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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 19.02.2002
Aktenzeichen: 20 U 93/01
Rechtsgebiete: LBMG, ZPO


Vorschriften:

LBMG § 17 Abs. 1 Nr. 5
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 108 Abs. 1 S. 2
ZPO § 543 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 543 Abs. 2 n.F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

20 U 93/01

Verkündet am 19. Februar 2002

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 22. Januar 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht B und die Richter am Oberlandesgericht S und W

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 1.Kammer für Handelssachen des Landgerichts Duisburg vom 26. April 2001 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000,00 Euro abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Der klagende Verein beanstandet die Werbung der Beklagten für ihre Mittel "G V" (Klageantrag zu 1.), "O M Olivenöl-Kapseln" (Klageantrag zu 2.) und "Mr. W Q20 Kapseln" (Klageantrag zu 3.). Auf Abmahnung des Klägers vom 01. September 2000 gab die Beklagte am 11. September 2000 eine Unterlassungserklärung bezüglich der Mittel "G V" und "O Olivenöl-Kapseln" ab. Auf eine Anfrage des Klägers vom 13. September 2000 zur Klarstellung der Unterlassungserklärung antwortete die Beklagte nicht.

Hinsichtlich der Mittel "G V" und "O M Olivenöl-Kapseln" streiten die Parteien nur noch darum, ob die Unterlassungserklärung der Beklagten vom 11. September 2000 zur Ausräumung einer Wiederholungsgefahr ausreicht. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, aus dieser Unterlassungserklärung gehe nicht hinreichend deutlich hervor, ob sich die Beklagte zur Unterlassung nur einer kumulativen Verwendung der im Klageantrag näher angegebenen Aussagen oder auch einer alternativen Verwendung verpflichtet habe. Die Bewerbung von "Mr. W Q10 Kapseln" sei irreführend, weil es nach einem in einem anderen Rechtsstreit eingeholten Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. L vom 04. Juli 1995 keinen wissenschaftlich gesicherten Nachweis über einen Bedarf an exogen zugeführtem Ubichinon und dessen positive Wirkungen gebe. Sie hat daher beantragt,

dem Beklagten bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der zukünftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an dem Geschäftsführer, zu untersagen,

1.

das Mittel "G V" ohne Zulassung als Arzneimittel (gemäß § 21 AMG) zu bewerben und/oder zu vertreiben, sofern das Mittel wie folgt beworben wird:

1.1 "Schafft die Voraussetzung dafür, damit Sie Länger-Gesund-Leben",

1.2 "Zauberformel für ewige Jugend",

1.3 "Gleichzeitig werden die 'Freien Radikalen' gebremst, die uns normalerweise vor zeitig altern lassen",

1.4 "wirkt regulierend auf den Stoffwechsel",

1.5 "Es stärkt die Nerven",

1.6 "Es... steigert die Konzentrationsfähigkeit",

1.7 "Durch die tägliche Einnahme ... werden die natürlichen Alterungsvorgänge günstig beeinflußt",

1.8 "Kreativität und Lebensfreude bleiben länger erhalten",

1.9 "... sondern zur Aktivierung der Darmflora beiträgt",

1.10 "Durch die Zuführung von Inulin ... wird der Stoffwechsel verbessert und für Entschlackung gesorgt",

1.11 "Ein wesentlicher Aspekt der Wirkung des L-Carnitins ist die nachgewiesene Erhöhung der peripheren Durchblutung",

1.12 "Zu den interessanten Aspekten gehört die Beeinflussung des Nervensystems",

1.13 "Auch könnte L-Carnitin die Alzheimersche Erkrankung beeinflussen und eine positive Wirkung auf das Immunsystem haben,

1.14 "Es wurde nachgewiesen, daß durch L-Carnitin verschiedene Immunzellen stimuliert werden. Das betrifft die Aktivierung der Menschlichen T-Zellen und die Membranaktivierung der natürlichen Killerzellen",

1.15 "... gilt auch als natürlicher Entgifter",

1.16 "einmalige Kombination wertvollster Wirkstoffe"

1.17 "Anti-Aging-Komplex (Anti-Alterungs-Komplex)",

1.18 "... die Ihnen ein Leben voller Kraft und eine ungetrübte Gesundheit bis ins hohe Alter schenken kann",

1.19 "mit G V wird auch Ihre vitale, kräftige Gesundheit zurückkehren. Genau so, als ob Sie wieder jung wären,"

