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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Urteil verkündet am 13.09.2001
Aktenzeichen: U 1693/01
Rechtsgebiete: EnWG, GWB, ZPO


Vorschriften:

EnWG § 3
EnWG § 6
EnWG § 3 Abs. 2
EnWG § 6 Abs. 1
EnWG § 6 Abs. 1 S. 1
GWB § 20 Abs. 1
GWB § 19 Abs. 4 Nr. 4
ZPO § 711
ZPO § 713
ZPO § 139
ZPO § 938 Abs. 1
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 546 Abs. 2
ZPO § 519 Abs. 3 Nr. 1
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
1. Wird von einem Netzbetreiber die Verbändevereinbarung II praktiziert, so ist dieser Umstand wesentlich für die Reichweite des Anspruchs auf Netzzugang nach § 6 Abs. 1 EnWG.

2. Ohne sachlich gerechtfertigte Gründe darf ein solcher Netzbetreiber einen Durchleitungspetenten nicht auf eine Durchleitung nach der Verbändevereinbarung I verweisen.

3. Die Forderung nach dem Abschluss von Netznutzungsverträgen zwischen Netzbetreiber und Endkunden des Durchleitungspetenten verstösst gegen das Diskriminierungsverbot.

4. Ein Verfügungsgrund entfällt nicht deshalb, weil die Versorgung der Endkunden über eine sog. Beistellung erfolgt.


Oberlandesgericht Dresden Im Namen des Volkes! URTEIL

Aktenzeichen: U 1693/01 Kart

verkündet am 13.09.2001

In dem Rechtsstreit

hat das Oberlandesgericht Dresden - Kartellsenat - aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13.09. 2001 durch Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Werber, Richter am Oberlandesgericht Dr. Kazele und Richter am Amtsgericht Alberts

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Leipzig, 2. Kammer für Handelssachen, vom 08.06. 2001 (Az.: 02 HKO 3151/01) abgeändert.

Der Beklagten wird im Wege der einstweiligen Verfügung geboten, der Klägerin die Durchleitung elektrischer Energie vom Einspeiseknoten der Beklagten von dem vorgelagerten Verteilnetz bis zu den aus der Anlage AS 1 ersichtlichen Abnahmestellen auf der Basis von der Klägerin aufgegebener Arbeitswerte (kWh) und entsprechend berechneter Fahrpläne zu gestatten, indem die Beklagte die aus der Anlage AS 1 ermittelbare Leistung und Arbeit von ihrem eigenen Bedarf abgrenzt und indem sie diese Menge auf Rechnung der Klägerin beim vorgelagerten Netzbetreiber (E-AG) abruft und diesen wiederum (auf der Grundlage der mit diesem praktizierten Verbändevereinbarung II) veranlasst, die Energie bei der V-AG abzurufen.

Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorgenannten Verpflichtungen ein Ordnungsgeld bis zu 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollstrecken jeweils an den Geschäftsführern der Beklagten, angedroht.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer der Beklagten wird auf 100.000 DM festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt den Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit welcher der Beklagten geboten werden soll, die Durchleitung elektrischer Energie durch deren Netz zu gestatten.

Die Klägerin ist ein Energieversorgungsunternehmen, das über die Genehmigung zur Versorgung mit elektrischer Energie nach § 3 EnWG verfügt.

Die Beklagte ist Betreiberin des Versorgungsnetzes in Pirna und tritt dort auch als Lieferant von elektrischer Energie auf. Ihr Marktanteil bei Haushaltskunden in diesem Netz beträgt rund 98%.

Nachdem die Klägerin mit Kunden im Bereich des von der Beklagten betriebenen Versorgungsnetzes Verträge über die Lieferung elektrischer Energie geschlossen hatte, wandte sie sich an die Beklagte, um mit dieser einen Netznutzungsvertrag zu schliessen.

Der Abschluss eines Vertrages über die Modalitäten der Durchleitung scheitertete daran, dass die Beklagte auf der Grundlage der Verbändevereinbarung II den Abschluss von Netznutzungsverträgen mit den einzelnen Kunden forderte. Wegen der Einzelheiten des geführten Schriftverkehrs wird auf den Inhalt der Schreiben vom 21.03. 2001 (Anlage AS 2 = Bl. 15f. d. A.) und vom 22.03. 2001 (Anlage AS 3 = Bl. 17f. d. A.) Bezug genommen. Mit Schreiben vom 04.04. 2001 (Anlage AS 4 = Bl. 19f. d. A.) wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass eine Durchleitung nur in vollständiger Umsetzung der Verbändevereinbarung II oder aber auf der Grundlage von § 6 EnWG in Betracht komme. Eine Kombination der jeweils günstigsten Teile aus beiden Varianten sei rechtlich nicht durchsetzbar.

