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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 28.09.2001
Aktenzeichen: 22 U 137/01
Rechtsgebiete: BGB, NachbarrechtsG NW


Vorschriften:

BGB § 276
BGB § 823
NachbarrechtsG NW § 27
NachbarrechtsG NW § 28
1.

Das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis begründet keinen Anspruch wegen positiver Forderungsverletzung.

2.

Der Grundstückseigentümer hat aufgrund der Verkehrssicherungspflicht für eine Abwasseranlage auf seinem Grundstück dafür zu sorgen, dass anfallendes Regenwasser nicht auf ein Nachbargrundstück übertritt; er hat die Abwasseranlage auch dann zu unterhalten, wenn er verpflichtet ist, das Niederschlagswasser vom Nachbargrundstück aufzunehmen.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

22 U 137/00

Verkündet am 28.09.2001

In dem Rechtsstreit

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 14. September2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Weyer, den Richter am Oberlandesgericht Muckel und die Richterin am Oberlandesgericht Müller-Piepenkötter

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld vom 14. Juli 2000 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Kl ist Eigentümer des Grundstücks N-Straße 14 in K, auf dem er in einer Halle einen Verkauf von Lederbekleidung betreibt. Eigentümer des Nachbargrundstücks N-Straße 12 ist der Bekl. Vor der Einfahrt zu der Halle des Kl befindet sich auf dem Grundstück des Bekl eine Senke, die das auf seinem Grundstück anfallende Regenwasser sowie das Regenwasser vom Hallendach des Kl aufnehmen soll. Nachdem es bereits am 14.6.1998 zu einem Regenwasserschaden in der Halle des Kl gekommen war, fasste die Senke bei einem starken Gewitter am 30.5.1999 erneut die Wassermassen nicht, so dass das Wasser die Halle überschwemmte. Der Kl behauptet, der Bekl habe die Senke nicht gesäubert, diese sei am 30.5.1999 wie schon bei dem ersten Vorfall verstopft gewesen. Durch Wasserschäden an in der Halle lagernder Lederkleidung sei ihm ein Schaden von 26.984,72 DM entstanden. Dessen Ersatz verlangt er von dem Bekl. Das LG hat die Klage abgewiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.

Als Grundlage für den Schadensersatzanspruch des Klägers kommt, wovon das Landgericht zutreffend ausgeht, nur § 823 BGB und nicht positive Forderungsverletzung in Betracht.

Das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis kann keinen Anspruch wegen positiver Forderungsverletzung begründen, denn es handelt sich dabei nicht um ein vertraglichen Verhältnissen vergleichbares Schuldverhältnis, sondern um eine rein tatsächliche Beziehung, die in den nachbarrechtlichen Vorschriften des BGB und den Nachbarrechtsgesetzen der Länder geregelt ist, und lediglich in Ausnahmefällen nach dem allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben wegen der tatsächlichen Nähe darüber hinausgehende Pflichten beinhaltet (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 59. Auflage, § 278 Rdn. 3, Palandt-Bassenge, a.a.O., § 903 Rdn. 310; BGH NJW 1991, 2826, 2827; 1977, 375).

Ob hier etwas anderes gelten könnte und Ansprüche wegen positiver Forderungsverletzung in Betracht kämen, wenn der Kläger in Ausübung eines auf einem besonderen Rechtsgrund bestehenden Rechts ebenfalls sein Regenwasser in die Abwasseranlage des Beklagten einleitet, kann dahinstehen, weil ein Schadensersatzanspruch jedenfalls am fehlenden Nachweis der Schadenshöhe scheitert.

Aus diesem Grunde ist auch ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht für die Abwasseranlage nicht gegeben.

Dem Grunde nach kommt ein Anspruch des Klägers auf Schadensersatz aus § 823 BGB allerdings in Betracht.

Die Verkehrssicherungspflicht für diese Anlage trifft den Beklagten. Davon gehen auch die Parteien aus. Die Anlage befindet sich auf dem Grundstück des Beklagten und er ist gemäß § 27 Abs. 1 NachbarrechtsG NW verpflichtet, dafür zu sorgen, dass das auf seinem Grundstück anfallende Regenwasser nicht auf das Nachbargrundstück übertritt (vgl. BGH LM Nr. 10 zu NRW NachbarrechtsG).

