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Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Beschluss verkündet am 23.05.2001
Aktenzeichen: WLw 1627/00
Rechtsgebiete: LwAnpG, BGB, AGBGB, AGBG, LwVG, KostO


Vorschriften:

LwAnpG § 36
LwAnpG § 44
LwAnpG § 28 Abs. 2
LwAnpG § 44 Abs. 1
LwAnpG § 37 Abs. 2 Satz 1
LwAnpG § 28 Abs. 2
LwAnpG § 37 Abs. 2
LwAnpG § 65 Abs. 2
LwAnpG § 26 Abs. 1 Nr. 5
BGB § 138 Abs. 1
AGBGB § 9
AGBGB § 1
AGBG § 9 Abs. 2
LwVG § 22 Abs. 1
LwVG § 45 Abs. 1 Satz 2
LwVG § 33
LwVG § 24 Abs. 1 Satz 1
KostO § 30 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Dresden Beschluss

Aktenzeichen: WLw 1627/00 XV 016/00 AG Oschatz

des Landwirtschaftssenats

vom 23.05.2001

In der Landwirtschaftssache

wegen Forderung

hat der Landwirtschaftssenat des Oberlandesgerichts Dresden ohne mündliche Verhandlung durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht

den Richter am Amtsgericht und

den Richter am Landgericht

als beisitzende Richter und

die ehrenamtlichen Richter und

beschlossen:

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Oschatz vom 07.09.2000 - AZ: XV 016/00 - wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren zu tragen.

3. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 82.609,47 DM festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Der Antragsteller trat am 01.01.1977 in die LPG "F G " ein. Er brachte 25,94 ha Fläche und einen Inventarbeitrag von 12.790 Mark/DDR ein.

Die Mitglieder der LPG fassten in der Mitgliederversammlung vom 23.07.1991 den Beschluss zur Umwandlung in die Antragsgegnerin, eine eingetragene Genossenschaft. Nach dem Umwandlungsbeschluss (Anlage AG 3 = Bl. 30 ff. d.A.) wurde u.a. in der Nummer 6 beschlossen, dass alle Mitglieder, die die Beteiligung in einer Frist von 2 Monaten nach Bekanntgabe der Registrierung des umgewandelten Unternehmens im Bundesanzeiger ausschlagen sollten, eine Barabfindung in Höhe von 20 % des ermittelten Geschäftsguthabens erhalten sollten. Hierzu wurde ausgeführt, dass sich die Höhe des Abfindungsbetrages aus den gegenwärtigen Vermögenswerten des vorhandenen Grund- und Umlaufvermögens ergäbe.

Am 17.09.1991 machte der Antragsteller einen Antrag auf anteilige Abfindung geltend, dem nicht stattgegeben worden ist. Der Antragsteller erhielt eine Zahlung von 12.970 DM.

Mit Schreiben vom 17.03.1992 (AG 1 = Bl. 28 d.A.) stellte der Antragsteller einen Antrag auf Abfindung seines anteiligen Vermögens an der ehemaligen LPG in Form der 20 %igen Abfindung und kündigte zugleich seine Mitgliedschaft.

Am 18.03.1992 wurde die Eintragung der Umwandlung im Bundesanzeiger veröffentlicht.

Unter dem 16.05.1992 schlossen die Parteien eine Vereinbarung unter dem Titel "über die Zahlung einer Barabfindung gemäß § 36 LwAnpG". Im einzelnen enthielt die Vereinbarung (Bl. 66 d.A.) folgende Bestimmungen:

Unter der Nummer 1 wurde der personifizierte Anteil des Antragsteller an der Antragsgegnerin auf 129.685,62 DM beziffert.

Unter der Nummer 3 wird ausgeführt, dass die Antragsgegnerin in Übereinstimmung mit dem Beschluss der Mitgliederversammlung vom 23.07.1991 dem Mitglied eine Barabfindung als realer in Geld ausgedrückter Verkehrswert des Personifizierungsanteiles von 25.937,12 DM anbiete.

