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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 30.04.2002
Aktenzeichen: 21 U 189/01
Rechtsgebiete: BGB, VOB/B, ZPO, EGZPO


Vorschriften:

BGB § 642
BGB §§ 631 ff.
VOB/B § 2 Nr. 5
VOB/B § 5 Nr. 1
VOB/B § 6 Nr. 6
VOB/B § 4 Nr. 1 S. 1
VOB/B § 16 Nr. 5 Abs. 3
ZPO § 713
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 543 Abs. 2 n.F.
EGZPO § 26 Nr. 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

21 U 189/01

Verkündet am 30.04.2002

In dem Rechtsstreit

hat der 21. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 16. April 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Prof. Dr. Vygen, die Richterin am Oberlandesgericht Härtung und den Richter am Oberlandesgericht Leupertz

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 12.09.2001 verkündete Urteil des Vorsitzenden der 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Duisburg teilweise abgeändert und unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.042,87 € (= 9.863,-- DM) nebst 10 % Zinsen für den Zeitraum vom 14.02.1998 bis zum 09.06.1998 und nebst Zinsen in Höhe von 1 % über dem Lombardsatz der Deutschen Bundesbank vom 10.06.1998 bis zum 30.6.2000 und von 1 % über dem Zinssatz der Spitzenrefinanzierungsfazilität der Europäischen Zentralbank seit dem 1.7.2000 zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen zu 2/3 der Kläger und zu 1/3 die Beklagte. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um verschiedene Abrechnungspositionen aus der Durchführung von Betonwerksteinarbeiten durch die F GmbH (im folgenden: Gemeinschuldnerin) für ein Bauvorhaben in Stralsund. Über deren Vermögen wurde zwischenzeitlich ein Insolvenzverfahren eröffnet; der Kläger wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 16.04.1999 zum Insolvenzverwalter bestellt.

Die Beklagte beauftragte die Gemeinschuldnerin unter Einbeziehung der VOB/B zum Pauschalpreis von 68.000,- DM. In dem Vertrag vom 17.09.1997 war als Ausführungsbeginn der 22.09.1997 und als Fertigstellungstermin der 04.10.1997 vereinbart. Unter dem 23.09.1997 teilte die Gemeinschuldnerin der Beklagten u.a. mit, dass die Türen fehlen würden und kündigte Zusatzkosten in Form einer Einsatzpauschale von 4.800,- DM netto an. Am Freitag, den 26.09.1997 reisten die Mitarbeiter der Gemeinschuldnerin ab, aufgrund der zu diesem Zeitpunkt fehlenden Türen konnten bestimmte Arbeiten nicht ausgeführt werden. Unter dem 25.11.97 erteilte die Gemeinschuldnerin Schlussrechnung, worin sie neben dem Pauschalpreis noch Zusatzleistungen, u.a. die Einsatzpauschale berechnete. Die Beklagte verweigerte die Zahlung der Zusatzleistungen und zog Gegenforderungen von dem Schlussrechnungsbetrag ab. Die Gemeinschuldnerin hat erstinstanzlich die nach Abzug von Abschlagszahlungen noch offen stehende Restforderung von 34.774,45 DM geltend gemacht. Die Beklagte hat einen Betrag von 1.085,- DM anerkannt, worüber ein Teilanerkenntnisurteil erging (Bl. 92 f.).

Nach der Vernehmung von Zeugen hat das Landgericht mit seinem Urteil vom 12.09.01 der Klage hinsichtlich eines Betrages von 15.526,20 DM nebst 10 % Zinsen stattgegeben. Mit ihrer Berufung wendet sich die Beklagte gegen die Zuerkennung der Einsatzpauschale und den geltend gemachten Zinssatz. Weiterhin rügt sie die Zugrundelegung eines falschen Mehrwertsteuersatzes durch das Landgericht.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg. Das landgerichtliche Urteil ist im angefochtenen Umfang - bis auf einen Teil des Zinsanspruchs - abzuändern.

Einsatzpauschale

Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf die Einsatzpauschale gemäß §§ 631 ff. BGB i.V.m. § 6 Nr. 6 VOB/B bzw. § 2 Nr. 5 VOB/B, § 642 BGB nicht zu, weshalb die dahingehende Berufung der Beklagten Erfolg hat.

Ein Anspruch des Klägers aus § 2 Nr. 5 VOB/B ist nicht gegeben, weil weder eine Änderung des Bauentwurfs noch eine andere Anordnung der Beklagten vorlag, durch welche die Kosten der erneuten Anreise der Mitarbeiter der Gemeinschuldnerin nach Stralsund entstanden sind.

