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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 31.10.2000
Aktenzeichen: 20 U 73/00
Rechtsgebiete: MarkenG, UWG, ZPO


Vorschriften:

MarkenG § 14 Abs. 2
MarkenG § 5
MarkenG § 14 Abs. 4 Nr. 2
MarkenG § 24
UWG § 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

20 U 73/00 34 O 171/99 LG Düsseldorf

Verkündet am 31. Oktober 2000

Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 12. September 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Berneke und die Richter am Oberlandesgericht Dr. Schmidt und Winterscheidt

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerinnen gegen das am 22. März 2000 verkündete Urteil der 9. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Die Klägerinnen haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin zu 1 kann eine Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 19.000,00 DM, die Klägerin zu 2 in Höhe von 9.000,00 DM abwenden, wenn die Beklagten nicht vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Die Sicherheiten können durch die Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Klägerin zu 1, ein in Großbritannien lässiges Unternehmen, produziert und vertreibt Karbonisiermaschinen für Leitungswasser und die hierfür erforderlichen CO2-Gasbefüllungen in Stahlzylindern, die in die Karbonisiermaschinen eingesetzt werden. Sie nimmt die mit dem Zeichen "S" gekennzeichneten Zylinder nach Verbrauch des Gases über ihre Vertragsunternehmen zurück und befüllt sie neu; hierbei werden die Zylinder jeweils übereignet. Der Vertrieb in Deutschland erfolgte bis August 1998 auf der Grundlage eines Vertriebshändlervertrages vom 8.9.1992 durch die Beklagte zu 1 (Anlage K 11), danach durch die Klägerin zu 2. Seit dem 1.1.2000 ist die B GmbH die für Deutschland zuständige Vertriebsgesellschaft.

Die Klägerin zu 1 war Inhaberin der am 19.8.1978 angemeldeten und am 18.7.1939 eingetragenen Marke "S" für "... Gase zur Herstellung und für die Abgabe von Getränken; Behälter aus unedlen Metallen und deren Legierungen, Teile und Anschlußstücke solcher Behälter ..." (Markenurkunde Anlage K 4, GA 23). Die Marke wurde am 27.10.1999 auf die S-Club N.V. und am 28.10.1999 auf die S (CO2) S.A. umgeschrieben (Anlagen K 9, 10, 12).

Die Beklagte zu 1, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2 ist, hat das CO2-Befüllungsgeschäft nach der Kündigung des Vertriebsvertrages mit der Klägerin zu 1 bis zum 1.11.1999 fortgesetzt. Sie hat CO2-Gaszylinder, die von den Klägerinnen stammten, von freien Händlern entgegengenommen, neu gefüllt und nach Unkenntlichmachung der auf den Behältern vorhandenen "S"-Zeichen wieder in den Verkehr gebracht.

Die Klägerinnen sehen in der Entfernung des Zeichens "S" von den Gaszylindern und in deren Weiterverwendung durch die Beklagten eine wettbewerbswidrige Behinderung und Markenverletzung. Die Klägerin zu 1 hat geltend gemacht, aufgrund einer Lizenzvereinbarung mit der Markeninhaberin und einer Erklärung "Authorisation" vom 19.1.2000 (GA 120) zur Benutzung und (gerichtlichen) Verteidigung der Marke berechtigt zu sein.

Auf Antrag der Klägerinnen hat das Landgericht Düsseldorf die Beklagten durch Versäumnisurteil vom 8.12.1999

I. verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,- DM; ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren,

zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs von Kohlensäurezylindern für Karbonisiermaschinen die Marke SODASTREAM der Klägerin zu 1 zu entfernen und/oder zu überkleben sowie Kohlensäurezylinder für Karbonisiermaschinen anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen, bei denen die von den Klägerinnen aufgebrachte Kennzeichnung "S" entfernt und/oder durch Überkleben unleserlich gemacht worden ist,

2. den Klägerinnen Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie, die Beklagten, die zu I. 1 bezeichneten Handlungen begangen haben, unter Angabe des mit derartigen Kohlensäurezylindern erzielten Umsatzes und der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

3. in die Vernichtung der von den Klägerinnen stammenden und im Besitz oder Eigentum der Beklagten befindlichen Kohlensäurezylindern für Karbonisiermaschinen einzuwilligen, und zwar gleichviel, ob die Zylinder die Marke "SODASTREAM" der Klägerinnen tragen oder ob die Marke gemäß vorstehend Ziffer I. 1 entfernt worden ist,

II. festgestellt,

daß die Beklagten verpflichtet sind, den Klägerinnen allen Schaden zu ersetzen, der ihnen durch die vorstehend zu I.1 bezeichneten Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Gegen das Versäumnisurteil haben die Beklagten Einspruch eingelegt.