Unter Nummer 5 heißt es, dass über die in Ziffer 3 genannte Barabfindung hinaus keine weiteren Ansprüche in Bezug auf eine Vermögensauseinandersetzung bestünden.

Dieser Betrag wurde gezahlt.

Mit seinem Antrag vom 14.06.2000 begehrt der Antragsteller eine weitere Zahlung von 82.609,74 DM. Er ist der Auffassung, dass im nach § 44 LwAnpG Ansprüche in Höhe von insgesamt 121.516,86 DM zugestanden hätten. Abzüglich geleisteter Zahlungen von insgesamt 38.907,12 DM ergebe sich die im Antrag genannte Summe.

Er meint, dass ihm dieser Anspruch aus § 44 LwAnpG zustehe, da er noch vor dem Wirksamwerden der Umwandlung durch Eintragung gekündigt habe. Die Antragsgegnerin habe ihm jedenfalls auch kein ordnungsgemäßes Angebot auf Barabfindung unterbreitet, so dass er hilfsweise einen Anspruch auf Feststellung einer Barabfindung in Höhe von 121.516,86 DM geltend mache. Weiter hilfsweise mache er für den Fall, dass er Mitglied bei der Antragsgegnerin geworden sei, einen Anspruch auf bare Zuzahlung nach § 28 Abs. 2 LwAnpG geltend.

Der Antragsteller hat in erster Instanz beantragt:

die Antragsgegnerin zu verpflichten, an die Antragstellerpartei 82.609,74 DM nebst 4 % Zinsen hieraus ab Rechtshängigkeit zu zahlen,

hilfsweise

die von der Antragsgegnerin anzubietende Barabfindung auf 121.516,86 DM zu bestimmen,

hilfshilfsweise

die Antragsgegnerin zu verpflichten, an die Antragstellerpartei bare Zuzahlung in Höhe von 82.609,74 DM nebst 4 % Zinsen hieraus zu zahlen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Die Antragsgegnerin wendet ein, dass der Antragsteller eine 20%ige Abfindung selbst beantragt (AG 1 = Bl. 28 d.A.) und am 18.05.1992 eine Vereinbarung hierüber mit ihr geschlossen habe (AG 2 = Blatt 29 d.A.), mit der erklärt worden sei, dass über die bezifferte Barabfindung hinaus keine Ansprüche in Bezug auf die Vermögensauseinandersetzung bestünden.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 07.09.2000 (Bl. 42 bis 48 d.A.) den Antrag (Haupt- und Hilfsantrag) abgewiesen. Es hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass

die Vereinbarung vom 16.05.1992 bindend und nicht gem. § 138 Abs. 1 BGB wegen Verstoßes gegen die guten Sitten unwirksam sei; eine Sittenwidrigkeit liege nicht vor, da die Höhe des personifizierten Kapitalanteiles zutreffend dargelegt worden sei; der Antragsteller sei daher nicht über den Umfang eines Verzichts irregeführt worden (Hinweis auf BGH - Beschluss vom 16.06.2000 - BLw 19/99 - WM 2000, 1762 f.) der Vertrag auch nicht gegen § 9 AGBGB verstoße; die Norm sei nicht einschlägig, weil der vorformulierte Vertragstext keine AGB im Sinne des § 1 AGBGB seien, da der Text in Bezug auf die Zahlen individuell und auf Antrag des Antragstellers aufgesetzt worden sei.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit der sofortigen Beschwerde. Mit dieser macht er geltend, dass er im Wesentlichen das Nichtbestehen der Geschäftsgrundlage gerügt habe, was das Amtsgericht bei seiner rechtlichen Würdigung übergangen habe. Die Geschäftsgrundlage habe der Vereinbarung vom 16.05.1992 von Anfang an gefehlt. Sie beruhe auf dem in Bezug genommenen Beschluss der Mitgliederversammlung vom 23.07.1991 über das an die nach Umwandlung ausscheidenden Mitglieder zu machende Abfindungsangebot. Dieses sei unwirksam, da die Mitgliederversammlung nicht befugt gewesen sei, eine solche Verkürzung gesetzlicher Ansprüche aus dem LwAnpG zu beschließen.

