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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 29.05.2001
Aktenzeichen: 20 U 166/00
Rechtsgebiete: UrhG


Vorschriften:

UrhG § 2 Abs. 1 Nr. 1
UrhG § 31 Abs. 1, 5
UrhG § 69 d Abs. 1

Entscheidung wurde am 12.09.2001 korrigiert: Titel durch Stichworte ersetzt
Die "Generallizenz" zur Nutzung eines Computerprogramms durch eine Vielzahl von Mitarbeitern des Lizenznehmers kann die Zustimmung des Lizenzgebers umfassen, daß der Lizenznehmer das Programm von einem Dritten zur Schulung der Mitarbeiter des Lizenznehmers nutzen läßt.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Verkündet am 29. Mai 2001

In dem Rechtsstreit

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 6. Februar 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Berneke sowie die Richter am Oberlandesgericht Dr. Schmidt und Winterscheidt

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 9. August 2000 teilweise abgeändert.

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 15.000 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand:

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (D) bestellte mit schriftlichem Vertrag im Jahre 1994 bei der Rechtsvorgängerin der Klägerin eine an die Anforderungen des D angepasste Version der juristischen Software Phantasy. Zweck des Vertrages war die "Einführung einer Kanzleisoftware in den D-Rechtsstellen" (Anl. BK 1). Nach Abschluss der "Programmentwicklung und Pilotphase" kam es im Jahre 1996 zu einer schriftlichen "Ergänzung" des Vertrages mit dem "Erwerb einer Generallizenz" (Anl. 1 zur Klage). Der D erwarb dadurch ein "einfaches, nicht ausschließliches und zeitlich unbegrenztes Nutzungsrecht an der vertragsgegenständlichen Kanzleisoftware", d. h. an der Standardsoftware Phantasy in der Form der gemäß dem ursprünglichen Vertrag für den D durchgeführten Erweiterungen. Gemäß Ziffer 2 der Vertragsergänzung zahlte der D für die "Generallizenz für alle Rechtsstellen" insgesamt 350.000 DM zuzüglich Mehrwertsteuer. Bestandteil der Vertragsergänzung wären die "Lizenzbedingungen Phantasy", nach deren § 2 Abs. 2 das Nutzungsrecht den Lizenznehmer zur Nutzung des Programms "im Rahmen eines normalen Gebrauchs" unter MS-Windows berechtigte (Anl. 2 zur Klage). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichten Vertragstexte verwiesen.

Nachdem der D die Rechtsberatung von Gewerkschaftsmitgliedern auf eine besondere D-Rechtsschutz GmbH ausgelagert hatte, kam es zu Verhandlungen zwischen dieser und der Klägerin, die von der D-Rechtsschutz GmbH in einem Schreiben vom 10. Dezember 1998 wie folgt bestätigt wurden:

"(...) erwirbt die D-Rechtsschutz GmbH die Generallizenz zur Nutzung der Standardsoftware "Phantasy" und der von Ihnen für den D sowie die D-Rechtsschutz-Software durchgeführten Erweiterungen zur Nutzung in den Rechtsschutzbüros."

Für die Anwendung des Programms Phantasy war eine Schulung der Mitarbeiter der Rechtsschutzbüros erforderlich. Es handelte sich insgesamt um 936 Mitarbeiter in 163 Rechtsschutzbüros. Nach den vertraglichen Vereinbarungen musste die Schulung nicht zwangsläufig durch die Klägerin erfolgen. Der Ergänzungsvertrag von 1996 sah in Ziffer 2 nur vor, dass "Schulungsleistungen" der Klägerin "nach Aufwand gesondert vergütet" werden müssten. Zu einem Schulungsvertrag mit der Klägerin kam es jedoch nicht, weil die D-Rechtsschutz GmbH deren Konditionen für unannehmbar hielt. Sie vergab den Schulungsauftrag statt dessen an die Beklagte. Diese versuchte zunächst die Klägerin als Subunternehmerin zu gewinnen. Auch hier kam es zu keiner Vereinbarung, weil die Beklagte die Konditionen der Klägerin nicht für annehmbar hielt.

