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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 27.06.2000
Aktenzeichen: 20 U 29/00
Rechtsgebiete: UWG, ZPO


Vorschriften:

UWG § 3
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 546 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
GOBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

20 U 29/00 39 O 121/99 LG Düsseldorf

Verkündet am 27. Juni 2000

Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 06. Juni 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Berneke sowie die Richter am Oberlandesgericht Dr. Schmidt und Schüttpelz

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 9. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 08. Dezember 1999 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheitsleistung kann auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft eines im Inland zum Betreiben von Bankgeschäften berechtigten Kreditinstituts erbracht werden.

Tatbestand:

Die Parteien sind Betreiber von Mobilfunknetzen. Die Beklagte bewirbt seit 1999 in allen Medien ihre Tarife mit der Bezeichnung "Time & More", wobei dieser Bezeichnung die Minutenzahl hinzugefügt wird, die der Kunde im Monat verbrauchen darf. Die Beklagte verlangt dafür einen Inklusivpreis, der auch die Grundgebühr umfaßt, nicht jedoch die einmalige Anschlußgebühr. Nicht verbrauchte Minuten verfallen nach Ablauf des jeweiligen Monats. Weitere Gesprächsminuten muß der Kunde nach besonderen Tarifen bezahlen. Die Laufzeit des Vertrages beträgt 24 Monate.

Nach Ansicht der Klägerin ist die Bezeichnung "Time & More" irreführend. Die durch die Werbung angesprochenen Verkehrskreise erwarteten auf Grund der Anlehnung der Formulierung an die Werbeformel "Miles & More" der Lufthansa neben der entgeltlichen Hauptleistung kostenlose oder verbilligte Zusatzleistungen. Dies sei jedoch bei den besagten Tarifen der Beklagten nicht der Fall, insbesondere seien die nach Ablauf der Inklusivminuten zu zahlenden Minutenpreise nicht niedriger. Sie hat daher beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu vollziehen an ihren Geschäftsführern, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr der Telekommunikation zu Zwecken des Wettbewerbs einen Mobilfunktarif, bei dem in einem monatlichen Paketpreis eine Anzahl von Inklusivminuten für den jeweiligen Monat enthalten ist,

mit der Angabe

"Time & More",

insbesondere blickfangmäßig zu bewerben, wenn nach Ablauf der Inklusivminuten die weiteren Minutenpreise nach den tarifgemäß gültigen Verbindungsentgelten für den jeweiligen Monat berechnet werden.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, der Zusatz "& More" weise nicht auf kostenlose oder verbilligte Zusatzleistungen hin. Auch die herangezogene Werbung der Lufthansa sei so nicht zu verstehen. Des weiteren beziehe sich das Vorderglied "Time" nicht auf die Inklusivminuten. Insgesamt habe der Ausdruck "Time & More" daher als solcher keinen festen Inhalt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, der Ausdruck "Time & More" sei als solcher nichtssagend. Der Bestandteil "& More" habe sich auf Grund seiner vielfältigen Verwendung abgeschliffen und verweise nicht auf kostenlose oder verbilligte Zusatzleistungen hin. Der Hinweis auf die Werbung der Lufthansa verfange nicht. Zum einen würden unterschiedliche Verkehrskreise angesprochen, zum anderen beziehe sich "Miles & More" als Ganzes und nicht nur das Endglied auf kostenlose Zusatzleistungen der Lufthansa.

Dagegen wendet sich die die Berufung der Klägerin. Sie ist weiterhin der Auffassung, durch die von der Beklagten benutzten Tarifbezeichnungen werde auf kostenlose oder verbilligte Zusatzleistungen verwiesen, die nicht erbracht würden. Dies gelte insbesondere für Geschäftsleute, die das Programm "Miles & More" der Lufthansa in Anspruch nähmen. Entgegen der Auffassung des Landgericht gehörten auch sie zu dem angesprochenen Verkehrskreisen. Die Tarifbezeichnungen seien insbesondere dann irreführend, wenn nicht auf die näher im Tenor bezeichneten belastenden Beschränkungen hingewiesen werde.