Die Klägerinnen haben beantragt,

das Versäumnisurteil vom 8.12.1999 aufrechtzuerhalten.

Die Beklagten haben beantragt,

das Versäumnisurteil vom 8.12.1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Sie haben die Aktivlegitimation der Klägerinnen in Abrede gestellt und geltend gemacht, daß sich die Klägerinnen treuwidrig verhielten, weil sie den Rückkauf der Gaszylinder abgelehnten. Außerdem seien die eingeklagten Ansprüche verjährt. Sie, die Beklagten, treffe kein Verschulden.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 22.3.2000 das Versäumnisurteil vom 8.12.1999 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Markenrechtliche Ansprüche scheiterten daran, daß die Klägerinnen nicht Inhaberinnen der Marke "S" seien und auch die Erklärung "Authorisation" keine genügende Grundlage bilde, Markenrechte der Markeninhaberin geltend zu machen. Ein Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG sei nicht gegeben, weil wegen der von den Beklagten vorgenommenen Umarbeitungen an den "S"-Gaszylindern eine Irreführung des Verkehrs nicht feststellbar sei. Zudem verstoße die Klägerin zu 1 gegen Treu und Glauben, wenn sie einerseits den Rückkauf ihrer CO2Gaszylinder ablehne, andererseits aber auch die Weiterverwendung der umgearbeiteten Zylinder untersagen wolle, so daß diese nur noch entsorgt werden könnten.

Gegen dieses Urteil wenden sich die Klägerinnen mit der Berufung und tragen vor: Das Landgericht habe nicht berücksichtigt, daß durch das Verhalten der Beklagten ihrem unter dem Kennzeichen "S" betriebenen Tauschsystem in großem Umfang gekennzeichnete Zylinder entzogen würden. Die für eine Dauer von zehn Jahren zum Gebrauch bestimmten Gaszylinder verschwänden daher schon nach der ersten Befüllung vom Markt und tauchten unter fremdem Kennzeichen wieder auf. Der in der Marke enthaltene Goodwill und ihr Werbewert würden vernichtet. Eine Verpflichtung, die Zylinder von der Beklagten laufend zurückzukaufen oder das Verhalten der Beklagten zu dulden, bestehe für sie nicht. Die Beklagten würden einen ungerechtfertigten Vorteil vor lauter handelnden Mitbewerbern erhalten. Sie würden sich die Kosten und Mühen des Aufbaus eines eigenen Tauschsystems ersparen. Dabei würden sie die "S"-CO2-Gaszylinder gezielt einsammeln, um ihnen, den Klägerinnen, zu schaden.

Die Klägerin zu 1 beantragt,

das Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 22.3.2000 abzuändern und das Versäumnisurteil vom 8.12.1999 aufrecht zu erhalten.

Die Klägerin zu 2) hat den Rechtsstreit im Hinblick darauf, daß die B GmbH den "S"-Vertrieb für Deutschland übernommen hat, (einseitig) für erledigt erklärt. Sie beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils, eine entsprechende Feststellung zu treffen und den Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung der Klägerinnen zurückzuweisen.

Unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens tragen sie vor: Die Klägerinnen seien nicht anspruchsberechtigt. Die Klägerin zu 1 nehme die Wiederbefüllung der Gaszylinder in Großbritannien nicht mehr vor; es gebe Anzeichen, daß sie ihre Produktion auf Aluminiumzylinder umgestellt habe, die sie vermiete. Eine Beeinträchtigung der Marke (Goodwill, Werbeeffekt) könne sie nicht geltend machen, weil sie unstreitig nicht Inhaberin der Marke sei. Der Beklagten zu 1 sei es ebenso wie anderen Marktteilnehmern nicht möglich, durch die eigene Produktion von Gaszylindern eine Situation herbeizuführen, daß diese Zylinder geordnet in den Rücklauf gelangten. Die Klägerinnen verfolgten das Ziel, den CO2Wiederbefüllungsmarkt für sich zu monopolisieren, und versuchten, den Vertrieb zu steuern, obwohl sie keine Bindung mit den Marktbeteiligten vereinbart hätten.

