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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 21.12.1999
Aktenzeichen: 1 Ws 1020/99
Rechtsgebiete: StGB, StPO
Vorschriften:
StGB § 56 f Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 | |
StGB § 56 f Abs. 2 |
Bei der Entscheidung, ob die Strafaussetzung zur Bewährung wegen innerhalb der Bewährungszeit beangener neuer Straftaten zu widerrufen ist, hat das Gericht - im gegebenen Fall - zu berücksichtigen und sich damit auseinanderzusetzen, dass die Vollstreckung des Restes der wegen der neuen Straftaten verhängten Freiheitsstrafe zwischenzeitlich zur Bewährung ausgesetzt worden ist, und deshalb besonders zu prüfen, ob mildere Maßnahmen als der Widerruf der Strafaussetzung gerechtfertigt sind.
OLG Düsseldorf, 1. Strafsenat, Beschluß vom 21.12.1999 - 1 Ws 1020/99 -
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF
BESCHLUSS
1 Ws 1020/99 421 Js 13766/98 StA Dessau
In der Strafvollstreckungssache
gegen
aus, geboren am, in
hat der 1. Strafsenat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht S und die Richter am Oberlandesgericht und S am 21. Dezember 1999 auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluß der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Krefeld vom 10. November 1999 - 33 StVK 478/99 - nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:
Tenor:
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an die Strafvollstreckungskammer zurückverwiesen.
Gründe:
Das Amtsgericht Köthen hat gegen den Verurteilten am 22. April 1996 wegen Diebstahls eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten verhängt, deren Vollstreckung es auf die Dauer von zwei Jahren zur Bewährung ausgesetzt hat. Dem Verurteilten wurde aufgegeben, eine Geldbuße von 800,-- DM an die Landeskasse zu zahlen.
Durch Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 10. Dezember 1996 ist der Verurteilte wegen schweren Raubes in Tateinheit mit schwerer räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt worden. Die der Verurteilung zugrunde liegende Tat hatte der Verurteilte am 6. Juni 1996 begangen.
Im Hinblick auf diese erneute Straftat hat die Strafvollstreckungskammer die Strafaussetzung aus dem Urteil des Amtsgerichts Köthen vom 22. April 1996 durch den angefochtenen Beschluß widerrufen.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Verurteilten, die zulässig und auch (vorläufig) begründet ist.
Nach Erlaß des angefochtenen Beschlusses, am 16. November 1999, hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Kleve nach Verbüßung von zwei Dritteln der erkannten Freiheitsstrafe die Vollstreckung der Reststrafe aus dem Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 10. Dezember 1996 zum 10. Dezember 1999 zur Bewährung ausgesetzt, die Bewährungszeit auf drei Jahre festgesetzt und dem Verurteilten Weisungen erteilt.
Die Strafvollstreckungskammer hat hierbei berücksichtigt, daß der Verurteilte erstmals eine Freiheitsstrafe verbüßt hat, die ihn - nach der Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt erkennbar beeindruckt hat, daß der Verurteilte an einer beruflichen Qualifizierungsmaßnahme teilgenommen hat und nach seiner Entlassung in ein soziales Umfeld zurückkehrt, das ihm Halt gibt. Ferner ist der Sachverständige Dr. P in einem Gutachten vom 25. Oktober 1999 zu dem Ergebnis gelangt, daß ein Rückfall des Verurteilten wenig wahrscheinlich ist.
Diese Umstände und der Stand der Vollstreckung der Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Magdeburg ergaben sich nicht aus dem der Strafvollstreckungskammer vorliegenden Bewährungsheft und waren dieser deshalb unbekannt. Nachdem sie nunmehr bekannt geworden sind, sind sie jedoch bei der Entscheidung zu berücksichtigen.
In dem Beschluß über den Widerrruf der Strafaussetzung zur Bewährung wegen erneuter Straffälligkeit des Verurteilten hat sich das Gericht bei der Prüfung, ob mildere Maßnahmen im Sinne des § 56 f Abs. 2 StGB ausreichen, auch mit der Tatsache, daß die Vollstreckung des Restes der wegen der neuen Straftat verhängten Freiheitsstrafe zwischenzeitlich zur Bewährung ausgesetzt worden ist und den hierfür maßgeblichen Gründen auseinander zu setzen und eine neue Sozialprognose zu stellen (Senat OLGSt 20, StGB § 56 f Nr. 35). Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, daß eine erneute Inhaftierung infolge eines Bewährungswiderrufs nach Entlassung aus dem Strafvollzug in anderer Sache dann nicht sinnvoll ist und deshalb zu vermeiden ist, wenn dadurch inzwischen aufgebaute soziale oder berufliche Bindungen und eine erfolgte oder begonnene Integrat gefährdet werden (Senat aaO; OLG Düsseldorf - 3. Strafsenat 1994, 198).
Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte wird die Strafvollstreckungskammer erneut zu entscheiden haben, ob der Widerruf der Strafaussetzung trotz der Strafaussetzung in anderer Sache geboten ist oder ob minderschwere Maßnahmen i. S. d. § 56 f Abs. 2 StGB ausreichend sind.
Abweichend von § 309 Abs. 2 StPO erschien die Zurückverweisung der Sache geboten, da eine abschließende Beurteilung ohne weitere Nachforschungen und Erhebungen zu den von der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Kleve bei ihrer Entscheidung verwerteten Tatsachen nicht möglich ist und dem Verurteilten bei einer Entscheidung durch den Senat eine Instanz verloren ginge (vgl. Senat aaO).
Ende der Entscheidung
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