Die Klägerin hat den Standpunkt eingenommen, dass die Forderung der Beklagten nach Abschluss von Netznutzungsverträgen mit den Kunden kartellrechtswidrig sei. Zum anderen verstießen derartige Verträge auch gegen das AGBG. Die Beklagte habe ihr vielmehr die Netznutzung zu den Bedingungen der Verbändevereinbarung II zu gestatten, ohne jedoch auf dem Abschluss von Netznutzungsverträgen mit den Kunden bestehen zu können. Der Durchleitungsanspruch nach § 6 EnWG habe sich wegen des Gebots der Diskriminierungsfreiheit auf einen solchen nach den Prinzipien der Verbändevereinbarung II verdichtet. Die Verbändevereinbarung II habe sich in der Praxis etabliert, wobei die für die praktikable Versorgung im Massengeschäft nicht geeignete Einzeltransaktion der Durchleitung nach dem "Röhrenprinzip" (Verbändevereinbarung I) branchenüblich durch ein "Seeprinzip" ersetzt worden sei, bei dem lediglich das Gesamtgleichgewicht durch die Abstimmung von Ein- und Ausspeisungen gehalten werde. Mit der Verbändevereinbarung II sei insbesondere für den Netznutzer die Möglichkeit verbunden, Bilanzkreise zu bilden und damit die aus der fehlenden Planbarkeit des Verbraucherverhaltens bedingten Abweichungen zwischen Ein- und Ausspeisungen auf ein finanziell erträgliches Maß zu saldieren. Ferner biete dies den Vorteil, dass der Netzbetreiber mit seinen Durchleitungsentgelten die übergewälzten Entgelte der vorgelagerten Ebenen abrechne und dem Netznutzer einen Gesamteintritt in das Verbundnetz verschaffe. Die Verbändevereinbarung II werde auch durchgehend praktiziert. Es gebe keinen einzigen Haushaltskunden, der noch nach der Verbändevereinbarung I beliefert werde.

Die Klägerin hat - nachdem sie ihren ursprünglichen Antrag im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht ergänzt hat - beantragt,

der Beklagten im Wege der einstweiligen Verfügung zu gebieten, der Klägerin die Durchleitung elektrischer Energie vom Einspeiseknoten der Beklagten von dem vorgelagerten Verteilnetz bis zu den aus der Anlage AS 1 ersichtlichen Abnahmestellen auf der Basis von der Klägerin aufgegebener Arbeitswerte (kWh) und entsprechend berechneter Fahrpläne zu gestatten, indem die Beklagte die aus der Anlage AS 1 ermittelbare Leistung und Arbeit von ihrem eigenen Bedarf abgrenzt und indem sie diese Menge auf Rechnung der Klägerin beim vorgelagerten Netzbetreiber (E-AG) abruft und diesen wiederum (auf der Grundlage der mit diesem praktizierten VV II) veranlasst, die Energie bei der V-AG abzurufen,

der Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorgenannten Verpflichtungen ein Ordnungsgeld bis zu 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollstrecken jeweils an den Geschäftsführern der Beklagten, anzudrohen.

Die Beklagte hat beantragt,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Sie hat den Antrag für unzulässig gehalten, da es an einem Rechtsschutzbedürfnis fehle. Sie sei bereit, die Durchleitung nach den gesetzlichen Vorgaben des § 6 EnWG zu gewähren. Dies habe sie auch vorprozessual mehrmals angeboten.

Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung als unzulässig abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Antrag sei nicht hinreichend bestimmt.

Gegen das am 18.06. 2001 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 11.07. 2001 Berufung eingelegt und diese am 25.07. 2001 begründet