In einem Schreiben vom 21. Juni 1999 hielt die Klägerin fest, dass sie zu den angebotenen Honorarsätzen nicht für die Beklagte tätig werden könne und wies gleichzeitig darauf hin, dass die Beklagte "für die Phantasy-Schulungen ausreichend Schulungslizenzen" benötige. Die Kosten hierfür betrügen "pro Schulungsstandort und Schulungs-PC 1.500 DM zuzüglich MwSt". In der Folge kam es zu Vergleichsverhandlungen, bei denen die Klägerin auf ihrer Forderung nach Bezahlung von 110 Schulungslizenzen (11 Schulungsstandorte x 10 Schulungs-PCs) bestand. Die Beklagte wollte statt der geforderten 191.400 DM nur 11 Schulungslizenzen zum Preis von insgesamt 16.500 DM zuzüglich Mehrwertsteuer erwerben. Mit einem Schreiben vom 10. September 1999 wies die D-Rechtsschutz GmbH die Beklagte darauf hin, dass sie im Besitz "einer Generallizenz für das Programm Phantasy" sei und "die Nutzung für Schulungszwecke" ihrer Mitarbeiter gestatte. Die Beklagte führte daraufhin die Schulungen in der Weise durch, dass das Programm Phantasy auf ihrem Server installiert, von dort auf die Schulungs- und Trainer-PCs der Schulungszentren überspielt und auf diesen Rechnern genutzt wurde.

Die Klägerin sieht darin gemäß § 69 c Ziffer 1 UrhG unzulässige Vervielfältigungshandlungen. Mit ihrer Klage hat sie beantragt,

I.

die Beklagte zu verurteilen,

1.

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, zu unterlassen, das Computerprogramm "Phantasy" in der für den D erstellten Version dauerhaft oder vorübergehend, ganz oder teilweise, zu vervielfältigen,

2.

ihr, der Klägerin, über den Umfang der vorstehend zu I.1. bezeichneten Handlungen Rechnung zu legen, und zwar unter Angabe von Anzahl, Dauer und Ort der mit dem Programm "Phantasy" in der für den D erstellten Version durchgeführten Schulungen, Anzahl der bereits geschulten Teilnehmer, Typ, Umfang und Anzahl der eingesetzten Versionen und Kopien des Programms "Phantasy",

3.

die noch in dem Besitz der Beklagten befindlichen Kopien des Programms Phantasy in der für den D erstellten Version zu vernichten und auf allen Datenträgern zu löschen und zu vernichten;

II.

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr, der Klägerin, allen Schaden zu ersetzen, der ihr aus den vorstehend zu Ziffer 1.1. bezeichneten Handlungen der Beklagten entstanden ist und künftig noch entstehen wird;

III.

ihr, der Klägerin, die Befugnis zuzusprechen, nach Rechtskraft des Urteils dieses auf Kosten der Beklagten öffentlich bekannt zu machen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, eine Urheberrechtsverletzung liege nicht vor, weil die Vervielfältigung mit Zustimmung des Rechtsinhabers, nämlich der D-Rechtsschutz GmbH erfolge. Diese verfüge unstreitig über eine Generallizenz, für die sie bereits über 400.000 DM an die Klägerin gezahlt habe.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil der Klage bis auf den Veröffentlichungsanspruch (Ziffer III.) stattgegeben. Dazu hat es ausgeführt, die D-Rechtsschutz GmbH habe nur ein beschränktes Nutzungsrecht "zur Nutzung in den Rechtsschutzbüros" erworben. Das bedeute, dass die Benutzung des Programms nur in den Räumlichkeiten der Rechtsschutzbüros gestattet sei. Die nach Behauptung der Beklagten von der D-Rechtsschutz GmbH angemieteten Schulungszentren seien aber keine Rechtsschutzbüros.

Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Mit der Bezugnahme auf ihre Rechtsschutzbüros habe die D-Rechtsschutz GmbH nicht eine Bestimmung der Räumlichkeiten, sondern ihre Dienstleistungstätigkeit, nämlich die Rechtsberatung von Gewerkschaftsmitgliedern gemeint. Von einer solchen Beschränkung auf Räumlichkeiten sei auch bei dem Gespräch vom 7. Dezember 1998, das dem Schreiben der D-Rechtsschutz GmbH vom 10. Dezember 1998 (Anl. 3 zur Klage) vorausging, keine Rede gewesen.

