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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 28.09.2000
Aktenzeichen: 1 Ws 327-328/00
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 172 Abs. 1
StGB § 153 ff.
Zum Begriff des Verletzten im Sinne des § 172 Abs. 1 StPO bei Aussagedelikten.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

1 Ws 327-328/00 60 Js 4128/99 StA Düsseldorf

In der Strafanzeigesache

wegen Verdachts der uneidlichen Falschaussage u. a.

hat der 1. Strafsenat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht S und die Richter am Oberlandesgericht H und S auf die von Rechtsanwältin L in K namens des M E H aus D gestellten Anträge auf

1. gerichtliche Entscheidung nach § 172 Abs. 2 Satz 1 StPO gegen den Bescheid des Generalstaatsanwalts in Düsseldorf vom 31. März 2000 und

2. Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für den Antrag zu 1. nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft

am 28. September 2000

beschlossen:

Tenor:

1. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird auf Kosten des Antragstellers als unbegründet verworfen.

2. Die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller wirft dem Beschuldigten vor, in einem Strafverfahren gegen ihn, den Antragsteller, wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in der Hauptverhandlung als Zeuge uneidlich falsch ausgesagt zu haben. Die Staatsanwaltschaft hat das Ermittlungsverfahren eingestellt, der Generalstaatsanwalt hat die Beschwerde gegen den Einstellungsbescheid als unbegründet zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung.

II.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung mag den gesetzlichen Anforderungen des § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO genügen und damit zulässig sein. In der Sache hat er jedoch keinen Erfolg. Die Staatsanwaltschaft hat das Ermittlungsverfahren zu Recht mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt.

1. Das tatsächliche Vorbringen des Antragstellers begründet nicht den hinreichenden Verdacht, daß der Beschuldigte zu seinen Lasten vor Gericht uneidlich falsch ausgesagt hat (§ 153 StGB).

a) Der Antragsteller ist als - nach seinem Vorbringen - Verletzter im Sinne von § 172 Abs. 1 StPO befugt, den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu stellen. Geschütztes Rechtsgut der Aussagedelikte ist zwar in erster Linie die staatliche Rechtspflege, die durch falsche Aussagen gefährdet wird. Allgemein anerkannt ist aber, daß Angeklagte oder ändere Verfahrensbeteiligte, die durch die Folgen solcher Straftaten beeinträchtigt werden, Verletzte im Sinne von § 172 Abs. 1 StPO sein können (Senat NStZ 1995, 49 und VRS 98 [2000], 136; Schmid, in: KK, 4. Aufl. [1999], § 172 StPO Rdnr. 26; jeweils m. w. N.). Ist das Verfahren, in dem der Beschuldigte ausgesagt hat, bereits abgeschlossen, so ist der Antragsteller Verletzter im Sinne von § 172 Abs. 1 StPO, wenn die angeblich falsche Aussage sich zu seinem Nachteil ausgewirkt hat (Senat a.a.O.). Das ist hier Fall. Der Angeschuldigte ist rechtskräftig wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt worden. Nach den Gründen des schriftlichen Urteils hat die Strafkammer ihre Überzeugung von der Täterschaft des Antragstellers auch - als Hilfstatsache (Indiz) - auf den Vorgang gestützt, von dem der Beschuldigte als Zeuge in der Hauptverhandlung berichtet hat.

b) Nach dem Vorbringen in der Antragsschrift, das durch die überreichte Urteilsabschrift bestätigt wird, hat der Beschuldigte in der Hauptverhandlung gegen den Antragsteller als Zeuge ausgesagt, daß ihm - einem früheren Polizeibeamten - "als Verhörsperson ... im Juni 1997 von einer Person, der seitens der Staatsanwaltschaft Düsseldorf Vertraulichkeit zugesichert worden sei, mitgeteilt wurde, daß der Angeklagte in Düsseldorf in großem Stil mit Drogen dealte und das Rauschgift über Dritte verkaufen lasse". Diese Aussage wäre (nur) falsch gewesen, wenn das Gespräch, von dem der Beschuldigte als Zeuge berichtet hat, nicht oder nicht mit diesem Inhalt stattgefunden hätte. Das weitere Vorbringen des Antragstellers bietet dafür aber nicht einmal Anhaltspunkte. Danach soll ein gelegentlicher Informant des Beschuldigten den Verteidiger des Antragstellers vor der Hauptverhandlung angesprochen und gefragt haben, was der Beschuldigte tun könne, um dem Antragsteller zu helfen; dieser habe "die ihm vorgeworfene Tat" nicht begangen. Das mag sich so ereignet haben. Die Schlußfolgerung von diesem Vorgang auf die Unrichtigkeit der Aussage des Beschuldigten ist aber nicht nachvollziehbar. Der Beschuldigte hat nach dem eigenen Vorbringen des Antragstellers keine Aussage - zu der "ihm vorgeworfenen Tat" das Landgericht hat den Antragsteller wegen 16 Taten in der Zeit vom 20. Oktober bis 19. Dezember 1997 verurteilt - gemacht, sondern von einer zeitlich zurückliegenden "Hintergrundinformation" berichtet. Seine Aussage wäre demnach selbst dann nicht falsch gewesen, wenn nach seiner Einschätzung der Antragsteller "die ihm vorgeworfene Tat" nicht begangen, das Gespräch mit seinem Informanten im Juni 1997 aber mit dem in der Hauptverhandlung bekundeten Inhalt stattgefunden hatte. Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, daß es dieses Gespräch nicht oder nicht mit diesem Inhalt gegeben hat, sind nicht vorgetragen.

2. Die Überprüfung des tatsächlichen Vorbringens der Antragsschrift durch den Senat hat auch keinen hinreichenden Verdacht auf andere Straftaten ergeben. Wegen Freiheitsberaubung (y 239 StGB) durch Unterlassen könnte der Beschuldigte sich nur strafbar gemacht haben, wenn er bei seiner Vernehmung als zeuge pflichtwidrig Tatsachen verschwiegen hätte, die zum Freispruch des Antragstellers oder zu einer milderen Bestrafung, d. h. einer kürzeren Freiheitsstrafe, geführt hätten. Dafür fehlt jeder Anhaltspunkt. Andere Straftatbestände kommen nicht ernsthaft in Betracht.

III.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 177, 174 Abs. 1 StPO. Danach sind die durch das Verfahren über den Antrag veranlaßten Kosten dem Antragsteller aufzuerlegen, wenn sich - wie hier - kein genügender Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage ergibt.

2. Prozeßkostenhilfe war nicht zu bewilligen, weil der Antrag auf gerichtliche Entscheidung von vornherein keine Aussicht auf Erfolg bot.

Ende der Entscheidung

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