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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 28.09.2000
Aktenzeichen: 10 U 133/99
Rechtsgebiete: BJG, BGB


Vorschriften:

BJG § 7 Abs. 1 S. 1
BGB § 125
BGB § 242
BGB § 285
BGB § 535 ff.
Das Absinken eines Eigenjagdbezirks unter die gesetzliche Mindestgröße von 75 Hektar hat keine Auswirkungen auf bestehende Jagdpachtverträge.
OLG Düsseldorf 10. Zivilsenat

Urteil vom 28.09.2000

Az.: 10 U 133/99

Gründe:

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch steht der Klägerin nicht zu. In Übereinstimmung mit dem angefochtenen Urteil ist der Beklagte auch nach Auffassung des Senats aufgrund des Jagdpachtvertrages vom 15.06.1978 in Verbindung mit dem Nachtrag vom 20.12.1980 auch weiterhin zur Jagdausübung berechtigt.

1) Die Tatsache, daß der Eigenjagdbezirk, der Gegenstand der vorstehend gekennzeichneten Vereinbarungen ist, infolge der Veräußerung von Teilflächen an die Klägerin unstreitig die nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BJG erforderliche Mindestgröße von 75 Hektar, die nach § 5 LJG - NW auch in Nordrhein-Westfalen maßgebend ist, nicht mehr erreicht, hat keinen Einfluß auf die Rechtsstellung des Beklagten aufgrund dieser Vereinbarungen. Sinkt der Umfang eines Eigenjagdbezirks - beispielsweise durch Teilveräußerung - unter die gesetzliche Mindestgröße, so hört er zwar kraft Gesetzes auf zu bestehen, nach einhelliger Meinung im Schrifttum jedoch unbeschadet des Fortbestandes eines vorher geschlossenen Pachtvertrages (so z.B. Mitzschke/Schäfer, Kommentar zum Bundesjagdgesetz, 4. Aufl., § 7 Rdn. 2; Lorz/Metzger/Stöckel, Jagd- und Fischereirecht, 3. Aufl., § 7 BJG Rdn. 4 und § 14 BJG Rdn. 5; Rühling/Selle, Kommentar zum Bundesjagdgesetz, § 14 Rdn. 3; Schandau/Drees, Das Jagdrecht in Nordrhein-Westfalen, 3. Aufl., § 7 BJG Anm. 1 am Ende; Hencke, Jagdrecht in Nordrhein-Westfalen, 2. Aufl., § 14 BJG Anm. 1; vgl. auch BGHZ 117, 309, 315). Insoweit vermag der Senat die Auffassung der Berufung nicht zu teilen, die vorstehend angeführte Auffassung treffe nicht den Fall, daß ein Eigenjagdbezirk aufgrund einer Flächenreduzierung nicht mehr bestehe. Die gesetzliche Regelung läuft vielmehr darauf hinaus, daß die Rechte des Pächters gleichwohl geschützt bleiben. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ist diese Annahme, der auch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 30.04.1974 (NJW 1974, 1655) nicht entgegensteht, jedenfalls dann gerechtfertigt, wenn die verbliebene Restfläche eine Größe hat, die eine ordnungsgemäße Jagdausübung noch ermöglicht. Daß dies nicht der Fall wäre, macht die Klägerin selbst nicht geltend und ist auch sonst nicht ersichtlich. Die Klägerin hat vielmehr erst die unterschiedlichen Auffassungen der Parteien hinsichtlich des ab dem Jagdjahr 1997 zu zahlenden Pachtzinses zum Anlaß genommen, die Berechtigung des Beklagten zur Jagdausübung auf den verbliebenen Restflächen des ursprünglichen Eigenjagdbezirks in Frage zu stellen, ohne die Möglichkeit der ordnungsgemäßen Jagdausübung auch nur andeutungsweise in Zweifel zu ziehen.