Die im Abspeichern auf dem Server und den Rechnern der Beklagten liegende Vervielfältigung des Computerprogramms Phantasy sei durch die Generallizenz der D-Rechtsschutz GmbH, darüber hinaus aber auch durch § 69 d Abs. 1 UrhG gedeckt, weil diese Vervielfältigung zu Schulungszwecken für eine bestimmungsgemäße Benutzung von Phantasy erforderlich sei.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie wiederholt ihre Ansicht, dass der Umgang der Beklagten mit dem Programm Phantasy urheberrechtlich relevante Vervielfältigungshandlungen darstelle. Insbesondere könnten die Trainer der Beklagten die erforderlichen eigenen Kenntnisse des Programms nur erwerben, wenn ihnen deutlich vor Schulungsbeginn entsprechende Kopien des Programms zur Verfügung gestellt würden. Die Wendung "zur Nutzung in den Rechtsschutzbüros" sei eindeutig dahin auszulegen, dass die D-Rechtsschutz GmbH die Software nur auf ihren Rechnern in ihren eigenen Rechtsschutzbüros installieren und nutzen dürfe. Die große Anzahl der Rechtsschutzbüros habe eine Bestimmung des Lizenzumfangs nach Räumlichkeiten erforderlich gemacht. Die Handlungsweise der Beklagten sei auch nicht durch § 69 d UrhG gedeckt. Die Klägerin, stelle nicht das Recht der D-Rechtsschutz GmbH in Abrede, das Programm in ihren Rechtsschutzbüros laden und ablaufen zu lassen. Zu den gesetzlich geschützten Rechten gehöre nicht die Befugnis, das Programm auf den Rechnern eines Dritten zu installieren, damit dieser, gewerbsmäßig Schulungsmaßnahmen durchführen könne. Deshalb benötige die Beklagte eine Schulungslizenz.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg.

Dabei kann letztlich dahinstehen, ob im Rahmen einer Schulung durch die Beklagte Vervielfältigungshandlungen i.S.d. § 69 c UrhG stattfinden. Jedenfalls sind sie durch die "Generallizenz" gedeckt, die der D von der Rechtsvorgängerin der Klägerin erworben: hatte und die durch Vereinbarung der Klägerin mit der D-Rechtsschutz GmbH gemäß dem Schreiben vom 10. Dezember 1998 auf diese erweitert wurde.

Die Schulung durch die Beklagte ist entgegen der Ansicht des angefochtenen Urteils nicht schon deshalb rechtlich unzulässig, weil sie entgegen dem Text des Schreibens vom 10. Dezember 1998 nicht "in den Rechtsschutzbüros" erfolgte. Die räumliche Beschränkung der Lizenz auf die Örtlichkeiten der Rechtsschutzbüros läuft auf eine nicht haltbare Buchstabenauslegung hinaus. "Zur Nutzung in den Rechtsschutzbüros" bedeutet erkennbar zur Nutzung für die Zwecke der Rechtsschutzbüros. Die Berufung weist zutreffend darauf hin, dass anderenfalls die Mitarbeiter der D-Rechtsschutz GmbH das Programm nicht auch auf Laptops bei Mandantenbesprechungen außerhalb der Büros einsetzen könnten, eine Konsequenz, die auch von der Klägerin nicht gezogen werde.

Nach dem Parteivortrag kann auch nicht angenommen werden, dass, die Parteien abweichend von Wortlaut und Sinn der Wendung in dem Schreiben vom 10. Dezember 1998 übereinstimmend eine örtliche Beschränkung im Sinne des angefochtenen Urteils gewollt hätten (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 60. Aufl., § 133, Rdnr. 8). Die Berufung hat hierzu ausdrücklich vorgetragen, bei dem vorauf gegangenen Gespräch vom 7. Dezember 1998 sei von den Räumlichkeiten, in denen die Nutzung von Phantasy erlaubt sein sollte, überhaupt keine Rede gewesen. Dem hat die Berufungserwiderung nicht widersprochen, sondern nur ausweichend erklärt, die große Anzahl der Rechtsschutzbüros habe eine Bestimmung des Lizenzumfangs nach Räumlichkeiten erforderlich gemacht. Daraus ergibt sich nicht, dass eine solche Bestimmung tatsächlich erfolgt ist, abgesehen davon, dass ein entsprechender übereinstimmender Wille der Parteien auch hätte unter Beweis gestellt werden müssen.

Die in dem Schreiben der D-Rechtsschutz GmbH fixierte Generallizenz umfasste auch die Befugnis, die Schulungen durch die Beklagte in deren Schulungsräumen vornehmen zu lassen. Die streitige Frage, ob die D-Rechtsschutz GmbH die Schulungsräume angemietet hatte, kann offen bleiben.

