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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 23.10.2002
Aktenzeichen: 1 W 50/02
Rechtsgebiete: ZPO, RPflG


Vorschriften:

ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 104 Abs. 3 Satz 1
RPflG § 11 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

1 W 50/02

In der Kostenfestsetzungssache

pp.

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf durch den Richter am Oberlandesgericht K als Einzelrichter am 23. Oktober 2002

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß des Rechtspflegers des Landgerichts Düsseldorf vom 17. April 2002 wird kostenfällig zurückgewiesen.

Gründe:

Das gemäß § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RPflG als sofortige Beschwerde zulässige Rechtsmittel des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Rechtspfleger hat in der angefochtenen Entscheidung zu Recht davon abgesehen, die durch den Beklagten zur Ausgleichung angemeldeten Kosten in Höhe von 1.245,25 DM sowie 501,- DM für die nach Rechtshängigkeit erfolgte Einholung eines Privatgutachtens festzusetzen. Diese Aufwendungen gehören nicht zu den notwendigen Kosten zweckentsprechender Rechtsverfolgung des Beklagten im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

1. Die Frage der Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Privatgutachtens ist grundsätzlich kritisch zu prüfen (OLG Düsseldorf - 10. Zivilsenat, Kostensenat - Beschluß vom 14. April 1994, Az: 10 W 48/94, abgedruckt in Rpfleger 1995, 39 und OLGR-Düsseldorf 1994, 25.1). Aus § 91 I S. 1 ZPO ergibt sich nämlich, daß der unterlegene Gegner die Kosten eines von der Gegenseite eingeholten Privatgutachtens nur zu tragen hat, soweit dieses zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Nach ganz überwiegender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur sind im Kostenfestsetzungsverfahren - unbeschadet etwaiger Erstattungsansprüche aus materiellem Schadensersatzrecht - solche Kosten nur ausnahmsweise berücksichtigungsfähig (vgl. die Übersicht bei Stein/Jonas/Bork, 21. Aufl., § 91, V Stichwort "Privatgutachten" und bei Baumbach/Hartmann, 55. Aufl., § 91, Anm. 102 Stichwort "Gutachten"). Insbesondere dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Stellungnahme des Privatgutachters während des Rechtsstreits eingeholt wird, sind an die Notwendigkeit dieser Rechtsverfolgungsmaßnahme strenge Anforderungen zu stellen (Baumbach/Hartmann, a.a.O.; Zöller/Herget, 22. Aufl., § 91 Rdnr. 13, Stichwort "Privatgutachten"). Während des Prozesses findet eine Beweisaufnahme nämlich grundsätzlich nur im Rahmen der gerichtlichen Beweisanordnungen statt. Die Klärung umstrittener Tatsachenfragen ist nicht Sache der Parteien, sondern des Gerichts in dem nach der ZPO hierfür vorgesehenen Beweisaufnahmeverfahren. Deshalb wird die Notwendigkeit der Einholung eines Privatgutachtens, dessen Beweiswert ohnehin vielfach geringer ist als das des Gutachtens eines gerichtlich bestellten Sachverständigen, nur in besonderen Ausnahmefällen bejaht werden können (OLG Düsseldorf, a.a.O. mit Hinweis auf OLG Düsseldorf VersR 62, 624; OLG München, NJW 72, 2273).

2. Ein solcher Ausnahmefall ist hier nicht gegeben. Der Beklagte macht ohne Erfolg geltend, er sei nach Eingang des orthopädischen Sachverständigengutachtens des gerichtlich bestellten Sachverständigen Prof. Dr. M vom 2. September 1999 in Verbindung mit der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen vom 3. November 1999 auf sachverständige Hilfe angewiesen gewesen, um in der erforderlichen Weise darzutun, dass die gutachterlichen Ausführungen wegen zahlreicher Mängel keine geeignete Grundlage für die zu treffende Streitentscheidung des Gerichts gewesen seien.

Zwar war die durch den Beklagten geäußerte Kritik an den schriftlichen Darlegungen des Sachverständigen Prof. Dr. M sachlich gerechtfertigt. Indes bedurfte es nach den Entscheidungsgründen des Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 23. November 2001 zu einer kritischen Auseinandersetzung mit den gutachterlichen Ausführungen nicht der Hilfe eines Privatgutachters.

Das Landgericht hat im einzelnen begründet, aufgrund welcher Gesichtspunkte es das zunächst eingeholte Gutachten nicht als hinreichend überzeugungskräftig erachtete (Bl. 10, 11 UA): So hat das Landgericht u.a. dargelegt, nach seitenweisen Ausführungen über nicht entscheidungserhebliche Umstände habe der Sachverständige die tatsächlich im Streit stehende Frage auffallend kurz abgehandelt und es fehle jegliche Auseinandersetzung mit dem Unfallhergang und der Frage, inwieweit aus technischer und medizinischer Sicht eine Verschlimmerung des Vorleidens durch das Unfallgeschehen überhaupt habe eintreten können und wann sich entsprechende Beschwerden hätten zeigen müssen.

Diese Mangelhaftigkeit der gutachterlichen Äußerungen war indes auch ohne sachverständige Hilfe feststellbar. In diesem Zusammenhang ist in den Entscheidungsgründen des Urteils ausdrücklich ausgeführt, es sei nicht zwingend erforderlich gewesen, dass der Beklagte seine Einwendungen durch Vorlage verschiedener Privatgutachten belegte. Nach den Entscheidungsgründen sah sich das Landgericht allein schon wegen der ohne weiteres erkennbaren Mängel der schriftlichen gutachterlichen Äußerungen des Sachverständigen M veranlaßt, die Frage der Notwendigkeit der Einholung eines weiteren Gutachtens zu prüfen - und zwar in Form eines durch den Beklagten beantragten interdiziplinaren Sachverständigengutachtens -. Ein solches ist dann unter dem Datum des 2. Mai 2001 im Auftrag des Landgerichts erstellt worden.

Zwar mag das durch den Beklagten zu den Akten gereichte Privatgutachten dazu beigetragen haben, dass sich das Landgericht dazu entschlossen hat, die Hilfe von weiteren Sachverständigen in Anspruch zu nehmen. Die Entscheidungsgründe des Urteils lassen indes nicht die Feststellung zu, dass die Einreichung des Privatgutachtens im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO notwendig war, um den Entschluß des Landgerichts herbeizuführen.

3. Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 1.746,25 DM, entsprechend 892,85 €.

Zur Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht kein Anlaß, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.

Ende der Entscheidung

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