Sie ist zunächst der Ansicht, das Landgericht sei seinen Hinweispflichten im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht in hinreichendem Maße nachgekommen und habe auf eine bestimmte Antragstellung hinwirken müssen, zumal auch die Regelung des § 938 Abs. 1 ZPO zu berücksichtigen gewesen sei. Im Übrigen stünden die Anforderungen an die inhaltliche Bestimmtheit des Antrages im Widerspruch zu der Rechtsprechung des Senats. Die diesbezüglichen Ausführungen des Landgerichts seien zudem teilweise unverständlich und unzutreffend. In der Sache sei dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu entsprechen. Die von der Beklagten erklärte Durchleitungsbereitschaft sei rein deklaratorischer Art. Einen Unterschied zwischen der Durchleitungsmodalität nach § 6 EnWG und dem verfolgten Anspruch gebe es nicht. Eine Durchleitung auf der Grundlage der Verbändevereinbarung I gebe es nicht mehr, weil diese für die Belieferung von Haushaltskunden nicht praktikabel sei. Man sei bereit die Verbändevereinbarung II und den von der Beklagten vorgelegten Vertragsentwurf bis auf den Umstand, dass ein Netznutzungsvertrag mit Kunden geschlossen werden solle, zu akzeptieren. Die Forderung nach dem Abschluss eines Netznutzungsvertrages mit den Kunden sei auch vom Bundeskartellamt wie auch von Landeskartellbehörden bean-standet worden. Er sei zur Umsetzung der Verbändevereinbarung II nicht notwendig und behindere sie bedingt durch die Unüberschaubarkeit der Vertragswerke für die Kunden im Wettbewerb. Soweit ihr die Beklagte das Recht einräumen wolle, die Durchleitung von einem konkreten Einspeisepunkt zu einem konkreten Ausspeisepunkt vorzunehmen, sei darauf hinzuweisen, dass derartige Einzeltransaktionen für das Massengeschäft wegen des damit verbundenen Aufwandes nicht rentabel seien. Abgesehen davon, dass Großhändler und Stromproduzenten bei Haushaltskunden nicht bereit seien, bezogen auf einzelne Abnahmestellen den Produktionsort oder die Herkunft der entsprechenden Mengen bekanntzugeben, verschliesse eine derartige Verfahrensweise ihr die Möglichkeit einer Bilanzierung und Saldierung des Verbrauchs einer größeren Anzahl von Kunden im Netz der Beklagten. Vielmehr müssten dann für jeden einzelnen Kunden und jede einzelne Transaktion Mehr- oder Minderkosten ausgeglichen werden, was zu nicht unerheblichen finanziellen Nachteilen führe. Soweit gegenwärtig eine Versorgung ihrer Kunden im Netz der Beklagten erfolge, könne sich die Beklagte auch nicht auf den Kooperationsvertrag vom 24.05./31.05. 2000 berufen. Dieser sei im beiderseitigen Einvernehmen aufgelöst worden. Die weiter praktizierte Beistellungslösung lasse ein Rechtsschutzbedürfnis für die begehrte einstweilige Verfügung nicht entfallen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Leipzig, 2. Kammer für Handelssachen, vom 08.06. 2001 (Az.: 02 HKO 3151/01) abzuändern und der Beklagten im Wege der einstweiligen Verfügung zugebieten, der Klägerin die Durchleitung elektrischer Energie vom Einspeiseknoten der Beklagten von dem vorgelagerten Verteilnetz bis zu den aus der Anlage AS 1 ersichtlichen Abnahmestellen auf der Basis von der Klägerin aufgegebener Arbeitswerte (kWh) und entsprechend berechneter Fahrpläne zu gestatten, indem die Beklagte die aus der Anlage AS 1 ermittelbare Leistung und Arbeit von ihrem eigenen Bedarf abgrenzt und indem sie diese Menge auf Rechnung der Klägerin beim vorgelagerten Netzbetreiber (E-AG) abruft und diesen wiederum (auf der Grundlage der mit diesem praktizierten VV II) veranlasst, die Energie bei der V-AG abzurufen,

hilfsweise,

das Urteil des Landgerichts Leipzig, 2. Kammer für Handelssachen, vom 08.06. 2001 (Az.: 02 HKO 3151/01) abzuändern und der Beklagten im Wege der einstweiligen Verfügung zugebieten, der Klägerin die Durchleitung elektrischer Energie vom Einspeiseknoten der Beklagten von dem vorgelagerten Verteilnetz bis zu den aus der Anlage AS 1 ersichtlichen Abnahmestellen auf der Basis von der Klägerin aufgegebener Arbeitswerte (kWh) und entsprechend berechneter Fahrpläne zu gestatten, indem die Beklagte die aus der Anlage AS 1 von der Klägerin nach dem DVG-Musterfahrplan und den VDE-Lastprofilen von der Klägerin errechneten Summenfahrplan bei dem vorgelagerten Netzbetreiber (E-AG) als für die Klägerin bezogen abruft und diese auffordert, hinsichtlich vorstehenden Fahrplanes nach dem für die Abwicklung von Durchleitungen nach der Verbändevereinbarung II gehandhabten Verfahren vorzugehen einschließlich Vornahme der Kostenwälzung,

der Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorgenannten Verpflichtungen ein Ordnungsgeld bis zu 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollstrecken jeweils an den Geschäftsführern der Beklagten, anzudrohen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, die Berufung sei bereits unzulässig, da in der Berufungsbegründung kein Antrag enthalten und auch nicht klar sei, ob die Klägerin den ursprünglich in der Antragsschrift formulierten oder den in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht modifizierten Antrag verfolgen wolle. Der modifizierte Antrag weise keinen vollstreckungsfähigen Inhalt auf. Zudem sei sie jederzeit bereit, der Klägerin das Recht auf Durchleitung nach § 6 EnWG einzuräumen, so dass es an einem Verfügungsgrund fehle. Auch stelle die Klägerin den Kunden tatsächliche Strom zur Verfügung. Die diesbezügliche Versorgung erfolge auch derzeit noch auf der Grundlage eines Kooperationsvertrages vom 24.05./31.05. 2000. Überdies fehle es an einem Verfügungsanspruch. Die Verbändevereinbarung II sei kein zwingendes Recht. Dieses setze sie im Wege der Privatautonomie nur vollständig um.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet.

I.

