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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 20.09.2001
Aktenzeichen: 10 U 109/00
Rechtsgebiete: BGB, BRAO, ZPO


Vorschriften:

BGB § 276
BGB § 242
BGB § 288 Abs. 1 Satz 1
BRAO § 51 b
ZPO § 270 Abs. 3
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 100 Abs. 4
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
ZPO § 546 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

10 U 109/00

Verkündet am 20. September 2001

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht L. sowie die Richter am Oberlandesgericht E. und W. auf die mündliche Verhandlung vom 28. Juni 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers wird das am 17. April 2000 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 15. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger zu zahlen:

1) 52.443,60 DM nebst 4 % Zinsen aus 52.308,60 DM für die Zeit vom 21. April 1998 bis zum 15. Juni 1998, 4 % Zinsen aus 26.208,60 DM für die Zeit vom 16. Juni 1998 bis zum 15. Juni 1999 und 4 % Zinsen aus 30.381,60 DM für die Zeit vom 16. Juni 1999 bis zum 15. Juni 2000 sowie 4 % Zinsen aus 52.308,60 DM für die Zeit ab 16. Juni 2000 und aus 135,00 DM für die Zeit ab 3. April 2001;

2) weitere 1.827,00 DM Zinsen für die Zeit vom 16. Juni 1998 bis zum 15. Juni 1999;

3) weitere 1.534,89 DM Zinsen für die Zeit vom 16. Juni 1999 bis zum 15. Juni 2000.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits fallen zu 10 % dem Kläger und zu 90 % den Beklagten als Gesamtschuldnern zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Beklagten, gegen deren Zulässigkeit keine Bedenken bestehen, und die als unselbständiges Rechtsmittel zulässige Anschlussberufung des Klägers haben in der Sache jeweils nur zum Teil Erfolg. Dies ergibt sich im einzelnen aus folgenden Erwägungen:

Berufung der Beklagten

1) Ihre grundsätzliche Schadensersatzverpflichtung wegen mangelhafter anwaltlicher Beratung des Klägers unter dem Gesichtspunkt der positiven Forderungsverletzung (vgl. dazu z.B. Palandt/Heinrichs, 60. Aufl., § 276 BGB Rdn. 39 ff.) stellen die Beklagten ausdrücklich nicht mehr in Abrede (Bl. 257), so dass es insoweit weiterer Ausführungen im Anschluss an die diesbezüglichen Erwägungen des Landgerichts nicht bedarf.

2) Die von den Beklagten in der Berufungsinstanz in erster Linie weiterverfolgte Einrede der Verjährung greift in Übereinstimmung mit dem angefochtenen Urteil nicht durch und vermag daher den Klageabweisungsantrag ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Dabei kann dahinstehen, wann die dreimonatige Verjährungsfrist des § 51 b BRAO zu laufen begonnen hat oder ob sie jedenfalls im Hinblick auf das Bestehen einer sog. Sekundärhaftung der Beklagten durch die dem vorliegenden Rechtsstreit zugrundeliegende Klage rechtzeitig unterbrochen worden ist. Das Landgericht hat nämlich zu Recht angenommen, dass die Erhebung der Verjährungseinrede durch die Beklagten treuwidrig im Sinne des § 242 BGB und daher unbeachtlich ist.

Die Verjährungseinrede verstößt unter anderem dann gegen das Verbot unzulässiger Rechtsausübung, wenn der Schuldner durch sein Verhalten, selbst wenn dieses nicht beabsichtigt war, den Gläubiger von der rechtzeitigen, den Lauf der Verjährungsfrist unterbrechenden Klageerhebung abgehalten hat, wobei allerdings ein strenger Maßstab anzulegen ist (vgl. z.B. BGH VersR 1971, 339, 340 und VersR 1978, 377, 378, OLG Düsseldorf MDR 1984, 843 sowie Staudinger/Schmitt, 3. Aufl., § 242 BGB Rdn. 600 und Palandt/Heinrichs, a.a.O., vor § 194 BGB Rdn. 10, jeweils mit weiteren Nachweisen). Ein derartiger Fall mit der gekennzeichneten Rechtsfolge ist vorliegend gegeben.

