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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 11.05.2000
Aktenzeichen: 10 W 25/00
Rechtsgebiete: BGB, GVG


Vorschriften:

BGB § 538
GVG § 13
§ 538 BGB, § 13 GVG

Zu der Frage, welcher Rechtsweg für die Geltendmachung von Ansprüchen aus einer sog. Überlassungsvereinbarung eröffnet ist, die der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben (hier: Tätigkeit des Bundesgrenzschutzes auf einem Flughafengelände) zu dienen bestimmt ist.

Oberlandesgericht Düsseldorf, 10. Zivilsenat Beschluß vom 11.5.2000 (10 W 25/00)


Gründe:

Die nach § 17 a Abs. 4 Satz 2 GVG in Verbindung mit § 577 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Beklagten zu 1) ist sachlich nicht gerechtfertigt. Das Landgericht hat zu Recht angenommen, daß der vorliegende Rechtsstreit vor die ordentlichen Gerichte gehört, weil er im Sinne des § 13 GVG dem bürgerlichen Recht zuzuordnen ist.

Die Klägerin leitet die von ihr geltend gemachten Ansprüche gegenüber der Beklagten zu 1) in erster Linie aus § 538 BGB in Verbindung mit der von ihr mit dieser geschlossenen Überlassungsvereinbarung vom 12.3.1980/4.2.1981/22.8.1984 her. Entgegen der Auffassung der Beklagten zu 1), der erklärtermaßen auch das Landgericht zuneigt, handelt es sich bei dieser Vereinbarung nicht um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag, für den der Verwaltungsrechtsweg eröffnet wäre, so daß die von der Beklagten zu 1) angestrebte Verweisung in diesen zu erfolgen hätte.

Für die Frage der Zuordnung eines Vertrages zum Zivilrecht oder zum öffentlichen Recht ist der Gegenstand der Regelung maßgebend, wobei unter Berücksichtigung ihres Schwerpunktes auf deren Gesamtcharakter abzustellen ist (vgl. z.B. BGHZ 116, 339, 342; Zöller/Gummer, 21. Aufl., § 13 GVG Rdn. 40 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Dabei hat die Verfolgung öffentlich-rechtlicher Zwecke nicht ohne weiteres den öffentlich-rechtlichen Charakter der Vereinbarung zur Folge, wenn diese ansonsten typisch privatrechtlich ausgestaltet ist (a.a.O. Rdn. 40 a). Ebenso wenig ist von ausschlaggebender Bedeutung, ob sämtliche Vertragsschließenden oder zumindest einer von ihnen vorrangig hoheitliche Aufgaben wahrnimmt.

Unter Zugrundelegung der vorstehend aufgezeigten Kriterien ist die eingangs gekennzeichnete Überlassungsvereinbarung, wie bereits angedeutet, trotz der Regelung des § 62 Abs. 3 BundesgrenzschutzG als eine solche des bürgerlichen Rechts zu qualifizieren.

Das inhaltliche Erscheinungsbild der in Rede stehenden Vereinbarung entspricht in allen wesentlichen Punkten dem eines Mietvertrages nach § 535 BGB und damit einem Vertragstyp des Privatrechts. Der Überlassungsgegenstand ist, wie in derartigen Fällen üblich, im Wege der Bezugnahme auf eine beigefügte Anlage genau und unmißverständlich beschrieben. Die Kündigung des auf unbestimmte Zeit begründeten Überlassungsverhältnisses, die Frage der Instandhaltung, die Zulässigkeit der Vornahme baulicher Veränderungen und der Schaffung zusätzlicher Einrichtungen sowie der Umfang der Rückgabeverpflichtung sind wie in einem Mietvertrag typischen Zuschnitts detailliert geregelt. Entsprechendes gilt auch für die Haftungstatbestände, die denen des privaten Mietrechts nachgebildet sind. Daß anstelle der sonst gebräuchlichen Verpflichtung zur Zahlung des Mietzinses von der Klägerin für die Nutzung der ihr überlassenen Räumlichkeiten lediglich die Selbstkosten zu erstatten waren, steht der Annahme mietvertraglichen Gepräges nach bürgerlichen Recht nicht entgegen, weil die Vereinbarung eines die Selbstkosten übersteigenden Entgelts für die Gebrauchsüberlassung kein Wesensmerkmal eines privatrechtlichen Mietvertrages darstellt. Als Besonderheit gegenüber den privatrechtlichen Mietverträgen, mit denen der Senat ständig befaßt ist, verbleibt daher lediglich der Umstand, daß die Überlassung der Räumlichkeiten vorliegend nicht der Ausübung eines sich nach den Grundsätzen des Zivilrechts vollziehenden Gewerbes, sondern der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben zu dienen bestimmt war, was indes - wie ausgeführt - für sich allein nicht geeignet ist, die Annahme eines öffentlich-rechtlichen Vertrages zu rechtfertigen. Dies wäre vielmehr nur dann der Fall, wenn sich aus der hier zu beurteilenden Oberlassungsvereinbarung Rechte und Pflichten ergäben, deren Träger notwendigerweise nur eine Stelle der öffentlichen Verwaltung sein kann oder wenn ein enger und unlösbarer Zusammenhang mit einem öffentlich-rechtlichen Verfahren bestünde (so z.B. Baumbach/Albers, 54. Aufl., § 13 GVG Rdn. 8 im Anschluß an BVerwG NJW 1976, 2360 und OLG Hamm NJW-RR 1991, 640). Davon kann jedoch aus den dargelegten Gründen keine Rede sein. Darauf, ob auch ein Anspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten zu 1) auf der Grundlage des § 823 Abs. 1 BGB in Betracht kommt und ob daraus eine (Gesamt-) Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte hergeleitet werden könnte, wie sie das Landgericht im angefochtenen Beschluß angenommen hat, kommt es somit nicht einmal an.

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