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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 19.10.2000
Aktenzeichen: 10 U 145/99
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 432
BGB § 709 Abs. 1
ZPO § 265 Abs. 2
Zur Frage der Prozeßführungsbefugnis des Gesellschafters einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts hinsichtlich der Geltendmachung einer Gesellschaftsforderung, falls die Mitgesellschafter ihre Mitwirkung daran verweigern.
Oberlandesgericht Düsseldorf 1. Zivilsenat

Urteil vom 19. Oktober 2000

10 U 145/99

Gründe:

Die Berufungen der Beklagten sind zulässig (vgl. z.B. Zöller/ Greger, 21. Aufl., § 280 ZPO Rdn. 8 m.w.N.). Sie sind auch sachlich gerechtfertigt. Das angefochtene Zwischenurteil, durch das die Klage des Klägers zu 2) für zulässig erklärt worden ist, kann keinen Bestand haben. Vielmehr ist die Klage des Klägers zu 2) unter Aufhebung dieses Zwischenurteils als unzulässig abzuweisen.

1)

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist allerdings davon auszugehen, daß für den klagegegenständlichen Zeitraum ein Mietverhältnis zwischen ihnen und dem Kläger zu 2) (als Gesellschafter der Sozietät) bestand. (wird ausgeführt)

2)

Es fehlt jedoch an der Prozeßführungsbefugnis des Beklagten zu 2).

a) Nach § 709 Abs. 1 BGB können Gesellschafter einer Gesellschaft des Bürgerlichen Rechts mangels anderweitiger Vereinbarung die Geschäfte der Gesellschaft grundsätzlich nur gemeinsam führen und dementsprechend entgegen § 432 BGB Gesellschaftsforderungen nur gemeinsam einklagen. Lediglich in besonders gelagerten Fällen ist die Prozeßführungsbefugnis einzelner Gesellschafter zu bejahen. So hat der Bundesgerichtshof die Prozeßführungsbefugnis u.a. dann zugelassen, wenn der andere Gesellschafter sich unter Zurückstellung der Gesellschafterinteressen im bewußten Zusammenwirken mit dem Beklagten weigert, an der Geltendmachung einer Gesellschaftsforderung mitzuwirken (BGHZ 17, 340, 346). Einzelne Gesellschafter können immer dann eine Gesellschaftsforderung einklagen, wenn sie an der Geltendmachung ein berechtigtes Interesse haben, die anderen Gesellschafter die Einziehung aus gesellschaftswidrigen Gründen verweigern und zudem der verklagte Gesellschaftsschuldner an dem gesellschaftswidrigen Verhalten beteiligt ist (BGHZ 39, 14, 17 ff.; BGHZ 102, 152, 154; siehe auch BGH NJW 1973, 2198, 2199; OLG Dresden NZG 2000, 248, 249; OLG Karlsruhe WM 1999, 589, 590; MK-Ulmer, 3. Aufl., § 709 BGB Rdn. 39, § 719 BGB Rdn. 8; MK-Selb, 3. Aufl., § 432 BGB Rdn. 4; Palandt/Heinrichs, 59. Aufl., § 432 BGB Rdn. 6).

b) Diese Voraussetzungen sind indes entgegen der Auffassung des Landgerichts vorliegend nicht erfüllt. Jedenfalls kann nicht von einer Beteiligung der Beklagten an einem etwaigen gesellschaftswidrigen Verhalten des Gesellschafters Dipl.-Ing. G. und auch des früheren Gesellschafters Dr. T. bei der hier maßgeblichen Mieterhöhung zum 1. April 1993 ausgegangen werden.

Der Senat meint, auch wenn für die Frage der Prozeßführungsbefugnis eine schlüssige Darlegung genügt, daß eine Beteiligung der Beklagten an einem entsprechenden Verhalten der erwähnten beiden Gesellschafter nicht angenommen werden kann. Die Beklagten verfolgten bei dieser Mieterhöhung eigene wirtschaftliche Interessen, woran auch der Umstand, daß es sich um die jeweiligen Ehegatten handelte, nichts änderte. Wenn sich die Mieter auf die Erhöhung einließen, war dies nicht ihre Sache. Grundsätzlich brauchten sie auch nicht zu interessieren, wie die Meinungsbildung in der Gesellschaft erfolgt war. Deshalb hat auch der Umfang der Mietsteigerung nicht die vom Beklagten zu 2) angeführte Bedeutung. Auch der Hinweis der Berufungserwiderung, ein Zusammenwirken liege deswegen vor, weil die Beklagten die Mitwirkungsweigerung des Gesellschafters G. und jetzt auch des Beklagten zu 1) ausnutzten, rechtfertigt unter diesen Umständen keine andere Beurteilung.

