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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 27.04.2001
Aktenzeichen: 22 U 169/00
Rechtsgebiete: BGB, AVBV, ZPO


Vorschriften:

BGB § 433 Abs. 2
AVBV § 2
ZPO § 282
ZPO § 528 Abs. 2
BGB § 433 Abs. 2; AVBV § 2; ZPO §§ 282, 528 Abs. 2

Leitsätze:

1. Unterschreibt nur einer von zwei Miteigentümern eines Mietshauses den Antrag auf Versorgung mit Wasser und Strom, so wird nur dieser Vertragspartner des Versorgungsunternehmens, es sei denn, der andere Miteigentümer hat ihm Vollmacht erteilt oder genehmigt den Abschluß des Versorgungsvertrags in beider Namen.

2. Kommt ein Versorgungsvertrag durch Vertragsschluss mit einem von zwei Miteigentümern eines Hauses zustande, so scheidet ein faktischer Versorgungsvertrag mit dem anderen Miteigentümer aus.

3. Wenn ein erst kurz vor dem Verhandlungstermin benannter Zeuge nicht mehr ordnungsgemäß, weil nicht rechtzeitig, geladen werden kann und seine gleichwohl versuchte Ladung durch das Gericht erfolglos bleibt, kann das neue Angriffsmittel als verspätet zurückgewiesen werden.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.4.2001 - 22 U 169/00 - rechtskräftig


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

22 U 169/00 3 O 81/00 LG Wuppertal

Verkündet am 27. April 2001

Gehenzig, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 6. April 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Weyer, die Richterin am Oberlandesgericht Müller-Piepenkötter und die Richterin am Landgericht Fuhr

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 28. August 2000 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Sachverhalt: Die Bekl erwarb 1991 zusammen mit dem Sohn ihres damaligen Ehemannes, St Sch, das Mehrfamilienhaus W-Straße 15 in W zu je 1/2 Miteigentum. Am 28.5.1991 unterzeichnete St Sch einen Antrag an die Kl auf Versorgung mit Wasser und Strom für dieses Haus. Als Antragsteller trug er sich und die Bekl ein. Nachdem sich St Sch zwischenzeitlich nach Spanien abgesetzt hatte, verlangt die Kl von der Bekl die Bezahlung dreier Wasser- und Stromrechnungen für 1997-1999 in Höhe von insgesamt 11.721,08 DM.

Das LG hat die Klage mangels vertraglicher Beziehungen zwischen den Parteien abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Klägerin kann von der Beklagten nicht gem. § 433 Abs. 2 BGB die Bezahlung der an die Abnahmestelle W-straße 15 in W gelieferten Energie (Strom und Wasser) verlangen, denn es kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte insoweit eine (dem Kauf beweglicher Sachen entsprechend zu behandelnde, Palandt-Putzo, 60. Aufl., § 433 BGB Rdnr. 4) vertragliche Verpflichtung gegenüber der Klägerin eingegangen ist.

Voraussetzung für den Abschluss eines Versorgungsvertrages zwischen dem Versorgungsunternehmen und einer Personengemeinschaft ist, dass die Personengemeinschaft als Vertragspartner hervortritt und alle ihre Mitglieder die erforderlichen Willenserklärungen abgeben. Gibt nur ein Teil der Personen die erforderlichen Willenserklärungen ab, so ist nur dieser Vertragspartner des Versorgungsunternehmens, es sei denn, dass die übrigen Mitglieder der Personengemeinschaft Vollmacht erteilt haben oder den Abschluss des Versorgungsvertrages in ihrem Namen genehmigen (Hermann/Recknagel/Schmidt-Salzer, § 2 AVBV Rdnr. 33).

Dass die Beklagte ihren Stiefsohn St Sch, der den an die Klägerin gerichteten Antrag vom 28.5.1991 (Bl. 24 d.A.) unterzeichnet hat, bevollmächtigt hat, indem sie sich mit der Antragstellung auch in ihrem Namen einverstanden erklärt hat, konnte der Senat nicht feststellen. Denn der entsprechende Vortrag und Beweisantritt hierzu ist durch die Klägerin erst mit am 30.3.2001 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 29.3.2001 (Bl. 94 d.A.) erfolgt. Der gem. Verfügung des Senats vom 3.4.2001 geladene Zeuge St Sch ist zum Termin vom 6.4.2001 nicht erschienen. Damit war die Klägerin, die keinerlei Gründe dafür vorgetragen hat, weshalb die Benennung des Zeugen erst so kurz vor dem Verhandlungstermin in der Berufungsinstanz erfolgt ist, mit ihrem neu vorgebrachten Angriffsmittel gem. §§ 528 Abs. 2, 282 ZPO auszuschließen, denn dessen Zulassung würde die Entscheidung des Rechtsstreits verzögern.

Zwar beruht nach der Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 5.5.1982, NJW 1982, 2559, 2561) eine Verzögerung dann nicht auf dem Verhalten einer Partei, wenn ein ordnungsgemäß - auch rechtzeitig - geladener Zeuge nicht erscheint. Letzteres trifft auf den vorliegenden Fall aber nicht zu. Der Zeuge Sch konnte erst drei Tage vor der Schlussverhandlung geladen werden, so dass ihm angesichts des Umstandes, dass ihm die Ladung (frühestens) zwei Tage vor dem Termin zuging, ein Erscheinen nicht zumutbar war und die Ladung damit nicht ordnungsgemäß, insbesondere nicht rechtzeitig erfolgte. Der Senat wäre aufgrund des kurzen Zeitraumes ohnehin nicht verpflichtet gewesen, überhaupt eine terminsvorbereitende Maßnahme zu veranlassen, um eine Verzögerung zu verhindern (vgl. auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.7.1988, MDR 1988, 975). Letztere beruht somit auf einem Versäumnis der Klägerin und ist dieser zuzurechnen.