2) Dem Landgericht ist auch darin beizupflichten, daß die Nachtragsvereinbarung vom 20.12.1980 nicht nach § 11 Abs. 6 Satz 1 BJG wegen Nichtbeachtung der vorgeschriebenen Schriftform unwirksam ist, weil die Regelung hinsichtlich des zu Beginn der einzelnen Pachtperioden neu festzusetzenden Pachtzinses zu unbestimmt wäre, so daß der Beklagte unter diesem Gesichtspunkt zur Jagdausübung nicht berechtigt wäre. Zwar setzt die Beachtung der Schriftform voraus, daß der Inhalt des in Rede stehenden Vertrages hinreichend bestimmt ist (so z.B. BGHZ 45, 183). Dies ist der Fall, wenn er zumindest den Anforderungen eines Vorvertrages entspricht (vgl. z.B. Palandt/Heinrichs, 58. Aufl., § 125 BGB Rdn. 18). Ein wirksamer Vorvertrag setzt indes lediglich voraus, daß der Inhalt des abzuschließenden Hauptvertrages zumindest bestimmbar ist (so z.B. Palandt/ Heinrichs, a.a.O., Einf. vor § 145 BGB Rdn. 19 im Anschluß an BGH NJW 1990, 1235 und NJW-RR 1993, 140). Diese Voraussetzung ist vorliegend unzweifelhaft gegeben, weil der durchschnittliche Preis, den die Jagdgenossenschaft der Stadt L. pro Hektar für die von ihr verpachteten gemeinschaftlichen Jagdbezirke zu den jeweiligen Zeitpunkten erhält, trotz der von der Klägerin geschilderten Problematik zu ermitteln ist und daher einen Bemessungsfaktor darstellt, der dem Erfordernis der Bestimmbarkeit genügt.

Darüber hinaus verstieße es unter den gegebenen Umständen unter dem Gesichtspunkt widersprüchlichen Verhaltens aber auch gegen die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB), wenn sich die Klägerin mit Erfolg auf eine etwaige Verletzung der Schriftform berufen könnte, nachdem die Nachtragsvereinbarung vom 20.12.1980 seit dem 01.04.1988 ohne jegliche Beanstandungen von beiden Vertragspartnern praktiziert worden ist und, wie bereits angedeutet, völlig anders gelagerte Unstimmigkeiten zum Auftreten von Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Berechtigung des Beklagten zur Jagdausübung geführt haben.

3) Schließlich hat in Übereinstimmung mit dem angefochtenen Urteil auch die fristlose Kündigung der Klägerin vom 27.10.1998 nicht zur Beendigung des Pachtverhältnisses geführt, aus dem der Beklagte sein Recht zur Jagdausübung herleitet. Die Kündigungsvoraussetzungen nach § 11 Abs. 1 c des Vertrages vom 15.06.1978 sind nicht gegeben.

Es läßt sich nicht feststellen, daß sich der Beklagte mit der Bezahlung des Pachtzinses auch nur teilweise länger als drei Monate in Verzug befunden hätte, weil er zuletzt Zahlungen an die Klägerin lediglich auf der Basis von Hektarpreisen von 12,90 bzw. 16,14 DM geleistet bzw. dem Zahlungsbegehren der Klägerin im Wege der Verrechnung auf dieser Basis errechnete Überzahlungen entgegengehalten hat. Dabei kann dahinstehen, ob diese Beträge für die Rechtsbeziehungen seit Beginn des streitgegenständlichen Anspruchszeitraums tatsächlich maßgebend sind. Der Beklagte ist nämlich jedenfalls im Hinblick darauf nicht in Zahlungsverzug geraten, daß seine mangelnde Bereitschaft zur Zahlung höherer Beträge auf von ihm nicht zu vertretenden Gründen beruhte (vgl. § 285 BGB). Selbst wenn er sich insoweit in einem Rechtsirrtum befunden haben sollte, so wäre dieser jedenfalls im Anbetracht der Umstände unverschuldet, weil er sich ausweislich der unwidersprochen gebliebenen Angaben in seinem Anwaltsschreiben vom 01.04.1998 auf eine Auskunft des Steueramtes des Kreises M. berufen konnte, die die Basis für sein "Clearing" darstellte.

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