Nach den "Lizenzbedingungen" zum Ergänzungsvertrag von 1996 war die D-Rechtsschutz GmbH zur Nutzung des Programms "im Rahmen eines normalen Gebrauchs" berechtigt (§ 2 Abs. 2). Dieser "normale Gebrauch" umfasste vorliegend auch die Schulung durch die Beklagte, wie sie von dieser abgewickelt wurde. Es gibt im Urheberrecht keine allgemeine Auslegungsregel, nach der im Zweifel zugunsten des Urhebers zu entscheiden ist (Schricker, Urheberrecht, 2. Aufl., §§ 31/32, Rdnr. 10). Aus der Zweckübertragungsregel (§ 31 Abs. 5 UrhG) kann die Klägerin auch deshalb nichts für sich herleiten, weil der vertraglich erlaubte "normale Gebrauch" dem gesetzlich anzunehmenden Vertragszweck entspricht (vgl. Schricker a.a.O., §§ 31/32, Rdnr. 34). Im Gegenteil ist im Wege der gesetzeskonformen Auslegung (vgl. Palandt/Heinrichs a.a.O., § 133, Rdnr. 24) § 69 d Abs. 1 UrhG zu beachten, der dem Anwender einen zwingenden Kern urheberrechtlich relevanter Nutzungen garantiert, die für die vertragsgemäße Verwendung des Programms unerlässlich sind (vgl. BGH NJW 2000, 3212, 3214 - Programmfehlerbeseitigung; Schricker/Loewenheim, a.a.O., § 69 d, Rdnr. 6f.). Die in § 69 d angeordneten Beschränkungen des Urheberrechts sind weit auszulegen, weil grundsätzlich die Nutzung fremder Ideen frei ist und der urheberrechtliche Schutz selbst eine Ausnahme von diesem Prinzip darstellt (Moehring/Nicolini/Hoeren, Urheberrechtsgesetz, 2. Aufl., § 69 d, Rdnr. 2). Zur bestimmungsgemäßen Benutzung des Computerprogramms i. S.v. § 69 d Abs. 1 UrhG gehörte nach den vertraglichen Vereinbarungen vorliegend auch die Schulung durch die Beklagte, weil dafür auf den Willen der Parteien abzustellen ist, wie er sich aus dem Softwarevertrag ergibt (Moehring/Nicolini/Hoeren a.a.O., § 69 d, Rdnr. 6).

Unstreitig gehörte zur vertragsgemäßen Nutzung des Programms Phantasy auch eine entsprechende Schulung der Mitarbeiter der D-Rechtsschutz GmbH, die mit diesem Programm arbeiten sollten. Auch die Klägerin bestreitet der D-Rechtsschutz GmbH nicht das Recht, ihre Mitarbeiter in ihren Büros selbst zu schulen und die dafür nötigen Vervielfältigungen des Programms vorzunehmen. In einer arbeitsteiligen Wirtschaft kann aber generell nicht davon ausgegangen werden, dass der Anwender solche Schulungen mit eigenem Personal selbst durchführt. Das gilt insbesondere hier, wo Massenschulungen von 936 Mitarbeitern in 163 Rechtsschutzbüros erforderlich waren. Die Klägerin hat in anderem Zusammenhang plausibel und unwidersprochen ausgeführt, dass eine Schulung der Mitarbeiter "in den Rechtsschutzbüros" aufgrund der Erfordernisse des Dienstbetriebes ausgeschlossen war, mithin von vornherein nur eine Schulung außerhalb dieser Büros in Betracht kam. Konnten aber die erforderlichen Massenschulungen nicht von der D-Rechtsschutz GmbH selbst und auch nicht in ihren Büros vorgenommen werden, dann musste bei Erweiterung der Lizenz auf die D-Rechtsschutz GmbH auch der Klägerin klar sein, dass sie zwangsläufig von einem Dritten, nämlich einem spezialisierten Schulungsunternehmen wie der Beklagten abgewickelt werden müssten. Entsprechend ist auch zu § 69 d Abs. 1 UrhG ausdrücklich anerkannt, dass der Anwender sein Recht auch durch Dritte ausüben lassen kann, soweit sich aus dieser Vorschrift eine Berechtigung zur urheberrechtlich relevanten Nutzung eines Programms ergibt (BGH a.a.O. 3213f. - Programmfehlerbeseitigung; Schricker/Loewenheim a.a.O., § 69 d, Rdnr. 5). Auch Lizenznehmer an einem Computerprogramm sind dazu befugt (Schricker/Loewenheim a.a.O., § 69 d, Rdnr. 4).

