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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 23.09.1999
Aktenzeichen: 10 U 93/98
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 157
BGB §§ 398 ff.
BGB §§ 535 ff.
Zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen von der Abtretung seines Kündigungsrechts durch den Vermieter ausgegangen werden kann.

OLG Düsseldorf Urteil vom 23.09.1999 - 10 U 93/98 -


Gründe:

Mit Vertrag vom 17.02.1972 mietete die Beklagte vom Rechtsvorgänger der Klägerin mit Wirkung ab 01.07.1992 gewerbliche Räume zum Betriebe eines Ladengeschäfts nebst Verkaufs- und Auslieferungslager in einer Größe von ca. 900 m². Ausweislich eines Nachtrags zum eingangs gekennzeichneten Mietvertrag vom 27.12.1994/04.01.1995 endet das Mietverhältnis der Parteien am 31.12.1999 mit einer Option zugunsten der Beklagten von zweimal fünf Jahren. Die monatliche Kaltmiete beträgt nach diesem Nachtrag 11.700,-- DM. Hinzu kommt eine monatliche Heizkostenpauschale von 180,-- DM.

§ 2 des Mietvertrages vom 17.02.1972, auf dessen Inhalt im übrigen Bezug genommen wird, lautet wie folgt.

Der Vermieter kann den Mietvertrag aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, wenn der Mieter seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht nachkommt (z.B. Zahlungsrückstand ...). Ein Zahlungsrückstand in diesem Sinne liegt vor, wenn der Mieter mit mehr als einer Rate in Rückstand ist.

Unter dem 10.07.1997 hat die Klägerin gegen die Beklagte Räumungs- und Herausgabeklage hinsichtlich des streitgegenständlichen Mietobjekts erhoben und das mit dieser bestehende Mietverhältnis gleichzeitig fristlos gekündigt. Außerdem hat sie Zahlung von insgesamt 42.660,-- DM begehrt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, bis zum 01.05.1997 bestehe ein Zahlungsrückstand der Beklagten von 7.020,-- DM, weil diese nicht berechtigt gewesen sei, den vereinbarten Mietzins in entsprechender Höhe zu mindern. Darüber hinaus sei sie in den Monaten von Mai bis Juli 1997 den gesamten Mietzins schuldig geblieben.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat geltend gemacht, im Zeitpunkt der fristlosen Kündigung der Klägerin nicht mit mehr als einer Monatsmiete in Rückstand gewesen zu sein. Darüber hinaus hat sie die in der dem vorliegenden Rechtsstreit zugrundeliegenden Klage ausgesprochene Kündigung mangels Nachweises der Bevollmächtigung des unterzeichnenden Rechtsanwalts S. gemäß § 174 BGB zurückgewiesen. Schließlich hat sie eine schriftliche Erklärung der Klägerin vom 20. 04. 1988 zu den Akten gereicht, ausweislich deren diese die "künftigen Miet- und Pachtzinsforderungen ... des Objekts ... W. Straße 17" an die (DKH) in B. abgetreten hat. Darin heißt es u.a. wie folgt:

3. ... Änderungen von Miet-/Pachtverträgen, die zu einer Verringerung des Nettomiet-/Nettopachtertrages führen können, sind nur mit vorheriger Zustimmung der DKH möglich. Mieter-/Pächterwechsel bedürfen der vorherigen Zustimmung der DKH, welche diese erteilen wird, wenn kein wichtiger Grund zur Verweigerung vorliegt.

Im Hinblick auf diese Vereinbarung, auf die im übrigen verwiesen wird, hat die Beklagte die Aktivlegitimation der Klägerin hinsichtlich des von ihr erhobenen Zahlungsanspruchs in Abrede gestellt.