Entgegen der von der Klägerin in der Berufungsbegründung vertretenen Ansicht kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte ihrem Stiefsohn, St Sch, dadurch Vollmacht erteilt hatte, auch in ihrem Namen und auf ihre Rechnung die Belieferung des zu 1/2 in ihrem Miteigentum stehenden Objektes W-straße 15 mit Energie bei der Klägerin zu beantragen, wie unter dem 28.5.1991 geschehen, indem sie mit ihrem damaligen Ehemann und dessen Sohn vereinbart habe, letztere würden die Grundstücksangelegenheit regeln und sie - die Beklagte - brauche sich um nichts zu kümmern. Die Klägerin macht sich insofern den zunächst von ihr bestrittenen Vortrag der Beklagten zu eigen und zieht daraus den Schluss, dass die Beklagte ihrem Stiefsohn eine Generalvollmacht erteilt habe, von der auch der Abschluss des mit der Klägerin vereinbarten Strom- und Wasserlieferungsvertrages gedeckt sei.

Dem kann nicht gefolgt werden; die Erklärung der Beklagten ist gerade nicht in dem von der Klägerin verstandenen Sinne auszulegen. Darin ist weder die Erteilung einer Vollmacht noch gar die einer Generalvollmacht zu sehen. Die Beklagte wollte erkennbar im Innenverhältnis zu dem anderen Miteigentümer von allen mit dem Erwerb und der Unterhaltung der Immobilie verbundenen Pflichten freigestellt werden. Jedenfalls wollte sie nicht solche zusätzlichen weiteren Verpflichtungen begründen, die sie aufgrund ihrer (formalen) Miteigentümerposition nicht zwangsläufig begründen musste. Insoweit ist in bezug auf den hier streitigen Versorgungsvertrag festzustellen, dass für einen Grundstückseigentümer grundsätzlich kein Kontrahierungszwang mit dem Versorgungsunternehmen besteht, und es insofern für das Aussenverhältnis zum Versorgungsunternehmen unerheblich ist, ob die Beklagte den Mietern gegenüber verpflichtet war, die Versorgung mit Energie sicherzustellen. Der Stiefsohn der Beklagten hätte auch nur für seine Person den Versorgungsvertrag mit der Klägerin abschließen können. Auch hat die Klägerin sich mit nur einer Unterschrift unter dem Antrag vom 28.5.1991 zufriedengegeben, offenbar in der irrigen Annahme, dass es sich bei der auftretenden Personenmehrheit um Ehegatten handeln würde.

Soweit die Klägerin erstmals im Schriftsatz vom 20.3.2001 (Bl. 93 d.A.) vorträgt, dass der Beklagten ein Bestätigungsschreiben mit Zahlungsaufforderung zugesandt worden sei, käme eine Haftung der Beklagten nach den Grundsätzen über die Rechtsscheinvollmacht in Betracht.

Ein den Rechtsschein begründendes Verhalten kann darin liegen, dass der Geschäftsherr das vollmachtlose Vertreterhandeln kennt und, obwohl er die Möglichkeit dazu hätte, nichts dagegen unternimmt, es also duldet (sog. Duldungsvollmacht, Soergel-Leptien, 13. Auf1., § 167 BGB Rn. 20). Insofern fehlen hier allerdings schon nähere Darlegungen dazu, was der Beklagten konkret in bezug auf das Vertragsverhältnis zur Kenntnis gebracht worden sein soll. Mit dem Hinweis auf ein "übliches" Bestätigungsschreiben wird zu dessen Inhalt nichts gesagt.

Die Beklagte hat den durch ihren Stiefsohn erfolgten Vertragsabschluss auch nicht gem. § 177 Abs. 1 BGB genehmigt. Insofern kann als mögliche Genehmigungshandlung der Beklagten nicht die Leistung von Abschlagszahlungen durch sie an die Klägerin festgestellt werden. Entgegen der von der Klägerin vertretenen Ansicht ergibt sich aus ihrer Aufstellung Bl. 25 d.A. nicht, von wem die Abschlagszahlungen geleistet wurden. Desweiteren kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte durch die den Mietern zu erteilenden Nebenkostenabrechnungen und Steuererklärungen gegenüber ihrem Stiefsohn eine Genehmigung erklärt haben soll, zumal insoweit schon nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Beklagte überhaupt Kenntnis davon hatte, dass ihr Stiefsohn in ihrem Namen gehandelt hatte, und die Beklagte damit rechnen musste, dass ihr Verhalten als Genehmigung gedeutet werden könnte.

Schließlich kommt auch keine Genehmigung durch (mittelbare) Inanspruchnahme der Vorsorgungsleistung in Betracht. Denn dies liefe auf ein faktisches Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten hinaus, das zwar grundsätzlich durch Inanspruchnahme der Versorgungsleistung begründet werden kann (§ 2 Abs. 2 AVBV). Kommt jedoch - wie hier - ein Versorgungsvertrag durch Willensübereinkunft mit nur einem Teil der Personengemeinschaft (hier: St Sch zustande, dann scheidet ein faktischer Versorgungsvertrag mit den übrigen Mitgliedern der Personengemeinschaft aus (Hermann/Recknagel/Schmidt-Salzer, § 2 AVBV Rdnr. 33).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10 i.V.m. § 713 ZPO.

Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlich begründeter Anlaß (§ 546 Abs. 1 ZPO).

Streitwert für das Berufungsverfahren und zugleich Beschwer der Klägerin: 11.721,08 DM.

Ende der Entscheidung

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