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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 07.04.2003
Aktenzeichen: 1 U 93/02
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 313 Nr. 5 | |
ZPO § 313 Nr. 6 | |
ZPO § 313 a | |
ZPO § 538 Abs. 2 | |
ZPO § 543 Abs. 2 |
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am 7. April 2003
In dem Rechtsstreit
hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 10. März 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. E., den Richter am Oberlandesgericht K. und den Richter am Landgericht E.
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird im Umfang der Anfechtung das am 27. März 2002 verkündete "Teilversäumnisurteil" der 3. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg nebst dem ihm zugrunde liegenden Verfahren aufgehoben.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Berufungsrechtszuges - an die 3. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg zurückverwiesen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die zulässige Berufung des Klägers führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Urteils nebst Verfahren und zur Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das erstinstanzliche Gericht. Das Verfahren des Landgerichts leidet an einem wesentlichen Mangel; aufgrund dieses Mangels ist eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig (§ 538 Abs.2 Nr. 1 ZPO).
1.
Die Berufung ist zulässig.
Das Landgericht hat in seiner als Teilversäumnisurteil überschriebenen Entscheidung über den geltend gemachten Schmerzensgeldanspruch des Klägers abschließend entschieden. Der Kläger ist hierdurch insoweit beschwert, als die von dem Landgericht zugesprochene Schmerzensgeldsumme von 4.000,- € deutlich hinter dem von dem Kläger geltend gemachten Mindestbetrag von 7.669,38 € (15.000,- DM) zurückgeblieben ist. Bei richtiger Sachbehandlung hätte das Landgericht daher die Klage im Tenor ausdrücklich teilweise abweisen müssen (BGH VersR 1979, 472; v. Gerlach, VersR 00, 525, 528). Es handelt sich insoweit nämlich bei dem Urteil des Landgerichts - entgegen seiner Bezeichnung - nicht um ein (echtes) Versäumnisurteil, sondern um ein kontradiktorisches Endurteil (sogenanntes unechtes Versäumnisurteil), da es nicht auf die Säumnis der Beklagten, sondern auf die Unschlüssigkeit bzw. Unbegründetheit der Klage hin ergangen ist (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 23. Auflage, vor § 330 Rdnr.11). Dieses Urteil kann demzufolge nicht mit dem Einspruch, sondern nur mit der Berufung angefochten werden.
Die Überlegung der Beklagten, die Berufung sei gleichwohl unzulässig, weil der Kläger mangels Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils nicht in der Lage sei, die Berufung ordnungsgemäß zu begründen, geht fehl. Denn die Berufung ist das hier einzig zur Verfügung stehende Rechtsmittel für den Kläger gegen das ihn beschwerende Urteil vorzugehen. Er hat keinen (anders) durchsetzbaren Einfluss darauf, dass das Gericht das Urteil mit Tatbestand und Entscheidungsgründen versieht.
2.
Allerdings stellt das Fehlen von Tatbestand und Entscheidungsgründen einen wesentlichen Verfahrensmangel dar (vgl. Zöller, aaO, § 313 Rdnr. 24). Da es sich im Hinblick auf den abgewiesenen Teil der geltend gemachten Schmerzensgeldforderung um ein berufungsfähiges kontradiktorisches Endurteil handelt, muß es gemäß § 313 Nr. 5 und Nr.6 ZPO mit Tatbestand und Entscheidungsgründen versehen werden; einer der in § 313 a ZPO aufgeführten Ausnahmetatbestände ist nicht erfüllt. Das Fehlen von Tatbestand und Entscheidungsgründen entzieht das angefochtene Urteil einer Kontrolle; es bleibt unklar, von welchem Sachverhalt das Landgericht ausgegangen ist und mit welcher Begründung der Schmerzensgeldanspruch auf 4.000,- € begrenzt worden ist.
3.
Der Verfahrensfehler gibt Anlass zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und des ihm zugrunde liegenden Verfahrens und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. Wenngleich die eigene Sachentscheidung des Berufungsgerichts die Regel ist, so kann es gleichwohl in den Fällen des § 538 Abs. 2 ZPO in sachgemäßer Ermessensausübung von der Sachentscheidung absehen und die Sache zurückverweisen (vgl. Zöller/Gummer, aaO, § 538 Rdnr.2, 6). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier vor. Denn jedenfalls ist der Hergang des Verkehrsunfalls vom 03.04.2001 und damit der Umfang der Haftung der Beklagten dem Grunde nach streitig; zur Aufklärung wird eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme durch Vernehmung der von beiden Parteien benannten Zeugen sowie gegebenenfalls durch Sachverständigengutachten notwendig werden.
Der Senat teilt nicht die im Ergebnis zum Ausdruck gekommene Auffassung des Landgerichts, daß die von dem Kläger geltend gemachten unfallbedingten Verletzungen und Verletzungsfolgen (jedenfalls) mit einem Schmerzensgeld von 4.000,- € hinreichend ausgeglichen sind.
Der Kläger hat geltend gemacht, durch den Unfall eine Claviculafraktur sowie eine Rippenserienfraktur links (9. bis 11. Rippe) erlitten zu haben. Die Behandlung dieser Verletzungen erforderte mehrfache, wenn auch kurzzeitige Krankenhausaufenthalte. Hervorzuheben ist, daß eine bei dem Kläger aufgetretene Claviculapseudarthrose operativ plattenosteosynthetisch versorgt werden mußte; hierzu war ein stationärer Krankenhausaufenthalt vom 07.06. bis 12.06.2001 erforderlich. Die Behandlung war erst über ein Jahr nach dem Unfallereignis im wesentlichen abgeschlossen. Die Metallentfernung erfolgte erst am 05.06.2002. Bis dahin beklagte der Kläger erhebliche Beeinträchtigungen in Form von Schlafstörungen, weil die Metallteile am Schlüsselbein Schmerzen verursachten. Auch in Bezug auf die erlittene Rippenserienfraktur ist nach der Erfahrung des nahezu ausschließlich mit Verkehrsunfallsachen und den damit oft verbundenen Personenschäden befaßten Senats von einer ganz erheblichen und nachhaltigen Schmerzhaftigkeit dieser Verletzung auszugehen. Zu berücksichtigen ist zudem, daß der Kläger noch heute über Druckbeschwerden im Bereich des Schlüsselbeins klagt. Unter Zugrundelegung dieser Verletzungen und Verletzungsfolgen erscheint - bei voller Haftung der Beklagten - das von dem Kläger verlangte Schmerzensgeld von 7.669,38 € (15.000,- DM) nicht als übersetzt.
II.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsrechtszuges wird dem Landgericht übertragen, da das Verhältnis des wechselseitigen Obsiegens und Unterliegens der Parteien noch nicht feststeht.
Ein Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils kommt nicht in Betracht, da das aufhebende und zurückverweisende Urteil keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat.
Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 3.669,38 € festgesetzt.
Zur Zulassung der Revision besteht kein Anlass, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.
Ende der Entscheidung
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