Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 13.09.2001
Aktenzeichen: 2 U 27/01
Rechtsgebiete: UWG, ZPO


Vorschriften:

UWG § 1
UWG § 13 Abs. 4
ZPO § 97 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2 U 27/01

Verkündet am 13. September 2001

In dem Verfahren

betreffend einstweilige Verfügung

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 23. August 2001 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht S sowie der Richter am Oberlandesgericht K und R

für Recht erkannt:

Tenor:

1.

Die Berufung der Antragstellerin gegen das am 17. Januar 2001 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

2.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 20.000 DM.

Tatbestand:

Die Antragstellerin ist ein rechtsfähiger Verband, dem u.a. eine größere Zahl von Immobilienmaklern aus dem Großraum D als Mitglieder angehört und der u.a. den satzungsgemäßen Zweck verfolgt, den unlauteren Wettbewerb zu bekämpfen.

Die Antragsgegnerin ist Immobilienmaklerin. Sie warb in der Zeitung "Rheinische Post" vom 14. Oktober 2000 mit den nachfolgend wiedergegebenen Anzeigen:

Entsprechend dem Anzeigenauftrag der Antragsgegnerin war sie in den Anzeigen nur mit "B I" bezeichnet.

Die Antragstellern wies die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 18. Oktober 2000 darauf hin, sie habe mit der genannten Gestaltung der Anzeigen gegen § 6 Abs. 2 Wohnungsvermittlungsgesetz verstoßen, wonach Wohnungsvermittler, bei denen es sich um natürliche Personen handele, öffentlich Wohnräume nur unter Angabe ihres (ausgeschriebenen) Familiennamens anbieten durften; gleichzeitig liege in dem beanstandeten Verhalten auch ein Verstoß gegen § 1 UWG. Die Antragstellerin forderte die Antragsgegnerin auf, sich unter dem Versprechen einer Vertragsstrafe von 6.000 DM für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verpflichten, eine derartige Werbung zu unterlassen.

Unter dem 26. Oktober 2000 gab die Antragsgegnerin der Antragstellerin gegenüber eine Unterlassungsverpflichtungserklärung ab, die hinsichtlich der zu unterlassenden Handlungen der verlangten Erklärung entsprach und in der für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine von der Antragstellerin nach pflichtgemäßem Ermessen festzusetzende und gegebenenfalls vom zuständigen Gericht zu überprüfende Vertragsstrafe versprochen wurde. Es folgte dann folgender Satz:

"Eine Haftung für die Fälle, in denen die Zuwiderhandlung darauf beruht, dass korrekte Anzeigenaufträge von einem Verlag fehlerhaft ausgeführt werden, wird nicht übernommen."

Die Antragstellerin hat diese Erklärung nicht angenommen, weil sie die Ansicht vertritt, wegen der im letzten Satz enthaltenen Einschränkung reiche die Erklärung zur Beseitigung der durch die Werbung der Antragsgegnerin begründeten Wiederholungsgefahr nicht aus.

Die Antragstellerin hat beantragt,

der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen, Wohnungsangebote und/oder -gesuche als Wohnungsvermittlerin zu veröffentlichen, ohne zugleich ihren Namen anzugeben,

wenn dies wie in den nachfolgend abgebildeten Anzeigen in der Zeitung "Rheinische Post" vom 14.10.2000 in der Rubrik "Mietangebote" auf den Seiten 176 und 177 geschieht:

(Es folgte eine Ablichtung der oben wiedergegebenen Anzeigen).

Die Antragsgegnerin hat um Zurückweisung des Antrages auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung gebeten und eingewendet: Mit dem letzten Satz ihrer Unterlassungsverpflichtungserklärung habe sie nur eine Fallgestaltung ausgenommen, bei der ein gesetzlicher Unterlassungsanspruch der Antragstellerin nicht gegeben wäre; hinsichtlich des zunächst bestehenden Unterlassungsanspruchs der Antragstellerin habe die Erklärung daher die Wiederholungsgefahr ausgeräumt.