Demgemäß gehen auch die vertraglichen Vereinbarungen der Parteien davon aus, dass der D bzw. seine Rechtsschutz GmbH die Schulungsleistungen nicht selbst erbringen würde, sondern diese möglicherweise der Klägerin übertragen würden, denn dazu sieht der Ergänzungsvertrag von 1996 in Ziffer 2 eine besondere Vergütungspflicht vor. Da die Parteien darin übereinstimmen, dass damit der Klägerin kein "Schulungsmonopol" eingeräumt wurde, kam nach den vertraglichen Bestimmungen von vornherein auch die Einschaltung eines Schulungsunternehmens wie der Beklagten in Betracht.

Der Ergänzungsvertrag von 1996 regelt aber nur die Vergütung für eventuelle Schulungsleistungen der Klägerin, von einer weiteren Vergütung für Schulungslizenzen eines Dritten ist dort keine Rede, obwohl nach dem Vertrag und den Umständen (Massenschulung) eine solche Einschaltung eines Dritten von vornherein in Betracht kam. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass die Kosten für diese Schulungslizenzen zwar von dem eingeschalteten Schulungsunternehmen zu bezahlen gewesen wären, letztlich jedoch zu Lasten des D gehen mussten. Der D hatte jedoch nach der genannten Vertragsbestimmung schon insgesamt 350.000 DM für seine "Generallizenz" zu zahlen. Da die Klägerin für die Schulungslizenzen nicht weniger als 191.400 DM verlangt, wäre damit der Erwerbspreis um mehr als 50 % überschritten worden. Mit diesem Ergebnis ihrer Rechtsansicht setzt sich die Klägerin gar nicht auseinander. Sie argumentiert nur mit den Urheberrechtsverletzungen, zu denen es bei der Schulung durch die Beklagte kommen müsse, und übersieht, dass bei der rechtlichen Wertung der Vertrag der Parteien im Vordergrund stehen muss. Die Klägerin hat es trotz der auch für sie erkennbaren Möglichkeit der Übertragung der Schulungsleistungen an Dritte unterlassen, die Verpflichtung zur Zahlung zusätzlicher Schulungslizenzen in die Verträge aufzunehmen. Deshalb umfasst der vertraglich zugesagte "normale Gebrauch" im vorliegenden Fall auch die Schulung durch Dritte und die damit verbundenen Eingriffe in das Urheberrecht der Klägerin. Auch im Rahmen des § 69 d Abs. 1 UrhG trägt der Rechtsinhaber die Darlegungslast dafür, dass die gesetzlichen Mindestrechte des Nutzers, zu denen hier auch die Schulung durch Dritte gehört, durch wirksame Vereinbarungen beschränkt worden sind (Moehring/Nicolini/Hoeren a.a.O., § 69 d, Rdnr. 27).

Es drangt sich auch der Eindruck auf, dass die Klägerin an den Schulungen nur im Wege von Schulungslizenzen etwas verdienen konnte, weil sie organisatorisch nicht in der Lage war, die im Vertrag vorgesehenen Schulungsleistungen zu erbringen. Hierzu hat die Beklagte in erster Instanz substantiiert vorgetragen, die Klägerin habe auch nicht als ihre Subunternehmerin tätig werden können, weil das "Kapazitätsproblem" eindeutig bei ihr gelegen habe, da ihr ein Schulungsnetzwerk für solche Massenschulungen fehle. Der Gegenvortrag der Klägerin hierzu beschränkte sich auf die unsubstantiierte Behauptung, sie sei selbstverständlich in der Lage gewesen, eine genügend große Anzahl an Trainern zu stellen. Bei einem Verlangen nach Bezahlung zusätzlicher Schulungslizenzen stellte sich dieses "Kapazitätsproblem" aber nicht mehr. Es versteht sich, dass es für die Rechtslage nicht darauf ankommt, wenn sich die Beklagte dann bei Vergleichsverhandlungen bereit erklärte, elf Schulungslizenzen zu erwerben.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.

Berufungsstreitwert und Beschwer der Klägerin: 191.400 DM.

Ende der Entscheidung

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