Wegen aller Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerinnen ist unbegründet. Die Klägerin zu 1 hat gegenüber den Beklagten keine marken- oder wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüche, so daß auch die Folgeansprüche auf Auskunft, Vernichtung und Schadensersatz keine rechtliche Grundlage haben. Auf die von der Klägerin zu 2 abgegebene einseitig gebliebene Erledigungserklärung ist nicht festzustellen, daß der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist; denn auch der Klägerin zu 2 haben keine Ansprüche gegen die Beklagten zugestanden.

1. Das Landgericht hat Unterlassungsansprüche aus der Marke "SODASTREAM" abgelehnt, weil die Klägerinnen nicht Markeninhaberinnen (gewesen) seien und die überreichte Erklärung "Authorisation" vom 19.1.2000 zur Begründung der Klagebrechtigung ebenfalls nicht ausreiche. Ob daran mit Blick auf das Berufungsvorbringen der Klägerinnen festzuhalten ist, kann offenbleiben. Denn ein Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs. 2, 5 MarkenG greift jedenfalls deshalb nicht ein, weil das Entfernen der Kennzeichen "S" auf den Gaszylindern und das Anbieten der Zylinder im veränderten Zustand keine Benutzung der Marke "SODASTREAM" darstellt (vgl. Ingerl/Rohnke, MarenG, 2. Aufl. § 14 Rdn. 100). Ebenso scheidet § 14 Abs. 4 Nr. 2 MarkenG als Anspruchsgrundlage aus, weil die Beklagten die von der Klägerin zu 1 hergestellten Gaszylinder nicht zu dem Zweck besessen haben, sie in dem mit der Marke gekennzeichneten Zustand in den Verkehr zu bringen.

2. Ein Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG kann den Klägerinnen ebenfalls nicht zuerkannt werden.

a) Die Klägerinnen und die Beklagte zu 1 waren nach dem Ende des Vertriebsvertrages Wettbewerber auf dem Markt der Wiederbefüllung von CO2-Gaszylindern für Karbonisiermaschinen. Daß die Beklagte zu 1 sich seit dem 1.11.1999 nicht mehr auf diesem Geschäftszweig betätigt, ist für die Annahme eines Wettbewerbsverhältnisses unerheblich, weil insoweit die Möglichkeit genügt, daß der Konkurrent die wettbewerbswidrigen Handlungen künftig wieder aufnimmt.

b) Den Beklagten kann ein gegen die guten Sitten verstoßendes Wettbewerbsverhalten aber nicht vorgeworfen werden.

Der Begriff der sittenwidrigen Wettbewerbshandlung ist vor dem Hintergrund des Schutzzwecks des Wettbewerbsrechts zu verstehen. Dies erfordert bei der Beurteilung des Einzelfalls eine schutzorientierte Betrachtung, die sich nicht auf das Bestehen eines Wettbewerbsverhältnisses unter Konkurrenten beschränkt, sondern den gesamten Schätzbereich des Wettbewerbs umfassend würdigt. Zu berücksichtigen und abzuwägen sind daher nicht nur die Interessen der Wettbewerber, sondern auch der übrigen Marktbeteiligten, namentlich der Verbraucher, Abnehmer und Lieferanten in den Marktstufen, sowie das Interesse der Allgemeinheit am Bestand des Wettbewerbs (vgl. hierzu Baumbauch/Hefermehl, UWG, 21. Aufl., § 1 Rdn. 2, Einl. UWG Rdn. 76 ff). Soweit die Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eine abweichende Auffassung vertreten und gemeint haben, insbesondere der Verbraucherschutz müsse im Streitfall zurücktreten, kann dem nicht gefolgt werden, worauf hingewiesen wurde.

Betroffen ist der Markt der Wiederbefüllung von CO2Gaszylindern für Karbonisiermaschinen, auf dem Einzelhändler die von den Endverbrauchern zurückgebrachten leeren Gaszylinder bei Befüllungsunternehmen eintauschen, und letztere nicht nur Unternehmen sind, die, wie die Klägerin zu 1, Gaszylinder selbst herstellen und mit ihrem Zeichen versehen, sondern auch Außenseiter, die ohne Festlegung auf ein bestimmtes Fabrikat die Wiederbefüllung von Gaszylindern anbieten, ohne eigene Zylinder in den Verkehr zu bringen. Zu ihnen gehört die Beklagte zu 1, der die Marktteilnahme durch das mit der Klage erstrebte Verbot jedoch unangemessen erschwert würde.