Mit der Beschwerde hat der Antragsteller beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts gemäß seinen in erster Instanz gestellten Anträgen zu entscheiden.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

entsprechend dem erstinstanzlich gestellten Abweisungsantrag zu erkennen.

Der Senat hat im Termin die Beteiligten zum Zustandekommen der Vereinbarung über die Barabfindung angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Protokoll der Sitzung vom 27.03.2001 Bezug genommen (Bl. 71 bis 75 d.A.).

II.

Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Landwirtschaftsgerichts vom 07.09.1999 ist nach § 65 Abs. 2 Landwirtschaftsanpassungsgesetz (LwAnpG) in Verb. mit § 22 Abs. 1 LwVG zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Dem Antragsteller stehen keine gesetzlichen Ansprüche aus dem LwAnpG auf ein Abfindungsguthaben nach § 44 Abs. 1 LwAnpG, auf richterliche Bemessung eines Barabfindungsangebotes nach § 37 Abs. 2 Satz 1 LwAnpG oder auf bare Zuzahlung zu seinen Anteilen an der Beklagten nach § 28 Abs. 2 LwAnpG zu. Alle vorgenannten gesetzlichen Ansprüche sind vielmehr dadurch ausgeschlossen, dass die Beteiligten am 18.05.1992 eine vertragliche Vereinbarung über eine Barabfindung geschlossen haben, die an den Antragsteller im Hinblick auf sein Ausscheiden anläßlich der Umwandlung gezahlt werden sollte. Diese Vereinbarung ist für die Beteiligten bindend und schließt Rückgriff des Antragstellers auf die gesetzlichen Ansprüche aus.(A.)

Die Einwendungen des Antragstellers gegen die Verbindlichkeit der Vereinbarung greifen nicht durch. (B.) Die Vereinbarung verstößt nicht gegen die guten Sitten und ist daher nicht nach § 138 Abs. 1 BGB unwirksam. (B.1). Auch eine richterliche Neubestimmung der vom Antragsteller angenommenen Barabfindung wegen Wegfalles der Geschäftsgrundlage kommt nicht in Betracht (B.2).

A.

Als gesetzliche Grundlage für das Begehren des Antragstellers aus dem LwAnpG käme im vorliegenden Fall der Anspruch auf richterliche Neubemessung der Barabfindung nach § 37 Abs. 2 LwAnpG in Betracht.

Ein Anspruch auf bare Zuzahlung nach § 28 Abs. 2 LwAnpG dürfte schon deshalb ausgeschlossen sein, weil der Antragsteller nach dem übereinstimmenden Vortrag beider Parteien mit Annahme des im Umwandlungsbeschluss unterbreiteten Barabfindungsangebotes aus der Antragsgegnerin ausgeschieden ist. Das Mitglied und das Unternehmen waren sich darüber einig, dass der Antragsteller sich nicht an dem Unternehmen neuer Rechtsform beteiligte, sondern unmittelbar nach der Umwandlung gegen Annahme des Barabfindungsangebotes ausschied. Insoweit kommt auch ein Anspruch auf bare Zuzahlung zum Wert einer Beteiligung am neuen Unternehmen nicht in Betracht.

Auch der Abfindungsanspruch aus § 44 Abs. 1 LwAnpG dürfte entgegen der Ansicht des Antragstellers nach dem von den Beteiligten übereinstimmend vorgetragenen Sachverhalt ausscheiden. Zwar steht einem LPG-Mitglied der gesetzliche Anspruch nach § 44 Abs. 1 LwAnpG 1991 auch dann zu, wenn dessen Kündigungserklärung im Zeitraum zwischen dem Beschluss über die Umwandlung und deren Eintragung in das Register wirksam geworden sei. § 43 LwAnpG eröffnet dem LPG-Mitglied die Befugnis, noch im Umwandlungsverfahren bis zur Eintragung des Unternehmens neuer Rechtsform jederzeit die Mitgliedschaft zu beenden. (vgl. BGH - Beschluss vom 24.11.1993 - BLw 19/93 - BGHZ 124, 192 ff. = VIZ 1994, 190 f.). Im vorliegenden Fall wurde die Kündigung vom 17.03.1992 nach § 43 Abs. 2 LwAnpG am 17.06.1992 - mithin erst nach der Eintragung der Umwandlung und ihrer Anzeige am 18.03.1992 wirksam. Unter diesen Voraussetzungen wäre der Anspruch auf Abfindung nach § 44 Abs. 1 LwAnpG anlässlich des Ausscheidens aus der LPG wohl ausgeschlossen und der Antragsteller, der im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Umwandlung durch Eintragung in das Register noch LPG-Mitglied war, auf die Ansprüche auf Barabfindung nach §§ 36, 37 LwAnpG verwiesen.

