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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 22.02.2000
Aktenzeichen: 20 U 82/99
Rechtsgebiete: GWB, UWG, ZPO


Vorschriften:

GWB § 1
UWG § 1
UWG § 3
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

20 U 82/99 8 O 6/99 LG Kleve

Verkündet am 22. Februar 2000

G, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 11. Januar 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht B sowie die Richter am Oberlandesgericht Dr. S und W

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Kleve vom 4. Juni 1999 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Klägerin ist Mitglied des D S und G e.V., die Beklagte ist Mitglied des B d B e.V. Beide Verbände sind zusammen mit den beiden anderen Spitzenverbänden der Kreditwirtschaft Vertragsparteien einer "Vereinbarung über ein institutsübergreifendes System zur bargeldlosen Zahlung an automatisierten Kassen (electronic cash-System)". Ziffer 2 dieser Vereinbarung (Anl. K 1) lautet:

"Die Kreditwirtschaft stellt sicher, daß jedes Kreditinstitut, das seinen Kunden die Teilnahme am electronic cash-System ermöglichen will, diese Vereinbarung nebst Anlagen anerkennt."

Eine der genannten Anlagen sind die "Bedingungen für die Teilnahme von Handels- und Dienstleistungsunternehmen am electronic cash-System der deutschen Kreditwirtschaft" ("Händlerbedingungen"). Ziffer 11 dieser Händlerbedingungen (Anl. K 2) hat folgenden Wortlaut:

"Das Unternehmen hat auf das electronic cash-System sowie auf das edc/Maestro-System mit dem jeweils zur Verfügung gestellten Logo deutlich hinzuweisen. Dabei darf das Unternehmen ein Kreditinstitut oder eine Kreditinstitutsgruppe werblich nicht herausstellen."

Die Vereinbarung bezweckt gemäß ihrer Ziffer 1 den Betrieb "eines institutsübergreifenden Systems zur bargeldlosen Zahlung an automatisierten Kassen, das den Kunden der Kreditinstitute, die diese Vereinbarung anerkannt haben (angeschlossene Kreditinstitute), bargeldlose Zahlungen mittels der ec-Karte ... zu Lasten ihres Kontos an automatisierten Kassen - electronic cash-Terminals - ermöglicht". Diese "electronic cash-Terminals", die bei den angeschlossenen Einzelhandelsgeschäften aufgestellt werden, bestehen aus zwei Geräten (Anl. B 2). Das eine ist ein Kartenlesegerät, das zum Ablesen der ec-Karte des Kunden und zur Eingabe der persönlichen Geheimzahl bestimmt ist, das Endgerät dient dazu, den Kaufpreis einzugeben und die Quittung auszudrucken, die der Kunde erhält.

Bei der Beklagten werden diese "Terminals" von einer Tochtergesellschaft, der C C K GmbH aufgestellt, die auch Vertragspartner des Einzelhändlers ist und die Abrechnung übernimmt. Diese Gesellschaft versieht die Endgeräte der "Terminals" mit dem Schriftzug und dem Logo der Beklagten (Anl. B 2 und Foto in Hülle Bl. 120 GA). Die Klägerin sieht darin eine unzulässige Werbung, die durch Ziffer 11 der Händlerbedingungen verboten sei.

Sie hat beantragt,

der Beklagten zu untersagen, sog. electronic cash-Geräte, soweit diese zur Abwicklung des elektronischen Zahlungsverkehrs zwischen dem Endverbraucher und dem Kunden der Beklagten eingesetzt werden, als Werbeträger für ihr Unternehmen zu nutzen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vor allem die Ansicht vertreten, Nr. 11 der Händlerbedingungen untersage nur, im unmittelbaren örtlichen Zusammenhang mit dem dort zunächst genannten Logo des electronic cash-Systems ein bestimmtes Kreditinstitut werblich herauszustellen.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil der Klage stattgegeben. Ein entsprechendes Werbeverbot ergebe sich zwar nicht eindeutig aus dem Wortlaut von Ziffer 11 der Händlerbedingungen, es folge jedoch aus einer vertragskonformen Interpretation.

Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Sie wiederholt und vertieft vor allem ihr Vorbringen, daß Ziffer 11 kein umfassendes Verbot der Werbung im Geschäftslokal enthalte. Eine Werbung auf den Endgeräten müsse auch deshalb zulässig sein, weil diese in aller Regel nicht nur für die Abrechnung der ec-Karte dienten, sondern für alle Arten der elektronischen Zahlung, insbesondere für die elektronische Abbuchung von Kreditkarten. Die Unternehmen, die die Buchungen über Kreditkarten abrechneten, versähen ihre Endgeräte ebenfalls mit einem entsprechenden Werbeaufdruck. Die Beklagte, die über die C auch Kreditkarten-Zahlungen abrechne, könne bei der Kennzeichnung der Endgeräte nicht schlechter gestellt werden. Im übrigen bringe - wie unstreitig ist - die D B auf den Endgeräten ebenfalls ihren Schriftzug und ihr Logo an (Anl. B 3). Im Gegensatz zur Annahme des Landgerichts handele es sich bei dem electronic cash-System keineswegs um ein "werbeneutrales" System, vielmehr stünden die einzelnen Kreditinstitute im Bereich der ec-Karte im Wettbewerb zueinander und es befänden sich z.B. auf den ec-Karten aller Institute auch deren jeweilige Logos.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und vertritt die Ansicht, ihr stehe gegen die Beklagte sowohl ein vertraglicher als auch ein gesetzlicher Unterlassungsanspruch zu.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg.

Die Klage ist unbegründet, weil der Klägerin weder aus der Vereinbarung über das electronic cash-System, noch aus Gesetz ein entsprechender Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zusteht.

Aus Ziffer 11 der Händlerbedingungen läßt sich ein derartiger Anspruch nicht herleiten. Diese Vorschrift statuiert gerade kein umfassendes Werbeverbot im Zusammenhang mit dem electronic cash-System. Sie enthält in Satz 1 zunächst die Verpflichtung des Einzelhändlers, auf das System mit dem "zur Verfügung gestellten Logo deutlich hinzuweisen". Ob diese Verpflichtung auch die Beklagte trifft, kann dahinstehen. Denn in Satz 2 der Ziffer 11 heißt es dann nur, "dabei" dürfe das Unternehmen "ein Kreditinstitut oder eine Kreditinstitutsgruppe werblich nicht herausstellen". Diese Bestimmung ist vom Wortlaut her eindeutig und besagt nur, daß im (örtlichen) Zusammenhang mit der Verwendung des Logos nicht auf ein bestimmtes Kreditinstitut usw. hingewiesen werden dürfe. Wie die Beklagte in ihrem Schreiben an den B d B (Anl. K 8) schon ausgeführt hat, macht diese Auslegung allein anhand des Wortlauts auch Sinn. Das Logo steht nach der zugrunde liegenden Vereinbarung für ein "institutsübergreifendes System". Dieses Logo des electronic cash-Systems soll nicht für ein einzelnes Kreditinstitut oder eine einzelne Gruppe von Kreditinstituten "vereinnahmt" werden können. Der Benutzer der ec-Karte soll nicht den irrigen Eindruck bekommen; hier biete ihm ein einzelnes Kreditinstitut einen ganz besonderen Service, sondern es soll im Gegenteil auf ein System hingewiesen werden, das institutsübergreifend gerade nicht nur mit der ec-Karte eines bestimmten Instituts "funktioniert" (vgl. Anl. B 1).

Jede Auslegung muß vom Wortlaut der Erklärung ausgehen (Palandt/Heinrichs, BGB, 59. Aufl., § 133, Rdnr. 19). Dessen Bedeutung ändert sich vorliegend auch dann nicht, wenn man den Sinn der Erklärung hinzunimmt. Man braucht nicht über den Wortlaut von Ziffer 11 hinauszugehen, damit die Bestimmung einen Sinn hat. Ein solches Hinausgehen über den Wortlaut verbietet sich insbesondere hier, wo nicht irgendwelche Laien ihre rechtlichen Erklärungen unvollkommen ausgedrückt, sondern die fachkundigen Spitzenverbände der Kreditwirtschaft die Rechtsbeziehungen innerhalb des neu zu errichtenden Systems zur bargeldlosen Zahlung geregelt haben. Fachkundigere Vertragsparteien sind kaum vorstellbar; von einer Abfassung der Verträge durch besonders im Bankrecht versierte Juristen ist ohne weiteres auszugehen. Diese Vertragsparteien hätten es in der Hand gehabt, ein umfassendes Werbeverbot innerhalb des Systems klar zu formulieren, wenn sie es denn gewollt hätten. Da sie das nicht getan haben, ist dieser Wille der vertragsschließenden Parteien zu respektieren. Auch das angefochtene Urteil vertritt die Ansicht, es liege - außer in Ziffer 11 der Händlerbedingungen - eine "im übrigen genaue Fassung der Vertragstexte" vor.