Die Berufung ist zunächst zulässig, insbesondere ist den Voraussetzungen des § 519 Abs. 3 Nr. 1 ZPO genügt. Einer ausdrücklichen Formulierung und textlichen Absonderung bedürfen die Berufungsanträge nicht. Ausreichend ist vielmehr, dass aus der Berufungs- und der Begründungsschrift der Umfang und das Ziel des Rechtsmittels, nötigenfalls durch Auslegung, bestimmt zu entnehmen ist (Thomas/Putzo, ZPO, 22. Aufl., § 519 Rn. 17 m. w. Nw.). So liegt der Fall hier. Aus dem Inhalt der Berufungsbegründung ergibt sich, dass die Klägerin ihr erstinstanzlich in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht formuliertes Klageziel in vollem Umfang weiterverfolgt. Abgesehen davon, dass mangels entgegenstehender Anhaltspunkte ohnehin davon ausgegangen werden kann, dass der Berufungskläger seinen Antrag erster Instanz weiterverfolgt (BGH, FamRZ 1993, 1192), ist gerade aus dem letzten Absatz der Berufungsbegründung mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, dass die Klägerin die Umsetzung der Verbändevereinbarung II ohne das von der Beklagten aufgestellte Erfordernis des Abschlusses eines Netznutzungsvertrages mit dem Kunden begehrt. Daraus ergibt sich aber unmittelbar, dass der in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht modifizierte Antrag, der gerade vor diesem Hintergrund entsprechend formuliert wurde, wie aus dem erstinstanzlichen Schriftsatz der Klägerin vom 17.05. 2001 hervorgeht, weiterverfolgt werden soll.

II.

Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg.

1. Zunächst durfte das Landgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht mit der Begründung zurückweisen, dass dieser nicht hinreichend bestimmt i. S. des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist.

a) Zum einen liegt in diesem Zusammenhang ein krasser Verstoß gegen die Hinweispflichten nach § 139 ZPO vor. Aus dem Protokoll über die mündliche Verhandlung geht nicht hervor, dass das Landgericht auf die fehlende Bestimmtheit der Anträge hingewiesen hat. Die Klägerin hat dies im Rahmen der Berufungsbegründung wie auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat in Abrede gestellt, ohne dass die Beklagte insoweit eine abweichende Darstellung von dem Verlauf der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht gegeben hat. Vor dem Hintergrund des Senatsurteils vom 08.02. 2001 (Az.: 2987/00 Kart, RdE 2001, 144ff.) aber durfte die Klägerin von einer hinreichend bestimmten Antragsstellung ausgehen, dies umso mehr als auch die Beklagte erstinstanzlich eine fehlende Bestimmtheit des Klageantrages nicht gerügt hat. Sofern das Landgericht abweichend von der ständigen Rechtsprechung des Senats höhere Anforderungen an die Bestimmtheit des Klageantrages stellen wollte, hätte es die Klägerin spätestens im Rahmen des Termins zur mündlichen Verhandlung in klarer und eindeutiger Weise hierauf hinweisen und auch konkret angeben müssen, welche Angaben es für notwendig hält.

b) Zum anderen weist der Klageantrag einen hinreichend vollstreckungsfähigen Inhalt auf. Er orientiert sich an den Vorgaben des angeführten Senatsurteils wie auch an den allgemein anerkannten Grundsätzen in Rechtsprechung und Literatur. In technischer Hinsicht setzt die Durchleitung die Aufrechterhaltung eines stabilen Netzzustandes voraus, wofür umfangreiche Leistungen des Netzbetreibers im Netzbetrieb erforderlich sind. Deren Beschreibung aber ist dem Durchleitungspetenten schon wegen der ihm nicht zugänglichen Sphäre des Netzbetreibers nicht möglich. Unter Berücksichtigung dieses Hintergrundes wird eine nähere Umschreibung der vorzunehmenden Handlungen nicht bei zwingend beizustellenden Systemdienstleistungen, sondern lediglich bei übrigen Systemdienstleistungen, die entweder selbst zu erbringen, von Dritten beistellen zu lassen oder dem Netzbetreiber zu vergüten sind, als erforderlich angesehen (Ungemach/Weber, RdE 1999, 131ff., 133 m. w. Nw.). Mit dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht ergänzend aufgenommenen Teil, nämlich dem Gebot des Abrufs elektrischer Energie in vorgelagerten Netzen, aber hat die Klägerin gerade die über die Erbringung der notwendigen Systemdienstleistungen hinaus begehrte Handlung in einem hinreichenden Maße beschrieben.

2. Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten auch der geltend gemachte Verfügungsanspruch auf der Grundlage des § 6 Abs. 1 S. 1 EnWG zu.

a) Nach dieser Vorschrift hat die Beklagte ihr Versorgungsnetz für Durchleitungen zu Bedingungen zur Verfügung stellen, die nicht ungünstiger sind, als sie von ihr in vergleichbaren Fällen für Leistungen innerhalb ihres Unternehmens oder gegenüber verbundenen oder assoziierten Unternehmen tatsächlich oder kalkulatorisch in Rechnung gestellt werden. Der Netzbetreiber hat danach sein Netz zu den üblichen Bedingungen zur Verfügung zu stellen und darf den Durchleitungspetenten nicht willkürlich auf andere Bedingungen verweisen. Dies gilt gerade auch in Bezug auf die Umsetzung der Verbändevereinbarung II. Der gesetzliche Durchleitungsanspruch besteht zwar losgelöst von den Verbändevereinbarungen (Senatsurteil v. 08.02. 2001 - U 2978/00 Kart = RdE 2001, 144ff., 146). Daraus kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass der Netzbetreiber im Rahmen der Gewährung der Durchleitung insoweit keinen Bindungen unterliegt. Da § 6 Abs. 1 S. 1 EnWG ebenso wie § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB das insoweit zu beachtende Diskriminierungsverbot hervorhebt, kann der gesetzliche Durchleitungsanspruch nicht losgelöst von den allgemein praktizierten Abrechnungsmodalitäten, sondern muss im Spiegel des herrschenden Standards betrachtet werden. Wird aber auf dem Strommarkt nahezu durchgehend die Verbändevereinbarung II praktiziert, so stellen deren Abwicklungsmodalitäten die - derzeit - üblichen Bedingungen i. S. des § 6 Abs. 1 S. 1 EnWG dar. Der Netzbetreiber kann von diesen Modalitäten nur dann ohne Verstoss gegen diese Vorschrift abweichen, wenn er auf sachlich berechtigte Gründe verweisen kann. Dies ist in Bezug auf das von der Beklagten postulierte Erfordernis des Abschlusses eines Netznutzungsvertrages zwischen ihr und den Kunden der Klägerin jedoch nicht der Fall (im Ergebnis ebenso LG Kiel, Urt. v. 31.01. 2001 - 14 O Kart. 135/00, UA 5ff.; LG Dortmund, Urt. v. 07.06. 2001 - 13 O 66/01 Kart., UA 12ff.; LG Potsdam, Urt. v. 04.07. 2001 - 2 O 362/00, UA 7ff.)

b) Unabhängig von der vorstehend beschriebenen Reichweite des Durchleitungsanspruchs besteht im vorliegenden Fall auch die Besonderheit, dass die Parteien über den Inhalt eines Durchleitungsvertrages bereits weitgehend Einigkeit erzielt haben. Unstreitig scheiterte dessen Abschluss allein an der Forderung der Beklagten, dass zwischen ihr und den einzelnen Kunden Netznutzungsverträge abzuschliessen seien. Der Anspruch auf Netzzugang ist zwar nach der ganz überwiegenden Ansicht nicht von dem Abschluss eines Durchleitungsvertrages abhängig (vgl. Senatsurteil vom 08.02. 2001 - U 2978/00 Kart., RdE 2001, 144ff., 145f. m. w. Nw.). Liegt jedoch - wie im vorliegenden Fall - bereits eine weitgehende Einigung über die Einzelheiten eines solchen Durchleitungsvertrages vor und streiten sich die Parteien lediglich noch um ein Detail, so kann dieser Umstand nicht ohne Auswirkungen auf den Umfang des dem Durchleitungspetenten zustehenden Anspruchs auf Netzzugang bleiben. Ist die im Gesetz angelegte Konkretisierung der Durchleitung durch einen Vertrag bereits soweit fortgeschritten, dass es auch in diesem Zusammenhang allein um die Beurteilung der Frage geht, ob die Forderung der Beklagten nach einem Abschluss des Netznutzungsvertrages mit den Kunden selbst auf einen sachlich berechtigten Grund zurückgeht, so spricht nichts dagegen, auf den bereits vertraglich vorgezeichneten Durchleitungsanspruch abzustellen. Kann nämlich die Beklagte den Abschluss eines Durchleitungsvertrages auf der Grundlage der Verbändevereinbarung II nicht allein mit dem Hinweis auf mit den Einzelkunden zu schliessenden Netznutzungsverträgen verweigern, so ist bei einem ansonsten bestehenden - hier unstreitigen - Konsens über die sonstigen Modalitäten des Durchleitungsvertrages nicht ersichtlich, welche schutzwürdigen Interessen der Beklagten der Gewährung einer Durchleitung auf einer derartigen Grundlage bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt entgegenstehen. Eine Klage auf Zustimmung zum Abschluss des von der Beklagten selbst vorgelegten Vertragsentwurfs mit Ausnahme der Regelung über die Beibringung von Netznutzungsverträgen mit Endkunden, die durch einen unmittelbaren Vertrag mit identischen Inhalt zwischen den Parteien zu ersetzen ist, wäre - worauf nachfolgend einzugehen sein wird - begründet. Bei einer solchen Sachlage verweigert die Beklagte den von der Klägerin angebotenen Abschluss eines Durchleitungsvertrages mit einer offenkundig unzulässigen Begründung und würde dadurch bis zum Abschlusses eines Hauptsacheverfahrens, in welchem der Inhalt des zu schliessenden Vertrages und hier allein die Frage der Zulässigkeit der Forderung nach Abschluss von Netznutzungsverträgen mit den Einzelkunden zu klären wäre, Vorteile aus dem Umstand ziehen, dass sie rechtsmißbräuchlich den Abschluss eines Durchleitungsvertrages verweigert. Gerade dies ist vorliegend der Fall.