Die Frage, auf welche gesetzliche Anspruchsgrundlage der Anspruchsteller sein Begehren stützen könnte, kann jedoch im Ergebnis dahinstehen, weil die Beteiligten am 18.05.1992 eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung über eine zu zahlende Barabfindung getroffen haben (u.a. vorgelegt als Anlage AG 2 = Bl. 29 d.A.). Eine vertragliche Vereinbarung über die anlässlich des Ausscheidens des Mitglieds aus dem Unternehmen zu leistenden Zahlungen schließt den Rückgriff auf gesetzliche Regelungen grundsätzlich aus (vgl. BGH - Beschluss vom 22.02.1994 - BLw 71/93 - NL-BzAR 1997, 277 f.). Eine solche Vereinbarung kommt auch dann zustande, wenn das Mitglied das Angebot einer Barabfindung für sein Ausscheiden im Zuge der Umwandlung annimmt. Die Beteiligten sind befugt, vertraglich über die Ansprüche zu disponieren, die ihnen gesetzlich zustehen. Mit der Vereinbarung ist eine Einigung über die Modalitäten des Ausscheidens erzielt worden, die den Rückgriff auf die gesetzlichen Ansprüche ausschließt (vgl. BGH, a.a.O.).

B.

1. Die Vereinbarung über die Höhe der Barabfindung ist nicht nach § 138 Abs. 1 BGB unwirksam.

Das Amtsgericht hat unter Bezugnahme auf die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu Abfindungsvereinbarungen unter gleichzeitigem Verzicht auf etwaige weitere Ansprüche (vgl. BGH, Beschlüsse 05.03.1999, BLw 52/99, AgrarR 1999, 248, 249 und vom 16.06.1999, BLw 19/99, WM 2000, 1762 f.) eine Unwirksamkeit der Vereinbarung aus diesem rechtlichen Gesichtspunkt verneint. Hiernach ist ein (teilweiser) Verzicht auf gesetzliche Ansprüche aus dem LwAnpG in einer Vereinbarung erst dann als sittenwidrig zu beurteilen, wenn sich dieser nach einer Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck als ein in seinem Gesamtcharakter mit den guten Sitten nicht zu vereinbarendes Geschäft darstellt (vgl. BGH, a.a.O.).

Nach diesen Kriterien ist die Sittenwidrigkeit der Vereinbarung zu verneinen. Dies gilt selbst für den Fall, dass dem Antragsteller nach seinem Vortrag gemäß § 36 Abs. 3 LwAnpG unter Berücksichtigung seiner gesetzlichen Ansprüche aus § 44 Abs. 1 LwAnpG eine um mehr als 4,5 mal höhere Barabfindung hätte angeboten werden müssen.

Die allgemeinen Kriterien für eine Feststellung der Sittenwidrigkeit aus einem groben Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung auf der Basis marktüblicher Entgelte sind auf Abfindungsvereinbarungen über gesetzliche Ansprüche aus dem LwAnpG nicht anwendbar. Die Höhe der Ansprüche nach dem LwAnpG beruht nicht auf Marktpreisen, sondern auf Festlegungen des Gesetzgebers zur Höhe der Abfindungen unter Berücksichtigung der gegensätzlichen Interessen und der in § 3 LwAnpG mit der Umstrukturierung der Landwirtschaft in den neuen Ländern verfolgten Zwecke.