Die Klägerin zu 1 nimmt als Anbieterin von Karbonisiermaschinen (und den dazugehörigen CO2-Gaszylindern) eine zumindest bedeutende Marktstellung ein. Da sie den Endverbrauchern keine Bindungen auferlegt, wurden ihre Gaszylinder mit der Kennzeichnung "S" über freie Händler im erheblichen Umfang auch bei der Beklagten zu 1 eingetauscht. Der Vortrag der Beklagten, daß viele Besitzer von "S"-Karbonisiermaschinen gewohnt seien, die Gaszylinder bei beliebigen Händlern zurückzugeben, ohne auf deren Zugehörigkeit zur "S-Gruppe" zu achten, entspricht der Lebenserfahrung und wird von den Klägerinnen auch nicht in Abrede gestellt. Gleiches gilt für den Vortrag, daß die freien Händler die leeren Gaszylinder zumindest zu einem beträchtlichen Teil unsortiert und ohne Rücksicht auf die Herkunft bei der Beklagten zu 1 abzugeben pflegen. Die Klägerin zu 1 will die sich bei der Beklagten zu 1 ansammelnden "S"-Gaszylinder aber nicht zurückkaufen und ihr im gleichen Atemzug verbieten, die Gaszylinder (ohne "S" Kennzeichnung) wieder mit CO2-Gas zu füllen. Damit würde der Beklagten zu 1 indes eine erhebliche Hürde errichtet, die geeignet wäre, sie als Anbieterin von Gasbefüllungen aus dem Markt zu verdrängen. Sie müßte nicht nur Aufwendungen für eigene Gaszylinder tätigen, sondern die Behälter - anders als die Klägerin zu 1 - praktisch umsonst an die Händler abgeben. Denn die Endverbraucher erwerben die "S"-Gaszylinder zu Eigentum und übertragen es bei der Rückgabe auf die Händler. Die Händler übertragen das Eigentum an den leeren Gaszylindern im Austausch gegen gefüllte Gaszylinder auf die Beklagte zu 1. Wegen des bloßen Austauschens der Zylinder werden die Händler aber nur die Befüllungsleistung der Beklagten zu 1 vergüten wollen; so daß diese ihnen die Zylinder praktisch kostenfrei überlassen oder einen erheblichen Preisnachlaß gewähren müßte. Mittels der empfangenen "S"-Gaszylinder könnte sie sich anschließend nicht schadlos halten, weil ihr die Wiederbefüllung verboten wäre.

