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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 28.08.2000
Aktenzeichen: 20 W 43/00
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 99 Abs. 2 | |
ZPO § 93 |
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS
20 W 43/00 34 O 30/00 LG Düsseldorf
In dem Rechtsstreit
hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf am 28. August 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Berneke und die Richter am Oberlandesgericht Schüttpelz und Winterscheidt
beschlossen:
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird die Kostenentscheidung des am 10. Mai 2000 verkündeten Anerkenntnisurteils der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf abgeändert.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits und der Beschwerde zu tragen.
Beschwerdewert: 10.000,- DM.
Gründe:
Die nach § 99 Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet; zu Recht wendet sich die Klägerin dagegen, daß ihr nach § 93 ZPO trotz Obsiegens in der Sache die Kosten des Rechtsstreits auferlegt worden sind. Entgegen der Ansicht des Landgerichts haben die Beklagten Veranlassung zur Einreichung der auf Auskunft und Schadensersatz gerichteten Klage gegeben.
Veranlassung zur Einleitung gerichtlicher Schritte besteht für den Anspruchsteller dann, wenn er bei objektiver Würdigung der Sachlage und des Verhaltens des in Anspruch Genommenen zu dem Ergebnis gelangen kann, er werde sein Begehren nicht ohne gerichtlich Hilfe durchsetzen können. Besonderheiten gelten in wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsfällen. Nach allgemeiner Meinung gibt der Verletzer Veranlassung zur Erhebung der Klage bzw. zur Beantragung einer einstweiligen Verfügung regelmäßig erst dann, wenn er auf eine Abmahnung nicht oder negativ reagiert (vgl. BGH, NJW 1990, 1905). In derartigen Fällen, also bei der Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsansprüche, ist die Abmahnung nur dann entbehrlich, wenn sie aus der Sicht des Gläubigers zu der Zeit, zu der er entscheiden muß, ob er im betreffenden Einzelfall abmahnt oder dies unterläßt, das Verhalten des Verletzers ersichtlich ohnehin nicht beeinflussen würde oder eine Abmahnung dem Gläubiger aus rechtlich anzuerkennenden Gründen nicht zumutbar wäre (vgl. Gloy, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 2. Aufl., § 60 Rdn. 5; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Aufl., Kapitel 41, Rdn. 21, jeweils m. w. N.). Ist eine einstweilige Verbotsverfügung hingegen erwirkt, genügt die vorprozessuale Abmahnung nicht mehr, um eine Veranlassung auch zur Klage anzunehmen. Im Falle einer Beschlußverfügung hat das Gericht zu erkennen gegeben, daß es den Unterlassungsantrag für schlüssig erachtet, bei einer Anhörung des Antragsgegners hat es zudem deutlich gemacht, daß es das Verteidigungsvorbringen nicht für erfolgversprechend hält. Hierdurch ist eine neue Sachlage entstanden, die den Antragsgegner veranlassen kann, ein Hauptsacheverfahren zu vermeiden und die ergangene Eilmaßnahme als endgültige Regelung hinzunehmen. Um nicht Gefahr zu laufen, mit den Kosten des Hauptsacheklage durch ein sofortiges Anerkenntnis des Antragsgegners belastet zu werden, muß der Antragsteller regelmäßig vorher ein Abschlußschreiben an den Antragsgegner richten mit der Aufforderung, die einstweilige Verfügung als Dauerregelung anzuerkennen. Dahinter steht (auch) die Erwägung, daß dem Antragsgegner gerade mit Blick auf die veränderte Sachlage Gelegenheit gegeben werden soll, seine bisherige Haltung zu überdenken und die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Außerdem sollen unnötige Prozesse vermieden werden. Aus der Sicht des Antragstellers ist dies hinnehmbar, weil er durch den einstweiligen Unterlassungstitel gesichert ist. Anders verhält es sich jedoch in bezug auf die Folgeansprüche (Auskunft, Schadensersatz), die nicht Gegenstand der einstweiligen Verfügung sind. Ungeachtet dessen, daß die Voraussetzungen für die Annahme eines Wettbewerbsverstoßes im Verfügungsverfahren geprüft worden sind, steht die gerichtliche Feststellung der Folgeansprüche noch aus, wobei mit einem erweiterten Prüfungsumfang (andere Verletzungsfälle, Verschulden) und neuem Verteidigungsvorbringen des Antragsgegners (z.B. Mitverschulden, Verjährung) zu rechnen ist. Schon deshalb kann dem Antragsteller nicht angesonnen werden, mit der gerichtlichen Geltendmachung seiner Folgeansprüche zuzuwarten. Ohnehin kann sich die Verfügungsbegründung nicht über alle relevanten Fragen verhalten, so daß ihr Informationsgehalt auch für den Antragsgegner nicht ergiebig ist. Überdies hat die in Anspruch genommene Partei die Berechtigung der gegen sie erhobenen Ansprüche eigenverantwortlich zu prüfen. Dazu bilden die Abschlußerklärung und die hierbei gewährte Gelegenheit zur Prüfung der Gerichtsentscheidung eine (auch) auf Billigkeitserwägungen beruhende Ausnahme für Unterlassungsfälle, deren Ausdehnung auf die Folgeansprüche nach dem Ausgeführten nicht gerechtfertigt ist.
Demgemäß ist hier zu entscheiden. Das Landgericht hat am Ende der Verhandlung vom 2.2.2000 eine Urteilsverfügung verkündet, die - ohne Entscheidungsgründe - den Beklagten am 9.2.2000 zugestellt worden ist. Mit Anwaltschreiben vom 11.2.2000 hat die Klägerin die Beklagten unter Fristsetzung bis zum 15.2.2000 zur Abgabe einer Abschlußerklärung aufgefordert und Schadensersatz sowie Auskunft über die Verletzungshandlungen begehrt. Daraufhin haben die Beklagten zunächst um Fristverlängerung gebeten und sodann mit Schreiben vom 18.2.2000 mitgeteilt, erst nach Erhält der schriftlichen Verfügungsbegründung entscheiden zu wollen. In dieser Lage war die Klägerin zur Vermeidung der Kostenfolge des § 93 ZPO nicht gehalten, die Erhebung der Auskunfts- und Schadensersatzklage aufzuschieben, insbesondere die Zustellung des vollständigen Verfügungsurteils sowie den Ablauf einer weiteren Überlegungsfrist abzuwarten; ihre am 29.2.2000 eingereichte Klage auf Auskunft und Schadensersatz war mithin nicht verfrüht.
Ende der Entscheidung
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