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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 13.07.2000
Aktenzeichen: 20 W 37/00
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 99 Abs. 2
ZPO § 93
ZPO § 307
ZPO § 174
ZPO § 91 Abs. 1
BGB § 174
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

20 W 37/00 12 O 55/00 Q LG Düsseldorf

In dem Verfahren auf

Erlaß einer einstweiligen Verfügung

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf am 13. Juli 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Berneke und die Richter am Oberlandesgericht Dr. Schmidt und Winterscheidt

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird das am 5. April 2000 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf abgeändert.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der Beschwerde zu tragen.

Gründe:

Die nach § 99 Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Antragsgegners ist begründet.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist die Antragstellerin entsprechend § 93 ZPO mit den Kosten zu belasten. Die Grundsätze des § 93 ZPO sind hier anzuwenden, weil der Kostenwiderspruch einem prozessualen Anerkenntnis im Sinne des § 307 ZPO unter gleichzeitiger Verwahrung gegen die Kostenlast gleichzusetzen ist. Auch die weiteren Voraussetzungen der Vorschrift sind erfüllt. Der Antragsgegner hat der Antragstellerin keine Veranlassung zur Einreichung des Antrags auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung gegeben.

Veranlassung zur Einleitung gerichtlicher Schritte besteht für den Anspruchsteller dann, wenn er bei objektiver Würdigung der Sachlage und des Verhaltens des in Anspruch Genommenen zu dem Ergebnis gelangen kann, er werde sein Begehren nicht ohne gerichtlich Hilfe durchsetzen können. Davon durfte hier die Antragstellerin bei Einleitung des Verfügungsverfahrens indes nicht ausgehen. Zwar hatte der Antragsgegner die im Abmahnschreiben vom 26.1.2000 (Anlage Ast 5) geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht abgegeben, sondern die Abmahnung mit Schreiben vom 27.1.2000 (Anlage Ast 6) nach § 174 BGB zurückgewiesen. Dazu war er jedoch berechtigt, weil dem Abmahnschreiben keine Vollmachtsurkunde beigefügt war. Vor der gerichtlichen Verfolgung von Unterlassungsansprüchen ist vom Gläubiger - auch außerhalb des Bereichs geschäftlichen Handelns zu Wettbewerbszwecken - zu verlangen, daß er den Schuldner zur Aufgabe der beanstandeten Handlungen auffordert.

In Rechtsprechung und Schrifttum ist für die wettbewerbsrechtliche Abmahnung allerdings umstritten, ob § 174 BGB entsprechend anwendbar ist. Das Landgericht verweist in diesem Zusammenhang auf eine die Anwendbarkeit ablehnende Entscheidung des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 29.6.1998 (2 W 26/98). Indes hält der Senat nach erneuter Prüfung an seiner zuletzt mit Beschluß vom 19.4.1999 (20 W 55/98, veröffentlicht in NJWE-WettbR 1999, 263) dargelegten Rechtsprechung fest, wonach die wettbewerbsrechtliche Abmahnung eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung ist, auf die § 174 ZPO entsprechende Anwendung findet. Insbesondere mit Blick auf die Wirkungen der in die Zukunft gerichteten Unterlassungserklärung hat der Verletzer ganz allgemein ein achtenswertes Interesse daran, zu erfahren, ob die ihn anschreibenden Personen bevollmächtigt sind, ihn abzumahnen und von ihm eine so weitreichende Erklärung zu fordern. Ebenso hat er ein Interesse daran, nicht jedem Beliebigen eine strafbewehrte Unterlassungserklärung an die Hand zu geben. Dieses Interesse wiegt deutlich schwerer als die geringe Mühewaltung des Verletzers, seiner Abmahnung eine Vollmachtsurkunde beizufügen, sofern er sich der Hilfe eines Dritten bedient. Dem Bedürfnis des in Anspruch Genommenen nach Rechtsklarheit entspricht die gesetzliche Klarstellungsfunktion des § 174 ZPO. Daran ändert im vorliegenden Fall nichts, daß die Anwälte der Antragstellerin in einem zweiten Schreiben vom 28.1.2000 (Anlage Ast 7) versicherten, von ihrer Auftraggeberin, der T Company L.P. "umfassend mandatiert zu sein". Dies konnte die Vorlage einer Vollmachtsurkunde nach § 174 ZPO nicht ersetzen. Zieht der in Anspruch Genommene die Bevollmächtigung in Zweifel, so reicht eine anwaltliche Versicherung zum Nachweis nicht aus (vgl. OLG Dresden, NJWE-WettbR 1999, 140, 141). Deshalb geht auch der Vorhalt der Antragstellerin fehl, der Antragsgegner habe keine Anhaltspunkte gehabt, an der ordnungsgemäßen Bevollmächtigung zu zweifeln. Hat der Abmahnende es versäumt, eine Vollmachtsurkunde beizufügen, so hat der Abgemahnte nach § 174 BGB ein Recht auf diesen Nachweis, ohne sein Verlangen näher rechtfertigen zu müssen. Im übrigen ist anzumerken, daß die Angaben in den Abmahnschreiben vom 26.11.2000 und 28.1.2000 in bezug auf die Rechtsinhaberschaft teils widersprüchlich, teils unzutreffend waren. In dem Schreiben vom 26.1.2000 heißt es, die T Company L.P. sei "Inhaberin sämtlicher Rechte an dem berühmten Kinofilm", während es ein Satz vorher heißt, sie sei (nur) berechtigt, die Rechte der Antragstellerin als ihrer Tochtergesellschaft geltend zu machen. Demgegenüber ist im Schreiben vom 28.1.2000 nur noch - unzutreffend - davon die Rede, bei den verletzten Rechte handele es sich um "ihr" (gemeint: die T Company L. P.) zustehende Urheberrechte an der Figur "FREDDY KRUGER". Schon dies konnte dem Antragsgegner durchaus Anlaß geben, Mißtrauen gegen das Bestehen der Vollmacht zu hegen.

