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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Beschluss verkündet am 25.05.2001
Aktenzeichen: 8 W 565/01
Rechtsgebiete: ZPO, GKG


Vorschriften:

ZPO § 3
ZPO § 280
ZPO § 281
ZPO § 512a
GKG § 12
GKG § 14
§§ 3, 280, 281, 512a ZPO; §§ 12, 14 GKG

1. Bejaht das Gericht des ersten Rechtszuges vorab seine örtliche Zuständigkeit anstatt im Wege eines Zwischenurteils durch Beschluss, so ist die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Beklagten entsprechend § 512a ZPO unzulässig.

2. Der Gegenstandswert einer solchen sofortigen Beschwerde (und einer entsprechenden Berufung) des Beklagten beträgt nur einen Bruchteil des Streitwertes der Hauptsache, ohne dass es darauf ankommt, ob der Kläger hilfsweise einen Verweisungsantrag gemäß § 281 Abs. 1 ZPO gestellt hat (Abgrenzung OLG Frankfurt, OLGR 1999, 153).

OLG Dresden, Beschluss vom 25.05.2001, Az: 8 W 562/01


Oberlandesgericht Dresden Beschluss

Aktenzeichen: 8 W 0562/01 13 O 10104/00 LG Leipzig

des 8. Zivilsenats

vom 25.05.2001

In dem Rechtsstreit

wegen Schuldanerkenntnisses;

hier: Beschwerde gegen Zwischenentscheidung über die Zulässigkeit der Klage

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden ohne mündliche Verhandlung durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Häfner,

Richterin am Landgericht Haller und

Richter am Landgericht Kadenbach

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss der Einzelrichterin der 13. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig - Az: 13 O 10104/00 - vom 02.02.2001 wird auf ihre Kosten als unzulässig

verworfen.

- Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens: 13.450,00 DM -

Gründe:

Die Beschwerde ist entsprechend § 512a ZPO unstatthaft und daher gemäß § 574 ZPO als unzulässig zu verwerfen.

I.

Die Klägerin verlangt aus einem Schuldanerkenntnis Zahlung von 40.354,33 DM nebst Zinsen. Die Beklagte rügte im schriftlichen Vorverfahren die ihrer Auffassung nach nicht gegebene örtliche Zuständigkeit und regte an, gem. § 280 ZPO über die Zulässigkeit der Klage abgesondert zu verhandeln. In ihrer Stellungnahme verteidigte die Klägerin den von ihr angenommenen Gerichtsstand und stellte hilfsweise einen Verweisungsantrag gem. § 281 Abs. 1 ZPO. Daraufhin hat sich das Landgericht mit Beschluss vom 02.02.2001, der Beklagten zugestellt am 08.02.2001, für örtlich zuständig erklärt. Mit ihrer am 12.02.2001 beim Landgericht eingelegten Beschwerde verfolgt die Beklagte die Rüge der örtlichen Unzuständigkeit weiter und beanstandet, dass das Landgericht nicht durch Zwischenurteil, sondern durch Beschluss über die Zulässigkeit der Klage entschieden habe.

II.

Obwohl das Landgericht, wie die Beklagte zu Recht moniert, vorab nur durch Zwischenurteil nach § 280 Abs. 2 Satz 1 ZPO seine örtliche Zuständigkeit hätte bejahen dürfen, muss sie den Beschluss vom 02.02.2001 als unanfechtbar hinnehmen.

Zwar hat eine Partei bei einer der Form nach inkorrekten Entscheidung nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung die Wahl, ob sie das Rechtsmittel ergreift, welches der getroffenen Entscheidung entspricht, oder dasjenige, welches bei einer formgerecht ergangenen Entscheidung eröffnet wäre (vgl. BGHZ 40, 265, 267; 73, 87, 89; 98, 362, 364; BGH, NJW 1997, 1448 = MDR 1997, 495), so dass vorliegend die Beklagte grundsätzlich (sofortige) Beschwerde anstatt der bei einem Zwischenurteil nach § 280 Abs. 2 Satz 1 ZPO gegebenen Berufung einlegen durfte. Allerdings müsste auch gegen die formgerecht ergangene Entscheidung gleichen Inhaltes ein Rechtsmittel zulässig sein, denn der Grundsatz der Meistbegünstigung soll die Nachteile der inkorrekten Entscheidung ausschließen, eröffnet der Partei jedoch keine zusätzliche Instanz (vgl. BGHZ 40, 265, 267; 46, 112, 113; BGH, NJW-RR 1990, 1483; NJW 1997, 1448 = MDR 1997, 495).

