 DM nicht gerechtfertigt ist. Zwar hat der Sachverständige in seinem Gutachten unter Ziff. 2 nicht das vom Antragsteller dargestellte Erscheinungsbild, nämlich Durchfeuchtungen in den genannten Räumen festgestellt, jedoch hat der Sachverständige, wie sich aus seinen Ausführungen unter Ziff. 2 des Gutachtens ergibt, einen baukonstruktiven Mangel bestätigt, indem die Zwischen- und Außenwände direkt auf der Bodenplatte stehen, so dass es im Bereich der Wände über dem Fußboden zu Kondensat und ggf. Schimmelbildung kommen kann. Ob dagegen, wie die Antragsgegnerin meint, ein Abzug i.H.v. 1.060,00 DM für die vom Sachverständigen geschätzten Mängelbeseitigungskosten bezogen auf den fehlenden bzw. gestörten Fernsehempfang (Ziff. 5 des Gutachtens) geboten ist, kann dahingestellt bleiben, da die Berücksichtigung des Betrages bei der Streitwertbemessung ausweislich der Anlage 2 zu § 11 Abs. 2 GKG nicht zu einem Gebührensprung führen würde. Denn bei einem Streitwert zwischen 25.001,00 DM und 30.000,00 DM fallen danach Gebühren in derselben Höhe an.

Im Übrigen, d.h. soweit ausweislich des Sachverständigengutachtens vom 18.10.2001 die vom Antragsteller in der Antragsschrift behaupteten Mängel in der Carporteinfahrt sowie an den Innentüren und die Setzrisse nicht bestätigt worden sind, war eine Schätzung vorzunehmen, wobei der Vortrag beider Parteien zu berücksichtigen war. Danach handelt es sich bei den vom Antragsteller zwar behaupteten, jedoch im Rahmen der Beweissicherung nicht bestätigten Mängel um solche von geringerer Bedeutung, bei denen sich die Mängelbeseitigungskosten nach übereinstimmender Einschätzung der Parteien, der seitens des Senates keine Bedenken entgegenstehen, auf insgesamt 1.500,00 DM belaufen würden.

Daraus folgt ein Streitwert in Höhe von bis zu 30.000,00 DM.

2. Einer Kostenentscheidung sowie einer Festsetzung des Streitwertes des Beschwerdeverfahrens bedurfte es nicht, weil gemäß § 5 Abs. 6 GKG Gerichtskosten nicht erhoben und außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden.

Ende der Entscheidung

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