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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 22.08.2000
Aktenzeichen: 20 U 78/00
Rechtsgebiete: RabattG, UWG, ZPO


Vorschriften:

RabattG § 1
RabattG § 12
RabattG § 1 Abs. 1
UWG § 25
ZPO § 92 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

20 U 78/00 38 O 14/00 LG Düsseldorf

Verkündet am 22. August 2000

Garbareck, Justizsekretärin z.A. als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Verfahren

auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 9. Juli 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Berneke und die Richter am Oberlandesgericht Schüttpelz und Winterscheidt

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Antragstellerin wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das am 13. März 2000 verkündete Urteil der 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf teilweise abgeändert.

Die Antragsgegnerin wird verurteilt,

es zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr in Werbemitteln, Prospekten oder Preislisten mit Rabatten, die den zulässigen Barzahlungsnachlaß in Höhe von 3 % überschreiten, wie folgt zu werben:

a) "10 % Nachlaß auf alle Charter Balearen und Mittelmeer mit bestimmten Einschränkungen"

ohne, daß die Einschränkungen benannt werden,

oder

b) "6 Tage segeln - 5 Tage zahlen"

oder

"13 Tage segeln - 10 Tage zahlen"

mit dem Zusatz:

"Das Angebot unterliegt Bedingungen, die Sie bitte bei Ihrer M-Agentur erfragen."

Der weitergehende Verfügungsantrag wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen haben die Antragstellerin 2/5 und die Antragsgegnerin 3/5 zu tragen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Antragstellerin hat teilweise Erfolg.

Mit ihren in zweiter Instanz vorgelegten Verfügungsanträgen begehrt die Antragstellerin, die Antragsgegnerin zu verurteilen,

es zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr in Werbemitteln, Prospekten, Preislisten usw. mit Rabatten, die den zulässigen Barzahlungsnachlaß in Höhe von 3 % überschreiten, zu werben, insbesondere wenn es in der Werbung heißt:

a) "Buchen Sie Ihren Törn noch vor dem 31.1.2000 und profitieren Sie von 10 % Frühbucher-Nachlaß, fragen Sie bitte ihre Agentur,"

oder

"10 % Nachlaß auf alle Charter Balearen und Mittelmeer mit bestimmten Einschränkungen" ohne, daß die hier erwähnten Einschränkungen benannt werden,

b) "6 Tage segeln - 5 Tage zahlen" oder 13 Tage segeln - 10 Tage zahlen"

und es zusätzlich heißt:

"Das Angebot unterliegt Bedingungen, die Sie bitte bei Ihrer M-Agentur erfragen",

oder

"Bitte rufen Sie Ihre M-Agentur an."

Dieses Begehren hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg, im übrigen ist es unbegründet.

Die Werbeaussage

"10 Nachlaß auf alle Charter Balearen und Mittelmeer mit bestimmten Einschränkungen" ohne Nennung der Einschränkungen (Anzeige der Antragsgegnerin in dem Magazin "S" Nr. 1/2000, Anlage 3)

stellt einen Verstoß der Antragsgegnerin gegen das Rabattgesetz dar und begründet einen entsprechenden Unterlassungsanspruch der Antragstellerin nach §§ 1, 12 RabattG. Der Verfügungsgrund ist nicht zu verneinen; er wird nach § 25 UWG vermutet und ist hier nicht als widerlegt anzusehen. Nachdem das Magazin "S", Ausgabe 1/2000, am 27.12.1999 erschienen war und der Geschäftsführer der Antragstellerin die darin enthaltene Anzeige um den "Jahreswechsel 1999/2000" zur Kenntnis nahm (eidesstattliche Versicherung vom 17.2.2000, GA 52), hat die Antragstellerin am 24.1.2000 den Erlaß einer einstweiligen Verfügung beantragt und daher noch innerhalb einer angemessenen Überlegungszeit.

Tathandlung ist nach § 1 Abs. 1 RabattG das Ankündigen oder Gewähren von Preisnachlässen (Rabatten) zu Zwecken des Wettbewerbs; nach Absatz 2 der Vorschrift gelten als Preisnachlässe im Sinne dieses Gesetzes Nachlässe von den Preisen, die der Unternehmer ankündigt oder allgemein fordert, oder Sonderpreise, die wegen der Zugehörigkeit zu bestimmten Verbraucherkreisen, Berufen, Vereinen oder Gesellschaften eingeräumt werden. Ob es sich jeweils um solch allgemeine Preisnachlässe oder Sonderpreise handelt, bemißt sich nach der Verkehrsanschauung, und zwar nach jetziger Auffassung gemäß der Sicht des informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers (vgl. hierzu EuGH, EuZW 2000, 286, 288 - Lifting; EuZW 1998, 526 - Gut Springheide und Tusky); zu berücksichtigen sind alle Umstände des Einzelfalls, wobei die Auffassung eines nicht unerheblichen Teils der Verkehrskreise genügt (vgl. BGH GRUR 1961, 367, 369 - Schlepper). Nicht entscheidend ist, wie der Unternehmer selbst seine Aussage verstanden wissen will (vgl. BGH GRUR, 185, 186 Taschenrechnerpackung, GRUB 1987, 185, 187 - Rabattkarte; GRUB 1992, 965, 966 - Rent-o-mat).