Auch wenn der Kläger die Abwasseranlage mitbenutzen und Regenwasser von der Dachfläche seiner Halle dorthin ableiten sollte, wie der Beklagte in erster Instanz unbestritten vorgetragen hat, so ergibt sich nichts anderes. Aus § 28 NachbarrechtsG NW ist nämlich zu entnehmen, dass ein Grundstückseigentümer auch dann, wenn er aus besonderem Rechtsgrund verpflichtet ist, das Niederschlagswasser vom Nachbargrundstück aufzunehmen, die Abwasseranlage zu unterhalten hat, denn § 28 Abs. 1 S. 2 NachbarrechtsG NW legt dem belasteten Grundstückseigentümer die Unterhaltungspflicht sogar für solche Abflusseinrichtungen auf, die er auf dem Grundstück des traufberechtigten Nachbarn anbringen darf.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme spricht viel dafür, dass der Beklagte der ihm obliegenden Verkehrssicherungspflicht nicht genügt hat. Der Zeuge B J hat bestätigt, dass bei dem Schadensfall am 30.05.1999 der Abwasserkanal das Regenwasser nicht aufgenommen habe und es aus der Senke gestiegen und bis in die Halle des Klägers gelaufen sei, der Zeuge W U hat bekundet, dass die Senke auf dem Grundstück des Beklagten verstopft gewesen sei. Auch der Zeuge O K hat bestätigt, dass Regenwasser aus dem Kanalabfluss in die Halle des Klägers gelaufen sei. Er hat darüber hinaus angegeben, dass es öfter vorgekommen sei, dass die Kanalisation das Wasser nicht aufgenommen habe. Schon daraus ergibt sich, dass ein Jahrhundertregen nicht vorgelegen hat. Dass auch nach der Auskunft der Stadt K kein Jahrhundertregen vorgelegen hat und auch Überstauungen bzw. Überflutungen nicht bekannt geworden sind, spricht dafür, dass entweder der Abfluss auf dem Grundstück des Beklagten falsch angelegt oder unzureichend gereinigt worden ist.

Dies muss aber letztlich nicht geklärt und dem Vorbringen des Beklagten in den Schriftsätzen vom 15.06.2001 und 14.08.2001 nicht nachgegangen werden, weil der Kläger die Höhe des ihm entstandenen Schadens nicht bewiesen hat.

Seine Behauptungen zu den durch den Regen beschädigten Lederteilen haben weder der Zeuge B J noch der Zeuge W U bestätigen können. Beide Zeugen konnten nur allgemeine Angaben darüber machen, dass die Lederstücke, die in Kartons auf dem Boden standen, sowie diejenigen, die auf den unteren Regalen hingen, durchfeuchtet worden seien. Der Zeuge J hat darüber hinaus angegeben, dass auch an den oben hängenden Kleidungsstücken Folgeschäden durch Stock- und Schimmelflecken entstanden seien. Beide Zeugen konnten aber keine konkreten Angaben dazu machen, welche Teile im Einzelnen beschädigt worden waren. Ein konkreter Schaden kann aufgrund dieser allgemeinen Aussagen nicht festgestellt werden.

Die Behauptung, der Zeuge U und seine Ehefrau hätten 731,52 DM für die Hilfe bei der Reinigung des Geschäftsraumes erhalten, hat der Zeuge U nicht bestätigt. Er hat vielmehr angegeben, sie hätten ein Entgelt gerade abgelehnt, weil sie die Hilfe als Gefälligkeit betrachtet hätten. Selbst wenn, was der Zeuge offen lässt, die ihm als Dankeschön überlassenen Vergaser und Ansaugbrücke einen entsprechenden Wert gehabt haben sollten, wäre insoweit ein dem Beklagten zuzurechnender Schaden nicht zu bejahen, weil es sich wiederum um eine Gefälligkeit des Klägers gegenüber dem Zeugen U handelte, zu der er nicht verpflichtet war.

Für den behaupteten Schaden von 419,27 DM für eine aufgequollene Thekenplatte hat der Kläger keinen Beweis angeboten. Er hat lediglich eine Rechnung über die Reparatur einer Thekenplatte vorgelegt, die nicht geeignet ist zu beweisen, dass die Thekenplatte gerade durch den Wassereinbruch beschädigt worden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlich begründeter Anlaß, § 546 Abs. 1 ZPO.

Streitwert für die Berufungsinstanz und Beschwer des Klägers: 26.984,72 DM.

Ende der Entscheidung

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