1.20 "Diesen Jungbrunnen-Effekt können sie jetzt für sich entdecken und dann in jedem Bereich Ihres Körpers auch spüren,"

1.21 "Heilmittel",

1.22 "das Ihnen jetzt eine erstaunliche Gesundheit zuteil werden läßt",

1.23 "G V sorgt dafür, dass Sie rasch neue Kraft aufbauen und dass Ihre Organe sich wie noch nie zuvor regenerieren,"

1.24 "G V ist dadurch auch das beste Schutzschild gegen Krankheiten jeder Art",

1.25 "G V macht aus Ihnen eine biologische Festung, die sich nicht nur gegen Krankheiten, sondern auch gegen Stress, Verschleiß, Nervosität und innere Unruhe wehrt,"

1.26 "Diese absolute Weltsensation haben wir zusätzlich mit weiteren, wertvollen pflanzlichen Wirkstoffen angereichert, die Ihre Arterien frei machen und schädliche Ablagerungen aus Ihrem Körper spülen",

1.27 "Wußten Sie eigentlich dass Sie ca. 120.000 km Blutbahnen in Ihrem Körper haben? G V schafft das alles".

1.28 "Deshalb kann G V genau das Wunder sein, das Ihnen auf Dauer Ihre Gesundheit zurückgibt",

1.29 "... ich möchte, dass Sie sich für einen Moment zurückerinnern an die herrlichen Tage Ihrer Jugend - an die Tage, als Sie in der Blüte Ihrer Gesundheit standen. Und ich bin überzeugt, dass Sie dieses Lebensgefühl wieder erleben werden - oder Sie erhalten Ihren Kaufpreis in voller Höhe zurück",

2.

für das Mittel "O M Olivenöl-Kapseln" zu werben:

2.1 mit der Bezeichnung "O M"

2.2 "Weniger Beschwerden - mehr Lebensfreude",

2.3 "Das Geheimnis steinalt werden zu können ist endlich gelüftet - 100 Jahre und älter werden dank der göttlichen Wirkung der Olive",

2.4 "Überlassen Sie Ihr Wohlbefinden der wissenschaftlich anerkannten Wirkung des Olivenöls",

2.5 "hilft bei Verstopfung und Magenbeschwerden",

2.6 "hilft bei Rheuma und Gelenkschmerzen"

2.7 "hilft bei Wechseljahresbeschwerden wie depressiver Verstimmung und Niedergeschlagenheit",

2.8 "hilft bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen",

2.9 "senkt das Herzinfarktrisiko",

2.10 "beugt der Entstehung von Gallensteinen vor",

2.11 "Aktiv und gesund mit nur 2 Kapseln O M täglich",

2.12 "Die Weltgesundheitsorganisation hat es bestätigt"

2.13 "Mit C M profitieren Sie von der sagenhaften Gesundheitskraft des Olivenöls",

3.

für das Mittel "Mr. W Q10 Kapseln" zu werben:

3.1 "Die Energie-Kapsel"

3.2 "Lebenskraft, Energie und Vitalität"

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, ihre Unterlassungserklärung sei entsprechend dem Wortlaut der Abmahnung des Klägers formuliert, daraus ergebe sich eine Unterwerfung auch hinsichtlich einer alternativen Verwendung der einzelnen Aussagen über die Mittel "GO V" und "O M Olivenöl-Kapseln". Auch der Klageantrag verlange nicht ausdrücklich die Unterlassung einer alternativen Verwendung.

Hinsichtlich des Mittels "Mr. W Q 10 Kapseln" ergebe sich aus dem Gutachten von Prof. Dr. H vom 22. Juni 2000, dass das Gutachten von Prof. Dr. L überholt sei, es vielmehr zu einer Unterversorgung mit Ubichinon kommen könne, eine Unwirksamkeit von Ubichinon-Gaben nicht mehr wissenschaftlich gesichert sei.

Das Landgericht hat der Klage antragsgemäß stattgegeben. Die Unterlassungserklärung der Beklagten sei hinsichtlich einer alternativen Verwendung der einzelnen Aussagen unklar, das Gutachten von Prof. Dr. H reiche zur wissenschaftlichen Fundierung eines Bedarfs an und der Wirksamkeit von exogen zugeführtem Ubichinon nicht aus.