Durch das angefochtene Urteil hat das Landgericht dem Räumungs- und Herausgabeverlangen der Klägerin in vollem Umfang stattgegeben, die Klage auf Zahlung von 42.660,-- DM nebst Zinsen dagegen abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt:

Die Zahlungsklage sei im Hinblick auf die Abtretungsvereinbarung vom 20. 04. 1988 mangels Prozeßführungsbefugnis der Klägerin unzulässig. Dagegen sei ihr Räumungs- und Herausgabeverlangen gerechtfertigt, weil das Mietverhältnis der Parteien infolge ihrer fristlosen Kündigung beendet sei. Die Beklagte könne die Kündigungserklärung nicht mehr wegen fehlender Bevollmächtigung des Rechtsanwalts S. zurückweisen, weil dies nicht unverzüglich geschehen sei. Die Abtretungsvereinbarung vom 20.04.1988 stehe der Wirksamkeit der Kündigung ebenfalls nicht entgegen, weil sie keine Abtretung des Kündigungsrechts zum Gegenstand habe. Schließlich seien die in § 2 Ziff. 3 des - Mietvertrages vom 17.02.1972 geregelten Kündigungsvoraussetzungen gegeben. Die Beklagte sei nämlich in der Tat im Zeitpunkt der Kündigungserklärung der Klägerin mit mehr als einer Monatsrate, und zwar mit dem Mietzins für die Monate Mai bis Juli 1997, in Verzug gewesen. Die diesbezüglichen Zahlungen der Beklagten seien verspätet erfolgt und könnten daher insoweit nicht mehr berücksichtigt werden. Darüber hinaus bestehe ein Mietzinsrückstand in Höhe von 7.020,-- DM aus dem Jahre 1996, weil der Beklagten jedenfalls im Hinblick auf die gesetzliche Regelung des § 539 BGB kein Minderungsrecht zugestanden habe.

Gegen ihre Verurteilung zur Räumung und Herausgabe des streitgegenständlichen Mietobjekts richtet sich die Berufung der Beklagten. Dazu macht sie nunmehr vor allem geltend, die Klägerin habe auch ihr Kündigungsrecht aufgrund der Abtretungsvereinbarung vom 20.04.1988 verloren. Ziff. 3 dieser Vereinbarung erfasse auch das Kündigungsrecht, das somit auf die DKH übergegangen sei, die indes der Kündigung der Klägerin nicht zugestimmt habe. Darüber hinaus wiederholt die Beklagte ihre Bedenken gegen die Wirksamkeit der Vollmachtserteilung gegenüber dem erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der Klägerin, dem Rechtsanwalt S., die entgegen den Erwägungen des angefochtenen Urteils von ihr auch rechtzeitig erhoben worden seien.

Die zulässige Berufung der Beklagte ist sachlich nicht gerechtfertigt. Ihre Verurteilung zur Räumung und Herausgabe des streitgegenständlichen Mietobjekts durch das Landgericht ist auch unter Berücksichtigung ihres zweitinstanzlichen Vorbringens nicht zu beanstanden.

Das Räumungs- und Herausgabeverlangen der Klägerin ist nach § 556 Abs. 1 BGB begründet. Das Mietverhältnis der Parteien ist, wie das Landgericht zu Recht angenommen hat, durch die fristlose Kündigung der Klägerin innerhalb der von ihr unter dem 10.07.1997 erhobenen Klage beendet worden, so daß der Beklagten kein Besitz- du Nutzungsrecht mehr zusteht.

1) Die Klägerin hätte ihr Kündigungsrecht allerdings verloren, wenn sie es wirksam an die DKH abgetreten hätte (§§ 398 ff. BGB). Dies ist jedoch nicht der Fall.