Die Sittenwidrigkeit von Vereinbarungen über Barabfindungen ist in der Regel zu vereinen, wenn das Mitglied über die Höhe seines gesetzlichen Anspruchs und den Umfang eines etwaigen Verzichts richtig und vollständig informiert worden ist, und somit auf richtiger Basis darüber entscheiden konnte, ob er die vom Unternehmen angebotene Barabfindung annehmen wollte oder nicht.(vgl. BGH, Beschluss vom 16.06.1999, BLw 19/99, WM 2000, 1762 f.) Das war hier der Fall.

Der Anteil des Antragstellers am Eigenkapital war bei der Berechnung des Barabfindungsangebotes im Wesentlichen zutreffend, jedenfalls nicht zum Nachteil des Antragstellers ermittelt worden. Die Antragsgegnerin hat im Barabfindungsangebot die Summe des personifizierten Geschäftsguthabens mit 129.685,62 DM noch etwas höher bewertet als der Antragsteller in seiner Antragsschrift, der den Wert seines Geschäftsguthabens mit 121.516,86 DM beziffert hat.

Die Abfindungsquote hatte das Unternehmen unter Bezugnahme auf die gegenwärtigen Verkehrswerte des Anlage- und Umlaufvermögens des Unternehmens festgelegt. Dies war allerdings unter Berücksichtigung der später ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht korrekt, da ein Barabfindungsangebot mindestens dem Anspruch des LPG-Mitglieds bei Ausscheiden vor dem Wirksamwerden der Umwandlung entsprechen muss (vgl. BGH, Beschluss vom 08.12.1995, BLw 28/1995, BGHZ 131, 260 ff. = VIZ 1996, 278 f.). Die Abfindungsquote hätte hiernach auf der Basis des nach der Bilanz ermittelten Eigenkapitals des Unternehmens (§ 44 Abs. 6 Satz 1 LwAnpG) bestimmt werden müssen.

Der nach § 26 Abs. 1 Nr. 6 LwAnpG (1991) gefasste Beschluss über die den Barabfindungsangebote mag aus den vorstehenden Erwägungen unwirksam gewesen sein, weil die Angebote zu niedrig bemessen worden waren. Eine auf der Grundlage eines Angebotes abgeschlossene Vereinbarung ist aber allein nicht schon dann als ein in seinem Gesamtcharakter sittenwidriges Geschäft zu beurteilen, wenn der dem Angebot zugrunde liegende Beschluss nichtig war. Die Vereinbarung muss vielmehr nach Inhalt, Beweggrund und Zweck insgesamt dahin gewürdigt werden, ob sie in ihrem Gesamtcharakter ein mit den guten Sitten ist. Bei dieser Prüfung kommt es auf die Umstände bei Abschluss der Vereinbarung an (vgl. BGHZ 7, 111; 20, 71, 73; 72, 308, 314; 100, 353, 359). Ein bewusstes Zuwiderhandeln gegen gesetzliche Bestimmungen bei der Unterbreitung der Barabfindungsangebote ist im vorliegenden Fall nicht zu erkennen. Die Frage, ob eine unter Berücksichtigung der Vermögens- und Ertragslage des Unternehmens anzubietende Barabfindung auch niedriger als der Abfindungsanspruch der vor Umwandlung ausgeschiedenen Mitglieder ausfallen darf, war im Mai 1992 (bis zu der Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus Dezember 1995) unterschiedlich beurteilt worden (vgl. dazu: Schweizer, Das Recht der landwirtschaftlichen Betriebe nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz, 2. Auflage (1994), Rn. 283). Auch nach der Anhörung der Beteiligten (des Antragstellers und des Vorstandsmitglieds R , das mit diesem verhandelt hatte) im Senatstermin vom 23.03.2001 ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine Irreführung oder eine Ausnutzung von Unerfahrenheit, Willensschwäche oder eines Mangels an Urteilsvermögens des Antragstellers. Dieser hat vielmehr den Vortrag des Vorstandsmitglieds R bestätigt, dass er den Antrag auf eine 20 %ige Abfindung seines Geschäftsguthabens gestellt habe (gem. Anlage AG 1 = Bl. 28 d.A.) und man in den Räumen der Antragsgegnerin die Grundlagen der Berechnung nach den Ansätzen für die Bemessung der Ansprüche erörtert habe.