Insbesondere seien die Tarife der Beklagten mit Prepaid-Karten vergleichbar, so daß der Verfall der Minuten bei Nichtbenutzung überraschend sei. Sie beantragt daher,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,

es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt 2 Jahren, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr der Telekommunikation zu Zwecken des Wettbewerbs

einen Mobilfunktarif, bei dem in einem monatlichen Paketpreis eine Anzahl von Inklusivminuten für den jeweiligen Monat enthalten ist, nach deren Verbrauch/Verfall weitere Gespräche nach den jeweils gültigen Minutenpreisen berechnet werden,

mit der Angabe

"Time & More"

insbesondere blickfangmäßig, zu bewerben,

insbesondere wenn

a) der Tarif durch den Zusatz einer bestimmten Zahl (z.B. "Time & More 15), die den im monatlichen Paketpreis enthaltenen Inklusivminuten entspricht, gekennzeichnet wird"

insbesondere, wenn nicht gleichzeitig und deutlich sichtbar/hörbar darauf hingewiesen wird, daß

aa) die Inklusivminuten pro angefangener Gesprächsminute bzw. pro angefangenen zehn Gesprächssekunden verbraucht werden,

und / oder

bb) die monatlich nicht verbrauchten Minuten verfallen,

und / oder

cc) nach Verbrauch/Verfall der Inklusivminuten weitere Gespräche nach den jeweils gültigen Minutenpreisen berechnet werden,

und /oder

b) nicht gleichzeitig und deutlich sichtbar/hörbar darauf hingewiesen wird, daß

aa) die Mindestvertragslaufzeit 24 Monate beträgt

und / oder

bb) der Anschlußpreis einmal 49,00 DM beträgt,

a) und b) jeweils insbesondere, wenn das nach Maßgabe der nachstehend wiedergegebenen Fernsehwerbung geschieht:

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise,

der Beklagten für den Aufbrauch der mit der Bezeichnung "Time & More" versehenen Werbemittel (wie insbesondere z.B. Verpackungsgestaltungen, Prospekte, Preislisten, Plakate, Vertragsformulare) eine angemessene Frist, mindestens aber drei Monate, zu gewähren.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und führt dazu aus, entgegen der Darstellung der Klägerin erwarte der Verkehr auf Grund der Tarifbezeichnungen keine kostenlose oder verbilligte Nebenleistungen. Die Bezeichnung "Time & More" sei als solche nichtssagend. Im übrigen könne der Kunde teilweise auch kostenlose weitere Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Die Anfügung der Minutenzahl diene lediglich der Unterscheidung der Tarife, besage aber auch nach der Auffassung der Verkehrskreise nichts über deren Einzelheiten. Soweit die Klägerin erstmals den Inhalt einer Fernsehwerbung vom 01. Februar 1999 angreife, sei der darauf gestützte Antrag verjährt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

I.

Es kann offenbleiben, ob die mit einer Berufungsbegründung angekündigten Klageanträge gegenüber dem ursprünglichen Klageantrag in 1. Instanz eine Klageänderung darstellen. Die Beklagte erhebt insoweit keine Einwendungen (§§ 523, 263, 267 ZPO).

II.

Die Klage in der Form des Berufungsantrages ist nicht begründet.

1.

Die Parteien stehen in einem unmittelbaren Wettbewerbsverhältnis zueinander, so daß die Klägerin etwaige Verstöße gegen das UWG geltend machen kann. Dies wird von der Beklagten auch nicht angezweifelt.

2.