Es ist der Antragstellerin auch nicht darin zu folgen, daß es jeder Lebenswirklichkeit widerspreche, wenn man von einer Anwaltskanzlei, die umfassend für ein weltweit operierendes Medienunternehmen tätig sei, fordere, für jeden Abmahnfall eine schriftliche Bevollmächtigung aus den Vereinigten Staaten einzuholen. Von organisatorischen Schwierigkeiten auf seiten des Abmahnenden bleibt das Recht des in Anspruch Genommenen auf den korrekten Nachweis der Vollmacht unberührt, mag dies für den Abmahnenden oder dessen Beauftragten auch mit Unbequemlichkeiten verbunden sein.

Schließlich geht das Argument der Antragstellerin fehl, der Antragsgegner sei unbeschadet der Vorlage einer Vollmacht aus anderen Gründen nicht bereit gewesen, eine Unterlassungserklärung abzugeben. Die Zurückweisung der Abmahnung in dem Schreiben vom 27.1.2000 war eindeutig darauf gestützt, daß eine Vollmachtsurkunde nicht beigefügt war. Der darin enthaltene zusätzliche Hinweis auf die am 21.1.2000 erklärte Abstandnahme von dem Plakat gab der Antragsgegnerin objektiv (nur) zu verstehen, daß sie mit Urheberrechtsverletzungen der befürchteten Art ohnehin nicht mehr rechnen müsse und es deshalb eines Gerichtsverfahrens nicht bedürfe. Auch der Inhalt des Schreibens des Antragsgegners vom 31.1.2000 geht in diese Richtung. Auch dort wird in erster Linie von dem Zurückweisungsrecht nach § 174 BGB Gebrauch gemacht, während die Äußerungen zur Frage der Begehungsgefahr nur als Antwort auf die im Schreiben der Antragstellerin vom 28.1.2000 aufgeworfene Diskussion über die Erforderlichkeit einer Unterlassungserklärung zu verstehen sind, wobei im Kern durch den Hinweis auf die Pressekonferenz vom 21.1.2000 und eine Sitzung des Landesvorstands vom 22.1.2000 erneut verdeutlicht wird, daß künftige Verletzungen nicht zu befürchten seien. Aus den beiden Schreiben war mithin aus Sicht der Antragstellerin nicht zu schließen, daß der Antragsgegner auch im Falle der Vorlage einer Vollmachtsurkunde die Abgabe einer Unterlassungserklärung verweigern würde. Letzteres wird bestätigt durch das Verhalten des Antragsgegners im Verfügungsverfahren, in welchem er nach Erlaß der Verbotsverfügung, die dem Inhalt der Unterlassungsverpflichtungserklärung entsprach, von vornherein nur den Kostenwiderspruch erhob, während seine nachfolgenden Ausführungen ersichtlich nur der Rechtsverteidigung in der noch zu klärenden Kostenfrage galten. Ob der Antragsgegner dabei zu Recht meinte, er habe die allein bestehende Erstbegehungsgefahr schon durch die in der Pressekonferenz vom 21.1.2000 erklärte Abstandnahme von dem Plakat beseitigt, oder ob es nach einer Urheberrechtsverletzung zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr der - im gewerblichen Rechtsschutz grundsätzlich notwendigen - strafbewehrten Unterwerfungserklärung nicht bedarf, selbst wenn das Urheberrecht nicht im geschäftlichen Verkehr verletzt wird, kann mithin offen bleiben, zumal die mangelnde Schlüssigkeit des Unterlassungsanspruchs wegen des in dem Kostenwiderspruch liegenden Anerkenntnisses für die Frage der Klageveranlassung nach § 93 ZPO ohnehin grundsätzlich außer Betracht bleiben muß (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 22. Aufl. § 93 Rdn. 6).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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