Auf die Anfrage des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 28.04.1998 (Bl. 55 d.A.), ob "ohne weitere Ankündigung der Klageweg beschriften werden" solle, haben die Beklagten postwendend mit Schreiben vom 30.04.1998 (Bl. 56 d.A.), als Verjährung auch vom Standpunkt der Beklagten aus nicht eingetreten war, erwidert, mit Rücksicht auf die zwischenzeitlich erfolgte Einschaltung ihrer Haftpflichtversicherung hielten sie es für sachgerecht, "auf Weiterungen zunächst zu verzichten". Dies konnte bei verständiger Würdigung auf seifen des Klägers nur dahingehend aufgefasst werden, dass von der angekündigten Klageerhebung einstweilen abgesehen werden sollte, wobei ersichtlich Kostengesichtspunkte (vgl. dazu auch OLG Düsseldorf a.a.O.) im Vordergrund standen. Gleichzeitig erweckten die Beklagten den Anschein, dass sie eine infolge ihrer vorstehend beschriebenen Stellungnahme und des daran anschließenden Zuwartens des Klägers verspätete Klageerhebung nicht zum Anlass nehmen würden, sich auf einen etwaigen Ablauf der nicht rechtzeitig unterbrochenen Verjährung zu berufen. Die vorgesehene Rücksprache mit ihrer Haftpflichtversicherung, die der Kläger zunächst abwarten sollte, konnte nämlich nur sachliche Gesichtspunkte zur Frage der Haftung zum Gegenstand haben, so dass der Kläger davon ausgehen konnte, der geltend gemachte Schadensersatzanspruch werde in Zukunft ausschließlich mit Einwendungen in der Sache bekämpft werden (vgl. BGHZ 93, 66). Wenn die Beklagten mit Schreiben vom 18.9.1998 (Bl. 63 d.A.) statt dessen mitteilten, der Anspruch des Klägers sei jedenfalls verjährt, so war dies angesichts der voraufgegangenen Korrespondenz nicht nur überraschend, sondern verstieß ebenso wie die Erhebung der Verjährungseinrede im vorliegenden Rechtsstreit gegen das Gebot redlichen Handelns mit der Folge, dass das Vorgehen der Beklagten von der Rechtsordnung nicht gebilligt werden und demnach ihrer Rechtsverteidigung nicht zum Erfolg verhelfen kann.

Andererseits verhält sich der Kläger dadurch, dass er geltend macht, die Erhebung der Einrede der Verjährung verstoße gegen Treu und Glauben, nicht seinerseits treuwidrig. Dies käme nur dann in Betracht, wenn er die endgültige und unmissverständliche Einnahme des Rechtsstandpunktes durch die Beklagten, etwaige Schadensersatzansprüche aufgrund falscher anwaltlicher Beratung seien jedenfalls verjährt, nicht alsbald zum Anlass genommen hatte, nunmehr Klage zu erheben, obwohl diese zur Unterbrechung der Verjährung nicht mehr geeignet war. Diesem Erfordernis der alsbaldigen Klageerhebung ist indes Genüge getan. Nach Eingang des Schreibens vom 18. September 1998 blieb dem Kläger jedenfalls ein Monat Zeit (vgl. hierzu MK-Grothe, 4. Aufl., § 194 BGB Rdn. 14), um die Klage zu erheben. Zwar ist die Klage erst am 11. November 1998 zugestellt worden. Jedoch kommt es wegen § 270 Abs. 3 ZPO, da die Zustellung als "demnächst" erfolgt anzusehen ist, auf die Einreichung an. Diese ist am 30. September 1998 geschehen. Am 20. Oktober 1998 ist dann zum einen eine "Beschränkung" hinsichtlich der Zahl der Beklagten und gleichzeitig eine Erweiterung auf den Beklagten Dirk R. vorgenommen worden. Dies liegt nach Auffassung des Senats noch innerhalb der angemessenen Zeit, die dem Kläger nach Eingang des Schreibens der Beklagten vom 18. September 1998 für die Klageerhebung zur Verfügung stand.