Das Landgericht hat zu Recht entschieden, daß die Bewerbung ihrer Mobilfunktarife mit "Time & More" durch die Beklagte nicht geeignet ist, den Verkehr im Sinne des § 3 UWG zu täuschen. Dies gilt auch unter den in dem Berufungsantrag näher bestimmten Umständen.

a) Das Landgericht hat zutreffend entschieden, daß zu den von der Werbung der Beklagten angesprochenen Verkehrskreisen sowohl Geschäfts- und Kaufleute als auch Privatleute gehören. Während die Tarife "Time & More 15", "Time & More 60" und "Time & More 120" sich ausweislich der Broschüre der Beklagten an "Normal- und Freizeittelefonierer" bestimmt sind, wenden sich die Tarife "Time & More 240", "Time & More 500" und "Time & More 1000" an "Vieltelefonierer". Die erstgenannten "Minutenpakete" reichen ersichtlich für Geschäftsleute nicht aus, während die "Pakete" mit höheren Minutenzahlen je Monat zumindestens auch für diese interessant sind.

Daß die Tarife mit englischsprachigen Bezeichnungen versehen worden sind, bedeutet entgegen der erstinstanzlich geäußerten Auffassung der Klägerin nicht, daß sie nicht auch für Privatleute bestimmt sind. Wie allgemein bekannt ist, werden die Tarife - und auch sonstige Dienstleistungen - im Telekommunikationsbereich und speziell bei Mobilfunkleistungen vielfach auch im Privatbereich in (pseudo-)englischer Sprache benannt. Dies gilt auch für die Klägerin, wie sich aus der zu den Akten gereichten Preisbroschüre (Anlage B 6) ergibt; zumindestens der "D2-Fun"-Tarif richtet sich an Privatleute.

Dagegen erhebt die Klägerin in der Berufungsinstanz auch keine Einwendungen.

b) Es kann offenbleiben, ob das Verständnis eines flüchtigen Verkehrsteilnehmers oder das eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers (EuGH NJW 2000, 1173 - Lifting -) maßgeblich ist. Wie noch näher auszuführen ist, sind die beanstandeten Werbeangaben der Beklagten - nicht - jedenfalls nicht in der von der Klägerin angenommenen und zur Entscheidung gestellten Allgemeinheit und herausgestellten Werbeform des Fernsehspots geeignet, die angesprochenen Verkehrskreise oder Teile derselben zu täuschen.

c) Der Kunde erwartet auf Grund der Formulierung "... & More" keine kostenlosen oder verbilligten Leistungen oder Zusatzleistungen der Beklagten. Die Erwartung ergibt sich bereits nicht konkret aus dem Vortrag der Klägerin.

Zwar ist davon auszugehen, daß der Verkehr die Grundbedeutung der Wörter " & More" kennt. Es handelt sich bei "more" um ein einfaches Standardwort der englischen Sprache, welches von der Mehrheit der deutschen Bevölkerung gekannt wird. Es bedeutet jedoch lediglich wörtlich "und mehr". Dies wird als Hinweis auf etwas Zusätzliches, Ergänzendes o.ä. verstanden, wobei erst aus dem Zusammenhang oder zusätzlichen Informationen hervorgeht, um was es sich bei dem "more" im Einzelfall handelt.

Dieses Verständnis belegen bereits die von der Klägerin vorgebrachten Beispiele und ihre eigenen Deutungsversuche. Der Werbung für "Beauty & More" entnimmt der Kunde, daß es dem Unternehmen neben "Beauty" noch um etwas anderes (insbesondere "wellness") gehe. Das Unternehmen S erläutert das Schlagwort "Software And More" dahingehend, daß es neben der Entwicklung von Software seine Kunden berate und mit ihnen ein Konzept entwickle und realisiere. "Comics & More" verweist auf das Feilbieten von Comics und Rollenspielen, Minaturen, Trading Cards, Games und Merchandising-Artikeln; nach Auffassung der Klägerin soll sich "& More" allerdings nicht auf diese Artikel, sondern die angeblich große Verkaufsfläche beziehen. "Mind & More" propagiert klassisches Lernen, verbunden mit modernen Medien. In keinem dieser Fälle legt die Klägerin dar, daß damit kostenlose/verbilligte Leistungen oder Zusatzleistungen gemeint sind oder derartiges vom Verkehr erwartet wird.