Allerdings gilt der Grundsatz, daß der übereinstimmende Wille der Vertragsparteien entscheidet, auch wenn er im Wortlaut der Erklärung keinen oder nur einen unvollkommenen Ausdruck gefunden hat (vgl. Palandt/Heinrichs a.a.O., § 133, Rdnr. 8). Für einen solchen übereinstimmenden Willen der Parteien, trotz der eingeschränkten Fassung von Ziffer 11 der Händlerbedingungen ein umfassendes Werbeverbot innerhalb des Systems vorzusehen, ist jedoch nichts vorgetragen. Insbesondere ergibt sich aus dem Schreiben des D S und G vom 25. Februar 1998 (Anl. K 5) nicht, daß dieser Verband und der B d B zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung einen entsprechenden Willen gehabt hätten, von den beiden anderen an der Vereinbarung beteiligten Spitzenverbänden einmal ganz abgesehen. Die Beklagte hat ein derartiges vom Wortlaut abweichendes Verständnis schon in erster Instanz mit Nichtwissen bestritten.

Richtig ist aber auch die Rechtsansicht der Beklagten, daß ein solches Verständnis für sie als angeschlossenes Kreditinstitut nicht verbindlich wäre. Ziffer 1 und 2 der Vereinbarung sahen deren Anerkennung durch die angeschlossenen bzw. anzuschließenden einzelnen Kreditinstitute vor. Für Erklärungen, die für eine unbestimmte Vielzahl von Personen Bedeutung erlangen können, gelten besondere Auslegungsgrundsätze. Außer dem Text der Erklärung dürfen nur solche Umstände berücksichtigt werden, die jedermann oder doch jedem Angehörigen der angesprochenen Kreise bekannt oder erkennbar sind (Palandt/ Heinrichs a.a.O., § 133, Rdnr. 12). Ziffer 11 der Händlerbedingungen ist also (nur) objektiv nach den Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Beteiligten auszulegen, ähnlich wie bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen (vgl. Palandt/Heinrichs a.a.O. und Schäfer, Die zivilrechtliche Qualifizierung der Interbankenabkommen, S. 152, 172 = 96, 98 GA, der von Geschäftsbedingungsverträgen "ähnlich § 2 Abs. 2 AGBG" spricht).

Das angefochtene Urteil hat angenommen, die Wortwahl in Ziffer 11 ("dabei") beruhe "offensichtlich auf Gedankenlosigkeit". Wäre den Parteien die darin liegende Ungenauigkeit aufgefallen, hätten sie einen anderen Wortlaut gewählt.

Da sie sich solche Gedanken jedoch nicht gemacht hätten, könnten sie nur von einem umfassenden Werbeverbot ausgegangen sein.

Das ist eine ergänzende Vertragsauslegung, denn es wird darauf abgestellt, was die Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn sie sich "Gedanken gemacht" hätten (vgl. Palandt/Heinrichs a.a.O., § 157, Rdnr. 7). Bei einer solchen Auslegung ist stets Vorsicht geboten, weil sie leicht den Richter zum Herrn des Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien macht und so Rechtsunsicherheit schafft (vgl. Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, 7. Aufl., Rdnr. 399). Für eine ergänzende Auslegung fehlt es hier schon an einer Regelungslücke, nämlich an einem Fall, den die Parteien nicht bedacht hätten (vgl. Palandt/ Heinrichs a.a.O., § 157, Rdnr. 3, 7). Wie oben ausgeführt, handelte es sich um äußerst fachkundige Parteien, die eine solche Regelungslücke nicht offen gelassen hätten, und außerdem behält Ziffer 11 der Händlerbedingungen auch dann seinen Sinn, wenn er sich nur auf Werbung im Zusammenhang mit dem Logo des electronic cash-Systems bezieht. Die vom Landgericht in diesem Zusammenhang angenommene Mehrdeutigkeit des Wortes "dabei" ("Wobei genau? In welchem Abstand zu dem Logo? stellt lediglich eine angesichts der Vielgestaltigkeit der Fälle kaum vermeidbare Unschärfe dar. Anders als der Kläger eines Unterlassungsantrages gibt es für die Verfasser einer abstrakten Vertragsbestimmung keine konkrete Verletzungshandlung, an die sie anknüpfen können.