c) Die Forderung der Beklagten nach dem Abschluss von Netznutzungsverträgen zwischen ihr und den Endkunden stellt eine diskrimierende Maßnahme sowohl nach §§ 6 Abs. 1 EnWG, 19 Abs. 4 Nr. GWB wie auch nach § 20 Abs. 1 GWB dar.

aa) Die Klägerin weist in diesem Zusammenhang zunächst zutreffend darauf hin, dass keine Rechtsgrundlage für eine Forderung nach dem Abschluss von Netznutzungsverträgen mit dem einzelnen Stromkunden ersichtlich ist. § 6 Abs. 1 S. 1 EnWG ist ebenso wie § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB auf eine Netzöffnungspflicht gegenüber Unternehmen ausgerichtet. Dies geht aus dem Wortlaut dieser Normen unmittelbar hervor. Nach § 6 Abs. 1 S. 1 EnWG haben Netzbetreiber "anderen Unternehmen" das Versorgungsnetz zur Verfügung zu stellen. Auch § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB verwendet diese Formulierung, wobei auch das in dieser Norm weiter enthaltene Erfordernis der Angewiesenheit des anderen Unternehmens auf das Netz zur Teilnahme am Wettbewerb im vor- oder nachgelagerten Markt unterstreicht, dass es um den Netzzugang anderer Stromlieferanten geht. Neben dem Wortlaut folgt dies auch aus der ratio dieser Normen, die gerade die Öffnung der Energieversorgungsmärkte gewährleisten sollen und den dort agierenden Unternehmen den Zugang zu den einzelnen Versorgungsnetzen sichern wollen. Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Regelungen findet sich daher keine Grundlage für den Abschluss von Netznutzungsverträgen mit privaten Konsumenten.

bb) Auch ist kein sachlich zwingender Grund für den Abschluss von Netznutzungsverträgen mit den einzelnen Stromkunden ersichtlich. Unter lfd. Nr. 1.1 der Verbändevereinbarung II ist der Abschluss von Netzanschlussverträgen und Netznutzungsverträgen mit jedem Einzelkunden vorgesehen, jedoch auch lediglich als Regelfall und keineswegs als zwingendes Erfordernis. Das insoweit zur Begründung angeführte Transparenzgebot erfordert indessen einen Abschluss von Netznutzungsverträgen nicht. Die Transparenz der Kosten kann für den Stromkunden ohne weiteres auch dadurch herbeigeführt werden, dass eine Aufschlüsselung der Kosten im Liefervertrag erfolgt (Markert, BB 01, 105ff., 109 FN 22). Auch andere Gründe tragen die Notwendigkeit des Abschlusses eines Netznutzungsvertrages mit dem jeweiligen Einzelkunden nicht. Die für den Netzbetrieb erforderlichen Angaben über Kunden kann auch der neue Lieferant zur Verfügung stellen. Ebenso lassen sich Haftungsfragen zwischen dem Lieferanten und dem Netzbetreiber in einer die Interessen des Netzbetreibers wahrenden Weise regeln (Markert, BB 01, 105ff., 109).

cc) Demgegenüber hindert die Forderung des Netzbetreibers auf Abschluss von Netznutzungsverträgen mit dem Endverbraucher das Energieversorgungsunternehmen daran, seinen Kunden ein vollständiges Angebot zu unterbreiten. Ausgehend von dem Standpunkt der Beklagten hätte der Kunde neben einen Netzanschlussvertrag auch einen Netznutzungsvertrag mit ihr abzuschliessen. Hinzu träte der Liefervertrag, den die Klägerin mit ihrem Kunden zu schliessen hätte. Die Klägerin wäre mithin die Belieferung von Kunden, die aus welchen Gründen auch immer einen derartigen Vertrag nicht abschliessen wollen, verwehrt, während die Beklagte als Netzbetreiber einen derartigen "all inclusive"-Vertrag ihren Kunden im Netz ohne weiteres anbieten kann. Abgesehen davon, dass die durchaus als komplex zu bezeichnende, von der Beklagten geforderte vertragliche Gestaltung an sich schon geeignet sein kann, Kunden von dem Abschluss derartiger Verträge abzuhalten, ist jedenfalls bedingt durch die beschriebene unterschiedliche Ausgangssituation von Netzbetreiber und Wettbewerber bezüglich der Möglichkeit des Abschlusses eines sog. "all inclusive"-Vertrages eine wettbewerbsdämpfende Wirkungsweise festzustellen.