Das gilt auch von dem in der Berufungsinstanz hervorgehobenen Schlagwort "MAC AND MORE". Auch nach ihrer eigenen Auslegung bedeutet dies lediglich, daß neben dem "klassischen" einfachen Hamburger auch andere Artikel feilgeboten werden. Die Klägerin trägt nicht etwa vor, daß diese weiteren Artikel kostenlos oder verbilligt abgegeben werden oder daß der Verkehr derartiges erwartet.

Diese Auffassung vertritt im übrigen die Klägerin ersichtlich selbst. Sie wirbt für ihren Tarif "D2-Data" mit "unser Bytes & More-Tarif" (S. 5 der Broschüre B 6). Ausweislich der Erläuterung dazu weist sie damit auf eine Mehrzahl von Dienstleistungen im Zusammenhang mit Datenübertragungen im weiteren Sinne hin. Kostenlose oder verbilligte Zusatzleistungen sind dabei nicht ersichtlich.

Das Schlagwort "... & more" weist allenfalls darauf hin, daß es neben der - möglichst kurz, schlagkräftig und bildhaft, teilweise alliterativ zu "more" bezeichnete - in den Vordergrund gerückten Ware/Leistung/Geschäftsidee weitere ("more") Leistungen etc. gibt. Damit wird nicht das Verständnis verbunden, daß dieses Zusätzliche kostenlos oder verbilligt erworben werden könne.

Selbst wenn man von einer Anlehnung der Formulierung "& More" an die Werbung der Lufthansa "Miles & More" ausginge, hat sich in der Vorstellung der maßgeblichen Verkehrskreise, zu denen auch die Benutzer dieses unter diesem Schlagwort propagierten Programms gehören, die Bedeutung der Formel "... & More" nicht auf kostenlose oder vergünstigte Leistungen reduziert. Dem könnte allenfalls dann näher getreten werden, wenn entsprechend der Darstellung der Klägerin das Wort "Miles" sich auf die Hauptleistung der Lufthansa, nämlich die entgeltliche Beförderung von Passagieren (und Gütern) in der Luft, und "& More" sich auf die unentgeltlichen Zusatzleistungen bezögen. Das trifft jedoch nicht zu. Wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, sind mit dem Vorderglied nicht die entgeltlichen Flugmeilen gemeint. Es handelt sich vielmehr um eine Bezeichnung für ein Kundenbindungsprogramm, bei denen Vielflieger Meilen ansammeln und mit deren Hilfe kostenlose Zusatzleistungen erhalten können (vgl. die Beschreibung von Vogts NJW 1999, 3601, 3609). Aus der zu den Akten gereichten Werbung der Lufthansa (Anlage K 6, Bl. 105) ergibt sich eindeutig, daß unter "Miles" die angesammelten "Meilen" und/oder die Flugprämien gemeint sind. Sie wirbt damit, daß die angesammelten Meilen in Flugprämien oder auch Erlebnis- und Sachprämien eingelöst werden können. Der "Miles & More Guide" beschreibt nicht die regulären entgeltlichen Leistungen der Lufthansa, sondern, "wie weit Sie mit Ihren Meilen fliegen können" (Bl. 105 GA). "Miles & More" ist eine Sammelbezeichnung für von der Lufthansa und ihren Partnern gewährte "Gutschriften", die in Waren/Dienstleistungen "umgetauscht" werden können. Währenddessen bezeichnet erkennbar "Time & More" das entgeltliche Hauptleistungsprogramm der Beklagten. Damit fehlt für eine Übertragung von Vorstellungen, die Teile des Verkehrs mit "Miles & More" verbinden, auf "Time & More" jede Grundlage.

Daraus ergibt sich zugleich, daß der Verkehr auf Grund dieses Schlagwortes nicht davon ausgeht, es würden - von der Hauptleistung verschiedene (vgl. BGH GRUB 1999, 270 - Umtauschrecht II; BGH GRUB 1999, 272 - "Die Luxusklase zum Nulltarif"; BGH WRP 1999, 512 - Aktivierungskosten) - unentgeltliche Zugaben im Sinne des 1 ZugabeVO gewährt.

d) Die Werbung der Beklagten ist auch nicht deswegen irreführend, weil sie neben "Time" kein "& More" bieten könne.