Dabei kann dahinstehen, ob das Kündigungsrecht in Anbetracht seiner Eigenschaft als Gestaltungsrecht einer Abtretung überhaupt zugänglich ist (vgl. dazu die Nachweise bei BGH NJW 1998, 896 = MDR 1998, 271 = DNotZ 1998, 807, wobei die Entscheidung der Streitfrage ausdrücklich offengeblieben ist). Das Landgericht ist nämlich zu Recht davon ausgegangen, daß die Vereinbarung vom 20. 04. 1988 keine Abtretung des Kündigungsrechts der Klägerin beinhaltet. In Ziff. 3 dieser Vereinbarung ist es nicht ausdrücklich erwähnt, was indes nahegelegen hätte, wenn es ebenfalls hätte abgetreten werden sollen und die Wirksamkeit der Abtretung von der vorherigen Zustimmung der DKH abhängen sollte. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann die vertragliche Regelung auch nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung mit der Begründung auf das Kündigungsrecht ausgedehnt werden, dieses führe nicht nur zu einer Verringerung, sondern zum völligen Wegfall des Nettomiet- bzw. Nettopachtertrages, so daß in diesem Falle die Interessen der Zessionarin in verstärktem Maße betroffen seien und ihr auch bei einer derartigen Sachlage das Recht zustehen müsse, durch Verweigerung ihrer Zustimmung eine Kündigung zu verhindern. Bei der Auslegung ist nämlich zu berücksichtigen, daß die in Rede stehende Klausel Bestandteil Allgemeiner Geschäftsbedingungen der DKH ist. Zweifel bei ihrer Auslegung gehen somit nach § 5 AGBG zu deren Lasten. Da derartige Zweifel vorliegend nicht ausgeräumt werden können, verbietet sich die Annahme einer Abtretung auch des Kündigungsrechts. Diese Zweifel ergeben sich insbesondere daraus, daß zumindest die DKH in Angelegenheiten dieser Art geschäftserfahren war, so daß es, wie bereits angedeutet, nahegelegen hätte, auch die Notwendigkeit ihrer Zustimmung zu einer etwaigen Abtretung hinreichend deutlich zu machen, wenn eine solche gewollt gewesen wäre. Darüber hinaus ist der Tatsache Rechnung zu tragen, daß die Abtretungsvereinbarung vom 20. 04. 1988 ausschließlich das Verhältnis der Klägerin zur DKH betrifft, so daß diesbezügliche Verstöße nur innerhalb dieser Rechtsbeziehung von Bedeutung sind, wie dies insbesondere auch in der Regelung zu Ziff. 6 der Vereinbarung zum Ausdruck kommt, die eine Schadensersatzverpflichtung der Klägerin und ein Recht der DKH zur fristlosen Kündigung bei Vertragsverletzungen begründet, dagegen keine Auswirkungen auf Drittbeteiligte vorsieht. Daß sich bei Werkförderungsverträgen im Verhältnis zwischen Darlehnsgeber und Vermieter im Hinblick auf das Besetzungsrecht des Darlehnsgebers Kündigungsbeschränkungen auch zugunsten des Mieters auswirken (vgl. etwa Bub/Treier/Grapentin, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl. Anm. IV 3), rechtfertigt keine andere Beurteilung, weil eine vergleichbare Sach- und Interessenlage vorliegend nicht gegeben ist, zumal auch nach dieser Auffassung eine außerordentliche unbefristete Kündigung als nicht zustimmungsbedürftig angesehen wird. Daß die Offenlegung der Abtretungsvereinbarung Auswirkungen auf die Kündigungserklärung der Klägerin haben sollte, erscheint schließlich auch deswegen nicht gerechtfertigt, weil sie erst nach deren Abgabe erfolgt ist.

2) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist weiter davon auszugehen, daß Rechtsanwalt S., der die fristlose Kündigung ihr gegenüber erklärt hat, hierzu von der Klägerin bevollmächtigt war. ...

3) Die Kündigung der Klägerin ist auch nicht gemäß § 174 BGB deswegen unwirksam, weil sie von der Beklagten mit der Begründung zurückgewiesen worden ist, es habe lediglich eine unzureichende Vollmachtsurkunde vorgelegen, was einem fehlenden Bevollmächtigungsnachweis gleichzustellen wäre (vgl. z.B. Palandt/Heinrichs, 58. Aufl., § 174 BGB Rdn. 3 und Erman/Brox, 9. Aufl., § 174 BGB Rdn. 2). Während die Zustellung der in der Klageschrift enthaltenen Kündigungserklärung bereits am 03.09.1997 erfolgt ist, finden sich diesbezügliche Beanstandungen der Beklagten erstmals in deren Schriftsatz vom 20.09.1997. In Übereinstimmung mit dem landgerichtlichen Urteil kann bei dieser Sachlage von einer "unverzüglichen" Zurückweisung im Sinne der §§ 174, 121 BGB keine Rede sein.

4) Hinsichtlich der materiell-rechtlichen Berechtigung der Kündigung der Klägerin folgt der Senat ebenfalls den Erwägungen des landgerichtlichen Urteils. Darin sind die Kündigungsvoraussetzungen von Ziff. 3 des Mietvertrages vom 17.02.1972 wie auch des § 554 Abs. 1 Nr. 2 BGB zutreffend bejaht worden. Die diesbezüglichen Ausführungen werden von der Beklagten in der Berufungsinstanz auch nicht mehr in Frage gestellt.



Ende der Entscheidung

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