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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 10.05.2000
Aktenzeichen: 1 Ws 305/00
Rechtsgebiete: GG, StPO


Vorschriften:

GG Art. 101 Abs. 1 Satz 2
StPO § 304
StPO § 306 Abs. 2
GG Art. 101 Abs. 1 Satz 2; StPO §§ 304, 306 Abs. 2

Der Beschluß, durch den die nach dem Geschäftsverteilungsplan nicht (mehr) zuständige Strafkammer eine Haftbeschwerde verwirft, verletzt das Recht des Beschuldigten auf den gesetzlichen Richter. Dieser Verstoß wird dadurch, daß die zuständige Strafkammer der Beschwerde des Beschuldigten nicht abhilft, jedenfalls dann nicht geheilt, wenn diese Entscheidung keine Ausführungen zur Sache enthält, sondern sich in der bloßen "Nichtabhilfe" erschöpft.

OLG Düsseldorf, 1. Strafsenat, Beschluß vom 10.05.2000 - 1 Ws 305/00


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

1 Ws 305/00 60 Js 200/900 StA Düsseldorf

In der Strafsache

gegen V aus D dort geboren am zur Zeit in der JVA D ,

wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz

hat der 1. Strafsenat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht S und die Richter am Oberlandesgericht und auf die Beschwerde der Beschuldigten gegen den Beschluß der XII. Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 2. Februar 2000 - XII Qs 18/00 - nach Anhörung der. Generalstaatsanwaltschaft

am 10. Mai 2000

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an die Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf zurückverwiesen, die nach dem Geschäftsverteilungsplan des Landgerichts Düsseldorf zuständig ist.

Gründe:

Die Beschuldigte befindet sich seit dem 22. Februar 2000 (erneut) in Untersuchungshaft und hat gegen den Beschluß, durch den die XII. Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft den Haftverschonungsbeschluß des Amtsgerichts Düsseldorf vom 19. Januar 2000 (oder 18. Januar 2000?) aufgehoben und dessen Haftbefehl vom 10. Januar 2000 wieder in Vollzuggesetzt hat, Beschwerde eingelegt. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

1. Mit der Entscheidung über die Haftbeschwerde durch die XII. Strafkammer ist die Beschuldigte ihrem gesetzlichen Richter entzogen worden (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG). Die XII. Strafkammer war nach dem Geschäftsverteilungsplan des Landgerichts Düsseldorf nicht zuständig und hat den Beschluß "irrtümlich erlassen" (Vermerk des Vorsitzenden vom 7. April 2000, Bl. 182b Drittakte). Ein solches Versehen stellt einen objektiv willkürlichen Entzug des gesetzlichen Richters dar (BayObLGSt 1980, 9; OLG Köln VRS 70 [1986], 437; BayObLG StV 1999, 486). Der Beschluß der IV. Strafkammer vom 12. April 2000, daß der Beschwerde nicht abgeholfen werde, hat den Verfahrensfehler nicht geheilt, weil er keine eigene begründete Entscheidung in der Sache enthält.

2. Für die weitere Behandlung der Sache weist der Senat darauf hin, daß unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit (§ 112 Abs. 1 Satz 2 StPO) Bedenken gegen die Fortdauer der Untersuchungshaft aus dem Haftbefehl vom 10. Januar 2000 bestehen könnten. Nach dem Untersuchungsberichtdes Landeskriminalamts NRW vom 17. Februar 2000 (Bl. 159 f Drittakte) enthielt die in der Nacht zum 9. Januar 2000 sichergestellte Substanz (22,82 g x 0,038 =) 0,867 g Heroinhydrochlorid. Die nicht geringe Menge beginnt aber erst bei 1,5 g Heroinhydrochlorid (BGHSt 32, 162). Außerdem dürfte bei der Entscheidung über die Fortdauer der Untersuchungshaft aus dem Haftbefehl vom 10. Januar 2000 zu berücksichtigen sein, daß die Sache schon im Haftbefehl als "anklagereif" bezeichnet worden ist, bisher aber, soweit ersichtlich, Anklage nicht erhoben ist.

Im Vorführbericht vom 10. Januar 2000 (Bl. 90-93 Drittakte) sind. zwar unter 2. und 3. weitere erhebliche Straftaten aufgeführt, die einen weitergehenden.Haftbefehlsantrag und den Haftgrund der Verdunklungsgefahr (s. Bl. 89, 61 Drittakte) rechtfertigt hätten. Antrag und Haftbefehl sind aber nur auf die Tat vom 9. Januar 2000 gestützt.

Ende der Entscheidung

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