Der Antragsteller hat sich danach nach zutreffender Information über die Höhe seiner gesetzlichen Ansprüche nach § 44 LwAnpG 1991 unter Abwägung des Für und Wider dahin entschieden, sich eine Barabfindung in Höhe von 20 % der sich nach Absatz 1 ergebenden Berechnungsgrößen unter Verzicht auf weitere Ansprüche auszahlen zu lassen. Solche Vereinbarungen sind auch dann nicht als sittenwidrig zu beurteilen, wenn sich auf Grund der nach Vertragsschluss ergehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung herausstellt, dass der Antragsteller nach dem Gesetz eine wesentlich höhere Barabfindung hätte beanspruchen können und er deshalb auf mehr verzichtet hat, als er sich seinerzeit vielleicht vorgestellt hat.

2. Der Antragsteller kann auch nicht nach den Grundsätzen des Wegfalles der Geschäftsgrundlage eine richterliche Bestimmung der angemessenen Barabfindung nach § 37 Abs. 2 LwAnpG verlangen.

a) Ein anlässlich der Umwandlung ausscheidendes Mitglied kann nach § 37 Abs. 2 LwAnpG grundsätzlich Klage auf richterliche Feststellung der Höhe der Barabfindung erheben, wenn es geltend macht, dass eine im Umwandlungsbeschluss angebotene Barabfindung zu niedrig bemessen sei. Dieser Anspruch ist nicht fristgebunden. Die Zwei-Monats-Frist nach Wirksamwerden der Umwandlung für die Erhebung der Klage in § 305 UmwG ist im Sonderumwandlungsrecht des LwAnpG nicht entsprechend anzuwenden (vgl. auch BGH, Beschluss vom 01.07.1994, BLw 105/93, BGHZ 125, 166, 171). Der Anspruch auf richterliche Bestimmung der Barabfindung ist allerdings durch Rechtsgeschäft ausgeschlossen, wenn das Mitglied mit dem Unternehmen eine weitere gesetzliche Ansprüche ausschließende Vereinbarung über die Barabfindung abschließt.

b) Der Senat lässt dahinstehen, ob das Fehlen oder der Wegfall der Geschäftsgrundlage solcher Vereinbarungen über Barabfindungen dazu führt, dass entgegen den allgemeinen Regeln (zu diesen: BGH, Urteil vom 08.02.1984, VIII ZR 254/82, NJW 1984, 1746, 1747) hier ausnahmsweise die Beseitigung des Vertragsverhältnisses unter Wiederbegründung des gesetzlichen Anspruchs auf richterliche Bestimmung der Barabfindung anzunehmen ist. Die Voraussetzungen für ein Fehlen der Geschäftsgrundlage lagen bei dem Abschluss der Vereinbarung zwischen den Beteiligten nicht vor.

c) Die Geschäftsgrundlage wird nach ständiger Rechtsprechung gebildet durch die bei Abschluss des Vertrages zutage getretenen, dem anderen Teil erkennbar gewordenen und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt bestimmter Umstände, sofern sich der Geschäftswille der Parteien auf diesen Vorstellungen aufbaut (vgl. BGHZ 128, 230, 236 m.w.N.).

aa) Die Beschwerde geht insoweit im Hinblick auf eine Äußerung im Schrifttum (Wenzel, AgrarR 1997, 33, 35) davon aus, dass der unwirksame Beschluss der Mitgliederversammlung (hier über die Höhe der Barabfindungsangebote) Geschäftsgrundlage der danach abgeschlossenen Abfindungsvereinbarungen sei. Jedes Mitglied, das einen solchen Vertrag geschlossen habe, könnte danach auch eine Anpassung der Barabfindung verlangen. Der erkennende Senat versteht indessen die zitierte Literaturstelle dahin, dass eine Anpassung nur dann zu erfolgen hat, wenn der unwirksame Beschluss auch tatsächlich Grundlage der Vereinbarung geworden ist, nicht jedoch umgekehrt dahin, dass eine Vereinbarung schon dann hinfällig wird, wenn es über den Gegenstand des Rechtsgeschäfts auch einen Beschluss gegeben hat.