Diese Beschwernisse freier Befüllungsunternehmen sind sachlich nicht gerechtfertigt. Die Klägerin zu 1 gibt das Eigentum an den "S"-Gaszylindern freiwillig aus der Hand und erhält dafür, wie dem Senat aus anderen Verfahren der Klägerinnen bekannt ist und in der mündlichen Verhandlung erörtert wurde, einen Betrag von rund 20,- DM. Markenrechtlich liegt für den Bereich des Geschäftsverkehrs ein Fall der Erschöpfung nach § 24 MarkenG vor. Überdies müßte die Klägerin zu 1 die Entfernung der Marke durch Dritte, die nicht Wettbewerber sind, ebenfalls hinnehmen. All dies zeigt, daß ihr Unterlassungsbegehren darauf gerichtet ist, längst aufgegebene oder sonst verlorene Rechtspositionen mit den Mitteln des Wettbewerbsrechts zurückzuholen bzw. deren Schutzbereich weit vorzuverlegen. Soweit sie auf die Existenz ihres "Tauschsystems" und die Schutzwürdigkeit ihres Interesses an einem "ungestörten Kreislauf" der "S"-Gaszylinder verweist, kann ihr darin nicht gefolgt werden. Die Klägerin zu 1 läßt ihr Tauschsystem (jedenfalls in bezug auf Stahlzylinder) aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung ohne Sicherung. In diesem ungesicherten Zustand muß sich ihr Tauschsystem bewähren und dem freien Wettbewerb stellen; nicht muß sich umgekehrt der Wettbewerb an das Tauschsystem anpassen. Die markenrechtlich nicht geschützte Klägerin zu 1 hat deshalb auch nach dem Wettbewerbsrecht keine Handhabe, über ihre aus dem "Kreislauf" ausgeschiedenen Gaszylinder zu disponieren. Ein Eindringen von Außenseitern in "ihren" Markt kann sie mit wettbewerbsrechtlichen Regeln nicht abwehren (vgl. BGH Markeng 2000, 211 unter III.2 - Außenseiteranspruch II). Deshalb verfängt auch nicht ihr Argument, die Beklagte zu 1 verschaffe sich auf ihre Kosten und zum Nachteil redlicher Wettbewerber einen unzulässigen Vorteil durch Einsparung von Investitionen und Werbeaufwand. Zwar kann der Kauf von Produkten eines Markeninhabers und der anschließende Verkauf unter Entfernung der Marke durch einen Konkurrenten eine unlautere Behinderung des Absatzes und der Werbung darstellen (vgl. BGH GRUB 1972, 558 - Teerspritzmaschine; Baumbach/Hefermehl, UWG, 21. Aufl., § 1 UWG Rdn. 231; Gloy, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 2. Aufl., 1 Rdn. 105, § 46 Rdn. 91). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Die Entfernung des Zeichens "S" durch die Beklagten richtete sich nicht allein gegen die Klägerinnen, sondern diente zugleich dem Zweck, den Zugang zum Befüllungsmarkt freizuhalten, und damit der Herstellung der dem Wettbewerbsrecht zugrunde liegenden Wettbewerbsfreiheit (vgl. hierzu BGH, NJW-RR 1989, 360 ff - Entfernung von Kontrollnummern III). Es ist weder dargetan noch sonst ersichtlich, daß die Beklagten gezielt gerade die "S"-Gaszylinder in der Absicht entgegengenommen. hätten, die Klägerinnen zu schädigen oder zu behindern. Werbemaßnahmen, Ankündigungen oder dergleichen, mit denen die Beklagten die Händler oder Endverbraucher zur Abgabe von "S"-Gaszylindern bei ihr oder bestimmten Händlern aufforderten, sind nicht vorgetragen. Die Ansammlung der "S"-CO2-Gaszylinder bei der Beklagten zu 1 erweist sich danach nur als Folge einer dem Wettbewerbsgedanken entsprechenden Marktteilnahme.

Auch Gesichtspunkte des Verbraucherschutzes und des Kartellrechtes sprechen für die Beklagten. Wenn Außenseiter ihre Gaszylinder selbst beschaffen müssen und dabei auf den "S"-Gaszylindern "sitzenbleiben", werden sie, wie ausgeführt, ihre Gaszylinder im Austausch mit "S"-Zylindern nahezu verschenken müssen. Wegen der ihnen drohenden Verluste werden sie die Entgegennahme von "S"-Gaszylindern alsbald ablehnen müssen. Das gleiche werden die freien Händler gegenüber den Endverbrauchern tun. Die Endverbraucher werden sodann ihre "S"-Gaszylinder nur noch bei den "S"-Vertriebshändlern eintauschen können. Dies beschränkt sie in nicht hinzunehmender Weise in ihren Rechten. Denn sie sind beim Erwerb der "S"-Karbonisiermaschinen keinerlei Bindungen eingegangen und dürfen daher zu Recht erwarten, die Wiederbefüllung der Gaszylinder bei Händlern ihrer Wahl vornehmen zu können, woran sie abgesehen von dem Wunsch nach Entscheidungsfreiheit aus vielen Gründen ein Interesse haben können (z. B. Preisgünstigkeit oder örtliche Nähe des Händlers). Würde man dem Verbotsbegehren der Klägerin zu 1 entsprechen, käme es ferner zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Reservierung des Befüllungsgeschäfts zugunsten eines Anbieters (die Klägerin zu 1 will die ihr nicht mehr gehörenden Gaszylinder offenbar für eigene Nachfüllungen reservieren) und zu einer Zementierung von Kundenbeziehungen. Solche kartellrechtlich unerwünschten Erscheinungen sind aufgrund der Wechselwirkung zwischen Kartellrecht und Wettbewerbsrecht bei der Interessenabwägung nach § 1 UWG ebenfalls zu berücksichtigen (vgl. hierzu Scherer, WRP 1996, 174 ff) und hier mit ausschlaggebend.

3. Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Berufungsstreitwert: 300.000 DM, Beschwer a) der Klägerin zu 1: 300.000,- DM b) der Klägerin zu 2: 23.000,- DM.

Ende der Entscheidung

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