Ein nach § 280 Abs. 2 Satz 1 ZPO erlassenes Zwischenurteil ist nur insoweit selbstständig anfechtbar, als auch das nach der Prozesslage zu erwartende Endurteil rechtsmittelfähig wäre (vgl. BGH, NJW 1998, 1230 = MDR 1998, 177). Da gemäß § 512a ZPO die Berufung in Streitigkeiten über vermögensrechtliche Ansprüche nicht darauf gestützt werden kann, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine örtliche Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat, findet mit dieser Rüge weder die Berufung gegen ein die örtliche Zuständigkeit bejahendes Zwischenurteil (vgl. BGH, a.a.O.) noch die Beschwerde gegen einen formwidrig ergangenen Beschluss gleichen Inhalts statt.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf §§ 25 Abs. 2, 14 Abs. 1 Satz 1, 12 Abs. 1 Satz 1, 22 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO.

Im Zwischenstreit über die Zulässigkeit der Klage ist nach wohl überwiegender Auffassung der Wert der Hauptsache maßgeblich, da er zu einem klageabweisenden Endurteil führen kann (vgl. KG, JurBüro 1965, 486, 488; OLG Düsseldorf, JurBüro 1972, 1021; Zöller/Greger, ZPO, 22. Aufl., § 280 Rdn. 11; Lappe, NJW 1994, 1189, 1190 für das erstinstanliche sowie OLG München, JurBüro 1954, 181; OLG Hamm, JurBüro 1968, 991 = NJW 1969, 243 für das zweitinstanzliche Verfahren). Allerdings muss nach der angeführten Begründung von vornherein - und nicht allein in Bezug auf das Berufungsverfahren (so aber Hartmann, KostG, 30. Aufl., Anh I zu § 12 GKG [§ 3 ZPO] Rdn. 143) - zweifelhaft erscheinen, ob dies auch dann gelten kann, wenn - wie hier - ausschließlich die örtliche oder sachliche Zuständigkeit in Frage steht und der Kläger hilsweise einen Verweisungsantrag gem. § 281 Abs. 1 ZPO gestellt hat, ihm also ein Prozessurteil nicht droht. Diesen Gesichtspunkt hat das OLG Frankfurt (OLGR 1999, 153, 154 f.) insoweit aufgegriffen, als es bei einem Angriff des Beklagten gegen die Bejahung der örtlichen Zuständigkeit durch die Vorinstanz die Bewertung des Berufungsgegenstandes mit dem vollen Betrag der Klage oder einem Bruchteil dessen davon abhängig macht, ob der Kläger hilfsweise die Verweisung beantragt hat.

Zutreffender Weise ist eine solche Differenzierung aber nur vorzunehmen, sofern das Interesse des im erstinstanzlichen Zwischenstreit unterlegenen Klägers zu bestimmen ist. Dagegen bleibt das Abwehrinteresse des Beklagten als Rechtsmittelführer, welches sich im Umfang der Berufungsanträge nach der Beschwer aus dem angefochtenen Urteil richtet (vgl. § 14 Abs. 1 GKG) und mit dem Interesse des Klägers am Erfolg der Klage nicht notwendiger Weise übereinstimmen muss (vgl. BGHZ 128, 85, 88 f. m.w.N.), auch dann hinter dem Betrag des Klageanspruchs zurück, wenn der Kläger keinen Hilfsantrag auf Verweisung gestellt hat. Denn anders als diesem droht dem Beklagten im Zwischenstreit nie der Verlust des gesamten Prozesses, er kann im Falle der Bejahung der Zulässigkeit durch Zwischenurteil in dem sich anschließenden Verfahren zur Hauptsache noch immer ein Schlussurteil zu seinen Gunsten erstreiten. Aus diesem Grund ist in einem vom Beklagten angestrengten Rechtsmittelverfahren über ein die örtliche und/oder sachliche Zuständigkeit bejahendes Zwischenurteil nach § 280 Abs. 2 Satz 1 ZPO oder - wie hier - über einen formwidrigen Beschluss gleichen Inhalts grundsätzlich nur ein Bruchteil des Streitwerts der Hauptsache zugrunde zu legen. Diesen Bruchteil bemisst der Senat in Anlehnung an die Rechtsprechung zum Wert des Beschwerdeverfahrens im Falle der Rechtswegverweisung nach § 17a Abs. 4 GVG (vgl. BGH, NJW 1998, 909 = MDR 1997, 386; OLG München, OLGR 1993, 87; OLG Frankfurt, OLGR 1994, 119) im hier gegebenen Durchschnittsfall auf 1/3 des Klageanspruchs (vgl. insoweit zutreffend auch OLG Frankfurt, OLGR 1999, 153, 155), mithin auf rund 13.450,00 DM.

Ende der Entscheidung

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