3) Von der somit dem Grunde nach gerechtfertigten Klageforderung in der im übrigen unstreitigen Höhe von 58.657,01 DM, der das Landgericht in vollem Umfang stattgegeben hat, ist ein Betrag von 4.200,00 DM (4.080,00 DM + 120,00 DM) x 3 = 12.600,00 DM in Abzug zu bringen, so dass zugunsten des Klägers 46.057,01 DM verbleiben. Dabei handelt es sich um den Mietzins für die Monate Juni bis August 1995. Der Kläger ist nämlich der durch Vernehmung von Zeugen unter Beweis gestellten Behauptung der Beklagten, die Firma S. und Partner Werbeagentur GmbH habe im Zeitpunkt ihrer Mandatierung bereits einen neuen Mietvertrag abgeschlossen, so dass die fehlerhafte anwaltliche Beratung insoweit nicht zu einem erstattungspflichtigen Schaden geführt habe (Bl. 139/165 d.A.), nur insoweit entgegengetreten, als er geltend macht, die Firma S. und Partner Werbeagentur GmbH hätte im Falle richtiger Beratung nicht auf die Mieträumlichkeiten verzichtet (Bl. 295 d.A.). Dadurch wird jedoch das Beklagtenvorbringen zur zeitlichen Abfolge von Neuvermietung und Mandatierung nicht in Frage gestellt mit der Folge, dass das zum Schadensersatz verpflichtende Verhalten der Beklagten in dieser Hinsicht nicht schadensursächlich war.

Andererseits ist zugunsten des Klägers die in der Auseinandersetzung mit dem Vermieter verrechnete Kaution von 6.251,59 DM (S. 4 des landgerichtlichen Urteils im Vorprozess) zu berücksichtigen. Er hätte die Kaution zum Ausgleich der drei Monatsmieten verwenden können, die von ihm bei einer vergleichsweisen Regelung zu zahlen gewesen wären. Da die Schadensberechnung des Klägers auf dem Senatsurteil vom 9. Oktober 1997 im Vorprozess aufbaut, in dem ebenfalls die Kaution verrechnet worden ist, läge in dieser Höhe ein ungerechtfertigter Ansatz zugunsten der Beklagten vor, wenn die Anrechnung nicht auf die hier angenommene Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Vermieter erfolgte. Danach ergibt sich ein Betrag von 52.308,60 DM (58.657,01 DM - 12.600,00 DM + 6.251,59 DM).

Anschlussberufung des Klägers

Soweit der Kläger über den ihm vom Landgericht zuerkannten Betrag von 58.657,01 DM aufgrund der Rechnung der Gerichtskasse Düsseldorf mit dem Kassenzeichen 263547 210 1 (Bl. 296 d.A.) einen weiteren Betrag von 135,00 DM geltend macht, sind die Beklagten seinem Zahlungsbegehren nicht entgegengetreten, das somit unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen in Höhe von insgesamt 52.308,60 DM + 135,00 DM = 52.443,60 DM gerechtfertigt ist.

Im wesentlichen gerechtfertigt ist auch die Zinsforderung des Klägers, die seitens der Beklagten unbeanstandet geblieben ist. Ihr konnte lediglich insoweit nicht stattgegeben werden, als der Kläger auf der Grundlage des § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB 5 % Zinsen über dem gesetzlichen Basiszinssatz begehrt, da Gegenstand des Rechtsstreits eine Geldschuld ist, die vor dem 01.05.2000 fällig geworden ist, so dass es auch insoweit bei dem bis dahin maßgebenden Zinssatz von 4 % sein Bewenden hat.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 und 100 Abs. 4 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass, weil die Voraussetzungen des § 546 Abs. 1 ZPO nicht gegeben sind.

Die Beschwer der Parteien betragt jeweils weniger als 60.000,00 DM.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz errechnet sind wie folgt:

Berufung der Beklagten: 58.657,01 DM

Anschlussberufung des Klägers: 135,00 DM

insgesamt: 58.792,01 DM.

Ende der Entscheidung

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