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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 08.06.2000
Aktenzeichen: 10 U 49/99
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 549 Abs. 1 Satz 2
BGB § 565 Abs. 1 a
BGB § 565 Abs. 5
Die Kündigungsfrist des § 565 Abs. 1 a BGB gilt auch im Falle der Ausübung des Sonderkündigungssrechts nach § 549 Abs. 1 Satz 2 BGB.
Gericht: OLG-Duesseldorf Datum: 08.06.2000 Oberlandesgericht Düsseldorf 10. Zivilsenat

Urteil vom 08.06.2000

Tenor:

Der Beklagte ist verpflichtet, an den Kläger den Mietzins in Höhe von insgesamt 5.000 DM für die Monate Februar und März 1998 zu zahlen. Das Mietverhältnis der Parteien ist nicht vor Ablauf des Anspruchszeitraums am 31.3.1998 beendet worden.

1.

Nach Ziffer 2 der Zusatzvereinbarung zum Mietvertrag vom 10.4.1991 konnte der Kläger die Zustimmung zur Untervermietung nur aus wichtigem Grund verweigern. Eine entsprechende Erklärung des Klägers ist am 9.10.1997 beim Beklagten eingegangen. Daraufhin hat dieser unstreitig unter dem 23.10.1997 "zum nächstmöglichen gesetzlichen Zeitpunkt" gekündigt und die Räumung des Mietgegenstandes zum 31.1.1998 in Aussicht gestellt. Diese Kündigung ist indes nicht vor dem 31.3.1998 wirksam geworden.

Die Tatsache, daß der Beklagte erklärtermaßen keine Kündigung mit sofortiger Wirkung ausgesprochen hat sowie seine Bezugnahme auf die Verweigerung der Zustimmung zur Untervermietung seitens des Klägers lassen unmißverständlich erkennen, daß er das Sonderkündigungsrecht des § 549 Abs. 1 Satz 2 BGB ausüben wollte. Danach ist der Mieter grundsätzlich berechtigt, das Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist zu kündigen. Diese bestimmt sich nach § 565 Abs. 5 BGB, wonach Abs. 1 Nr. 3 dieser Vorschrift einschlägig zu sein scheint mit der Folge, daß spätestens am 3. Werktag eines Kalendermonats für den Ablauf des übernächsten Monats gekündigt werden konnte, vorliegend also zum 31.1.1998. Diese Regelung hat das Landgericht im angefochtenen Urteil auch zitiert. In Wirklichkeit hat es jedoch den durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des BGB vom 29.10.1993 (BGBl. I S. 1838) eingeführten § 565 Abs. I a BGB angewandt und das Mietverhältnis der Parteien dementsprechend bis zum Ablauf des nächsten Kalendervierteljahres, also bis zum 31.03.1998, als fortbestehend angesehen. Ob diese Regelung bei der Geltendmachung von Sonderkündigungsrechten herangezogen werden kann, ist in Rechtsprechung und Schrifttum jedoch umstritten. Die Anwendbarkeit wird von der wohl herrschenden Meinung mit der Begründung bejaht, bei der Einführung des Abs. I a sei die Anpassung des Abs. 5 zwar gewollt gewesen, infolge eines Redaktionsversehens indes irrtümlich unterblieben (so z.B. OLG Hamm, Urteil vom 29.03.2000 - 30 U 192/99 -; LG Kiel NJW - RR 1995, 585 für den Fall der Kündigung nach den §§ 50, 51 Abs. 2 VglO; Palandt/Putzo, 59. Aufl., § 565 BGB Rdn. 27; Sternel, Mietrecht aktuell, 3. Aufl., Rdn. A 177; Staudinger/Sonnenschein, 12. Aufl., § 565 BGB Rdn. 98; Emmerich/Sonnenschein, Miete, 7. Aufl., § 565 BGB Rdn. 42; Bub/Treffer/Grapentin, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., V Rdn. 202; Kinne/Schach, Mietvertrags- und Mietprozeßrecht, 2. Aufl., § 565 BGB Rdn. 5; Schultz NZM 1999, 651). Nach anderer Auffassung besteht dagegen kein Anlaß zu einer vom Gesetzeswortlaut abweichenden Interpretation (so z.B. Wolf/Eckert, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 7. Aufl., Rdn. 936; Schmidt/Futterer, Mietrecht, 7. Aufl., § 565 BGB Rdn. 42; Franke in Fischer - Dieskau/Pergande/Schwender, Wohnungsbaurecht, Band 6, § 565 BGB Anm. 5.2; Fritz, Gewerberaummietrecht, 2. Aufl., Rdn. 397 a und NJW 1996, 2068; Gather DWW 1998, 206; Krull ZMR 1998, 125), so daß vorliegend die Klage keinen Erfolg hätte, soweit sie rückständigen Mietzins für die Monate Februar und März 1998 zum Gegenstand hat.

Der Senat folgt jedoch der erstgenannten Ansicht, geht also von dem Bestehen einer Gesetzeslücke aus, die im Wege der ergänzenden Gesetzesauslegung in der Weise zu schließen ist, daß § 565 Abs. 1 a BGB auch in Fällen der Ausübung eines Sonderkündigungsrechts zur Anwendung kommt. Er ist mit der als wohl herrschend bezeichneten Rechtsmeinung der Auffassung, daß der mit der Einführung dieser Vorschrift vom Gesetzgeber verfolgte Zweck, dem Mieter einen erweiterten Schutz gegenüber einem kurzfristigen Räumungsverlangen des Vermieters zu verschaffen, auch in Fällen der Kündigung mit gesetzlicher Frist maßgebend sein muß. Demgegenüber läßt das Gesetzgebungsverfahren ausweislich der diesbezüglichen Materialien auch nicht ansatzweise erkennen, daß in den Fällen des § 565 Abs. 5 BGB eine andere Kündigungsfrist gelten soll als dies bei einem Mietverhältnis über Geschäftsräume grundsätzlich der Fall ist. Vielmehr ist mangels gegenteiliger Anhaltspunkte, wie bereits angedeutet, davon auszugehen, daß bei der Vermietung von Geschäftsräumen beiden Vertragspartnern wegen der Notwendigkeit längerfristiger Planung einheitlich, also auch in Fällen der Ausübung eines Sonderkündigungsrechts, eine weitergehende Zeitspanne eingeräumt werden sollte, sich auf die veränderte Situation einzustellen und einen größeren Handlungsspielraum zu erhalten. Gegenüber diesen Erwägungen müssen rein formelle Überlegungen, die sich vorwiegend nicht am Gesetzeszweck, sondern am Wortlaut der in Rede stehenden Vorschrift orientieren, zurücktreten. Dies gilt umso mehr, als die vom Senat vertretene Auffassung, worauf das OLG Hamm in seinem Urteil vom 29.03.2000 zutreffend hinweist, auch dem Referentenentwurf eines Gesetzes zur Neuregelung, Vereinfachung und Reform des Mietrechts entspricht, der sich offenbar von dem vorstehend dargelegten Gesetzeszweck leiten läßt.

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