Dagegen wendet sich die Berufung der Beklagten. Unter Ergänzung und Vertiefung ihres Vertrags macht sie weiterhin geltend, ihre Unterlassungserklärung sei hinreichend deutlich, zumal sie erläutert habe, wie sie aus ihrer Sicht zu verstehen sei; im übrigen verlange die Klage nicht mehr als der Wortlaut der von ihr abgegebenen Unterlassungserklärung. Das Gutachten von Prof. Dr. H sei unzureichend gewürdigt worden. Sie beantragt daher,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt unter Verweis auf sein erstinstanzliches Vorbringen das angefochtene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.

I.

Die Parteien streiten nicht darum, dass die beanstandeten Aussagen, und zwar nicht nur kumulativ, sondern auch in Alleinstellung, bei der Bewerbung der Mittel "G V" bzw. "O M Olivenöl-Kapseln" wettbewerbswidrig sind. Der Streit geht allein darum, ob die durch eine Verletzungshandlung der Beklagten begründete Wiederholungsgefahr durch eine hinreichende Unterwerfungserklärung weggefallen ist. In diesem Zusammenhang bezweifelt die Beklagte, ob der Kläger mit der Klage überhaupt mehr verlange, als sie bereits nach dem klaren Wortlaut ihrer Unterlassungserklärung vom 09. September 2000 zu unterlassen versprochen habe.

1.

Das Klagebegehren betrifft die Unterlassung einer alternativen Verwendung der einzelnen, im Antrag aufgeführten Aussagen zu den Mitteln "G V" bzw. "O M Olivenöl-Kapseln". Der Beklagten ist zuzugeben, dass sich dies aus der Antragsformulierung nicht klar ergibt, weil sie die üblicherweise benutzen Verbindungsworte "und" bzw. "oder" nicht enthält.

Eine Klärung des Begehrens ergibt sich jedoch aus dem Sachvortrag des Klägers. Dessen Heranziehung ist in Wettbewerbsstreitigkeiten bereits deswegen notwendig, weil oft nur so der Streitgegenstand des Verfahrens richtig bestimmt werden kann (vgl. BGH NJW 2001, 3411 unter II.2. - Kompressionsstrümpfe). Aber auch sonst ist der Klageantrag nach ständiger Rechtsprechung unter Berücksichtigung des Sachvortrags auszulegen (BGH NJW 1995, 3187 unter 11.1). Bereits aus Bl. 22 der Klageschrift (= Bl. 22 GA) und der Bezugnahme auf das Schreiben vom 13. September 2000 ging eindeutig hervor, dass es dem klagenden Verein allein auf das Verbot der alternativen Verwendung der einzelnen Aussagen ankam. Das Gleiche ergibt sich aus Bl. 2 ihrer Replik vom 27. Februar 2001 (Bl. 75 GA). So hat auch das Landgericht das Klagebegehren verstanden, dieses Verständnis hat der Kläger in seiner Berufungserwiderung (Bl. 160 GA) ausdrücklich verteidigt.

2.

Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass eine Wiederholungsgefahr nicht durch die Unterlassungserklärung vom 09. September 2000 beseitigt worden ist.

Die mit dem Abmahnschreiben vom 01. September 2000 verlangte Unterlassungserklärung bezog sich eindeutig nicht nur auf eine kumulative, sondern auch auf eine alternative Benutzung der in den einzelnen Unterpunkten bezeichneten Aussagen. Das ergab sich zwar nicht aus der Verbindung der einzelnen Unterpunkte (die üblicherweise in derartigen Fällen mit "und/oder" miteinander verbunden werden, hier aber fehlen), vielmehr aus 2. der Erklärung, die ausdrücklich eine Verwirkung einer Vertragsstrafe für eine Verletzung gegen jede "der unter Ziffer 1a), b) oder c) sowie deren Unterpunkte" aufgeführte Verpflichtung vorsah.

Das Schreiben der Beklagten vom 11. September 2000 war demgegenüber nicht eindeutig. Einerseits machte es zu diesem Punkt nicht auf eine Abweichung zu der verlangten Unterlassungserklärung aufmerksam, was dafür sprach, dass sie insoweit akzeptiert werden sollte. Andererseits fehlte hinter "für jeden Fall der Zuwiderhandlung" ausgerechnet der Satzteil aus dem Abmahnschreiben, der unmissverständlich auch eine nur alternative Benutzung ausschloss. Diese Änderung war durch die Verweigerung einer Unterwerfung auch hinsichtlich des Mittels "Mr. W Q10 Kapseln" nicht veranlasst.