Das Landgericht hat den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Auf das Urteil vom 17. Januar 2001 wird Bezug genommen.

Die Antragstellerin hat Berufung eingelegt, mit der sie ihren bisherigen Antrag weiterverfolgt, während die Antragsgegnerin um Zurückweisung des Rechtsmittels bittet. Die Parteien wiederholen und ergänzen ihr bisheriges Vorbringen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist nicht begründet.

Die Antragstellerin kann keine Verurteilung der Antragsgegnerin zur Unterlassung des angegriffenen Wettbewerbsverhaltens verlangen, weil hinsichtlich eines solchen Verhaltens keine Wiederholungsgefahr mehr besteht.

Es ist anerkannt, dass die durch einen Wettbewerbsverstoß in aller Regel begründete Gefahr seiner Wiederholung bereits dadurch entfällt, dass der Verletzer dem Unterlassungsgläubiger gegenüber eine inhaltlich genügende und mit dem Versprechen einer ausreichend hohen Vertragsstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung versehene Unterlassungsverpflichtungserklärung abgibt, unabhängig davon, ob dieser sie annimmt oder nicht, ob also auch ein Vertrag mit entsprechendem Inhalt zustandekommt (vgl. dazu Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., Einleitung UWG Rdn. 270 m.w.N.).

Ein solcher Fall ist hier gegeben. Die Antragsgegnerin hat sich mit ihrer Erklärung vom 26. Oktober 2000 in dem von der Antragstellerin verlangten Umfang zur Unterlassung verpflichtet; sie hat darüber hinaus für jeden Fall der Zuwiderhandlung die Zahlung einer Vertragsstrafe an die Antragstellerin versprochen, die, wie auch die Antragstellerin nicht in Zweifel zieht, ausreichend ist, um die Antragsgegnerin von weiteren Verstößen abzuschrecken.

Die Unterlassungsverpflichtungserklärung war auch nicht etwa wegen der in ihrem letzten Satz enthaltenen Einschränkung unzureichend. Zwar wird in vielen Fällen eine unter einer Bedingung stehende Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht geeignet sein, die Wiederholungsgefahr zu beseitigen; das gilt aber nicht, wenn die Unterlassungsverpflichtungserklärung lediglich solche Einschränkungen enthält, die zulässige Formen des Wettbewerbshandelns von der Übernahme der Unterlassungsverpflichtung ausnehmen. Da der Unterlassungsgläubiger ihre Unterlassung ohnehin nicht verlangen kann, wird er durch solche Einschränkungen nicht benachteiligt, zumal der Unterlassungsschuldner im Streitfall zu beweisen hätte, dass ein von der Einschränkung erfaßter Fall vorliege (vgl. Melullis, Handbuch des Wettbewerbsprozesses, 3. Aufl. 2000, Rdn. 615).

Die Antragsgegnerin hat in ihrer Erklärung vom 26. Oktober 2000 ihre Haftung lediglich für solche Fälle ausgenommen, in denen eine an sich gegen das Unterlassungsversprechen verstoßende Werbung darauf beruht, dass "korrekte" Anzeigenaufträge von einem Verlag, fehlerhaft ausgeführt werden. Das ist dahin auszulegen, dass nur Fälle erfaßt werden, in denen die Antragsgegnerin dem Verlag einer Zeitung oder dergleichen den Inhalt einer Anzeige genau vorgibt und die Gestaltung der Anzeige nicht etwa dem Verlag überläßt. In einem solchen Fall ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes der Verlag kein "Beauftragter" des Werbenden im Sinne des § 13 Abs. 4 UWG, so dass die Veröffentlichung einer wettbewerbswidrigen Anzeige, deren rechtswidriger Inhalt gerade auf einer Abweichung des Verlages von dem ihm erteilten Anzeigenauftrag beruht, keinen Unterlassungsanspruch gegen den Werbenden begründet (vgl. BGH, GRUR 1990, 1039, 1040 - Anzeigenauftrag).