Der (rabattrechtliche) Begriff des Preisnachlasses ist dadurch gekennzeichnet, daß sich zwei Preise gegenüberstehen, der Allgemein- oder Normalpreis und der im Einzelfall durch den Nachlaß (Rabatt) gewährte Ausnahmepreis (vgl. nur BGH GRUR 1995, 515, 517 - 2 für 1-Vorteil; WRP 1994, 610, 612, - zinsgünstige Kfz-Finanzierung). Vorliegend hat die Antragsgegnerin in der angegriffenen Anzeige "10 % Nachlaß" auf ihre Charter angekündigt und insoweit nicht nur einen für die Gewährung von Rabatten typischen Begriff verwandt, sondern die Worte "mit bestimmten Einschränkungen" hinzugefügt, ohne diese näher zu beschreiben. Dies konnte bei den angesprochenen Letztverbrauchern die Vorstellung wecken, daß mit den "Einschränkungen" persönliche Voraussetzungen gemeint waren und deshalb nur bestimmte Kunden oder Verkehrskreise in den Genuß des Preisvorteils gelangen konnten (§ 1 Abs. 2, 2. Fall RabattG). Ferner konnten die "Einschränkungen" gedanklich auf unwesentliche Nebensächlichkeiten des Leistungsangebotes bezogen werden. Leistungen mit nur unwesentlichen Unterschieden betrachtet der Verkehr aber als gleichwertig, so daß aus seiner Sicht für eine Leistung zwei verschiedene Preise (Normalpreis und Sonderpreis) als angeboten gelten konnten (§ 1 Abs. 2, 1. Fall RabattG; sog. verschleierte Rabattgewährung). Diese Möglichkeiten bestanden hier jedenfalls deshalb, weil dem Verbraucher die wirtschaftlichen Hintergründe des Preisnachlasses verborgen blieben, wobei in diesem Zusammenhang anzumerken ist, daß auf Nachfrage des Senats im Verhandlungstermin auch der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin nicht näher darlegen konnte, was tatsächlich Gegenstand der "Einschränkungen" war. Die angegriffene Werbung erschien dem Verkehr daher nicht eindeutig als ein Angebot, mit dem ein neuer Normalpreis geschaffen werden sollte. Darauf, ob entsprechend der eidesstattlichen Versicherung des Geschäftsführers der Antragsgegnerin vom 29.6.2000 eine allgemeine Preissenkung beabsichtigt war, kommt es wegen der allein maßgebenden Sicht des Letztverbrauchers nicht an.

Gemäß § 1 RabattG dürfen u.a. bei der Ausführung gewerblicher Leistungen des täglichen Lebensbedarfs, zu denen auch die in Rede stehende Yacht-Charter gehören, Preisnachlässe (Rabatte) für Letztverbraucher nur in den vom Rabattgesetz ausdrücklich geregelten Fällen angekündigt oder gewährt werden. Ein solcher gesetzlicher Ausnahmefall ist hier nicht gegeben. Da demnach schon wegen eines Verstoßes gegen das Rabattgesetz ein Verbot auszusprechen ist, kann unerörtert bleiben, ob auch aus anderen Gründen eine Untersagung gerechtfertigt wäre.

Im Ergebnis nichts anderes gilt für die Werbeaussage gemäß Verfügungsantrag b):

"6 Tage segeln - 5 Tage zahlen" oder 13 Tage segeln - 10 Tage zahlen"

mit dem Zusatz

"Das Angebot unterliegt Bedingungen, die Sie bitte bei Ihrer M-Agentur erfragen".

Die angegriffene Ankündigung findet sich auf den Seiten 9 und 5 der "Preisliste 2000" (GA 9 R, 10). Auch hier bleibt im dunkeln, was unter den angeführten "Bedingungen" zu verstehen ist. Die Unklarheit kann den Verkehr zu der Annahme führen, daß nur bestimmte Kunden den Preisnachlaß erhalten. Ferner kann die Vorstellung hervorgerufen werden, es handele sich bei den "Bedingungen" um geringfügige Einschränkungen im Leistungsangebot, so daß es für eine Leistung einen Normalpreis und einen Sonderpreis gebe.