dd) Die Verweisung des anderen Energielieferanten durch den Netzbetreiber auf die Verbändevereinbarung I für den Fall, dass Netznutzungsverträge mit den Kunden nicht geschlossen werden sollen, stellt vor diesem Hintergrund eine unberechtigte Zugangsverweigerung und eine nach § 20 Abs. 1 GWG unzulässige Diskriminierung dar (Markert, BB 2001, 105ff., 108; Bericht der Arbeitsgruppe Netznutzung Strom der Kartellbehörden des Bundes und der Länder vom 19.04. 2001, S. 52ff. - abrufbar unter www.bundeskartellamt.de; Schreiben des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg vom 14.05. 2001 = Anlage AS 7 = Bl. 97f. d. A.). Hier wird der Durchleitungspetent ohne zwingende Gründe auf ein für das Massengeschäft unpraktikables Verfahren mit entsprechenden finanziellen Nachteilen verwiesen.

d) Der Umfang des Anspruchs nach § 6 Abs. 1 S. 1 EnWG geht im vorliegenden Fall auch auf den Abruf der benötigten Mengen bein den vorgelagerten Netzbetreibern.

aa) Der Durchleitungsanspruch beinhaltet zunächst die Verpflichtung des Netzbetreibers zur Herstellung der technischen Voraussetzungen für eine Durchleitung. Insoweit zielt er auf die Vornahme von unvertretbaren Handlungen, die zur Aufrechterhaltung eines stabilen Netzzustandes und damit zur Versorgung der Kunden erforderlich sind (vgl. Ungemach/Weber, RdE 1999, 131ff., 133).

bb) Darüberhinaus geht er auch darauf, den Durchleitungspetenten die benötigten Abrechnungsgrundlagen zur Verfügung zu stellen (Senatsurteil v. 08.02. 2001 - U 2978/00 Kart, RdE 2001, 144ff., 146; Büdenbender, RdE 2001, 149ff., 151) sowie auf die Vornahme von Maßnahmen, die die Einspeisung der benötigten elektrischen Energie in das Netz des Betreibers erst ermöglichen. Dies betrifft auch den Abruf der erforderlichen Energiemenge im vorgelagerten Netz auf Rechnung des Durchleitungspetenten sowie die Veranlassung des Abrufs der entsprechenden Energiemenge durch den vorgelagerten Netzbetreiber beim Stromerzeuger. Diese Handlungen sind vom Netzbetreiber bei Anwendung der Verbändevereinbarung II vorzunehmen und betreffen im Übrigen keineswegs die Durchleitung durch vorgelagerte Netze, sondern gewährleisten vielmehr die Einspeisung von elektrischer Energie in das Netz der Beklagten, ohne die eine Durchleitung schon begrifflich nicht möglich ist. Sie stehen in einem untrennbaren Zusammenhang mit der Abgrenzung der benötigten Energiemenge von dem Bedarf der Beklagten. Die Klägerin ist daher auf die Vornahme entsprechender Handlungen durch die Beklagte zum Zwecke der Realisierung der Einspeisung angewiesen, die gerade für die Umsetzung der Durchleitung auf der Grundlage der Verbändevereinbarung II, die die Beklagte unstreitig praktiziert, unumgänglich ist.

3. Auch ist der für den Erlass einer einstweiligen Verfügung erforderliche Verfügungsgrund (§ 940 ZPO) gegeben. Der Gläubiger muss bei einer Leistungsverfügung, die auf eine vorläufige und teilweise Befriedigung gerichtet ist, auf die sofortige Erfüllung seines Anspruches so dringend angewiesen sein, dass ihm andernfalls wirtschaftliche Nachteile drohen und ihm deshalb eine mit der Hauptsacheklage einhergehende Verzögerung der Durchsetzung des Anspruchs oder eine Verweisung auf die spätere Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nach Wegfall des ursprünglichen Erfüllungsanspruches nicht zuzumuten ist, wobei an das Vorliegen dieser Voraussetzungen strenge Anforderungen zu stellen sind (Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn. 1616ff.; Ungemach/Weber, RdE 1999, 131ff., 135f. jeweils m. w. Nw.). Die Klägerin hat die ihr durch die Verweigerung der Durchleitung entstehenden Umsatzausfälle und die davon ausgehenden finanziell nachteiligen Folgen bezogen auf ihren Gesamtumsatz und ihre wirtschaftliche Lage zwar nicht konkret dargelegt. Einer Notlage oder Existenzgefährdung bedarf es jedoch nicht in jedem Fall. Ausreichend ist auch, wenn die Sicherungsverfügung zur Vermeidung eines unverhältnismäßigen Vermögensnachteils oder zur Abwendung eines endgültigen Rechtsverlustes erforderlich ist (Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn. 1617f.). Dies ist vorliegend der Fall, da mit der Verweigerung der Durchleitung die Marktchancen der Klägerin in dem Netzgebiet der Beklagten erheblich beeinträchtigt werden.