Ein Anspruch des Klägers aus § 6 Nr. 6 VOB/B scheidet ebenfalls aus, weil keine Bauablaufstörung vorlag, deren Ursache aus dem Verantwortungsbereich der Beklagten resultierte (vgl. BGH BauR 1985, 564; Vygen, Bauvertragsrecht nach VOB und BGB, 3. Auflage, Rn. 701). In dem Vertrag vom 17.09.1997 haben die Gemeinschuldnerin und die Beklagte verbindliche Ausführungsfristen i.S. § 5 Nr. 1 VOB/B festgelegt. Die vertragsgemäße Ausführung sollte in der Zeit vom 22.09. bis 04.10.1997 erfolgen. Hieran war die Gemeinschuldnerin nicht gehindert. Vielmehr musste im Rahmen der ihr obliegenden Koordinierungspflicht gemäß § 4 Nr. 1 S. 1 VOB/B die Beklagte den mit der Gemeinschuldnerin vereinbarten Fertigstellungstermin berücksichtigen und die Terminplanung für die bauseits zu erbringenden notwendigen Vorleistungen (Einbau der Türen durch die Firma B) daran ausrichten. Sie durfte sich allerdings im Rahmen ihrer Planung darauf verlassen, dass die Gemeinschuldnerin die ihr vorgegebenen Vertragsfristen einhält, insbesondere nicht wesentlich früher beginnt und fertig wird. Der Zeuge E hat insoweit geschildert, die Gemeinschuldnerin sei nicht innerhalb der vorgesehenen 12 Tage, sondern schon nach einer Woche mit den Bodenlegearbeiten fertig gewesen (Bl. 125). Diese von der Gemeinschuldnerin herbeigeführte Situation ist keine der Beklagten zuzurechnende Bauablaufstörung. Dass die Fa. B die Türen nicht schon am 26.09.1997 (Freitag, Tag der Fertigstellung, vgl. Schreiben der Gemeinschuldnerin vom 06.02.198, Bl. 17) eingebaut hatte, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt, kann der Beklagten nicht als Koordinationsfehler angelastet werden, da die Gemeinschuldnerin ihre geänderte Ausführungszeit nicht mit der Beklagten abgestimmt hatte und eine einseitige Vertragsänderung nicht wirksam ist. Weiterhin ist kein Verschulden der Beklagten ersichtlich.

Dahingestellt bleiben kann vorliegend die zwischen den Parteien streitige Frage, wann die Türen tatsächlich eingebaut worden sind, ob dies - wie die Beklagte vorträgt - Anfang Oktober 1997 erfolgte oder - wie der Kläger meint - in der ersten Novemberwoche 1997. Selbst bei einem Einbau Anfang Oktober 1997 wäre der Gemeinschuldnerin der behauptete Schaden durch die erneute Anreise der Arbeiter zu der Baustelle entstanden. Denn aufgrund ihrer verfrühten Fertigstellung hätte sie auch bei einer "rechtzeitigen" Fertigstellung durch die Firma B am 01. oder 02.10.1997 (Mittwoch oder Donnerstag) erneut ihre Mitarbeiter anreisen lassen müssen.

Ein Anspruch aus § 642 BGB, welcher neben § 6 Nr. 6 VOB/B auf den hier vorliegenden VOB-Vertrag anwendbar ist (vgl. hierzu BGH BauR 2000, 722 ff.) ist ebenfalls nicht gegeben. Der insoweit erforderliche Annahmeverzug der Beklagten infolge der Verletzung einer Mitwirkungspflicht liegt nicht vor, da die Gemeinschuldnerin ihre vertragliche Verpflichtung einseitig geändert hat.

Mehrwertsteuer

Hinsichtlich der Mehrwertsteuer ist die Berufung der Beklagten ebenfalls begründet, weil sie nur 15 % auf den zuerkannten Restwerklohnanspruch und nicht die ausgeurteilten 16 % schuldet. Dies macht einen Betrag von 143,20 DM aus (2291,20 DM abzgl. 2.148,-- DM).

Berechnung des Restwerklohnanspruchs

vom LG zuerkannt 14.320,-- DM abzgl. Einsatzpauschale 4.800,-- DM Zwischensumme 9.520,-- DM 15% Mehrwertsteuer 1.428,-- DM Zwischensumme 10.948,-- DM abzüglich Teilanerkenntnisurteil 1.085,-- DM Gesamtbetrag: 9.863,-- DM

Zinsanspruch

Die Klägerin macht einen Zinssatz von 10 % p.a. geltend, obwohl die vorgelegte Zinsbescheinigung nur für den Zeitraum vom 01.01.1998 bis zum 09.06.1998 einen Zinsschaden in dieser Höhe bestätigt. Damit hat sie ihrer Darlegungslast nicht genügt. Sie kann jedoch, worauf sie selbst verweist, Zinsen nach § 16 Nr. 5 Abs. 3 VOB/B verlangen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Der Streitwert im Berufungsverfahren beträgt 2.895,55 € (= 5.663,20 DM, also 5.520,- DM für den Bruttobetrag der Einsatzpauschale und 143,20 DM für die Mehrwertsteuerdifferenz).

Anlass, die Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO n.F. i.V.m. § 26 Nr. 7 EGZPO zuzulassen, besteht nicht. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Ende der Entscheidung

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