Eine ergänzende Auslegung, wie sie das Landgericht vorgenommen hat, darf vor allem nicht, zu einer Erweiterung des Vertragsgegenstandes führen; sie muß sich innerhalb des tatsächlich gegebenen Rahmens der getroffenen Vereinbarung halten (vgl. Palandt/Heinrichs a.a.O., § 157, Rdnr. 9). Das gilt hier vor allem im Hinblick darauf, daß die Klägerin aus Ziffer 11 ein im Wortlaut nicht zum Ausdruck gekommenes Werbeverbot für die Beklagte herleiten will. Die Grenzen der willensergänzenden Auslegung sind um so enger, je weittragender die Folgen sind, die sich für die Betroffenen daraus ergeben können (vgl. Medicus a.a.O.).

Gegen eine ergänzende Auslegung über den Wortlaut hinaus spricht im vorliegenden Fall auch noch eine Erwägung aus dem Bereich des Kartellrechts. Vertragliche Unterlassungsvereinbarungen können § 1 GWB verletzen, wenn und soweit sie einer Beschränkung des Wettbewerbs dienen (Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Aufl., Kap. 11, Rdnr. 2). Diese Vorschrift schützt den Wettbewerb auch und insbesondere in der Erscheinungsform der Werbung. Vertragliche Beschränkungen der Werbung verstoßen daher gegen das Kartellverbot, soweit lauterer Wettbewerb unterlassen werden soll (Burkhardt, Kartellrecht, Rdnr. 137). Das gilt insbesondere für Vereinbarungen, die von den Spitzenverbänden des Kreditgewerbes für die ganze Branche geschlossen werden. Jedenfalls sollten schon diese Erwägungen ausreichen, Ziffer 11 der Händlerbedingungen nicht über ihren Wortlaut hinaus auszulegen und daraus ein umfassendes Werbeverbot im Zusammenhang mit dem electronic cash-System herzuleiten. Es liegt sogar nahe, daß die kundigen Vertragsparteien sich von solchen Erwägungen leiten ließen, als sie das Werbeverbot auf eine Werbung im Zusammenhang mit dem Logo des Systems beschränkten. Es ist auch unbestritten geblieben, daß das electronic cash-System im übrigen keineswegs "werbefrei" ist, bis hin zur Benutzung von Kennzeichen auf den Endgeräten, wie es die D B tut (Anl. B 3).

Fehlt es danach an einem Vertrags- bzw. Rechtsbruch der Beklagten, dann kann auch von der Erlangung eines rechtswidrigen Wettbewerbsvorteils i.S.d. § 1 UWG nicht die Rede sein.

Aber auch der zusätzlich gerügte Verstoß gegen § 3 UWG liegt nicht vor. Die angebliche Irreführung soll dabei darin liegen, daß bei dem Kunden, der im Laden das Logo der Beklagten auf dem Endgerät sieht, der Eindruck entsteht, daß er hier nur mit ec-Karten der Beklagten zahlen könne und, daß ihn dies nicht etwa zu einer Rückfrage veranlaßt, sondern von einer Bezahlung mit der ec-Karte absehen läßt (wenn diese nicht von der Beklagten stammt).

Die Gefahr einer solchen Irreführung besteht nicht. Der Kunde des Einzelhändlers hält den Aufdruck des Firmenzeichens einer Bank auf dem Endgerät - falls er ihn überhaupt sieht - nur für einen Hinweis darauf, daß der Händler mit dieser Bank zusammenarbeitet; er befürchtet deswegen nicht, mit der ec-Karte einer anderen Bank nicht bezahlen zu können. Der Inhaber einer ec-Karte weiß, daß er damit genau wie mit ec-Schecks überall bezahlen kann, unabhängig davon, mit welcher Bank der Verkäufer zusammenarbeitet. Es ist unstreitig, daß darin der grundlegende Unterschied zu den Kreditkarten liegt, und daß dieser grundlegende Unterschied dem Verkehr bekannt ist. Im übrigen kann der Senat diese Frage aus eigener Sachkunde beurteilen, weil seine Mitglieder selbst zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören (vgl. Pastor/Ahrens/Bähr, Der Wettbewerbsprozeß, 4. Aufl., Kap. 32, Rdnr. 5, 7, 14). Die von der Klägerin behauptete Fehlvorstellung des Kunden (Zweifel, ob er mit "seiner" Karte bargeldlos bezahlen kann) scheidet vor allem dann aus, wenn man das Verbraucherleitbild des Europäischen Gerichtshofs zugrunde legt, das von einem durchschnittlich informierten aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher ausgeht (WRP 98, 898 und 1213 - G "6-K-E"). Danach ist ein Verbraucher nicht schützenswert, der das schlichte Nachdenken oder das Mobilisieren eines Wissens unterläßt, das nach der allgemeinen Lebenserfahrung vorhanden sein muß (Teplitzky a.a.O., Kap. 21, Rdnr. 18). Das gilt vor allen Dingen für die Möglichkeiten der ec-Karte, über die heute fast jeder Inhaber eines Giro-Kontos verfügt (vgl. OLG F, NJW-RR 99, 1397 für "alltägliche Bankgeschäfte").