Durch die aus den vorstehenden Erwägungen folgende Verneinung der Befugnis des Klägers zu 2), etwaige Rückforderungsansprüche der Gesellschaft, der er zeitweise angehörte, im eigenen Namen geltend zu machen, wird er keineswegs rechtlos gestellt oder auch nur übermäßig in seiner Rechtsstellung beeinträchtigt. Es bleibt ihm vielmehr unbenommen, seine (ehemaligen) Mitgesellschafter notfalls im Wege der Klage darauf in Anspruch zu nehmen, an der Geltendmachung der streitgegenständlichen Forderung gegenüber den Beklagten mitzuwirken. Umgekehrt haben die Beklagten ein schutzwürdiges Interesse daran, daß die Gesellschafter der Sozietät, an die sie vermietet haben, untereinander und ohne ihre Beteiligung klären, ob die streitgegenständliche Forderung eingeklagt werden soll oder nicht (vgl. auch dazu BGHZ 39, 18, 19). Daß einem späteren Rückzählungsverlangen möglicherweise die Einrede der Verjährung entgegengehalten werden kann, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung, weil der Beklagte zu 2) die Möglichkeit hatte, rechtzeitig innerhalb der Gesellschaft eine eindeutige Absprache herbeizuführen, was geschehen sollte, und dann notfalls seine (früheren) Mitgesellschafter zu verklagen, soweit nicht die Schiedsvereinbarung des Gesellschaftsvertrags maßgebend war.

3)

Eine Klagebefugnis des Klägers zu 2) besteht auch nicht unter dem Gesichtspunkt der gewillkürten Prozeßstandschaft.

Eine Klageermächtigung ist dem auch von dem Kläger zu 2) unterschriebenen Aktenvermerk vom 20. November 1997 nicht zu entnehmen. Dort ist nur von Verhandlungen die Rede, die durch die beiden Kläger geführt werden sollte. Im übrigen blieb die Geltendmachung eine Angelegenheit der gesamten Sozietät, was zeigt, daß eine Klageerhebung gegebenenfalls noch zu beschließen war. Bei dieser Sachlage kann offen bleiben, ob eine etwaige Ermächtigung jedenfalls durch den im Verlauf des Rechtsstreits erfolgten Widerruf des Gesellschafters G. wirkungslos geworden ist.

Was eine etwaige Ermächtigung durch den Kläger zu 1) angeht, ist diese deshalb nicht mehr von Bedeutung, weil insoweit das rechtskräftige Versäumnisurteil des Landgerichts vom 6. Mai 1998 eingreift. Insoweit besteht kein Anlaß, die Frage zu erörtern, ob ein Fall der Säumnis im Hinblick auf die Streitgenossenschaft der beiden Kläger vorlag oder nicht. Die Rechtskraft dieser Entscheidung ist maßgebend.

4)

Aber selbst wenn man entgegen den vorstehenden Ausführungen annimmt, der Kläger zu 2) sei zunächst prozeßführungsbefugt gewesen, so ist diese Befugnis jedenfalls dadurch entfallen, daß er mit Wirkung zum 30. Juni 1998 aus der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts mit dem Kläger zu 1) und Dipl.-Ing. G. ausgeschieden ist. Dies ergibt sich aus den Gründen, die das OLG Karlsruhe (NJW 1995, 1296, 1297) für den Fall der sog. actio pro socio, also des gerichtlichen Vorgehens gegen einen Mitgesellschafter, angeführt hat. Der Gesellschaftsanteil des Klägers zu 2) ist nämlich infolge seines Ausscheidens aus der Gesellschaft den beiden übrigen Gesellschaftern angewachsen und kann deswegen von ihm nicht weiterverfolgt werden. Die Regelung des § 265 Abs. 2 ZPO, wonach eine Veräußerung oder Abtretung keinen Einfluß auf einen bereits anhängigen Prozeß hat, steht dem nicht entgegen. Für eine solche Annahme kann insbesondere nicht die in NJW 1960, 964 veröffentlichte Entscheidung des Bundesgerichtshofs herangezogen werden. Der dort behandelte Fall einer Abtretung eines Gesellschaftsanteils ist mit der vorliegenden Fallgestaltung nicht vergleichbar. Vor allem vermag auch der Gesichtspunkt der Prozeßökonomie eine Gleichbehandlung nicht zu rechtfertigen. Wie zu 2) bereits ausgeführt, wird der Grundsatz der gemeinschaftlichen Prozeßführung aller Gesellschafter nur ausnahmsweise durchbrochen, so daß in Fällen der vorliegenden Art in aller Regel zwei Prozesse erforderlich sind, wenn die übrigen Gesellschafter ihre Mitwirkung an der Geltendmachung einer Gesellschaftsforderung verweigern. Daß auch der Gesichtspunkt der Verjährung außer Betracht zu bleiben hat, wurde unter Hinweis auf BGHZ 39, 18, 19 ebenfalls bereits erwähnt. Soweit eine Klagebefugnis des Klägers zu 2) aus der entsprechenden Anwendung des § 744 Abs. 2 BGB hergeleitet werden könnte, steht dem ebenfalls der vorstehend erörterte Gesichtspunkt entgegen.

Ende der Entscheidung

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