Wäre daher die Antragsgegnerin in einem solchen Falle der Antragstellerin gegenüber gesetzlich nicht zur Unterlassung verpflichtet, so kann von ihr auch nicht verlangt werden, sich der Antragstellerin gegenüber uneingeschränkt zur Unterlassung zu verpflichten, womit sie nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. WRP 1998, 864, 866 f. - Verlagsverschulden II; GRUR 1988, 561, 562 f. - Verlagsverschulden I) auch dann zur Zahlung einer versprochenen Vertragsstrafe verpflichtet wäre, wenn eine Zuwiderhandlung darauf beruhen würde, dass ein Verlag einen "korrekten" Anzeigenauftrag der Antragsgegnerin fehlerhaft ausgeführt hätte.

Eine auch die berechtigten Interessen der Antragstellerin berücksichtigende Auslegung des einschränkenden Satzes in der Unterlassungsverpflichtungserklärung der Antragsgegnerin vom 26. Oktober 2000 ergibt im übrigen, dass ein Anzeigenauftrag der Antragsgegnerin, um als "korrekt" angesehen werden zu können, nicht nur den oben erörterten Inhalt haben, sondern unter Umständen auch unmissverständlich darauf hinweisen muß, dass eine Anzeige, bei der die Antragsgegnerin nur mit "B I" oder in einer anderen, ihren ausgeschriebenen Familiennamen nicht enthaltenden Weise bezeichnet wäre, gegen die von ihr der Antragstellerin gegenüber eingegangene Unterlassungsverpflichtung verstieße und deshalb unbedingt zu unterlassen sei. Ein solcher Hinweis ist dann erforderlich, wenn der betreffende Verlag früher schon einmal Anzeigen der Antragsgegnerin in einer solchen, mit der übernommenen Unterlassungsverpflichtung nicht übereinstimmenden Weise veröffentlicht hat, weil in solchen Fällen damit gerechnet werden muß, dass die Gestaltung der früheren Anzeigen beim Verlag gespeichert worden ist, was erfahrungsgemäß befürchten läßt, dass auch zukünftige Anzeigen diese Gestaltung aufweisen. In einem solchen Fall würde die Antragsgegnerin nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. WRP 1995, 121, 123 - Zeitungsverlag als Beauftragter) grundsätzlich über § 13 Abs. 4 UWG auch für eine Anzeige auf Unterlassung haften, die entgegen ihrer Bestellung ihren Namen nicht in der gebotenen Weise wiedergeben würde. Das hat zur Folge, dass die Antragsgegnerin in derartigen Fällen über die Erteilung eines Anzeigenauftrages mit einem den gesetzlichen Erfordernissen genügenden Inhalt hinaus "zu weiteren Massnahmen verpflichtet ist, die erwarten lassen, dass Fehler des Verlages bei der Anzeigenveröffentlichung vermieden werden. Eine die berechtigten Interessen auch der Antragstellerin berücksichtigende Auslegung der einschränkenden Erklärung der Antragsgegnerin ergibt daher, dass nach ihrem Inhalt nur solche Anzeigen von der Haftung ausgenommen sind, bei denen die Antragsgegnerin die von ihr zu verlangenden Vorkehrungen getroffen hat, um weitere Verstöße zu verhindern. Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin mit ihrer einschränkenden Erklärung eine Haftung für Erfüllungsgehilfen nicht ausgeschlossen.

Damit genügt die Unterlassungsverpflichtungserklärung der Antragsgegnerin den berechtigten Interessen der Antragstellerin, hat also die Wiederholungsgefahr hinsichtlich der angegriffenen Werbung beseitigt, so dass der Erlaß der begehrten einstweiligen Verfügung gegen die Antragsgegnerin nicht in Betracht kommt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ein Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit war nicht erforderlich, weil das vorliegende Urteil als zweitinstanzliche Entscheidung im Verfahren der einstweiligen Verfügung einem Rechtsmittel nicht mehr unterliegt (§ 545 Abs. 2 ZPO) und daher ohne besonderen Ausspruch nicht nur vorläufig, sondern endgültig vollstreckbar ist.



Ende der Entscheidung

Zurück