Dabei kann offenbleiben, ob sich der Begriff "& More" völlig abgeschliffen hat und es sich damit um eine inhaltslos gewordene allgemeine Selbstanpreisung handelt, wie das Landgericht gemeint hat (vgl. Baumbach/Hefermehl, a.a.O., Rdnrn. 19, 15 zu § 3). Dafür könnte sprechen, daß das Vorderglied vom Werbenden willkürlich gewählt werden kann, dieses oft keine präzise Umschreibung der Ware/Dienstleistung liefert (z.B. Beauty, Mind, Miles) und ohne weitere Informationen unklar bleibt, um was es sich bei dem "more" handelt. Es kann zugunsten der Klägerin unterstellt werden, daß der Kunde infolge der Formulierung Zusätzliches - neben dem im Vorderglied Bezeichneten - erwartet, wobei wegen der Unschärfe von "more" als Vergleich auch das früher übliche oder aktuelle Angebote des Wettbewerbs in Frage kommen.

Einer näheren Erörterung bedarf auch nicht, welche genauen Vorstellungen sich der Kunde von dem Begriff "Time" macht. Es kann zugunsten der Klägerin davon ausgegangen werden, daß dieser sprachgeschichtlich mit dem Wort Zeit verwandte (vgl. Kluge, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, 23. Aufl., Stichwort: "Zeit") und durchweg mit Zeit übersetzbare (vgl. die verschiedenen Definitionen in Oxford Advanced Learner`s Dictionary of Current English, Stichwort: time1) Begriff vom Kunden mit dem werblich herausgehobenen Minutenpaket in Verbindung gebracht wird. "Time" kann in diesem Zusammenhang zwanglos als "Gesprächszeit" verstanden werden. Aber auch dann ist die Benutzung des Slogans "Time & More" nicht irreführend, weil die Beklagte - neben "Time" als Minutenpaket - Weiteres ("More") zum jeweils dargestellten Preis leistet.

Zum einen ist in dem Preis - neben den jeweiligen Telefonminuten - auch der Grundpreis enthalten. Im allgemeinen gliedern sich die Kästen für die Benutzung für das Telefon in eine einmalige Anschlußgebühr, eine zeitabhängige Grundgebühr sowie eine verbrauchsabhängige Gebühr auf. Der Kunde wird daher und im Hinblick auf das werblich herausgestellte "Paket" der Beklagten, welches in einem Preis eine bestimmte Minutenanzahl sowie die Grundgebühr umfaßt, das Wort "Time" auf die verbrauchten Minuten (welche von der Beklagten pauschaliert berechnet werden) und das Wort "More" auf die Grundgebühr beziehen.

Zum anderen kann der Kunde ausweislich der in der Berufungserwiderung vorgelegten Tarif-Broschüre (Bl. 225 - 231) weitere Dienstleistungen der Beklagten in Anspruch nehmen, wobei ein Teil derselben ohne zusätzliches Entgelt angeboten wird (z.B. Comfort-Einzelgesprächsnachweis, Comfort-Mailbox, Anrufumleitung, SMS, Fax). Entgegen der Auffassung der Klägerin erwartet der von der Werbung angesprochene potentielle Kunde auf Grund der Formulierung "& More" nicht mehr. Wie allgemein bekannt ist, ist es Sache der Tarifgestaltung des Anbieters, ob und inwieweit er bestimmte Dienstleistungen für bestimmte Tarife zuläßt und ob er dafür besondere Entgelte verlangt. Insbesondere Einzelgesprächsnachweise, Mailbox, SMS und Fax können nicht als Selbstverständlichkeiten oder Bagatellen betrachtet werden. Schließlich ist nochmals darauf hinzuweisen, daß der Begriff "& More" sehr unscharf ist, so daß sich daran keine konkreten Erwartungen knüpfen lassen können.

e) Die Werbung der Beklagten ist auch nicht deswegen mit § 3 UWG unvereinbar, weil sie Informationen zur Taktung, zum Verfall nicht verbrauchter Minuten, zur Berechnung von Preisen nach Verbrauch/Verfall der Inklusivminuten, zur Vertragslaufzeit und zum Anschlußpreis unterläßt.

