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Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Beschluss verkündet am 27.01.2003
Aktenzeichen: Ss (OWi) 412/02
Rechtsgebiete: AÜG, SGB III, AFG
Vorschriften:
AÜG § 1b | |
SGB III § 216 Abs. 2 | |
AFG § 76 Abs. 2 a.F. |
Oberlandesgericht Dresden
Senat für Bußgeldsachen - Der Einzelrichter -
Aktenzeichen: Ss (OWi) 412/02
Beschluss
vom 27. Januar 2003
in der Bußgeldsache
wegen Verstoßes gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz
Tenor:
1. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Chemnitz vom 30. April 2002 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts zurückverwiesen.
2. Die sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils ist damit erledigt.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht Chemnitz hat den Betroffenen am 30. April 2002 wegen des fahrlässigen Verstoßes gegen das Verbot gewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung in Betriebe des Baugewerbes für Arbeiten, die üblicherweise von Arbeitern verrichtet werden, zu der Geldbuße von 3.500,00 EUR verurteilt.
Mit seiner Rechtsbeschwerde, die er zugleich mit einer sofortigen Beschwerde gegen die Kostenentscheidung des Urteils verbunden hat, beanstandet der Betroffene die Verletzung des sachlichen Rechts. Er begehrt die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung.
Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden ist diesem Antrag beigetreten.
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.
Die dargelegten Feststellungen im angefochtenen Urteil sind unzureichend und stellen keine ausreichende Grundlage für den getroffenen Schuldspruch dar.
Das Amtsgericht hat ausgeführt, dass der Betroffene, der seit 1992 im Besitz einer Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung ist, in einem näher bezeichneten Zeitraum von Juli bis November 1998 mehrfach (namentlich bekannte) Arbeitnehmer an fünf Betriebe entgeltlich überlassen hatte. Bei diesen fünf namentlich genau bezeichneten Entleihunternehmen habe es sich um Betriebe gehandelt, die dem Baugewerbe zuzuordnen seien. Weitere Angaben zu den Tätigkeiten der gewerblichen Entleiher teilt das angefochtene Urteil allerdings nicht mit.
Nach Auffassung des Amtsgerichts habe der Betroffene damit gegen die Vorschrift des § 1 b AÜG (Arbeitnehmerüberlassungsgesetz) verstoßen, weil er unzulässigerweise Arbeitnehmer in Betriebe des Baugewerbes gewerblich überlassen habe für Arbeiten, die üblicherweise von Arbeitern verrichtet werden.
Die Ausführungen im angefochtenen Urteil halten allerdings rechtlicher Überprüfung nicht stand. Zu Recht weisen der Rechtsbeschwerdeführer und die Generalstaatsanwaltschaft Dresden in ihrer Zuschrift vom 22. Januar 2003 darauf hin, dass der Begriff "Betrieb des Baugewerbes" in § 1 b AÜG nach obergerichtlicher Rechtsprechung und Schrifttum einschränkend auszulegen ist.
Die Vorschrift gilt nur für Betriebe, wie sie in § 1 der auf Grundlage von § 76 Abs. 2 AFG a.F. (heute § 216 Abs. 2 SGB III) ergangenen Baubetriebe-Verordnung - BaubetrV - vom 28. Oktober 1980 aufgeführt sind (sogenanntes Bauhauptgewerbe) , nicht hingegen für Betriebe im Sinne des Negativkatalogs nach § 2 dieser Verordnung (OLG Hamburg NJW-RR 1993, 1524, 1525; BGH NJW 2000, 1557 bis 1560; Sandmann/Marschall, AÜG Stand Mai 1998, Artikel 1 § 1 b Anm. 8; jeweils m.w.N.).
Den Gründen des angefochtenen Urteils ist nicht zu entnehmen, ob sich der Tatrichter der Notwendigkeit einer Unterscheidung zwischen Bauhaupt- und Baunebengewerbe bewusst war. Hiergegen spricht seine Mitteilung (UA S. 5, Nr. 3.), dass ein namentlich unbekannter Leiharbeitnehmer von dem Entleihunternehmen B bei Fußbodenlegearbeiten eingesetzt worden sei. Insoweit könnte § 2 Nr. 4 BaubetrV als Gesichtspunkt des Negativkatalogs berührt sein, wenn der gewerbliche Entleiher diesem Baunebengewerbe (als Fußboden-und Parkettlegerei) zuzurechnen ist. Eine Qualifizierung der entleihenden Betriebe als Bauhaupt- bzw. Baunebengewerbe allein anhand der jeweiligen Unternehmensnamen ist indes nicht möglich.
Aufgrund der aufgezeigten Lücke hat das angefochtene Urteil keinen Bestand. Es wird insgesamt aufgehoben und die Sache an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts Chemnitz zurückverwiesen, § 79 Abs. 6 OWiG. Die Kostenbeschwerde ist damit erledigt.
Ende der Entscheidung
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