Ein Verbot ist jedoch nicht in bezug auf die Werbeaussage

"6 Tage segeln - 5 Tage zahlen" oder 13 Tage segeln - 10 Tage zahlen"

mit dem Zusatz: "Bitte rufen Sie Ihre M- Agentur an"

auszusprechen, die in der Internetwerbung der Antragsgegnerin vom 22.1.2000 (Anlage 4, GA 17, 18) enthalten ist. Einrabattrechtlicher Verstoß liegt darin nicht. Aus Sicht des Verkehrs stehen sich nicht ein Normalpreis und ein Ausnahmepreis gegenüber. Der reduzierte Preis wird vielmehr als Normalpreis für all jene Kunden angesehen, die - wie es in der angegriffenen Werbung weiter ausgeführt ist - bis zum 31.1.2000 buchen. Die Aufforderung, bei einer Agentur der Antragsgegnerin anzurufen, ist aus Sicht der Letztverbraucher nicht dahin zu verstehen, daß der Angebotspreis noch auszuhandeln wäre; vielmehr ist sie als Ermunterung zur Einholung weiterer Informationen über das Leistungsangebot zu betrachten, wobei der Vergleich "6 Tage segeln - 5 Tage zahlen" erkennbar als Anreiz und Verdeutlichung des Preisvorteils dient.

Auch sonst stehen der Antragstellerin keine weiteren Unterlassungsansprüche zu. Dies gilt zunächst einmal in bezug auf den mit dem Antrag a) angegriffenen "Frühbucher-Nachlaß" gemäß der Internetwerbung der Antragsgegnerin vom 22.1.2000 (GA 6). Wegen des Datums 31.1.2000 besteht keine materielle Wiederholungsgefahr, worauf schon das Landgericht in seinem Urteil hingewiesen hat (GA 110/111). überdies ist es rabattrechtlich nicht zu bestanden, wenn der Unternehmer für einen bestimmten Buchungszeitraum einen niedrigeren Preis für seine Leistung festlegt. Diese Gestaltung ist dem Verkehr unter anderem bei den Subskriptionspreisen des Buchhandels geläufig. Dahinter stehen wirtschaftlich vernünftige Erwägungen, die sich dem Letztverbraucher ohne weiteres erschließen; die Subskription vereinfacht dem Verlag u. a. die Abschätzung der Nachfrage und die mittelfristige Kalkulation. Zeitlich begrenzte Preisherabsetzungen müssen nur als solche eindeutig erkennbar sein und dürfen nicht "in den Mantel eines unzulässigen Preisnachlasses gehüllt werden". All dies gilt gleichermaßen für die Frühbucherpreise der Tourismusbranche, bei denen für den Letztverbraucher offenbar ist, daß aus wirtschaftlich nachvollziehbaren Erwägungen (hier: Vorteil frühzeitiger Planungssicherheit) für die gleiche Leistung abhängig vom Buchungsdatum zwei verschiedene Normalpreise existieren. So verhält es sich im Streitfall. Zwar ist in der Internetwerbung vom 22.1.2000 (GA 6) von "10 % Frühbucher-Nachlass" die Rede, womit die Antragsgegnerin erneut rabatt-typische Begriffe benutzt hat. Auch ist es unstreitig branchenüblich, Frühbucherpreislisten herauszugeben, aus denen die Preise abgelesen werden können. Die Preislisten sind aber nicht der einzig zulässige Weg, Frühbuchertarife anzukündigen. Entscheidend sind vielmehr die Verkehrsauffassung und die konkrete Gestaltung im Einzelfall. Der angesprochene Letztverbraucher entnimmt der angegriffenen Werbung ohne weiteres, daß bei einer Buchung bis zum genannten Stichtag alle Kunden denselben Frühbucherpreis erhalten. Das wie eine Rabattankündigung klingende Schlagwort "10 % Frühbuchernachlass" soll demgegenüber lediglich den Preisvorteil veranschaulichen. Zu Unrecht will die Antragstellerin die Aufforderung "fragen Sie bitte Ihre Agentur" dahin deuten, daß der Kunde den Frühbucherpreis erst noch aushandeln müsse; auch hier soll die Wendung ersichtlich nur zur Abfrage des Leistungsangebotes ermuntern.

Der allgemeine Teil des mit der Berufungsbegründung vorgelegten Verfügungsantrags greift ebenfalls nicht durch. Aus sich heraus rechtfertigt das mit Recht beanstandete Verhalten der, Antragsgegnerin keine Verallgemeinerung; es ist vielmehr durch seine besonderen Merkmale gekennzeichnet. Die Antragstellerin hat über die zuerkannten Verbote hinaus auch keine weiteren, eine allgemeine Verurteilung rechtfertigenden Verletzungsfälle aufgezeigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

Eines Ausspruchs über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils bedarf es in Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung nicht (§ 545 Abs. 2 Satz 1, § 704 Abs. 1 1. Alternative ZPO).

Berufungsstreitwert: 50.000,- DM.

Ende der Entscheidung

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