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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 23.03.2001
Aktenzeichen: 22 U 146/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 123
Leitsätze:

1.

Ein Leistungsabfall stellt bei einem 10 Jahre alten und 174.500 km gefahrenen Pkw eine normale Abnutzungserscheinung dar; bei dem Verkauf eines solchen Gebrauchtwagens kann der Käufer darum nur Aufklärung über einen außergewöhnlichen Leistungsabfall erwarten.

2.

Zur Darlegung eines vom Verkäufer eines älteren Gebrauchtwagens arglistig verschwiegenen Leistungsabfalls muß der Käufer vortragen, daß der Verkäufer keine verschleißbedingte Abnutzung annehmen durfte, sondern aufgrund bestimmter Umstände von dem Eintritt eines offenbarungspflichtigen Schadens ausgehen mußte.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

22 U 146/00 2 O 367/99 LG Wuppertal

Verkündet am 23. März 2001

Gehenzig, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 23. Februar 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Weyer, die Richterin am Oberlandesgericht Müller-Piepenkötter und die Richterin am Landgericht Schuh-Offermanns

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 14. Juli 2000 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Sachverhalt:

Der Kl erwarb am 30.6.1999 von dem Bekl unter Ausschluß der Gewährleistung einen VW-Bus, Baujahr 1989, mit einer Laufleistung von 174.500 km zum Preis von 10.500 DM. Der Kl hat den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten, weil der Turbolader defekt sei und der Bekl den darauf beruhenden Leistungsabfall gekannt, aber verschwiegen habe.

Das LG hat die Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des VW-Busses und Zahlung weiterer 827,08 DM abgewiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Rückzahlung des an den Beklagten geleisteten Kaufpreises in Höhe von 10.500,-- DM Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe des streitgegenständlichen Fahrzeuges und auf Zahlung eines weiteren Betrages in Höhe von 827,08 DM zu. Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht gemäß §§ 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt., 123 Abs. 1, 142 Abs. 1 BGB. Denn der Kläger hat nicht hinreichend dargetan, dass der Beklagte ihn bei, Abschluss des Kaufvertrages vom 30.6.1999 arglistig getäuscht hat. Der Vortrag des Klägers, der Beklagte habe ihn durch Verschweigen eines "erheblichen" Leistungsabfalles beim Fahrzeug getäuscht, begründet die Anfechtung nicht. Zwar kann ein Leistungsabfall bei einem gebrauchten PKW, insbesondere dann, wenn er plötzlich auftritt, auch einen Laien deutlich auf den Eintritt eines nicht unwesentlichen Defektes aufmerksam machen, über den nach den Umständen des Einzelfalles aufzuklären ist. Ein Leistungsabfall an sich spricht aber bei einem älteren gebrauchten PKW nicht unbedingt für das Vorliegen eines erheblichen Mangels, sondern stellt eine normale Verschleiss-, Abnutzungs- und Alterungserscheinung dar, über die eine Aufklärung nicht erwartet werden kann. Wann ein Leistungsabfall bei einem zehn Jahre alten und 174.500 km gefahrenen Fahrzeug nicht normal alters- bzw. verschleissbedingt ist, sondern so aussergewöhnlich, dass eine Aufklärung über ihn erwartet werden kann, bedarf daher der genaueren Darlegung, an der es hier fehlt. Denn ob der PKW, wieder Kläger unter Bezugnahme auf die als Anlage 3 überreichte "korrigierte Auftragsliste" des Autohauses S vom 13.7.1999 behauptet, einen "deutlichen" oder "erheblichen" Leistungsabfall aufgewiesen hat, ist eine Wertungsfrage, die ohne einen entsprechenden Tatsachenvortrag zu den äusseren Merkmalen, die eine solche Wertung zulassen, nicht nachvollzogen werden kann. Wie sich der Leistungsabfall gezeigt haben soll, legt der Kläger jedoch nicht näher dar. Soweit der Kläger behauptet, er habe bemerkt, dass der PKW am Berg langsam und träge wirke, was bei im Verhältnis zum Gewicht relativ geringer Leistung ohnehin nicht verwundert, kann dem jedenfalls nicht entnommen werden, dass die damit behauptete Schwäche "am Berg" nicht Ausdruck eines allmählichen altersbedingten Leistungsabfalls ist, zumal gerade der Kläger vorträgt, der Leistungsabfall sei nicht plötzlich aufgetreten. Zudem fehlt jegliche konkrete Beschreibung, etwa welche Geschwindigkeit bei welcher Steigung maximal erreichbar ist.

Fehlt es damit bereits an einer hinreichend substantiierten Darlegung des monierten Leistungsabfalls als aufklärungspflichtiger Tatsache, so kann dem Tatsachenvortrag des Klägers darüber hinaus jedenfalls auch nicht entnommen werden, dass der Beklagte ihn über einen auffälligen Leistungsabfall arglistig getäuscht hat, d.h. mit zumindest bedingtem Vorsatz gehandelt hat (vgl. zum Erfordernis mindestens bedingten Vorsatzes BGH NJW 1995, 1549; BGH NJW-RR 1995, 254). Denn dies setzt voraus, dass der Beklagte bei Abschluss des Kaufvertrages Kenntnis von einem aussergewöhnlichen Leistungsabfall hatte, oder diesen wenigstens für möglich gehalten hat. Eine arglistige Täuschung durch Verschweigen setzt darüber hinaus das Bewusstsein voraus, ungefragt zur Aufklärung verpflichtet zu sein (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 7. Aufl., 2000 Rdnr. 1858). Weshalb der Beklagte einen auffälligen und damit offenbarungspflichtigen Leistungsabfall hätte bemerken sollen, ist dem Tatsachenvortrag des Klägers jedoch ebenfalls nicht zu entnehmen. Der Kläger hat hierzu lediglich dargetan, der nicht näher beschriebene Leistungsabfall, "der nicht von heute auf morgen" auftrete, sei dadurch zu bemerken, dass die Beschleunigung nachlasse und das Fahrzeug insgesamt langsamer werde. Warum der Beklagte bei einem zehn Jahre alten Fahrzeug mit erheblicher Laufleistung bei einem im Laufe der Nutzungszeit auftretenden Leistungsabfall nicht genannten Umfangs nicht von verschleissbedingter Abnutzung, sondern von dem Eintritt eines offenbarungspflichtigen Schadens ausgehen musste, ist nicht vorgetragen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlich begründeter Anlass (§ 546 Abs. 1 ZPO).

Streitwert für die Berufungsinstanz und Beschwer des Klägers: 11.327,08 DM.

Ende der Entscheidung

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