Eine Beschlussfassung über die anzubietende Barabfindung war nach § 26 Abs. 1 Nr. 5 LwAnpG 1991 ein notwendiger Gegenstand des Umwandlungsbeschlusses. Würde man der Ansicht der Beschwerde folgen, so wären bei den Umwandlungen nach dem LwAnpG 1991 alle Vereinbarungen über Barabfindungen, in denen den ausscheidenden Mitgliedern nicht mindestens ein Betrag in Höhe ihrer Ansprüche aus § 44 LwAnpG angeboten wurde, durch richterliche Neufestsetzung des Angebotes anzupassen. Diese Auslegung verkennt nach Auffassung des erkennende Senates jedoch die Bedeutung der Vereinbarungen über Barabfindungen. Die Beschlüsse konnten zwar die Verhandlungsgrundlage für die Vorstandsmitglieder festlegen, jedoch die Ansprüche der Mitglieder nicht verkürzen. Diese hatten darüber zu entscheiden, ob sie Mitglieder im Unternehmen bleiben, das Barabfindungsangebot annehmen oder notfalls auf richterliche Festsetzung einer angemessenen Barabfindung klagen wollten. Entscheidet sich ein ausscheidendes Mitglied, eine Vereinbarung über eine Barabfindung zu unterzeichnen, mit der es u.a. nach den vom Unternehmen vorgelegten Berechnungen offenkundig auf 4/5 seiner sich aus § 44 LwAnpG ergebenden Ansprüche verzichtet, so beruht diese Rechtsfolge auch für das Mitglied erkennbar auf der durch Unterzeichnung eines Vertragsdokumentes zustande gekommen Vereinbarung und nicht auf dem Beschluss der Mitgliederversammlung zur Bemessung des Abfindungsangebotes. Etwas anderes wäre dann anzunehmen, wenn das Mitglied sich dem Beschluss erkennbar unterworfen und andere Möglichkeiten (Verweigerung der Unterschrift und Durchsetzung von Ansprüchen auf Feststellung der Barabfindung oder auf bare Zuzahlung bei Verbleib im Unternehmen) gar nicht erst in seine Erwägungen einbezogen hat. Dies konnte der Senat nach dem Ergebnis der Anhörung der Beteiligten zu dem Zustandekommen der Vereinbarung und den damaligen Umständen nicht feststellen.

bb) Ein Anpassung wegen Fehlens der Geschäftsgrundlage ist auch nicht aus dem - von der Beschwerde allerdings nicht angezogenen - Gesichtspunkt begründet, dass sich die Beteiligten bei Abschluss der Vereinbarung gemeinsam darüber geirrt haben könnten, dass auch Barabfindungsbeschlüsse zulässig sind, die dem Mitglied weniger als das anbieten, was es bei einem Ausscheiden noch vor der Umwandlung nach § 44 LwAnpG hätte beanspruchen können.

Grundsätzlich gilt allerdings, dass die benachteiligte Partei eine Anpassung einer Vereinbarung verlangen kann, wenn diese auf gemeinsamen Rechtsirrtum beruhte und der Vertragswille auf diesem Irrtum aufbaute (st. Rspr. vgl. BGH, Urteile vom 14.01.1982, IX ZR 29/80, MDR 1982, 664 und vom 15.04.1991, II ZR 37/90, NJW-RR 1991, 1399). Anders ist es dann, wenn die Rechtslage auch von den Beteiligten als ungewiss oder streitig angesehen wurde und die Vereinbarung auch dazu diente, den Streit auch im Hinblick auf noch bestehende Ungewissheiten beizulegen (vgl. allgemein: BGH, Urteil vom 08.12.1999, I ZR 230/97, NJW 2000, 2497, 2498).