Der klagende Verein war daher durchaus berechtigt, eine Klarstellung zu verlangen. Die Unklarheit vergrößerte sich, als trotz Aufforderung mit Schreiben vom 13. September 2000 eine Klarstellung nicht abgegeben wurde.

Es mag sein, dass trotzdem die Erklärung vom 11. September 2000 im Sinne des Abmahnschreibens vom 01. September 2000 zu verstehen war. Auf der durch die Umformulierung durch die Beklagte entstandenen Unsicherheiten brauchte sich jedoch der klagende Verein nicht einzulassen, weil derartiges im Verletzungsfalle zu unnötigen Auslegungsproblemen führen konnte. Selbst wenn eine Unterlassungserklärung bei sachgerechter Auslegung (§§ 133, 157 BGB) im Sinne des Unterlassungsgläubigers zu verstehen sein sollte, kann sie ihre Funktion, Rechtssicherheit zu schaffen, dann nicht erfüllen (vgl. zum Parallelproblem einer Haftung eines Anwalts bei Benutzung eines ungenauen auslegungsbedürftigen Ausdrucks BGH NJW 1996, 2648). Der Unterlassungsgläubiger braucht das Risiko eines späteren Fehlverständnisses der Erklärung nicht zu übernehmen.

3.

Allerdings hat die Beklagte in ihrer Klageerwiderung erklärt, ihr Vertragsstrafeversprechen sei "als Sanktion für jede einzelne Werbeaussage zu verstehen, die künftighin zu unterlassen sei dem Kläger zugesichert hatte". Damit legte sie jedoch nur dar, wie sie die damalige Erklärung verstand. Die entstandene Unsicherheit und damit die Wiederholungsgefahr wären jedoch nur dann endgültig entfallen, wenn sie eine eindeutige, rechtlich verbindliche Erklärung über die Auslegung der Erklärung vom 11. September 2000 abgegeben hätte. Dazu reicht der Vortrag in der Klage- sowie der Berufungserwiderung nicht aus. Zur Abgabe einer derartigen Erklärung war sie auch auf Nachfrage des Senats - weil von ihr als unnötig angesehen - jedoch nicht bereit.

II.

Zu Recht ist das Landgericht des Weiteren davon ausgegangen, dass die Verwendung der Aussagen "Die Energie-Kapsel" und "Lebenskraft, Energie und Vitalität" für das Mittel "Mr. W Q10 Kapseln" gegen § 17 Abs. 1 Nr. 5 LBMG verstößt und damit von dem klagenden Verein zu Recht beanstandet worden ist. Unabhängig von der vom Landgericht zu Recht der Beklagten auferlegten Beweislast (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., § 3 UWG Rdn. 120) geht bereits aus ihrem eigenen Vorbringen, insbesondere aus der von ihr vorgelegten "gutachterlichen Stellungnahme von Coenzym Q als Nahrungsbestandteil" von Prof. Dr. H hervor, dass die These, durch die Zuführung von Ubichinon in Nahrungsmitteln werde die Energieversorgung - in welcher Form auch immer -verbessert, nicht - möglicherweise noch nicht - hinreichend wissenschaftlich gesichert ist.

Auch die Beklagte gesteht zu, dass jedenfalls bis Anfang/Mitte der 90er Jahre keine positiven Wirkungen bei einer Ubichinon-Zufuhr nachgewiesen werden konnten. Daran hat sich auch unter Zugrundelegung der Stellungnahme von Prof. Dr. H seither nicht soviel geändert, dass sie zum jetzigen Zeitpunkt als "wissenschaftlich gesichert" angesehen kann, und zwar auch dann, wenn man angesichts der wissenschaftlichen Kontroversen über viele medizinische und biochemische Fragen keine allzu hohen Anforderungen dafür verlangen wollte. Das gilt auch dann, wenn man nicht nur die wissenschaftliche Diskussion in Deutschland, sondern auch im EU-Ausland heranzieht, wie es nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs erforderlich ist (NJW 2001, 3391 Rdn. 92 - 98 Smits/Peerbooms).

Die Stellungnahme Prof. Dr. H kritisiert die bisherigen Gutachten deswegen, weil aus der Tatsache, dass Wirkungen nicht hätten beobachtet werden können, nicht auf das Fehlen von Wirkungen geschlossen werden könne. Das mag sein, beweist aber auch nicht das Gegenteil.

Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass die von Prof. Dr. H herangezogenen Untersuchungen nicht konkret benannt und beschrieben werden, so dass nicht geprüft werden kann, inwieweit sie wissenschaftlichen Kriterien Stand halten, welche konkreten Ergebnisse sie gezeigt haben und wie sie in der weiteren wissenschaftlichen Diskussion aufgenommen worden sind. Dies gilt insbesondere von den auf S. 15 berichteten Untersuchungen, über die Näheres, insbesondere den Umfang und die Repräsentativität der Untersuchten, nicht bekannt ist.

Zudem lässt sich seinen Ausführungen entnehmen, dass bisher lediglich Anfangserkenntnisse gewonnen worden sind, die in eine gewisse Richtung zeigen mögen, aber erst noch durch weitere Untersuchungen erhärtet werden müssen. Das beginnt damit, dass die genaue Form des Auftretens noch nicht feststeht ("in seiner aktiven Form vermutlich proteingebunden", S. 4).

Soweit Prof. Dr. H zu den Wirkungen bei einer "Hemmung der hepatischen Fettsäurenoxidation" Ausführungen macht (S. 16), beruhen diese auf Vermutungen (".... könnte Q10 insofern eingreifen, ...") und auf "ersten tierexperimentelle[n] Untersuchungen". Des Weiteren wird von der "Demonstration" einer Erhöhung der Bildung von Antikörpern durch Gaben von Q10 oder der "Beobachtung" überraschender neuroprotektiver Effekte und günstiger Wirkungen der Behandlung neuer degenerativer Defekten berichtet. Damit mögen zwar interessante Forschungsansätze angesprochen sein, dies bedeutet aber noch nicht eine wissenschaftliche Absicherung. Gleiches gilt von Berichten des Karolinska-Insituts in Schweden, die "in die Richtung" positiver Effekte alimentärer Gaben von Coenzym Q 10 bei der Beeinflussung von Stimmungslagen etc. "zeigen". Auch die Ausführungen auf S. 19 weisen auf die "Fraglichkeit" und "Unbekanntheit" bestimmter Probleme hin. Er gesteht zu, dass regelrechte Mängelerscheinungen an Ubichinon bisher nicht eindeutig beobachtet worden ist (S. 20). Auch in dem von Prof. Dr. H zitierten Buch von E (S. 25) werden keine wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse über die Wirkung von alimentär zugeführten Ubichinonen angesprochen, sondern mehr oder minder plausible Vermutungen.

Es mag sein, dass das Gutachten L auf das sich der klagende Verein stützt, nicht mehr den jetzigen wissenschaftlichen Stand der Diskussion über Ubichinone vollständig wiedergibt. Das bedeutet aber nicht, dass derart weitgehende neue Erkenntnisse mit der Folge gewonnen worden sind, dass bereits jetzt von einer hinreichend wissenschaftlich gesicherten Erkenntnis über das Gegenteil die Rede sein könnte.

Es wäre Sache der darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten gewesen, den jetzigen Stand der wissenschaftlichen Diskussion - aus ihrer Sicht - vollständig darzustellen. Nur dann hätte der Senat erkennen können, ob - unter Zugrundelegung ihres Vertrags - von einer hinreichenden wissenschaftlichen gesicherten Erkenntnis im Sinne des § 17 Abs. 1 Nr. 5 LBMG zu den geltend gemachten Wirkungen ausgegangen werden kann. Ein solcher Vortrag war der Beklagten um so mehr zuzumuten, als sie fachkundig ist. Mangels Darlegung eines derart fortgeschrittenen Standes der wissenschaftlichen Diskussion zu Ubichinonen bedarf es der Einholung eines Gutachtens - wie von der Beklagten beantragt - nicht.

III.

Die Klagebefugnis des klagenden Vereins ist außer Streit.

IV.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Eine Entscheidung zur Art der Sicherheitsleistung ist angesichts der Neufassung des § 108 Abs. 1 S. 2 ZPO durch das ZPO-RG nicht veranlasst.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO n.F. sind nicht vorhanden. Die Entscheidung hat weder grundsätzliche Bedeutung noch weicht sie von Rechtsprechung ab.

Berufungsstreitwert: 72.000,00 DM

Ende der Entscheidung

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