aa) Dabei ist darauf hinzuweisen, daß der Antrag der Klägerin die Unterlassung der Bewerbung der Tarifbezeichnungen "Time & More 15" usw. zunächst unabhängig von dem Werbemedium verlangt und als einziges konkretes Werbemedium ("insbesondere") das Fernsehen nennt. Dies hat zur Folge, daß der Antrag nur dann begründet wäre, wenn die beanstandete Werbung entweder unabhängig vom Werbemedium oder jedenfalls im konkret angegriffenen Fernsehspot mit dem UWG nicht vereinbar wäre (vgl. BGH NJW 2000, 1417 - ehemalige Preisempfehlung; BGH NJW 1999, 1332 - Vorratslücken; BGH NJW 1999, 2193 - Auslaufmodelle.

bb) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW 1999, 2199 - Auslaufmodelle I; NJW 1999, 2193 - Auslaufmodelle II; NJW 1999, 3267 - EG-Neuwagen I; NJW 1999, EG-Neuwagen II) besteht eine Pflicht zur Aufklärung in den Fällen, in denen das Publikum bei Unterbleiben des Hinweises in einem wesentlichen Punkt, der den Entschluß des Kunden zu beeinflussen geeignet ist, getäuscht würde. Dabei müssen jedoch auch die Interessen des Werbenden beachtet werden: Seine wettbewerbsrechtliche Aufklärungspflicht bezieht sich nicht auf jede Einzelheit der geschäftlichen Verhältnisse. Vielmehr besteht aus dem Gesichtspunkt des § 3 UWG eine Verpflichtung, negative Eigenschaften des eigenen Angebots in der Werbung offenzulegen, nur insoweit, als dies zum Schutz des Verbrauchers auch unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Werbenden unerläßlich ist. Insbesondere ist zu berücksichtigen, ob etwaige Fehlvorstellungen des Kunden rechtzeitig vor seiner Entscheidung zum Vertragsabschluß ausgeräumt werden können.

cc) Unter Berücksichtigung dieser Kriterien brauchte die Beklagte jedenfalls in ihrer Fernsehwerbung nicht bereits die von der Klägerin als fehlend beanstandeten Angaben machen. Die Bezeichnungen "Time & More..." sind auch blickfangmäßig nicht irreführend.

(1) Zum einen handelt es sich bei den Bezeichnungen "Time & More 15" etc. um Kurzschlagwörter, die den Tarif auch nach der Auffassung des Publikums nicht genau und insbesondere nicht abschließend beschreiben. Ebenso wie bei einer Überschrift über einen Text werden vielmehr nur bestimmte Eigenschaften des Tarifs plakativ herausgehoben. Nähere Einzelheiten bereits bei Erwähnung der Kurzbezeichnung erwartet der Verkehr demgegenüber nicht. Andernfalls würde die Funktion einer Kurzbezeichnung verfehlt.

Dementsprechend werden üblicherweise Tarife nur nach herausgehobenen Eigenschaften benannt, wobei diese teilweise auch nicht wörtlich zu nehmen sind, vielmehr von der Bedeutung der einzelnen Worte zu abstrahieren ist. So ist zum Beispiel der Tarif D2-Fun der Klägerin ersichtlich nicht lediglich zum Telefonieren aus Spaß oder zur Übermittlung spaßmachender Nachrichten gedacht, sondern soll lediglich die besondere Eignung für die nichtberufliche Nutzung ausdrücken. Die "Sunshine-Zeit" und die "Moonshine-Zeit" der T-D1 (Bl. 88 GA) gelten auch dann, wenn die bezeichneten Himmelskörper aus astronomischen oder gar metereologischen Gründen nicht zu sehen sind, diese Bezeichnungen pauschalieren vielmehr ersichtlich.