Es fehlt aber auch an der Relevanz der angeblichen Täuschung. In der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bildete das Relevanzerfordernis ein Steuerungselement, um den "allzu dummen" Verbraucher vom Schutz auszunehmen (vgl. Teplitzky a.a.O., Kap. 21, Rdnr. 22 m. Fußn. 92). Eine Werbeaussage ist danach grundsätzlich nur dann wettbewerbswidrig, wenn es nach der Lebenserfahrung naheliegt, daß die erzeugte Fehlvorstellung für die Kaufentscheidung eines nicht unbeachtlichen Teils des Verkehrs von Bedeutung ist. Denn Aufgabe des Wettbewerbsrechts ist es nicht, den Verbraucher vor jedweder Fehlvorstellung zu schützen. Das Verbot der irreführenden Werbung gemäß § 3 UWG dient vielmehr allein der Wahrung schützenswerter Interessen, sei es des Verbrauchers, sei es des Mitbewerbers (BGH NJW 98, 1953, 1959 - D-N-H).

Nach der Lebenserfahrung ist es aber äußerst unwahrscheinlich, daß ein Kunde, der angesichts der Aufschrift einer anderen Bank auf dem Endgerät seine ec-Karte "stecken läßt" und "das Geschäft bar abwickelt" (Berufungserwiderung), statt einfach eine Rückfrage zu stellen, dann aufgrund dieser Erfahrung auch noch die Bank wechselt und etwa Kunde bei der Beklagten wird. Dieser Verbraucher müßte dann auch noch so "unverständig" sein, daß er das Zahlungssystem aufgrund der bloßen Kennzeichnung des Endgerätes allein der Beklagten zuordnet, denn sonst müßte er ja befürchten, mit deren ec-Karte in einem anderen Geschäft dieselben Schwierigkeiten zu haben. Das ist angesichts der Alltäglichkeit der Bezahlung mit der ec-Karte kaum vorstellbar. Deshalb werden auch schützenswerte Interessen der Mitbewerber nicht verletzt (vgl. BGH a.a.O.). Hinzu kommt, daß die hier betroffenen Endgeräte unstreitig nicht für die Selbstbedienung bestimmt sind, sie müssen nur für das Bedienungspersonal des Einzelhändlers zugänglich und sichtbar sein. Der Kunde kommt nur mit dem Kartenlesegerät in Berührung, in das er seine Geheimzahl eintippt. Wenn er die Aufschrift auf dem Lesegerät überhaupt bemerkt, dürfte der Zahlungsvorgang in den meisten Fällen bereits abgeschlossen sein. Noch unwahrscheinlicher ist allerdings, daß ein Kunde die bloße Aufschrift auf dem Endgerät zum Anlaß nimmt, die Bezahlung mit der Karte einer anderen Bank gar nicht erst zu versuchen, statt sich bei dem Verkaufspersonal zu erkundigen. Besonders unbegabte, unerfahrene und flüchtige Personen waren schon immer außer Betracht zu lassen (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 21. Aufl., § 3 UWG, Rdnr. 32). "Abwegig ist es, willkürlich Irreführungstatbestände zu konstruieren, die in Wahrheit, jeder Relevanz entbehren" (Baumbach/Hefermehl a.a.O., § 3 UWG, Rdnr. 97).

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Der Streitwert wird für die Berufungsinstanz auf 30.000 DM festgesetzt. Das ist auch die Beschwer der Klägerin. Dabei ist der Senat von deren Interesse am Ausgang des Verfahrens ausgegangen; das Interesse der Beklagten ist dafür unerheblich (vgl. Pastor/Ahrens/Ulrich a.a.O., Kap. 44, Rdnr. 31). Für das Interesse der Klägerin kann nicht auf die 15.000 Geräte mit der beanstandeten Aufschrift abgestellt werden, die unstreitig im gesamten Bundesgebiet aufgestellt sind.

Die Klägerin ist nicht bundesweit, sondern nur regional in einem weitgehend noch ländlichen Gebiet tätig. Dieses regionale Interesse ist mit dem Wert von 30.000 DM ausreichend erfaßt.

Ende der Entscheidung

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