a) Gerade bei der Aufnahme einer Kundenbeziehung ist die ordnungsgemäße Erfüllung der neu eingegangenen Vertragsbeziehung von maßgeblicher Bedeutung. Kann die Klägerin ihre Verträge mit den neu gewonnenen Kunden nicht erfüllen, so hat dies nicht nur in Bezug auf diesen, sondern auch auf potentielle zukünftige Kunden nachteiligen Einfluss. Diese werden sich kaum auf einen - bezogen auf die Abwicklung - risikobehafteten Vertrag einlassen. Hinzu kommt, dass die von der Klägerin geschlossenen Lieferverträge auch nicht mehr im nachhinein erfüllbar sind und ihr damit insoweit ein endgültiger Rechtsverlust droht. Insoweit würde auch die gerade durch die Gesetzesänderung gewollte Durchsetzungsmöglichkeit der Durchleitung, die als Regel zu verstehen ist, unterlaufen (vgl. auch Ungemach/Weber, RdE 1999, 131ff., 136 sub b., 137 sub e.; Giermann, RdE 2000, 222ff., 227; LG Hamburg, RdE 2000, 231f., 231).

b) Die Beklagte kann in diesem Zusammenhang auch nicht mit Erfolg darauf verweisen, dass die Versorgung der Kunden gegenwärtig auf der Grundlage einer Beistellungslösung erfolgt. Zwar ist zutreffend, dass bei einer derartigen Belieferung die Kunden von den Streitigkeiten der Parteien nicht unmittelbar betroffen werden. Auf dieser Ebene erschöpft sich die Problematik jedoch nicht. Die Betrachtung allein der Beziehung zwischen der Klägerin und ihren Kunden im Netzgebiet der Beklagten blendet in unzulässiger Weise die bei der Beistellung zwischen der Klägerin und der Beklagten bestehende Beziehung und die von ihr ausgehenden Wirkungen aus. Bei der sog. Beistellung ist die Klägerin verpflichtet, den Strom von der Beklagten zu beziehen. Sie trifft also insoweit gegenüber der Beklagten eine Abnahmeverpflichtung, während es ihr verwehrt ist, ihren für die Belieferung ihrer Kunden notwendigen Bedarf anderweitig außerhalb des Netzes der Beklagten zu befriedigen. Tatsächlich erfolgt daher bei der sog. Beistellung keine Durchleitung, sondern lediglich eine Versorgung der Endkunden über die Klägerin, die ihrerseits die insoweit benötigte Energiemenge der Beklagten vergüten muss. Der Beklagten ist es auf diese Weise möglich, ihren Strom auch weiterhin in bisherigen Umfang abzusetzen und ihren Markt abzuschotten. Gerade dies aber widerspricht in evidentem Maße der angeführten gesetzgeberischen Zielsetzung, nämlich der Herstellung eines funktionierenden Wettbewerbs gerade im Hinblick auf die Bezugsquellen. Berücksichtigt man weiterhin, dass die Klägerin nach § 3 Abs. 2 des von der Beklagten im Rahmen des Termins zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgelegten Kooperationsvertrages der Beklagten den bisherigen Preis an der Abnahmestelle zu vergüten hat, so ist auch offensichtlich, dass die Klägerin durch die Beistelllösung irreparable finanzielle Beeinträchtigungen erleidet. Sie selbst kann Kunden in aller Regel zum Abschluss eines Stromliefervertrages nur mit dem Hinweis auf günstigere Preise bewegen. Hat sie aber im Rahmen der Beistellung den bisher vom Kunden entrichteten höheren Preis an die Beklagte zu zahlen, so ist - da ihr die Deckung des erforderlichen Bedarfs durch günstigere Bezugsquellen verwehrt ist - der Eintritt von Verlusten die zwangsläufige Folge. Gerade das Abwarten eines Hauptsacheverfahrens intensiviert die eintretenden Verluste, die gerade auch bei Unternehmen, die wie die Beklagte neu am Markt tätig sind, besonders gravierende Folgen zeitigen, jedenfalls aber in einem erheblichem Maße deren Aktionsspielraum und damit den Wettbewerb behindern können. Im vorliegenden Fall tritt hinzu, dass die Parteien überdies vorprozessual übereinstimmend von einer Beendigung des Kooperationsvertrages zum 31.12. 2000 ausgegangen sind. Der Umstand, dass die Klägerin notgedrungen die ihr von der Beklagten nach wie vor in Rechnung gestellten Energiemengen bezahlt, um ihre Kunden nicht in die Streitigkeiten einzubeziehen, ist vor dem aufgezeigten Hintergrund nicht geeignet, das Vorliegen eines Verfügungsgrundes in Abrede zu stellen.

c) Ebensowenig kann ein Verfügungsgrund mit der Begründung verneint werden, dass die Beklagte eine Durchleitung auf der Grundlage der Verbändevereinbarung I gewähren will. Nach den obigen Ausführungen erfüllt die Beklagte damit gerade nicht die ihr obliegende Pflicht zur Gewährung des Netzzuganges. Im Hinblick auf die Schwierigkeiten der praktischen Umsetzung einer solchen Durchleitungsform und der damit zwangsläufig einhergehenden finanziellen Nachteile kann die Klägerin auf eine derartige, sie diskriminierende und sie im Wettbewerb behindernde Durchleitungsleitungsform bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Hauptsache nicht verwiesen werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Festsetzung des Wertes der Beschwer beruht auf § 546 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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