(2) Zum anderen ist die Fernsehwerbung nicht geeignet, den Kunden mit Einzelheiten seines Angebots bekannt zu machen. Der Zuschauer nimmt Informationen nur in begrenztem Umfange auf. Sie sind für ihn ohne Interesse, da er sie nicht "aufbewahren" und damit mit anderen Angeboten vergleichen kann. Er soll lediglich einen Anstoß erhalten, sich für das Angebot überhaupt zu interessieren und weitere Informationen einzuholen. Er weiß, daß Fernsehspots nicht sämtliche für seine Entscheidung wesentlichen Punkte enthalten und er sich - wenn er sich für die beworbene Ware oder Dienstleistung interessiert - anderweit informieren muß. Seine endgültige Entscheidung erfolgt nicht auf Grund eines Werbespots im Fernsehen, sondern erst nach weiterer Information.

(3) Angaben zur Laufzeit des Vertrages oder zu über die Inklusivminuten hinausgehenden Minuten enthalten weder die Kurzbezeichnungen noch der Werbespot. Daß es sich dabei um eine Prepaid-Karte handelt und sie somit nach Ausschöpfung der Inklusivminuten nicht mehr benutzt werden kann, geht daraus nicht hervor. Der Kunde kann aufgrund des Werbespots und/oder der Bezeichnung auch nicht davon auszugehen, daß er sein Minutenpaket ohne zeitliche Beschränkung vertelefonieren kann, da andernfalls die Begrenzung auf einen Monat sinnlos wäre.

Die Zahlenangabe "15" etc. nach "Time & More" als solche ist nichtssagend. Ohne zusätzliche Informationen bleibt offen, auf was sich "l5" etc. beziehen könnte, ob es sich dabei um eine vollkommen willkürliche Bezeichnung oder um die Anzahl der Maßeinheiten einer bestimmten Eigenschaft handelt. Erst auf Grund der nachfolgenden Mitteilung, daß er damit "15 Minuten mobil" telefonieren könne, wird der Kunde diese Angabe auf die Gesprächszeitminuten beziehen. Diese Erläuterung ist jedoch nicht Gegenstand des Klageantrages. Hinzu kommt folgendes: Auf Grund der Taktung, derzufolge bei jedem Telefonat mindestens 1 Minute und erst danach sekundengenau abgerechnet wird, kann ein Kunde sein Kontingent nicht ausschöpfen, wenn zumindestens ein Gespräch weniger als 1 Minute dauert. Dies reicht jedoch nicht aus, um der Klage insoweit zum Erfolg zu verhelfen. Der Klageantrag betrifft ausschließlich die Zahlenangabe nach "Time & More"; nach dem oben unter (1) Gesagten erwartet der Verkehr unter einem Schlagwort nur eine ungefähre Beschreibung der Ware/Dienstleistung. Die Angaben zur Taktung gehören zu den Einzelheiten, die bei einem Fernsehspot nur bei einer ausführlichen Beschreibung des Angebots notwendig wären. Dies gilt um so mehr, als die Darstellung, der Kunde könne praktisch nie sein Minutenkontingent ausschöpfen, nicht zutrifft. Ausweislich der Beschreibung des Tarifs wird nicht allgemein nach einem Minutentakt abgerechnet, wie die Klägerin meint. Vielmehr wird nach Ablauf der ersten Gesprächsminute sekundengenau gemessen.

Der Ausdruck "Time & More" unter Hinzufügung einer Zahl gibt auch keine Auskunft dazu, ob eine Anschlußgebühr zuzahlen ist oder nicht.

dd) Ob in Zeitungsanzeigen, in denen eine weitergehende Information üblich und möglich ist, die gleichen Grundsätze gelten, kann angesichts des Antrags der Klägerin offenbleiben.

ee) Auch die Frage, ob ein Anspruch der Klägerin wegen des Inhalts des Werbespots verjährt ist, bedarf danach keiner Entscheidung.

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Beschwer der Klägerin übersteigt 60.000,00 DM, so daß es einer Entscheidung des Senats über die Zulassung der Revision nicht bedarf, § 546 Abs. 1 ZPO.

Berufungsstreitwert: 500.000,00 DM

Ende der Entscheidung

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