Der Senat geht unter Berücksichtigung der Umstände und der Ergebnis der Anhörung der Beteiligten davon aus, dass der Antragsteller unter Hinnahme der Ungewissheiten die Vereinbarung geschlossen hat, um schnell sein im Unternehmen steckendes Kapital ausgezahlt zu erhalten. Dies ergibt sich aus den nachstehenden Umständen:

Von einer sicheren, in Bezug auf die Anforderungen an Barabfindungsangebote geklärten Rechtslage konnte bei Abschluss der Vereinbarung im Jahre 1992 nicht ausgegangen werden. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass es sich beim LwAnpG um eine anlässlich des Marktwirtschaft in der ehemaligen DDR und der Wiedervereinigung schnell entstandenes Recht handelte, bei dessen Auslegung anfangs bis zur Herbeiführung höchstrichterlicher Entscheidungen in den folgenden Jahre erhebliche Unsicherheit herrschte (vgl. auch BGH, Beschluss vom 01.07.1994, BLw 110/93, VIZ 1994, 478, 479, zur Berechnung der Ansprüche aus § 44 LwAnpG in der Fassung von 1990). Die höchstrichterliche Rechtsprechung, die diese Frage geklärt hat, ist (wie oben unter B.1. dargestellt) - erst Ende 1995 ergangen. Zuvor war die Rechtsfrage streitig.

Nach den Erklärungen der Beteiligten hatte der Antragsteller selbst eine Abfindung nach dem Angebot im Umwandlungsbeschluss beantragt, um schnell an sein Geld zu kommen. Auf eine streitige Auseinandersetzung, die von einigen anderen Mitgliedern gegenüber der Antragsgegnerin angestrengt worden ist, wurde vom Antragsteller durch den Abschluss der Vereinbarung auf der Basis der mitgeteilten Berechnungsgrundlagen und sofortiger Auszahlung verzichtet. Derjenige, der bei bestehender Unsicherheit über die Mindesthöhe der vom Unternehmen anzubietenden Barabfindung einen solchen Vertrag über eine Barabfindung schließt, muss sich allerdings daran festhalten lassen. Er kann sich nicht auf das Fehlen der Geschäftsgrundlage berufen, wenn danach höchstrichterliche Entscheidungen ergehen, nach denen er nach dem Gesetz eine höhere Barabfindung hätte durchsetzen können.

C.

Die Vereinbarung vom 18.05.1992 ist schließlich auch nicht nach § 9 Abs. 2 AGBGB unwirksam. Es kann dabei dahinstehen, ob der von den Parteien ausgefüllte, von der Antragsgegnerin mehrfach verwendete Vordruck dazu führt, dass die Vereinbarung als Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne der Begriffsbestimmung in § 1 AGBG auszulegen ist.

§ 9 Abs. 2 AGBG ist schon deshalb nicht anzuwenden, weil das AGBG nach § 23 Abs. 1 auf Verträge auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts keine Anwendung findet. Die Abreden über eine anlässlich der Umwandlung des Unternehmens dem Ausscheidenden zu leistende Barabfindung sind Vereinbarungen auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts.

III.

A.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 44 Abs. 1, § 45 Abs. 1 Satz 2 LwVG. Die Festsetzung des Beschwerdewertes ergeht nach § 34 Abs. 2 Satz 1, § 33 LwVG in Verb. mit § 30 Abs. 1 KostO. Der Gegenstandswert war - wie in 1. Instanz - nach der Höhe der Ansprüche zu bestimmen, die dem Antragsteller nach seiner Auffassung gegen die Antragsgegnerin noch zustehen.

B.

Die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof wird nach § 24 Abs. 1 Satz 1 LwVG zugelassen. Grundsätzliche Bedeutung hat die von der Beschwerde aufgeworfene Rechtsfrage, ob und unter welchen Voraussetzungen vertragliche Vereinbarungen über Barabfindungen wegen Fehlens der Geschäftsgrundlage durch richterliche Festsetzung des Abfindungsangebotes (oder in anderer Weise) angepasst werden können, wenn das von der Mitgliederversammlung nach § 26 Abs. 1 Nr. 5 LwAnpG 1991 beschlossene Abfindungsangebot unwirksam war.



Ende der Entscheidung

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